Protocol of the Session on March 17, 2010

In anderen Ortsgemeinden wurde dennoch ein Wahlvorschlag gemacht. Dann hatten diejenigen, die nicht auf dem Stimmzettel standen, faktisch gar keine Chance, in den Gemeinderat hineingewählt zu werden, weil die Wähler in der Regel nur aus den Personen, die sie dort niedergelegt sahen, gewählt haben.

Wir sind der Meinung, man sollte in einer Demokratie um jede Person froh sein, die sich zur Verfügung stellt, und ihr dann auch gleiche Wahlchancen einräumen und es darüber hinaus den Wählern auch so einfach wie irgend möglich machen.

Sämtliche Zahlen belegen, dass das geänderte Kommunalwahlrecht in diesen beiden Punkten äußerst negative Folgen hatte. In allen Ortsgemeinden mit Mehrheitswahl stieg der Anteil der ungültigen Stimmen von 5,38 % bei der vorletzten Kommunalwahl im Jahr 2004 jetzt auf 9,11 % im Jahr 2009.

Wenn man jetzt noch einmal diese ungültigen Stimmen nach Ortsgemeinden differenziert, in denen ein Wahlvorschlag vorlag – da waren es 3,26 % –, und nach Ortsgemeinden, in denen eben kein Wahlvorschlag vorlag und bei dem die Menschen quasi per Hand auf dem leeren Stimmzettel die Namen eintragen mussten – da lag die Ungültigkeitsrate bei 10,89 % –, dann ist hier ganz offensichtlich, es besteht Handlungsbedarf.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir möchten eine praxistaugliche Anpassung des Kommunalwahlrechts mit dem Ziel, mehr Wahlkomfort für den Wähler, weniger ungültige Stimmen und auch Erleichterung für die Wahlhelfer bei der Auszählung.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Ich würde mich freuen, wenn wir das hier gemeinsam beschließen könnten.

(Beifall der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Noss für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Beilstein hat einiges erzählt, das von Schwarz-WeißDenken geprägt ist. Ich komme zunächst einmal zu der Tatsache, dass die CDU gegen den damaligen Gesetzentwurf gestimmt hat. Wie war es gewesen? Wir hatten uns vorher zusammengesetzt, CDU, FDP und auch die SPD. Wir hatten dabei etwas ausgearbeitet. Frau Beilstein sagte, sie müsse das in ihrer Fraktion noch abschließend beraten, nämlich ob das 1,5-Fache der zu wählenden Personen auf die Liste kommt, oder das Zweifache oder das Einfache. Wir hatten als Kompromiss damals das 1,5-Fache gewählt.

Wir haben dann gewartet, dass eine Rückmeldung kam. Es kam keine.

(Frau Beilstein, CDU: Ach!)

Es ist so. Herr Auler und ich haben dann einfach gesagt: Jetzt ziehen wir es durch, wie wir es wollten mit dem Einfachen. – Deshalb hat die CDU dann letztendlich gegen ihren eigenen Gesetzentwurf gestimmt. Das ist ein Vorgang, der, glaube ich, einmalig ist. Aber okay, so sind sie halt!

(Heiterkeit bei der SPD)

Was die Negativität des gesamten Wahlverfahrens betrifft, so lässt ich ebenfalls eines festhalten: Es ist keine durchgängige negative Signifikanz. – Die einzige Signifikanz, die gegeben ist und negativ ist, sind die ungültigen Stimmen in Ortsgemeinden ohne Wahlvorschläge. Dort sind sie tatsächlich von 5,7 % auf rund 10,8 % gestiegen. Sie ist in Ortsgemeinden gefallen, in denen ein Wahlvorschlag vorlag. Die Tatsache, dass sie dort dermaßen gestiegen ist, könnte vielleicht auch etwas damit zu tun haben, dass das Wahlsystem vielleicht nicht von allen verstanden wurde.

(Frau Beilstein, CDU: Da hat sich doch nichts geändert! So ein Quatsch!)

Aber unabhängig hiervon meine ich, es macht durchaus Sinn – das stimme ich Ihnen jetzt einmal ausnahmsweise zu –, dass wir die Änderungen sowie das gesamte Kommunalwahlgesetz überprüfen und uns vor Augen führen, was geändert werden sollte und was man verbessern könnte. Dies bedarf allerdings einer sachorientierten Diskussion und keiner Schnellschüsse, wie Sie sie getan haben.

(Frau Beilstein, CDU: Das ist kein Schnellschuss!)

Ihr Entwurf ist davon gekennzeichnet, dass Sie Schnelligkeit und Populismus vor Gründlichkeit und Sachlichkeit gesetzt haben.

(Beifall bei der SPD – Schweitzer, SPD: Das machen die doch immer!)

Das werden wir in der Form nicht so machen. Wir haben als SPD-Faktion eine Klausur mit Kommunalpolitikern durchgeführt. Wir haben auf der Grundlage dessen, was wir dort erarbeitet haben, eine Anhörung mit den kom

munalen Spitzenverbänden und mit dem Landeswahlleiter gemacht. Dort wurde dann sowohl Kritik – das ist auch richtig und nicht zu bemängeln – als auch sehr viel Zustimmung für die Änderungen, die durchgeführt wurden, geäußert.

Sie haben auch nur einen ganz kleinen Teil kritisiert. Aber das sei ihnen unbenommen.

Wir sind der Meinung, dass wir über die gesamten Sachen reden müssen. Dabei sehe ich vor allen Dingen insbesondere einen Komplex, über den man reden sollte, nämlich die Wahlbeteiligung. Diese ist im letzten Jahr – wie in den Jahren vorher – schon wieder zurückgegangen, nämlich bei den Kommunalwahlen von rund 63 % über 57,6 % auf jetzt 54,7 %. Das ist zwar bei allen Wahlen der Fall, aber wir sollten überlegen, wie wir bei Kommunalwahlen ein größeres Interesse der Bürger erzielen können, in der Gemeinde mitzuwirken.

Dort mache ich jetzt beispielsweise die Feststellung, dass mittlerweile in sehr vielen Gemeinden ein Umdenken stattgefunden, dass die Bürger nämlich in ganz extremem Umfang versuchen, sich in die Gemeinde einzubringen. Ich stelle das fest bei Arbeitskreisen, die sich gebildet haben, in denen versucht wird, die Identität der Gemeinde zu definieren, in denen versucht wird, den Wohnwert zu steigern, wo versucht wird, für demografische Entwicklungen, die sich anbahnen, Lösungen zu suchen, einfach, um die Gemeinde überlebenswert und lebens- und wohnwertmäßig zu erhalten.

All das zeigt, die Bürger haben Interesse, wir müssen sie eben nur lassen. Da ist zum Beispiel ein ganz wichtiger Punkt, dass wir die Möglichkeiten der Bürger, bei der Gestaltung ihrer Gemeinde mitzuwirken, wesentlich erhöhen, beispielsweise im Bereich der Quoren, die im Bereich des Bürgerentscheids und des Bürgerbegehrens vorliegen. Hier sollten wir überlegen, was wir dort machen können.

Darüber hinaus müssen wir natürlich versuchen, auch andere Dinge anzugehen. Es geht dabei nicht nur, wie Sie in Ihrer Überschrift der heutigen Pressemeldung geschrieben haben, um eine Vereinfachung des Wahlrechts, sondern es geht auch um eine Fortentwicklung des Wahlrechts – so sehe ich das –, zu dem wir aufgefordert sind.

Dabei geht es neben der Ausgestaltung des Mehrheitswahlrechtes, bei dem wir zukünftig darüber reden müssen, wie wir das machen, ob wir die einfache oder zweifache Anzahl von Kandidaten im Verhältnis der zu vergebenden Sitze aufführen, noch um weitere Punkte. Ich sage einfach einmal, Sie schreiben, Versand von Wahlunterlagen für alle Wahlen. Dabei sind natürlich erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen. Wir müssen schauen, wie wir das ausgestalten, damit das überhaupt möglich ist. Die Freiheit der Wahl ist ein ganz wichtiges Instrument, welches zu beachten ist.

(Zuruf der Abg. Frau Thelen, CDU)

Darüber hinaus entstehen Kosten durch diese Sache, die in einem Bereich von 3 Millionen Euro für die Kommunen definiert werden. Es ist festzustellen, wer diese

zahlen soll. Das sind Fragen, die ebenfalls zu stellen sind.

Wir halten es beispielsweise für erforderlich, zu fragen oder zu diskutieren, wie wir es beispielsweise bei Stichwahlen auf der Ebene der Ortsvorsteher halten. Dort finden Wahlen statt, bei denen 10 % bis 15 % der Bürger wählen gehen. Da stellt sich die Frage der politischen Legitimation.

Wir haben darüber hinaus ein dreimonatiges Wohnsitzerfordernis für die Bürger, die bei den Kommunalwahlen mitwählen wollen. Hier sind die Fragen zu stellen, ob das drei Monate sein müssen und ob das bei den heutigen modernen Meldesystemen nicht in einem kürzeren Zeitraum geht. Wie sieht es aus mit der Größe der Räte? Wie wählen wir die Ausschüsse, die normalerweise das Spiegelbild der tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse darstellen sollen? Aber wir wissen alle, dass in der entscheidenden Wahl häufig Personen fehlen, sodass es dann zu völlig anderen Ergebnissen kommt.

Darüber hinaus ist für uns eine ganz wichtige Frage, wie wir es mit dem Wahlalter halten. Zurzeit sind es 18 Jahre für Kommunalwahlen. 16 Jahre? Ich habe persönlich große Sympathie dafür, wenn wir uns bewegen wollen, gegebenenfalls die 16 Jahre anzugehen. Wir stehen dem positiv gegenüber. Wir müssen darüber reden. Ich glaube, das wäre ein vernünftiger Schritt in die richtige Richtung.

Diesen Katalog könnte man noch beliebig erweitern. Ich sage, wir sollten miteinander reden, aber diesmal bis zum Schluss, und sich an das halten, was wir verabredet haben. Wir sollten gemeinsam das Kommunalwahlgesetz mit dem Ziel fortentwickeln, eine höhere Wahlbeteiligung und eine größere Identifizierung der Bürger mit ihrer Gemeinde zu erreichen. Insgesamt wollen wir eine bessere Wahlbeteiligung erreichen.

Wir sind hierzu bereit. Wir sind der Meinung, dass dieser Gesetzentwurf an den Innenausschuss überwiesen werden sollte. Dort können wir auf dieser Basis weiter diskutieren und versuchen, möglichst eine gemeinsame Lösung herbeizuführen. Beim letzten Mal waren wir schon ziemlich nah dran. Der letzte Schritt von Ihrer Seite hat gefehlt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Auler, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben 2008 gemeinsam das Kommunalwahlgesetz geändert und stellen heute fest, dass es hier und da Klagen aus einzelnen Ortsgemeinden gibt, die insbesondere das Mehrheitswahlrecht betreffen. Ich denke, man muss auf der anderen Seite sehen, wenn hier und

da zu Recht etwas kritisiert wird, es ist eine Neuerung. Bei Neuerungen passieren Fehler. Wenn wir heute feststellen, dass einige Stimmzettel ungültig sind und die ungültigen insgesamt gegenüber der letzten Kommunalwahl angestiegen sind, dann denke ich, das hat etwas mit der Neuerung zu tun.

Ich glaube, man kann es kritisch sehen, Wahlzettel vorab im Rahmen einer Kommunalwahl nach Hause zu schicken. Rechtliche Risiken sind hierbei zu berücksichtigen. Das muss man sehen. Ich denke, das Mehrheitswahlrecht ist das Thema in den Ortsgemeinden, das uns beim Thema „Kommunalwahlgesetz“ am meisten bewegt.

Ich möchte mich deshalb für die FDP-Fraktion dem Vorschlag anschließen, dass wir dieses Thema im Innenausschuss weiter behandeln. Es wäre sehr schön, wenn wir einen breiten Konsens zwischen den Fraktionen herstellen können, damit die Bürgerinnen und Bürger ihre Wahl durchführen können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der FDP und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Auler. Für die Landesregierung hat Herr Innenminister Karl Peter Bruch das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will vier Bemerkungen machen. Die Erste richtet sich auf die Frage, Mehrheitswahlrecht ohne Wahlvorschlag. Dort haben wir tatsächlich eine Veränderung in der Wahlbeteiligung bzw. bei der Gültigkeit der Stimmen. Herr Abgeordneter Auler, Herr Abgeordneter Noss sowie Frau Abgeordnete Beilstein haben darauf hingewiesen. Hier haben wir in der Antwort auf die Große Anfrage schon erklärt, dass wir zu Veränderungen bereit sind, aber auch diese prüfen müssen. Das muss auch unter dem Gesichtspunkt geschehen, dass das eine Neuerung war, die eingeführt worden ist, weil uns damals der Gemeinde- und Städtebund darum gebeten hat, zu überlegen, es zu tun.

Dabei gilt zweitens zu beachten, dass wir bei der Versendung von Wahlunterlagen bei der Verhältnis- und Direktwahl das zu beachten haben, was wir in unserer Demokratie in jedem Fall als sehr hohes Gut ansehen, nämlich die Frage der Einhaltung der freien und geheimen Wahl. Das ist ein wichtiger Punkt, der in der Tiefe erörtert werden muss. Unsere Verfassung ist nicht gleichzusetzen mit Verfassungen anderer Länder. Wir haben Unterschiede.

Das Dritte ist, wir haben – das ist ein bisschen speziell gewesen, weil es ein Wunsch war – die Rückgängigmachung der Halbierung der abzugebenden Stimmen bei der Mehrheitswahl bei einem Wahlvorschlag. Da wurde die Zahl der ungültigen Stimmen zwar weniger, aber die Kommunen wollen zurück zur alten Situation, dass sie

diese Halbierung nicht mehr haben. Sie argumentieren damit, dass sie dann die Nachrücker nicht benennen können, die es immer wieder gibt. Es gibt angeblich mehr Nachrücker als jemals zuvor. Auch da muss man unter dem Gesichtspunkt „neue Einführung, neue Prüfung“ das nachher in einer Beratung überprüfen. Ich halte deswegen viel davon, dies im Innenausschuss intensiv zu beraten.