Protocol of the Session on March 18, 2010

(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Sie werden es nicht begreifen! – Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hartloff.

Herr Kollege Baldauf, Sie sprechen von schwammigen Positionen. Es war vielleicht eine Selbstbeschreibung, aber nicht das, was der Ministerpräsident vorhin gesagt hat.

(Ramsauer, SPD: Er hat keine Ahnung!)

Dort hat er eindeutig Stellung bezogen.

Dieses System, die Diskussion so zu führen, ist, dass Sie zunächst etwas unterstellen, was Sie bewusst missverständlich aus einer Zeitung interpretieren. Der Ministerpräsident hat dies vorgelesen. Ich denke, alle im Saal, außer Ihnen vielleicht, haben verstanden, was dort steht. Er hat noch erläutert, warum und weshalb.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Es gibt ein System, in dem der Tarifvertrag gilt. Es gibt Bereiche, in denen keine Tarifverträge geschlossen worden sind. Es gibt Menschen, die 3,50 Euro oder 4,50 Euro verdienen. Das sind im Übrigen meistens Frauen, die davon betroffen sind.

Herr Baldauf, vielleicht ist das auch an Ihnen vorbeigegangen. Die können bei den Steuerbeträgen nicht weiter entlastet werden, weil sie in die Beträge der Steuerzahlung gar nicht hineinkommen. Das bringt denen nichts. Das bringt anderen Menschen etwas. Das muss man ergänzen mit einem System der Mindestlöhne.

Wir verstehen darunter kein Allheilmittel für die Marktwirtschaft. Wir sehen darin kein Allheilmittel für den Arbeitsmarkt. Wir verstehen darunter eine notwendige Ergänzung für die Menschen bei den Arbeitsbedingungen und wie man Lohn bezieht, nämlich mit einem Min

destsatz, von dem man leben kann. Das müssen wir gesellschaftlich einziehen, weil die anderen gesellschaftlichen Mechanismen nicht ausreichen. Das ist wortreich erläutert worden. Das wollen Sie nicht verstehen.

Den von Ihnen, Herr Dr. Schmitz, beschriebenen Konsens finde ich nicht bei dieser Frage, dass es notwendig ist. Da kann man nicht, wie Herr Kollege Baldauf das macht, mit vielen anderen Punkten, die er anspricht, ausweichen, ob in Australien andere Arbeitsbedingungen bestehen.

Ich kann Ihnen nur per Praxis sagen, in Australien arbeitet eine ganze Menge Leute aus Asien, die von diesen Regelungen profitieren und profitieren müssen, weil sie ansonsten auch durch solche Raster fallen würden.

(Baldauf, CDU: Andere Systeme! – Ministerpräsident Beck: Andere Systeme?)

Was ist denn mit anderen Systemen? Wir haben europäische Länder, wo das notwendig ist, wo es auch kein Allheilmittel ist, wo es aber den Menschen hilft, zumindest einen solchen Lohn zu haben. Dafür streiten wir. Dafür streiten wir gemeinsam. Insofern sage ich ganz einfach, Sie haben das alle erlebt. Sie haben es gehört. Ich sage zu meinem Ministerpräsidenten: Gut gebrüllt Löwe, es war vernünftig und richtig, und Sie haben es auch richtig gehört.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende Mertin für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft. Das Ziel einer sozialen Marktwirtschaft ist es, Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen und so zu organisieren, dass möglichst viele aufgrund dieser Arbeitsplätze für sich selbst sorgen können. Darum streiten wir, und das wollen wir alle erreichen.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt – da stimme ich allen, die heute hier argumentiert haben, zu – bedauerlicherweise in Deutschland Fälle, die sich vom Lohn her auf dem Niveau bewegen, das Herr Hartloff eben genannt hat. Das nähert sich dem Niveau des Sittenwidrigen. Sie haben mich sofort an Ihrer Seite, wenn es darum geht, gesetzlich festzulegen, was bei uns sittenwidrig ist. Die Behörden müssen in die Lage versetzt werden, sofort, schnell und klar entscheiden zu können, ob es sittenwidrig ist oder nicht.

(Ministerpräsident Beck: Macht nur die CDU nicht mit!)

Sonst ist eine Kontrolle nicht möglich.

(Beifall der FDP)

Das ist aus meiner Sicht dringend erforderlich, weil es ausbeuterischen Missbrauch gibt. Der muss in einer sozialen Marktwirtschaft bekämpft werden. Davon lasse ich kein Jota ab.

(Beifall der FDP – Ministerpräsident Beck: Die CDU macht nicht mit!)

Das ist aber etwas ganz anderes als ein Mindestlohn. Über die Erforderlichkeit und die Sinnhaftigkeit eines Mindestlohnes kann man so oder so streiten. Herr Ministerpräsident, Sie sagten, ein Mindestlohn hat noch keinen Arbeitsplatz gekostet.

(Ministerpräsident Beck: Da habe ich Herrn Billen zitiert!)

Herrn Billen aber zustimmend zitiert.

(Ministerpräsident Beck: Ja, ich stimme ihm zu!)

Sie haben sich seine Aussage zu eigen gemacht. Ansonsten wünschen Sie sich eigentlich Herrn Billen aus dem Parlament.

(Ministerpräsident Beck: Nein, nein!)

Er sitzt da oben.

(Pörksen, SPD: Das verwechseln Sie!)

Heute haben Sie sich seine Anwesenheit zu eigen gemacht. Ich finde das schon erstaunlich. Es ist aber egal.

(Zurufe von der SPD)

Es ist ja egal. Sie haben also diese Aussage sich zu eigen gemacht. Darüber kann man streiten. Aber genauso wenig wie ein Mindestlohn aus Ihrer Sicht keinen Arbeitsplatz kostet, genauso wenig hat er Arbeitsplätze gebracht. Uns muss es doch darum gehen, Arbeitsplätze zu schaffen, damit die Millionen, die derzeit keine Arbeit haben, in Arbeit kommen und überhaupt nicht auf diese Dinge angewiesen sind.

(Beifall der FDP – Eymael, FDP: Genau!)

Herr Ministerpräsident, Herr Kollege Schmitz hat mich ausdrücklich gebeten, Ihnen zu Ihrem Konter zu gratulieren. Aber ich weiß nicht, ob Sie wirklich mit Ihrem Bundesvorsitzenden in allen Punkten verglichen werden wollen. Ich habe dem „FOCUS“ entnommen, dass die Delegation von Herrn Westerwelle zum Beispiel vom EADS-Vorstand Stefan Zoller begleitet wurde, der auch angab, dass der gesamte Brazil Board des BDI von ihm zur Mitnahme vorgeschlagen wurde und Westerwelle sie auch mitgenommen hat. Es waren also Spitzenvertreter der deutschen Wirtschaft – Siemens, vorgeschlagen wurde ThyssenKrupp, EADS und ähnliche – dabei. Ihr Bundesvorsitzender, Sigmar Gabriel – ich zitiere das wörtliche Zitat von dpa –: „Diejenigen, die Herr Westerwelle – zum Teil aus der Schweiz – mitnimmt auf Auslandsreisen, sind das Gegenteil von Leistungsgesellschaft. Sie gehören eher zur Lumpenelite, die den Wirt

schaftsstandort Deutschland schädigen und nichts dazu beitragen, dass es in diesem Land vorangeht.“

(Zurufe von der FDP)

Herr Ministerpräsident, ich glaube nicht, dass Sie mit diesem Zitat in Gleichklang gebracht werden wollen. Ich halte dieses Zitat für schäbig, für unseren Wirtschaftsstandort schädlich, und es schafft keine Arbeitsplätze.

(Beifall der FDP und der CDU)

Wir wollen Arbeitsplätze haben. Ich lasse mir das von Sigmar Gabriel nicht sagen. Ich frage mich, wo die Empörungswellen bei Ihnen geblieben sind. Sie empören sich bei unserem Vorsitzenden sehr gern. Hier empört sich keiner. Ich finde das schäbig, dass die Menschen, die hier im Interesse unseres Wirtschaftsstandorts den Außenminister begleitet haben, als Lumpenelite bezeichnet werden. Schäbig ist das.

(Starker Beifall der FDP und Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Ich kenne das Zitat überhaupt nicht! – Pörksen, SPD: Hat das einer von uns jetzt behauptet? – Ramsauer, SPD: War die Liste komplett?)

Das Wort hat noch einmal Herr Dr. Schmitz für die FDPFraktion.

Herr Ramsauer, wir müssen nicht jeden Stil mitgehen.

Herr Ministerpräsident, ich sehe mich zu einer erneuten Wortmeldung aus den gleichen Gründen veranlasst, wie es auch, glaube ich, Herr Kollege Baldauf schon angesprochen hat. Ich finde es einerseits erfreulich, wie leicht es ist, eine Fraktion in Wallung zu bringen.

(Fuhr, SPD: Das haben wir gerade eben erlebt!)

Es muss ein schönes Gefühl sein, Abgeordnete zu haben, die sich auf solch nervöse Einlassungen hin in Fastnachtsstimmung bringen lassen.

(Frau Ebli, SPD: Da sieht man, wie wichtig Ihnen das Thema ist!)

Aber was mich gestört hat, und was ich als infam zurückweise, ist Ihr Versuch, die Lufthoheit über die christliche Soziallehre zu erlangen.