Protocol of the Session on April 28, 2010

Ich glaube, es hätte allen in der Opposition gut gestanden – es gibt noch Redezeit –, mit einem Wort zu erwähnen, dass wir von Anfang an wirklich offensiv und auch hartnäckig an dieser Sache drangeblieben sind und wir einen erheblichen Anteil daran tragen, dass wir in Zukunft nach wie vor Hilfen aus einer Hand gewährleisten werden.

(Beifall der SPD)

Ich sehe aber auch ein, dass es nicht ganz einfach gewesen wäre. Ich komme auch noch einmal auf das Protokoll vom Dezember 2009 zurück. Damals – Sie erinnern sich sicherlich an die Situation – haben der Kollege Banzer aus Hessen und ich in der „Frankfurter Allgemeinen“ einen Artikel geschrieben, den Herr Dr. Schmitz morgens mit großem Erstaunen zum Frühstück gelesen hat.

Sie haben uns damals vorgehalten, dass Bund und Länder sich sozusagen in Panzerpositionen gegenüberstehen, bei denen zwei Monolithe sich gegenüberstehen und wir alle in Bewegung kommen müssten. Sie haben

in dieser Rede auch sehr deutlich gesagt, dass Sie keine Mischverwaltung wollen, sondern für einen dritten Weg plädieren.

Ich habe Ihnen damals geantwortet, dass eines aus meiner Sicht klar ist: Es gibt nur eine vernünftige Lösung mit einer Verfassungsänderung. – Das sage ich heute noch. Das wussten auch alle Leute, die sich intensiv mit diesem Thema befasst haben.

Deshalb komme ich jetzt auch zu Ihnen, Frau Thelen. Im Koalitionsvertrag der FDP/CDU/CSU-Regierung auf Bundesebene steht ausdrücklich, dass Sie keine Verfassungsänderung wollen. Das war an dieser Stelle festgeschrieben. Deshalb sind wir im Grunde genommen in dem Punkt total verzweifelt gewesen, weil es nicht die Meinung von vielen CDU-Politikern war, aber vor allen Dingen nicht der Situation auf Landesebene entsprochen hat. Wir wussten von Anfang an, es kann überhaupt keine sinnvolle Lösung ohne eine Verfassungsänderung geben. Darum ringen wir seit vielen Jahren.

Ich denke, wenn ein paar Kollegen nicht so hartnäckig gewesen wären, dann hätten wir ab 1. Januar das Thema der getrennten Aufgabenwahrnehmung gehabt, weil alles andere ohne Verfassungsänderung nicht möglich ist.

Da möchte ich auch noch einmal die Ausführungen des Herrn Kollegen Dröscher mit den Äußerungen aufgreifen, die Frau Klöckner zu diesem Thema getan hat, weil sie mich auch ärgern. Frau Klöckner ist Bundestagsabgeordnete, und sie war es auch damals, als die einzige Fraktion, die diesen ganzen Kompromiss überhaupt kaputt gemacht hat, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion war.

Sie schreibt in einem Artikel, dass die CDU/CSUBundestagsfraktion keinerlei Verantwortung für die Verzögerung der Neuorganisation der Jobcenter habe.

(Ministerpräsident Beck: Das ist unglaublich!)

Das geht nicht, solche Behauptungen aufzustellen.

(Beifall der SPD)

Sie erklärt am 27.03.,

(Schweitzer, SPD: Bei denen geht alles!)

nachdem wir uns verständigt haben, dass sie die Grundgesetzänderung, für die sich die CDU/CSU eingesetzt und stark gemacht habe, begrüßt. Meine sehr geehrten Herren und Damen, beides ist von der Sache her falsch. Ich kann das nicht anders bezeichnen. Es war ausschließlich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die den ersten Kompromiss in Frage gestellt und kaputt gemacht hat. Anders kann man es überhaupt nicht sagen.

Es war zum Zweiten nicht der Scholz-Entwurf – das ärgert mich auch immer ganz extrem –, sondern es war ein parteiübergreifender gemeinsamer Kompromiss unter Einbeziehung der Bundeskanzlerin.

Zum Dritten, es war ganz klar, dass es innerhalb der Bundestagsfraktion nicht nur um die öffentlichrechtlichen Anstalten ging, sondern man wollte keine Verfassungsänderung. Das war die Realität. Ich habe es freundlicherweise als Märchenstunde von Frau Klöckner bezeichnet, aber es ist eigentlich noch eine Unterinterpretation. Als Mitglied dieser Bundestagsfraktion kann ich erwarten, dass ich a) diese Vorgänge kenne und b) ehrlich nach außen kommentiere.

(Beifall bei der SPD – Pörksen, SPD: Sehr richtig! Das wäre im Übrigen christlich!)

Ich möchte trotzdem noch einmal sagen, dass ich persönlich unheimlich froh darüber bin, dass wir jetzt zu diesem Ergebnis gekommen sind. Das war ein hartes Stück Arbeit, aber ich glaube schon, dass es sich gelohnt hat.

Wenn ich mir auch noch einmal die Argumentation anschaue, die damals zu Felde gezogen wurde, also keine 370 Behörden, keine Personalvertretung in jeder Organisation, keine Mischverwaltung, so steht all das jetzt drin. Der einzige Unterschied ist die öffentlich-rechtliche Anstalt.

Ich habe mich immer gefragt, wieso erzählen mir die Leute etwas von Behörden. Natürlich ist die ARGE schon heute eine Behörde. Sie erlässt Verwaltungsakte und ist Widerspruchsbehörde. Sie ist Behörde. Wir haben 370 Behörden in unserem Land. Es ging schlicht und ergreifend nur um die Verkörperschaftung. Sie wäre aus meiner Sicht immer noch die bessere Alternative gewesen. Aber ich glaube, wir können mit dem Kompromiss auch ganz gut umgehen; denn wir haben wirklich versucht, bis an die Grenzen des Möglichen auch ohne Verkörperschaftung der Geschäftsführung und der Trägerversammlung weitreichende Rechte einzuräumen. Darum ging es uns natürlich von Anfang an, dass die unmittelbare Direktive aus Nürnberg nicht so sehr in die Organisation eingreifen kann, dass man vor Ort handlungsunfähig ist.

In dem Sinne glaube ich auch, wir dürfen uns gemeinsam freuen, dass wir jetzt zu diesem Ergebnis gekommen sind.

Es liegt der Gesetzentwurf vor. Ich bin optimistisch, dass er durch alle Gremien entsprechend verabschiedet wird.

Im Detail möchte ich nicht darauf eingehen. Drei Sachen möchte ich noch einmal sagen.

Das eine ist, es ist ausschließlich das Verdienst der SPD in diesem Kompromiss, dass der Betreuungsschlüssel festgeschrieben wurde, nämlich 75 : 25 bei Jugendlichen und 125 bei den Erwachsenen. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Punkt, um die Vermittlung und das Thema „Fordern und Fördern“ wirklich voranzubringen.

Es war auch unsere Intervention, über die wir heute sprechen. Das ist die Entfristung der 3.500 Stellen. Diese befindet sich auf der Ebene des Bundestages noch im Streit, obwohl sie Bestandteil dieses Kompromisses ist. Es ist ganz klar formuliert worden, dass der Kom

promiss nicht halten wird, wenn man auch nur von einer einzigen Vereinbarung abweichen wird. Eine der wesentlichen Vereinbarungen war die Entfristung der Stellen. Wir haben die klare Erwartung, dass am 5. Mai im Haushaltsausschuss diese Entfristung stattfindet, ansonsten haben wir da ein Problem. Ich höre von Zeichen, dass das kommen soll.

Der dritte Punkt war die Entsperrung der Haushaltsmittel. Ich möchte das noch einmal sagen. Wir haben immer gesagt, wir wollen nicht nur ein Haus bauen, das besser funktioniert und für die Zukunft besser hält, sondern wir wollen, dass in diesem Haus etwas los ist. Es ist gar nichts los, wenn dort nur Arbeitslose sind und keine Mittel zur Verfügung stehen. Deshalb war es für uns essentiell wichtig, dass die 900 Millionen Euro, die im Haushaltsausschuss gesperrt waren, durch die regierungstragenden Fraktionen auf Bundesebene entfristet worden sind.

In diesem Sinne glaube ich, dass wir noch ein Stückchen Arbeit vor uns haben, um vor allem die Themen Controlling und Berichtswesen gut zu entwickeln. Wir haben gute Gesetzentwürfe. Ich bin sehr froh darüber, dass vor allem für die Beschäftigten und die Arbeitslosen klar ist, dass es zum 1.1.2011 im absolut positiven Sinne weitergeht.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Herr Kollege Dr. Schmitz, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Also doch, die SPD ist schon im Wahlkampf. Ich hatte es befürchtet. Die Reaktion gibt mir recht.

(Schweitzer, SPD: Ich habe diese Bemerkung befürchtet!)

Frau Ministerin, ich nehme an, Sie meinten nicht 75 : 25, sondern 1 : 75, aber das ist geschenkt, das ist nur ein Versprecher.

Ärger ist, dass Sie in nachgerade klassischer Art versuchen, Verantwortung wegzudrücken, über die Dörfer gehen und das zusammenklauben, was Sie denken, das Ihnen an Erfolgen zusteht, dabei nicht mit aufrufen, dass beispielsweise die Optionschancen nie Ihr Ding waren. Es gibt ganz viele Bereiche, die von anderen angestoßen und mit verhandelt wurden. Sie versuchen wirklich den naiven Eindruck zu erwecken, als ob die Verbesserungen das Werk der SPD, insbesondere von Ihnen, Frau Ministerin, seien und dass alle anderen murrend und verhindernd am Wege gestanden hätten. Das ist doch nichts als lächerlich. Ausgerechnet aus Ihrem Haus heraus – das nach dem Umbau hoffentlich besser funktionieren wird –, das so oft auf die Hilfe der Opposition angewiesen war, ist es beschämend, so zu tun und dies

in einer Art vorzutragen, als ob Sie am Ziel Ihrer Wünsche seien und alle anderen Fehler gemacht hätten, die Sie jetzt ausgebügelt hätten.

(Ministerpräsident Beck: Eine Unverschämtheit, was Sie da sagen!)

Das ist an der Grenze zum schwer Erträglichen.

(Schweitzer, SPD: Dummes Zeug! – Weitere Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns doch zu einer sachlichen Auseinandersetzung zurückkommen. Es bleiben weiß Gott genug Aufgaben.

Wir haben jetzt beispielsweise eine Organisationsform gefunden, zu der man auch viel sagen könnte, in der beispielsweise in den gemeinsamen Einrichtungen vorgesehen ist, dass Beförderungen und Beurteilungen aus den gemeinsamen Einrichtungen heraus erfolgen dürfen, Begründung und Beendigung von Arbeitsverhältnissen aber nicht. Da geht doch die Komik weiter.

(Glocke der Präsidentin)

Dass sich das nicht so einfach auflösen lässt, ist doch selbstverständlich. Das haben wir doch erfahren. Aber den Eindruck zu erwecken – ich komme zum Ende –, dass es nicht um die Aufforderung zur Kooperation geht, sondern darum, daraus weiterhin politischen Profit zu schlagen, ist in meinen Augen peinlich.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Dröscher hat das Wort.

(Zuruf der Abg. Frau Thelen, CDU)

Frau Thelen, Sie kommen gleich dran.

Sie haben von der Korrektur eines Gesetzes gesprochen. Tatsächlich haben wir korrigiert. Es sind zwei Ebenen. Die eine Ebene ist die Verfassungsmäßigkeit. Damit haben wir die Mischverwaltung verfassungsmäßig möglich gemacht, oder wir machen sie durch diese Verfassungsänderung möglich. Das andere sind Veränderungen der Bereiche, bei denen wir feststellen, dass sie nicht praxisgerecht sind. Darüber haben wir schon oft miteinander gesprochen. Ich persönlich bin in dem Bereich der Widersprüche und Klagen sehr engagiert. Ich bin sehr froh, dass wir jetzt darüber sprechen. Das verlange ich schon lange oder habe ich schon lange angeregt. Die Ministerin weiß das auch. Wir sollen versuchen, mit Beratung weiterzukommen. Der Justizminister hat einen Vorschlag gemacht, dass man unabhängige Beratung und Beratung im Rechtsberatungsbereich schafft. Das soll dafür sorgen, dass die Dinge etwas geglättet werden.

Ich denke, das sollten wir gemeinsam angehen. Auch aufgrund der Veröffentlichungen, die die Sache etwas verdreht haben, konnte ich im ersten Teil der Rede nicht darauf verzichten, das noch einmal darzustellen. Diesen Zusammenhang will ich für die SPD-Fraktion deutlich machen. Wir wollen Malu Dreyer und ihrem Team dafür danken, dass sie mit Hartnäckigkeit und immer wieder einem Hinweis dafür gesorgt haben, dass wir das nur lösen können, wenn wir die Verfassung ändern. In Berlin sind dadurch letztendlich Mehrheiten entstanden. Ich denke, das kann man ruhig sagen. Vielen Dank, Frau Ministerin.