Protocol of the Session on September 9, 2010

Wir müssen daher achtgeben, welche Möglichkeiten wir heute mit diesem Gesetz auf den Weg bringen wollen, und vor allem, was dies für Auswirkungen auf die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger, die unschuldig sind, in unserem Land besitzt.

Meine Damen und Herren, bei einigen Punkten, auf die ich später noch im Einzelnen eingehen will, hat die FDPFraktion noch Bauchweh, um es einmal salopp auszudrücken. Ich mache dem Herrn Innenminister ausdrücklich nicht zum Vorwurf, dass der Katalog der im Gesetz vorgeschlagenen Kompetenzerweiterungen sehr weitgehend gestaltet ist. Das ist aus seiner Sicht durchaus legitim.

Ein Innenminister steht immer in der Kritik, warum die Polizei dieses oder jenes Verbrechen oder diese oder

jene Gefährdung nicht bereits im Vorfeld verhindern konnte, wenn etwas passiert. Er trägt für die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger täglich die politische Verantwortung.

Es gibt auch die andere Seite der Medaille, nämlich dass die Bürgerinnen und Bürger nicht wissen, ob nicht ihre intimsten Lebensbereiche von Wildfremden aus ihnen unbekannten Gründen womöglich ausgeforscht werden oder diese Möglichkeit zumindest jederzeit gegeben sein kann.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf sieht zum Beispiel vor, dass künftig seitens der Polizei in die private elek- tronische Kommunikation im Rahmen der Abwehr von Gefahren für Leib oder Leben anderer derart eingegriffen werden kann, dass nicht einmal mehr durch Verschlüsselung die Sicherheit gewährleistet werden kann.

Mit anderen Worten, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn jemand verdächtig sein sollte, jemanden zu gefährden, dann darf der Staat, ohne ihm das zu sagen, den Computer kompromittieren, um alles mitzulesen, sogar die Daten, die der Bank verschlüsselt übertragen worden sind.

Zwar sind durchaus Schranken vorgesehen, insbesondere der Richtervorbehalt. Die Überprüfung dessen, was vor Ort mit den abgefangenen Daten geschieht, gestaltet sich bekanntlich in der Praxis erst einmal schwierig. Auch wissen Sie nach Erlass dieser Norm praktisch nicht mehr, ob Ihr PC noch sicher ist, auch wenn man Ihnen mitgeteilt hat, dass Sie unschuldig sind und die Maßnahme abgeschlossen und rückgängig gemacht worden ist. Der Staat darf bald wissen, wo Sie sich wann und wo mit Ihrem Handy befinden, mit wem Sie telefoniert haben usw.

Ausdrücklich begrüßen wir den Versuch, durch Einschränkungen und Richtervorbehalt rechtsstaatlichen Bedenken Rechnung zu tragen. Auch der Kernbereich privater Lebensgestaltung soll ausdrücklich ausgespart werden.

Doch auch Polizisten und Staatsanwälte sind nur Menschen, wie wir spätestens seit der Kandeler Ermittlungsaffäre wissen. Es kommt durchaus vor, dass im Rahmen angeordneter Maßnahmen auch unerlaubt Dinge abgehört oder Daten abgefragt werden.

Es mag sein, dass es sich bei solchen Vorfällen um Einzelfälle handelt, aber dabei handelt es sich im Rahmen der Maßnahmen laut Begründung der Landesregierung auch. Es ist samt und sonders von Situationen die Rede, in denen der Ermittlungsdruck potenziell sehr hoch ist, weil es um erhebliche Gefahr für Leib und Leben von Menschen geht.

Die FDP-Fraktion wird im Ausschuss in Gesprächen mit den beiden anderen Fraktionen konstruktiv mitwirken, wie Sie das von uns gewöhnt sind. Wir regen insbesondere die Durchführung einer Anhörung im Ausschuss an.

Hinsichtlich der Kosten möchte ich die Landesregierung allerdings auch bitten, bis zur zweiten Lesung in diesem

Haus vielleicht wenigstens eine ungefähre Kostenabschätzung vorzunehmen, die es ermöglichen würde, die Folgekosten von Maßnahmen in etwa zu benennen. Ansonsten hätten wir wieder den Fall wie beim Personalvertretungsgesetz, bei dem die Kosten nicht zu beziffern waren.

Die FDP-Fraktion sieht mit Freude den Beratungen entgegen. Wir freuen uns auch auf die Anhörung im Ausschuss.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Jedes Argument kann er auf die Spitze treiben!)

Vielen Dank, Herr Kollege Auler.

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf – federführend – an den Innenausschuss und den Rechtsausschuss zu überweisen. – Dem ist so.

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich ehemalige Eisenbahner aus der Region Trier. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag in Mainz!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 22 der Tagesordnung auf:

…tes Landesgesetz zur Änderung des Landes- finanzausgleichsgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/4891 – Erste Beratung

Ich darf Herrn Innenminister Bruch das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe heute das Landesgesetz zur Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes ein.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Teil der Agenda, die Ihnen der Ministerpräsident heute Nachmittag bzw. heute Mittag vorgestellt hat und auf die ich schon zum Teil eingegangen bin. Deswegen will ich mich relativ kurz auf die Veränderungen konzentrieren und mich kurzfassen.

Sie wissen, wie die Situation – wir haben sie beschrieben – der Belastungen der Haushalte der Landkreise und Städte aussieht. Das hat dazu geführt, dass wir – wie gesagt – für einen Teil dieser Agenda gesagt haben, wir müssen den kommunalen Finanzausgleich verändern, und zwar in die Richtung, dass die Leistungen aus den Schlüsselzuweisungen in den Bereich der Schlüsselzuweisungen B 2 transferiert werden, das heißt in den Bereich, in dem Soziallasten anfallen.

(Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Konkret sind sechs Rechtsänderungen geplant:

1. Die Schlüsselzuweisungen A werden zugunsten der Schlüsselzuweisungen B 2 etwas abgesenkt.

2. Der Soziallastenansatz – die Empfänger sind naturgemäß diejenigen, die ich eben genannt habe, also kreisfreie Städte und Landkreise – wird verstärkt.

3. Der erhöhte Schulansatz für Schülerinnen und Schüler an Förderschulen wird zukünftig auch dann gewährt, wenn Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Rahmen der Integration an Realschulen plus, Gymnasien, Integrierten Gesamtschulen und berufsbildenden Schulen unterrichtet werden. Sie wissen, das war ein Teil der Diskussion im Bereich der Veränderungen der Schulstruktur.

4. Innerhalb des kreisangehörigen Raumes erfolgt eine leichte Anpassung des Verteilungsschlüssels für die Schlüsselzuweisungen B 2. Mit der Erhöhung des Soziallastenansatzes und der Änderung des Verteilungsschlüssels werden die Sozialhilfeträger gezielt unterstützt und gefördert. Es war ein Problem, wie wir das mit diesen kommunizierenden Röhren hinbekommen.

5. Die Nivellierungssätze bei der Berechnung der gemeindlichen Steuerkraft werden für die Grundsteuer wieder an den Landesdurchschnitt angepasst. Das bedeutet im Grunde genommen, dass verschiedene verändert bzw. erhöht werden müssen. Auch das ist klar. Die Gewerbesteuer bleibt unverändert, also die Sätze für den Landesdurchschnitt.

6. Die Finanzausgleichsumlage – diejenigen, die schon länger im Landtag sind, wissen, dass dies früher die Krankenhausumlage gewesen ist –, die die Gemeinden mit einer überdurchschnittlichen Steuerkraft zahlen müssen – es sind nicht so arg viele –, wird progressiv ausgestaltet und dadurch leicht erhöht. Das Mehraufkommen wird zur Stärkung der Schlüsselzuweisungen B 2 verwendet.

Änderungsvorschläge sind berücksichtigt worden. Wir hatten den Kommunalen Rat mit dieser Veränderung beschäftigt. Der hat das zur Kenntnis genommen und darauf hingewiesen, das ist ein Teil der Agenda, wir sind damit einverstanden, aber es muss noch mehr kommen. Immer wieder gab es die Diskussion über die Frage, wie es eigentlich mit dem Soziallastenansatz weitergeht, der im Grunde genommen nicht vom Land, sondern durch die Bundesgesetzgebung gestaltet wird.

Das sind die – wie es so schön auf Neudeutsch heißt – Essentials für diesen Bereich. Wir werden ihn sicherlich in den Ausschüssen beraten.

Ich bedanke mich und bringe den Gesetzentwurf ein.

(Beifall bei der SPD)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich ehemalige Eisenbahner aus der Region Trier. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Herr Abgeordneter Henter von der CDU-Fraktion hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Bruch hat es schon dargestellt, Ausgangslage zur Verabschiedung dieses Gesetzes sind die großen und riesigen Defizite vor allen bei den kreisfreien Städten und den Landkreisen in unserem Land.

Leider stehen die Kommunen in Rheinland-Pfalz im Bundesdurchschnitt besonders schlecht da, was die finanzielle Belastung darstellt, und zwar sowohl bei den Kassenkrediten als auch bei der Pro-Kopf-Verschuldung.

Herr Minister, insofern – Sie haben es kurz dargestellt – hat die Landesregierung dieses Gesetz jetzt eingebracht, um die kreisfreien Städte und die Landkreise zu stärken. Deshalb sollen die Schlüsselzuweisungen A zugunsten der Schlüsselzuweisungen B 2 etwas gesenkt werden. Die Schlüsselzuweisungen B 2 kommen in erster Linie den großen kreisfreien Städten und einigen Landkreisen zugute.

Der Soziallastenansatz wird erhöht, und es erfolgt auch eine andere Gewichtung beim Schulansatz.

Die Nivellierungssätze bei der Berechnung der gemeindlichen Steuerkraft werden wieder an den Landesdurchschnitt angepasst, und die Finanzausgleichsumlage wird progressiv ausgestaltet und dadurch leicht erhöht. Auch dies führt dann zu einer Stärkung der Schlüsselzuweisungen B 2.

Die Umverteilungsmasse, die diesem Gesetzentwurf zugrunde liegt, beziffert sich auf ca. 30 Millionen Euro, ein Mehraufkommen bei der Finanzausgleichsumlage beträgt 7,5 Millionen Euro, weniger Schlüsselzuweisungen A sind 12,9 Millionen Euro, und der Zuwachs aus dem Stabilisierungsfonds sind 10 Millionen Euro. Dann haben wir 30 Millionen Euro, die umverteilt werden können.

Die Gesamtschau der Maßnahmen nach Körperschaftsgruppen ergibt folgende Ergebnisse: Die Finanzausstattung der kreisfreien Städte steigt um gut 10 Millionen Euro, die der Kreise um 19 Millionen Euro, dort allerdings auf Kosten der kreisangehörigen Gemeinden und Verbandsgemeinden. Nach den vorläufigen Berechnungen würden die Gemeinden – es sind 1.750, die davon betroffen wären – ca. 13 Millionen Euro verlieren, wobei man in der Tat die Umlagegrundlagen wie bei Verbandsgemeinde- und Kreisumlage wieder berücksichtigen muss. Dann muss man sehen, was davon wieder kompensiert wird. Man muss fairerweise dazusagen,

dass diesen Berechnungen der Zeitraum Oktober 2007 bis September 2008 zugrunde liegt, das Gesetz aber erst 2011 in Kraft tritt und wir dann das nächste Jahr berücksichtigen müssen, sodass das größtenteils Prognosen sind, von denen wir nicht genau wissen, ob sie so eintreten.

Die heutige Gesetzesvorlage zur Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes ist in kurzer Zeit schon die zweite. Vor über etwas einem Jahr haben wir schon einmal über das Landesfinanzausgleichsgesetz gesprochen. Dort ging es um die Schlüsselzuweisungen B 1, um den Schulansatz. Es war auch eine vergleichbare Situation wie hier, das heißt, Herr Minister, Sie sind immer häufiger gezwungen, im kommunalen Finanzausgleich Korrekturen vorzunehmen. Dies aber behebt nicht das Grundübel, die chronische Unterfinanzierung unserer Kommunen im Land Rheinland-Pfalz.