Dass Sie sie nicht wahrnehmen wollen, heißt nicht, dass Sie sie nicht kennen können. – Ich will einfach einmal sachlich herausarbeiten, was das bedeutet. Wenn Sie das zur Kenntnis nehmen, sehen Sie, dass es die Fluktuation in einem solchen Zeitraum nicht hergibt, dass Sie Personal in dieser Größenordnung abbauen können, es sei denn, Sie machen es anders als bisher. Wir haben gesagt, die Schulen, die Hochschulen und die Polizei sind ausgenommen. Wir haben auf Anregung der SPD-Fraktion auch immer wieder – zu Recht, wie ich unterstreichen möchte – die Justizvollzugsanstalten ausgenommen. Wenn Sie diese Bereiche weiterhin von den Einsparauflagen ausnehmen, kommen Sie aller Erfahrung nach auf keine Fluktuation in einer Größenordnung, mit der Ihre Vorgaben gedeckt werden. Das heißt, entweder wollen Sie den Leuten kündigen, oder Sie machen eine Luftbuchung.
Etwas zu fordern, ist leicht. Ich verlange von der Opposition nicht, dass sie die Haushaltspolitik macht. Aber dass Sie keine Forderungen aufstellen, die, wie man nach vernünftiger Überlegung erkennt, uneinhaltbar sind, dürfte man von Ihnen eigentlich erwarten, meine Damen und Herren.
Ich versuche immer, diejenigen anzuschauen, die gemeint sind, und manchmal auch diejenigen, bei denen ich die Hoffnung habe, dass sie es verstehen, Herr Kollege Mertin.
Es sind hier Verschuldungshöhen angesprochen worden. Dass diese uns alle besorgt machen, ist gar keine Frage. Aber erlauben Sie mir, mir ein bisschen anzuschauen – ich weiß, Sie hören es nicht gern –, wie die wirklichen Zahlen sind. Es gibt Dinge, die kann man nicht korrigieren, weil niemand sie wahrnehmen will. Ich erlaube mir das trotzdem in einer Debatte, die etwas mit Wahrheit und Klarheit zu tun haben sollte – zumindest im Nachhinein betrachtet, wenn irgendjemand das nachlesen sollte. Es gibt schließlich verwegene Menschen, die so etwas tun.
Deswegen will ich der geschichtlichen Wahrheit wegen sagen: 1991 gab es einen Regierungswechsel. Damals lag bereits ein fertiger Haushalt vor. Dann haben wir mit der FDP regiert, und in den letzten fünf Jahren haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten allein die Haushalte geprägt. Vor dieser Periode, in den Jahren 1980 bis 1991, hatten wir im Schnitt – zusammengezogen – Steuereinnahmen von 6,4 %. Wir hatten bereinigte Gesamtausgaben von 6,2 %. Seit 1992 haben wir – wenn Sie den Haushaltsentwurf für 2011, den wir Ihnen jetzt vorlegen, dazurechnen – Steigerungen bei den Steuereinnahmen von 2,4 %. Die Ausgaben liegen nicht – weil Sie uns immer der Ausgabenwut zeihen – bei durchschnittlich 6,2 % wie in Ihrer letzten Regierungsperiode, sondern sie betragen durchschnittlich 2,6 %. So viel zu der Legende von der Ausgabenwut der von mir geführten Regierung. Das ist ein knappes Drittel dessen, was zu Ihrer Zeit ausgegeben worden ist, meine Damen und Herren.
Ich sage das gar nicht vorwurfsvoll, sondern nur, damit Sie einigermaßen die Realitäten erkennen und die Kirche im Dorf lassen.
Für alle anderen Faktoren könnte ich das ebenfalls durchdeklinieren. Zu Ihrer Zeit lagen die Personalausgaben, die Sie jetzt so rügen, bei 41,8 %. Das hatte sicherlich seine Berechtigung; ich kann es im Einzelnen nicht nachvollziehen. In dem Zeitraum, von dem ich rede und in dem ich die Politik zu einem großen Teil mit verantworte, liegen die Personalausgaben bei 40,2 %. Trotz erheblicher Anstrengungen lag die Kreditfinanzierungsquote zu Ihrer Zeit bei 9,3 %. Jetzt sind es 9,4 % meine Damen und Herren.
Ich will das alles nicht verniedlichen und die Hausforderung der Konsolidierung nicht schönreden. Aber ich will einmal die Relationen klarstellen. Diese Kreditfinanzierungsquote hat auch eine Menge damit zu tun, dass wir in dieser Zeit mit einer Veränderung in Europa und in der ganzen Welt konfrontiert waren, wie es sie kaum jemals zuvor und an keinem anderen Ort so gegeben hatte: die deutsche Einheit und die Öffnung Europas.
Wenn ich die Zahlen fortschreibe, wie sie an Einnahmeprozenten und Ausgabeprozenten zum damaligen Zeitpunkt waren – in den Ausgaben können Sie es auch weiter fortschreiben –, hätte dieses Land seit 1997 ohne die Solidarleistung Deutsche Einheit einen ausgeglichenen Haushalt. Wenn Sie es wissen wollen, wir hätten heute eine Haushaltsziffer, die sich auf einen Überschuss von 266 Millionen Euro beläuft.
Meine Damen und Herren, ich sage das nur rechnerisch, um die Größe dieser Aufgabe nicht einfach vergessen zu lassen. Ich würde die Deutsche Einheit, die in Frieden entstanden ist, für nichts in der Welt eintauschen. Wenn man aber über Zahlen redet, muss man auch diese Bedingungen mit auf den Tisch packen, sonst macht man sich für Entwicklungen Vorwürfe, für die man nichts kann, sondern die bedingt durch weltweite Entwicklungen und deutsche Entwicklungen – das in diesem Fall in äußerst positiver Weise – entstanden sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen doch so gut wie ich, dass wir aufgrund dieser Veränderungen – auch da füge ich ein von Herzen kommendes Gott sei Dank hinzu – nicht weiter Aufrüstung und Militärpräsenz und Drohsituationen für einen dritten Weltkrieg hatten. Das haben wir ja allzu lange erlebt. Daraus war eine Militärpräsenz in Deutschland und vor allen Dingen in Rheinland-Pfalz von gigantischen Ausmaßen entstanden. Wir haben in den letzten Jahren 626 ehemalige militärische Liegenschaften in zivile Nutzung überführt. Wir haben 50.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Meine Damen und Herren, dass da zuerst die öffentliche Hand eintreten muss, ist doch gar keine Frage.
Lieber Herr Kollege Baldauf, vielleicht sollten Sie noch einmal überlegen, ob Sie dann im Zusammenhang mit dem Flughafen Hahn oder Zweibrücken „DDR“ dazwischenrufen. Das sollen Sie wirklich noch einmal überlegen. Das ist eine Ungehörigkeit und Ungeheuerlichkeit.
Das ist nichts anderes als eine Ungeheuerlichkeit. Das ist nur auf Vernichtung und nur auf Herabsetzung angelegt, auf nichts anderes. Meine Damen und Herren, das lasse ich zumindest nicht unwidersprochen hier stehen.
Wenn Sie die engeren Konversionsmaßnahmen und das, was wir zusätzlich in die Felder an Schwerpunkten gebildet haben, nehmen, haben wir rund 2 Milliarden Euro in dieser Zeit zusätzlich für diese Konversionsaufgaben aufgewendet. Schauen Sie sich einmal an, wie die Städte, die konversionsbetroffen sind, in RheinlandPfalz aussehen. Gehen Sie einmal in andere Bundesländer. Ich werde immer wieder von Bürgermeistern eingeladen, beispielsweise in Hessen, wo das Land keinen Finger für die Konversionsliegenschaften krumm gemacht hat und die heute noch so daliegen, wie sie vor zwölf oder 15 Jahren von amerikanischen oder anderen Streitkräften verlassen worden sind. Ich finde, das war eine Aufgabe.
Stellen Sie sich einmal einen Moment vor, wir hätten in Kaiserslautern heute noch die Situation von damals. Erinnern Sie sich noch, wenn man von Mainz gekommen und da hineingefahren ist, an diese französische Kaserne mit den eingeworfenen Scheiben und den zwischenzeitlich an den Außenwänden herunterlaufenden Dachrinnenwässern? Oder erinnern Sie sich noch, wie es auf der Husterhöhe in Pirmasens ausgesehen hat? – Über den Hahn will ich jetzt gar nicht reden. Zweibrücken? – Eine Stadt, in der drei Kasernen und ein Flugplatz waren. Ich finde, das muss man in die Rechnung einbringen, wie es heute aussieht und wie es aussehen würde, wenn unser Haushalt zwar vielleicht 2 Milliarden Euro – ich meine jetzt in der Kreditbilanz – besser dastehen würde, aber wie es in diesen Kommunen aussehen würde und was wir gegebenenfalls an anderer Stelle durch soziale Leistungen für Menschen, die keine Chance mehr gehabt hätten, dann aufwenden müssen. Nein, ich bin nicht willens, mich dafür zu entschuldigen oder anklagen zu lassen. Ich bin willens zu sagen, das war, das ist und das bleibt eine richtige Politik auch für die Zukunft der Menschen in diesem Land.
Es mag ja ein beliebtes Spiel sein, dass man Fehler, die gemacht worden sind, dann auch hier in besonderer Weise ausbreitet. Das ist Ihnen als Opposition unbenommen. Wenn ich an Ihrem Platz wäre, würde ich es wahrscheinlich auch nicht anders machen. Aber zu dem, was dahintersteht, will ich nur noch eines deutlich machen. Wir haben beste Chancen, dass – so ärgerlich der gescheiterte Finanzierungsweg war und so sehr der zu kritisieren ist – dieses Investment am Nürburgring ein sehr erfolgreiches werden wird. Wir haben beste Chancen, dass es ein sehr erfolgreiches werden wird.
Meine Damen und Herren, wir werden bei anderer Gelegenheit dieselbige nutzen – Herr Kollege Bruch wird dies tun –, Ihnen zu diesem Thema „Schlosshotel“ die Zahlen genau aufzuschlüsseln, wenn sie genau untersucht sind. Vielleicht ist dort ein Fehler gemacht worden. Wenn das weiterhin „Bergzabener Hof“ oder „Pfälzer Hof“ genannt worden wäre statt „Schlosshotel“, hätte sich kein Mensch dafür interessiert. Aber Schloss hört sich so wunderbar an.
Aber wie auch immer, das ist eine Investition, die unverzichtbar war, wenn dieses Gesamtkonzept für Bad Bergzabern erfolgreich sein sollte. Der Gesamtplaner, Professor Dennhardt, hat mir in den letzten Tagen geschrieben, er ist sicher, wenn wir dieses Ensemble, das Schloss – in einer Boulevardzeitung war ich ja vor diesem Schloss abgebildet, und es hieß, das ist Becks Schlosshotel, das war aber das Schloss, in dem die Verbandsgemeinde und ein Altersheim untergebracht ist – – –
Ja gut, aber weniger auf mich, denn auf die Recherche der entsprechenden Journalistin. Aber es ist ja in Ordnung. Dann gibt es – wenn Sie da waren, wissen Sie es sicher, Herr Kollege Baldauf, ich weiß nicht, ob Sie es erinnerlich haben, Sie waren ja da – das nächste Gebäude.
Da gibt es ein Gasthaus, etwa 70 Meter weiter oben, das „Engel“ heißt. Das ist auch ein historisches Haus, in dem ein Gasthaus und das örtliche Museum untergebracht sind. Dazwischen lag dieses wirklich bejammernswert aussehende, unter Denkmalschutz stehende Gebäude.
Herr Professor Dennhardt schreibt: Wenn dieses Ensemble nicht hergestellt würde, hätten wir keine Chance gehabt, für die Altstadtsanierung für das ganze Karree in das neue Bund-Länder-Programm zur Städtebauförderung zu kommen. –
Das war mein Motiv. Sie können natürlich – das ist Ihr Recht, im Privatleben würde ich dagegen gerichtlich vorgehen – erzählen, das sei Vetternwirtschaft. Ich sage Ihnen – das meine ich auch so, weil es mich schon berührt –, jeder von uns macht Fehler. Aber ich habe mich mein ganzes Leben, und mein politisches Leben erst recht, darum bemüht, nie etwas zu tun, was auch nur so aussehen könnte, als hätte ich selbst, meine Familie, Verwandte, Bekannte oder Parteifreunde davon einen Vorteil. Ich habe alles getan, was in meiner Kraft steht, um das zu vermeiden.
Aber ich werde immer auch – so wie jetzt in Bad Münster am Stein und wie wir es vorher für Bad Ems gemacht haben, lieber Herr Kollege Bruch, in einer unglaublichen Kraftanstrengung – dafür kämpfen, wenn ein solches Städtchen sichtlich in Not gerät, dass man versucht zu helfen und umzusteuern. In diesem Sinne werde ich auch immer mit dem Innenminister oder dem Finanzminister, oder wer auch immer zuständig ist, sagen: Lasst uns eine Lösung suchen. Wir müssen das hinkriegen. – Denn es nicht hinzukriegen, ist doch keine Alternative. Das war mein Motiv, das ist mein Motiv, und alles andere ist blanke Verleumdung, meine Damen und Herren.
Ich habe zur Kenntnis genommen, dass teilweise zwischenzeitlich Unternehmer, die in irgendeiner Weise ein Investment tätigen, mit dem wir als Land irgendetwas zu tun haben, jetzt neuerdings in ihrer Parteizugehörigkeit genannt werden. Das habe ich vorher noch nie erlebt. Ich bin sicher, wenn wir die letzten 20 Jahre durchgingen, dass die Gewichtung zugunsten derjenigen, wo SPD in Klammern hinten dransteht, gegenüber anderen Parteien sehr viel Ungleichgewichtigkeit zu diesem Kürzel SPD ergäbe.
Das ist doch in Ordnung. Ich sage Ihnen auch, Sie müssen sich nicht daran halten, und Sie können weiter das behaupten, was Sie wollen; denn Sie sind freie Abgeordnete. Ich sage Ihnen, dass Herr Gutland Mitglied der SPD ist, habe ich aus der Zeitung – ich weiß nicht, wann es zum ersten Mal drinstand – vor fünf oder sieben Wochen erfahren. Zum ersten Mal! Ich will nur, dass das zu Protokoll gegeben ist.
Beweisen muss man nichts, wenn man das sagt. Sie können sagen, ich lüge. Ich lüge aber nicht. Ich sage Ihnen das, weil mir das wichtig ist, und nicht deshalb, weil ich erwarte, dass ich bei Ihnen dafür auch nur den Hauch von Verständnis erreiche. Ich sage das, weil das für mich ganz persönlich, für mein Verhalten und für meine politische Arbeit wichtig ist. Das wollte ich an dieser Stelle einmal deutlich machen. Sie haben das eingeführt, und ich habe es beantwortet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein bisschen ist mir Ihr Lob, lieber Herr Kollege Baldauf, auf frühere Finanzminister der SPD so vorgekommen, wie es die amerikanische Geschichte mit den Indianern hält: Die Toten oder die nicht mehr hier Tätigen sind immer die Guten. – Ich freue mich über Ihr Lob zu Herrn Meister und seinem Mitarbeiter, Herrn Sarrazin. Ich bin meinem Fraktionsvorsitzenden dankbar, dass er Herrn Professor Deubel ausdrücklich mit einbezogen hat. Ich unterstreiche das. Einer, der einen Fehler macht, dafür geradesteht und die Verantwortung dafür übernimmt, hat deshalb nicht alles falsch gemacht. Im Gegenteil.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass wir mit Herrn Dr. Kühl wieder einen hervorragenden Finanzminister haben und wir jetzt mit Herrn Dr. Barbaro einen Kollegen an seiner Seite haben. Lieber Herr Dr. Barbaro, keine Sorge, wir werden nicht zulassen, dass Sie wegen Ihrer auch italienischen und deutschen Staatsbürgerschaft hier diskriminiert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mir ist nur bei diesem vergifteten Lob – so war es von Herrn Baldauf wohl gemeint – eingefallen, wenn die CDU damals die Wahl gewonnen hätte, wäre Herr Jullien Finanzminister geworden.