Protocol of the Session on October 5, 2006

(Beifall der SPD)

Die Landesregierung wird ihre Politik der Konsolidierung, der Setzung klarer politischer Schwerpunkte und der Vorsorge für die Zukunft fortsetzen. Dabei werden wir die Kommunen nicht abhängen und Konsolidierung nicht auf ihrem Rücken betreiben, sondern wir werden sie

begleiten und unterstützen auf dem Weg zu mehr Handlungsfähigkeit.

Wir verkennen nicht, dass wir anstrengende Wege vor uns haben. Wir verkennen nicht, dass wir uns bis zum Jahr 2011, bis zum Ende der Laufzeit des Finanzplans, der Ihnen nun vorgelegt wurde, in dieser Legislaturperiode noch gewaltig anstrengen müssen und schwierige Entscheidungen zu treffen sein werden. Sie wissen, dass ich so schnell nichts vergesse. Ich werde Sie dann an Ihre Worte der Verantwortung für die Zukunft erinnern. Dann werden wir sehen, ob Sie die Hand hochbekommen, wenn es wehtut. Ich fürchte, es wird wieder nicht so sein. Ich möchte Ihnen diese Chance aber nicht nehmen. Sie wissen aber, dass im Himmel mehr Freude über einen reuigen Sünder entsteht als über 100 Gerechte. (Zurufe von der CDU)

Wir können gemeinsam beweisen, dass das so ist. Die Landesregierung und die sie tragende Fraktion werden diesen Kurs klar fortsetzen. Die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer wissen, woran sie mit dieser sozialdemokratisch geführten Landesregierung sind. So wird es in diesem Doppelhaushalt und in dieser Legislaturperiode sein.

Vielen Dank.

(Lang anhaltend Beifall der SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Rosenbauer für eine Kurzintervention das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Ministerpräsident, es wiederholt sich alles in diesem Plenum. Es war völlig klar, wie Sie wieder reagieren würden. Wenn Sie heute Morgen unserem Fraktionsvorsitzenden zugehört hätten, hätten sie mitbekommen, dass er all das nicht gesagt hat, was Sie ihm unterstellen. (Unruhe bei der SPD)

Er hat einzig und allein über den Haushalt gesprochen und über sonst gar nichts. Er hat nicht das Land niedergemacht, sondern er hat über den Haushalt gesprochen. Wir hätten uns gefreut, wenn Sie sich diesem Thema angeschlossen hätten.

(Beifall der CDU – Heiterkeit bei der SPD)

Sie können ruhig lachen. Auch das passt zu Ihnen, Herr Ministerpräsident. Jede Wortmeldung, jedes kritische Wort, jede Anmerkung, egal aus welcher Ecke sie kommt, ziehen Sie ins Lächerliche, ziehen Sie herunter und antworten dann in einer relativ herablassenden Art.

(Unruhe bei der SPD)

Wenn das der Umgang in den nächsten Jahren ist, können Sie sich sicher sein, dass wir uns das künftig nicht gefallen lassen werden,

(Beifall der CDU)

weil Äußerungen wie „Herr Schreiner, ich rede erst mit Ihnen, wenn Sie sich ernsthaft zur Materie geäußert haben,“ halte ich für ein starkes Stück. Ich halte es wirklich für ein starkes Stück, Menschen die Kompetenz abzusprechen, sich mit diesem Thema beschäftigen zu können. So geht das einfach nicht. Herr Ministerpräsident, wo sind wir denn hier?

(Ministerpräsident Beck: Sind Sie der Pfarrer oder was?)

Ich bin hier mindestens genauso der Pfarrer, wie Sie ihn hier immer heraushängen lassen. Das gleiche Recht, das Sie haben, haben wir auch. Wir sind frei gewählte Abgeordnete. Genau das ist der Punkt.

(Beifall der CDU – Harald Schweitzer, SPD: Was soll dieser Quatsch?)

Jetzt zurück zum Haushalt und zur Prognosesicherheit. Ich halte es für sehr gewagt, wenn gerade Sie die Prognosesicherheit unseres Fraktionsvorsitzenden beim Thema „Haushalt“ ansprechen. Ich will Sie an Ihre Versprechungen erinnern. Der ausgeglichene Haushalt sollte zuerst 2006 und dann 2008 kommen. Jetzt wird überhaupt nicht mehr von einem ausgeglichenen Haushalt gesprochen. Jetzt reden wir nur noch von Vermögensveräußerungen. Wenn Sie die Fraktion angreifen, ist das das gleiche Niveau, als wenn ich – Herr Hartloff ist gerade nicht anwesend – über seine Kommune oder Ludwigshafen sprechen würde. Nein, wir wollen über das Land reden. Dazu sind wir da.

Dann möchte ich Ihnen noch etwas zu Ihrer Prognosesicherheit sagen. Wir haben uns einmal die Mühe gemacht, Angaben aus Reden Ihrer Finanzminister zusammenzustellen. Diese Angaben wurden jeweils bei der Einbringung des Haushalts gemacht.

Im Jahr 2002 ist geäußert worden, dass Gesamtschulden von 1,136 Milliarden Euro gemacht werden. Im Jahr 2003 waren es 1,092 Milliarden Euro. Im Jahr 2004 wurden 1,340 Milliarden Euro genannt.

(Glocke der Präsidentin)

Ihre Redezeit ist zu Ende.

Das reicht bis zum Jahr 2008.

Herr Dr. Rosenbauer, Sie hatten drei Minuten Zeit für eine Kurzintervention.

Ich hoffe, Sie werden das in der Zukunft auch so eng handhaben.

Zu den Steuereinnahmen wird Herr Kollege Schreiner noch etwas sagen.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schreiner das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte doch noch einmal an die Einbringungsrede von gestern erinnern: „Lassen Sie mich deshalb einen Moment inne halten und den Blick auf die vergangenen fünf Jahre richten. Das sind fünf Jahre, die allen, die für öffentliche Haushalte Verantwortung tragen, große Nervenstärke abverlangte.“– Herr Professor Dr. Deubel, das waren Ihre Worte. Herr Ministerpräsident, mir kommen die Tränen; denn es heißt weiter: „Wo in den letzten Jahren Nervenstärke gefragt war, wird die Landesregierung nun“ – das „nun“ ist in diesem Zusammenhang ein interessantes kleines Wörtchen –„Standhaftigkeit beweisen.“

Was heißt denn das? Sie waren in der Vergangenheit nicht standhaft und brauchen deshalb starke Nerven? Sie haben in der Vergangenheit trotz schlechter Steueraufkommen und obwohl die anderen Bundesländer über den Finanzausgleich zumindest teilweise rheinlandpfälzische Steuerausfälle ausgeglichen haben, hemmungslos Schulden gemacht und brauchten deshalb starke Nerven?

Wissen Sie, wer starke Nerven braucht? Starke Nerven brauchen die Steuerzahler. Der Steuerzahler von morgen braucht diese starken Nerven. Er braucht ein hohes Maß an Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit; denn irgendjemand wird die Schulden zurückzahlen müssen. Nicht irgendjemand muss die Schulen zurückzahlen, sondern der Steuerzahler in Rheinland-Pfalz wird diese Schulden zurückzahlen müssen.

Der Steuerzahler von morgen braucht neben Leidensfähigkeit meiner Ansicht nach auch die große Gabe der Vergebung. Sie haben selbst ein himmlisches Bild gebraucht, Herr Ministerpräsident. Ich bin mir sicher, die SPD-Fraktion wird dieser Vergebung in der Zukunft bedürfen.

Wo beweisen Sie denn heute aktuell bei dem Haushalt, über den wir reden, diese Standhaftigkeit, die Sie nun – endlich könnte man sagen – für sich reklamieren?

Ausweislich Ihrer eigenen Zahlen, Ihrer Eckwerte, steigen die Ausgaben kontinuierlich: auf 11,5 Milliarden im Jahr 2005, auf 11,8 Milliarden im Jahr 2006, auf knapp 12 Milliarden im Jahr 2007 und auf 12,2 Milliarden Euro im Jahr 2008 nur im sogenannten Kernhaushalt. – Sie sagen, ach, das ist nicht so viel. Wir sagen, immerhin sie steigen. Sie sagen, der Kernhaushalt ist der eigentliche Haushalt. Wir sagen, wir haben Zweifel, ob das die richtige Betrachtung auf den Konzern Land ist. Lange Rede, kurzer Sinn: Die Ausgaben steigen kontinuierlich. Soviel zum Thema „Standhaftigkeit“.

Aber nicht nur die Ausgaben steigen, sondern auch die Schulden steigen. Zu den 26 Milliarden Euro, die wir heute schon haben – nur im sogenannten Kernhaushalt –, kommen jedes Jahr neue zusätzliche Schulden hinzu. Mittelfristig kommt jedes Jahr 1 Milliarde Euro an Schulden obendrauf.

Ich kann und will Ihnen diese Zahlen nicht ersparen, weil ich will, dass alle Menschen in Rheinland-Pfalz das wissen, wenn sie beim nächsten Mal ihre Wahlentscheidung treffen. 2007 sind es 994,4 Millionen Euro – nur im Kernhaushalt –, im Jahr 2008 sind es 974,6 Millionen Euro, also knapp 1 Milliarde Euro zusätzliche Schulden jedes Jahr. Immer drauf! Das ist Ihre Form von Standhaftigkeit. Dann herzlichen Glückwunsch!

(Beifall der CDU)

Eine kleine Anmerkung: Herr Dr. Rosenbauer hat es eine herablassende Art genannt, die ich weiß Gott nicht schätze und die es eigentlich auch nicht wert ist zu kommentieren, aber ich muss mit Verlaub darauf hinweisen, dass natürlich auch eine Fraktion wie wir Probleme zu lösen hat. Im Gegensatz zu Ihnen lösen wir aber unsere Probleme. Wir zahlen nämlich unsere Schulden zurück. Das ist der kleine, aber entscheidende Unterschied.

(Beifall der CDU)

Die Ausgaben steigen, die Schulden steigen, und die Zinsen steigen. 1,1 Milliarden Euro werden es 2007 sein, 1,2 Milliarden Euro werden es 2008 sein. Ausweislich der Rede des Finanzministers von gestern haben Sie das aber schon als Problem erkannt. Sie bereiten uns sogar schon heute darauf vor, dass Sie im Jahr 2011 mit einer Zinsausgabenquote von über 11 % rechnen. Von 100 Euro, die das Land dann ausgeben wird, müssen allein 11 Euro für Zinsen berappt werden. Halten Sie das für gesund? Halten Sie das für eine nachhaltige, standhafte Haushaltspolitik?

Sie haben aber auch Gründe für diese Entwicklung aufgezeigt. Sie versuchen aus Ihrer Sicht, uns die Hintergründe zu erklären. Diese Gründe sind zumindest zu hinterfragen.

Sie würden – Zitat – eine strenge Ausgabenzurückhaltung an den Tag legen. Das würde dazu führen, dass bei der Berechnung der Zinsausgabenquote die Zahlen steigen würden. Das ist – vorsichtig formuliert – nicht wahr; denn ausweislich Ihrer eigenen Zahlen – ich habe sie bereits genannt – steigen die Ausgaben. Das heißt,

es ist so, dass mathematische Gründe für ein Steigen der Zinsausgabenquote nicht herangezogen werden können.

Ein weiterer Hintergrund, den Sie uns nennen, ist, dass das Zinsniveau ansteigen würde. Das ist leider richtig. Gerade tagt in Frankfurt die Europäische Zentralbank. Wenn man dem glaubt, was die Analysten heute schon allerorts verkünden, wird es um 0,25 Prozentpunkte hochgehen.

Wir nehmen im nächsten Jahr für die Umschuldung und neue Schulden 6,8 Milliarden Euro brutto auf. Knapp 1 Milliarde Euro neue Schulden und die Umschuldung alter Schulden macht zusammen 6,8 Milliarden Euro. Das heißt, wenn die neuen Kreditzinsen, die wir zahlen müssen, nur 0,25 Prozentpunkte hochgehen, sind das allein im nächsten Jahr 17 Millionen Euro mehr.

Der Finanzminister hat uns gestern die Prognose mit auf den Weg gegeben, dass die Zinsen weiter anziehen werden. Sie haben auch die Vergleichszahlen aus den 80er-Jahren vorgebracht. Warum war die Zinsausgabenquote so hoch? Diese war so hoch, weil die Zinsen so hoch waren und nicht, weil die damalige Landesregierung so schlecht gewirtschaftet hätte.

Wenn die Zinsen um weitere 0,25 Prozentpunkte steigen, sind wir schon bei 34 Millionen Euro zusätzlichen echten Kosten, die in diesem Landeshaushalt fehlen werden. Das ist beispielsweise die Hälfte des Investitionshaushalts des LBB aus dem Jahr 2006, damit man einmal eine Vergleichszahl hat, welche Zusatzkosten allein durch die Zinssteigerungen auf uns zukommen können.

Die Zinsen werden steigen. Das ist richtig. Die interessante Frage dabei ist, ob man dann neue Schulden machen muss. Sie führen aus, dass Sie neue Schulden machen müssen und eine hohe Nettokreditaufnahme für notwendig halten.

Herr Minister, in dem Fall haben Sie recht. Dann braucht man wirklich starke Nerven, und zwar auch als Abgeordneter.