Protocol of the Session on September 15, 2011

Was die Sittenwidrigkeit von Löhnen angeht, ich glaube, da ist eine Überarbeitung dringend notwendig. Es muss klarer definiert werden, was Sittenwidrigkeit ist. Es kann auch nicht sein, dass man es irgendwie beweisen muss, weil das schwierig nachzuweisen ist. Da werden Ihnen alle Fachleute zustimmen. Da muss man einfordern, dass dies endlich geschieht.

Ich könnte jetzt noch weitere Eckpunkte nennen, nur an dieser Stelle muss ich noch einmal zum Antrag und zum Verhalten der SPD zurückkommen.

Frau Dreyer, Sie haben heute Morgen schon einmal etwas zur Pflege gesagt. Wenn ich mich richtig erinnere, haben die GRÜNEN und die SPD acht Jahre die Bundesregierung gestellt.

(Frau Klöckner, CDU: Sieben! – Staatsministerin Frau Dreyer: Das ist zehn Jahre her!)

Acht Jahre: In der Zeit verliefen die Diskussionen genauso. Schauen Sie doch bitte einmal nach, was Sie selbst in den Bereichen bewirkt haben.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Unternehmensentlastung war das eine, das uns einfällt. Aber auf den anderen Sektoren fällt uns nichts ein.

(Dr. Weiland, CDU: So ist das! – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe SPD und liebe GRÜNE, jetzt noch einmal zu Ihrem Antrag. Ich will nur einmal zwei Zeilen aus Ihrem Antrag vorlesen. Dort steht: „Die Zahl der Menschen, die zur Existenzsicherung aufstockend Leistungen der Grundsicherung in Anspruch nehmen müssen, ist seit 2007 kontinuierlich gestiegen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit haben im April 2011 rund 1,37 Millionen erwerbstätige Menschen Arbeitslosengeld II bezogen. Im Jahresdurchschnitt 2010 waren es sogar noch etwas mehr mit rund 1,38 Millionen.“

Wenn es 2011 weniger als 2010 sind, dann ist das nicht eine kontinuierliche Steigerung. Zumindest hat mir mein Mathelehrer das beigebracht.

(Zuruf von der CDU: Ähnlich wie beim OLG! – Billen, CDU: Das ist keine Mengenlehre! Das kannst du noch! – Zuruf des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Da muss man ein bisschen vorsichtig sein.

Herr Hering, Sie wollen doch gar nicht, dass wir zustimmen. Wenn man dann unten in den Antrag hineinschreibt: „Der Landtag begrüßt:

das kontinuierliche Engagement der Landesregierung“ (…) “

darüber schaue ich einmal weg –, aber wenn man dann noch hineinschreibt

„das von der Landesregierung verabschiedete Landestariftreuegesetz, durch welches in Rheinland-Pfalz für den Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe ein Mindestentgelt eingeführt wurde;“ und Sie genau wissen, dass die CDU mit guten Gründen dagegen gestimmt hat, die heute auch noch gelten, kann man nicht sagen, man will unsere Zustimmung haben. Das ist doch eindeutig. Wenn Sie eine Zustimmung hätten haben wollen, hätten Sie das Gespräch gesucht.

(Beifall der CDU)

Sie wissen genau, die CDU befindet sich in einem Diskussionsprozess. Den führen wir auch bis zum Bundesparteitag zu Ende.

(Hoch, SPD: Ich dachte, bis zum 4. November!)

Wir haben dazwischen noch einen Landesparteitag, auf dem wir uns als CDU Rheinland-Pfalz positionieren werden, aber mit der Maßgabe, den Menschen wirklich zu helfen und keine politischen Spielchen zu treiben.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dreyer, wenn Sie und Ihre Sie tragenden Fraktionen jetzt schon anfangen,

(Staatsministerin Frau Dreyer: Ich habe noch gar nichts gesagt! – Licht, CDU: Er weiß schon, was Sie denken!)

solche Themen zu besetzen, dann sage ich: Packen Sie sich erst einmal an die eigene Nase. Wir sind schon etwas länger hier. Wir können uns noch genau an die Entlohnung der Sicherheitsdienste hier im Landtag erinnern, was damals gezahlt worden ist.

(Beifall der CDU)

Wir können uns auch noch erinnern, wie diese Landesregierung mit Lehrern umgeht, was Kettenverträge und all diese Dinge angeht.

(Beifall der CDU)

Wir können uns auch noch erinnern, wie es auf dem Nürburgring zuging.

(Beifall der CDU – Frau Klöckner, CDU: Ja!)

Frau Dreyer, bei den Fraktionen, die die Regierung tragen, können Sie anfangen.

(Beifall bei der CDU – Frau Kohnle-Gros, CDU: Ganz praktisch!)

Hier, heute und morgen können Sie praktisch anfangen.

Frau Anklam-Trapp, Sie haben eben von 8,50 Euro gesprochen. Wer hindert den Landtag daran, den Sicherheitsbediensteten die 8,50 Euro zu bezahlen? Übrigens liegt der Tariflohn unter den 8,50 Euro. Fangen Sie doch hier an; denn dann wird es glaubwürdig. So ist es nur ein politisches Spiel.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Kollege Köbler von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Gäste! Wenn es der Herr Präsident gestattet, möchte ich mit einem Zitat anfangen: „Wir wollen ja nicht die Tarifautonomie aufheben, sondern die schwarzen Schafe aushebeln, die menschenunwürdige Löhne zahlen.“

Ja, dem kann man sich anschließen. Deswegen wollen wir einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro bundesweit einführen und in RheinlandPfalz über den Bundesrat weitere Initiativen starten. Dazu stehen wir. Das haben wir hier heute beantragt. Es freut mich sehr, dass derjenige, von dem dieses Zitat stammt, diese Diskussion auch in die CDU gebracht hat. Es ist nämlich der Kollege Arnold Schmitt, der das im „Trierischen Volksfreund“ am 22. August gesagt hat.

Herr Schmitt, vielen Dank für diese klare Positionierung für den Mindestlohn, eine Positionierung, die ich in den zehn Minuten bei Herrn Dr. Rosenbauer schmerzlich vermisst habe.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Genau!)

Das war wieder typisch CDU. Es geht um eine Sachfrage, und es wird zehn Minuten gesprochen und nicht Position bezogen. Das erleben wir hier immer wieder.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Zurufe von der CDU: Och ja! – Zuruf von der CDU: Das sagt gerade der Richtige!)

Herr Schmitt, ich weiß, was Herr Billen fragen wird, und ich werde es ihm auch gleich beantworten.

Herr Schmitt, Sie müssen jetzt nicht hier die linke Faust mit uns heben und für den Mindestlohn nach Berlin marschieren, aber Sie können Ihre Hand nachher bei

der Abstimmung erheben und für Ihre Überzeugung stimmen. Sie sind herzlich dazu eingeladen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Kollegin Anklam-Trapp hat es gesagt, es ist ein sehr ernstes Thema: Jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte arbeitet im Niedriglohnsektor. Über 1,35 Millionen Menschen in diesem Land müssen ihr Erwerbseinkommen bei Vollzeitbeschäftigung mit Arbeitslosengeld II aufstocken.

Herr Billen, um Ihre Frage zu beantworten: 8,50 Euro aus einem einfachen Grund. Wer für 8,50 Euro als Lohnuntergrenze 40 Stunden arbeitet, erhält im Monat brutto etwas mehr als 1.350 Euro. Das ist das, was man sozusagen als Minimum errechnet hat, damit man sein Leben bestreiten kann. Das heißt, mit 8,50 Euro die Stunde ist es möglich, wenn man Vollzeit arbeitet, sich davon seine Existenz zu sichern. Das ist eine Untergrenze, die wir für alle Berufsarten doch mindestens erreichen müssen.

Herr Dr. Rosenbauer, Sie haben viel aufgeführt, wo Sie das Entsendegesetz ausgeweitet haben. Aber wenn Sie den Mindestlohn nicht flächendeckend wollen, dann sagen Sie doch einmal, in welchen Berufen Sie der Meinung sind, dass es nach wie vor richtig ist, dass die Menschen für 5 oder 6 Euro oder noch weniger die Stunde arbeiten müssen. Das ist doch die Frage, die Sie beantworten müssen, wenn Sie dagegen sind.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Rosenbauer, CDU: Gar keine! Haben Sie nicht zugehört? – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sie wollen doch die Tarifautonomie nicht ändern!)

Es ist ein Problem Ihrer Maxime und der schwarz-gelben Politik in Berlin. Das ist Arbeit um jeden Preis. Man kann diese Maxime haben, ich teile sie nicht. Ich sage, Arbeit muss sich lohnen, und man muss von seiner Arbeit leben können.

In Berlin heißt es bei Schwarz-Gelb: Arbeit um jeden Preis. – Aber selbst diese Maxime funktioniert nicht.