Es geht der SPD also nicht um Aufklärung oder gesündere Ernährung, es geht um Populismus und Polemik wider besseres Wissen.
Das „1 plus 4“-Modell bietet dieselben Informationen wie die Ampel, plus zusätzlicher Informationen für den, der sie lesen will, ohne die irreführenden Farben. Das wollen wir, und das kommt EU-weit. Ihren in jeder Hinsicht veralteten Antrag lehnen wir ab.
(Beifall der FDP und bei der CDU – Ramsauer, SPD: Frau Schellhaaß, Sie kriegen den roten Punkt! – Pörksen, SPD: Das waren null Punkte! – Ministerpräsident Beck: Schade, dass ich Fastenzeit habe, sonst würde ich heute Abend Wein trinken und Schokolade essen!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn man diese Debatte verfolgt, so gebe ich zu, dann könnte man den Eindruck haben, als wollte man uns allen – ich fühle mich da auch angesprochen, ich glaube, der Ministerpräsident auch – wirklich die Liebe und das gerne Essen und Trinken und erst recht die Freude am rheinlandpfälzischen Wein verderben.
Das ist todsicher nicht Hintergrund dieser Debatte. Ich bitte auch, dass man das hier noch einmal deutlich machen darf.
Frau Schäfer, ich möchte gar nicht mehr viel inhaltlich sagen. Die Debatte war aber wirklich wieder auf einem Niveau, das mich wundert. Wir haben das Thema mindestens zweimal, ich glaube sogar dreimal im Ausschuss diskutiert, zweimal im Plenum. Man hätte daher annehmen können, dass heute in der Debatte wirklich ein Fortschritt zumindest an Grundlagen und Kenntnissen zu verzeichnen gewesen wäre. Aber das kann ich bei Ihrem Redebeitrag und im Übrigen auch bei Ihnen, Frau Schellhaaß, wirklich nicht erkennen.
Es ist wirklich so. Sie haben gesagt, der Antrag sei veraltet. Nein, der Antrag ist nicht veraltet. Er ist im Übrigen noch hoch aktuell
vor dem Hintergrund, dass in Europa gerade über diese Frage entschieden wird und noch nicht entschieden ist,
sondern in der Tat erst im Mai im Europäischen Parlament im Plenum eine Entscheidung fallen soll. Es ist
also durchaus noch interessant, momentan Einfluss auf diese Debatte auch in der Öffentlichkeit zu nehmen.
Die Debatte ist nicht nur deswegen nicht alt oder hinfällig, aber alt an dieser Debatte sind Ihre Argumente. Sie sind alt und sind wie gestern und vorgestern falsch.
Im Übrigen deckt sich das in der Chronologie der ganzen Debatte und Argumentation, wie Frau Aigner – Frau Klöckner kann ich auch dazu nennen –, wie aber auch Teile der FDP immer wieder die Fakten in der Öffentlichkeit nicht klar herüberbringen.
Wir diskutieren über Irreführung in der Lebensmittelkennzeichnung. Wenn etwas irreführend ist, dann ist es die Argumentation zur Ampelkennzeichnung. Es geht nicht darum, dass einfache Lebensmittel oder Säfte irgendwie gekennzeichnet oder mit Cola verglichen werden. Es geht vor allen Dingen um Fertigprodukte, um zusammengesetzte Lebensmittel, bei denen Sie nicht mehr erkennen können, welcher Gehalt an Fett, Eiweiß und Zucker enthalten ist.
Frau Schäfer, Sie haben etwas gesagt, was ich entschieden zurückweisen muss. Ich wusste gar nicht, wozu Sie eigentlich fähig sind.
Nein, ich meine, was Sie uns unterstellen, pardon. Die Landesregierung, die diesen Antrag unterstützt, hat todsicher nicht vor, den Menschen etwas vorzuschreiben.
Das macht Verbraucherpolitik aus. Wir wollen nicht nur den Menschen eine Orientierung geben, die sofort innerhalb von fünf Minuten den doppelten Dreisatz rechnen können, um ein Lebensmittel einschätzen zu können, oder für die, die immer mit dem Taschenrechner einkaufen gehen oder zu Hause in der Küche den Taschenrechner parat liegen haben, sondern wir wollen, dass sich jeder einfach damit auseinandersetzen kann.
Zu Recht sind die Situation der Kinder und Jugendlichen, deren Ernährungsgewohnheiten und die Fehlernährung angesprochen worden. Dazu gehört die dramatische Zunahme des Diabetes Typs II bei Kindern, den man früher als Altersdiabetes bezeichnet hat. Da arbeitet die Bauchspeicheldrüse nicht mehr genug, gegebenenfalls auch aufgrund von Fehlernährung. Das finden wir heute bei Kindern. Das ist ein Ergebnis von Fehlernährung der Kinder.
Heute reiht sich auch der Verband der Kinder- und Jugendärzte in die Reihe derer ein, die die Ampelkennzeichnung unterstützen. Es wird darauf hingewiesen, dass bei Umfragen 90 % der Eltern von Kindern gerne für sich, aber auch für ihre Kinder, um sie Schritt für Schritt an eine gesunde Ernährung heranzuführen, diese Ampelkennzeichnung befürworten. Ich frage mich, wie
Sie dazu kommen, zu unterstellen, dass man etwas vorschreibt, was nicht wissenschaftlich begründet ist und was die Verbraucher nicht wollten. Das ist irreführend bei dieser ganzen Debatte.
Sehen Sie, deswegen haben wir uns noch einmal an das Europäische Parlament gewandt. Ich habe unsere deutschen Abgeordneten im zuständigen Ausschuss noch einmal gebeten, diese Entscheidung zu überdenken. Ich habe es letztes Mal deutlich gemacht, dass wir vor einem Jahr noch parteiübergreifend auf einer Linie gewesen sind. Allerdings haben Frau Klöckner und Frau Aigner das schon immer nicht gewollt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir hoffen, dass es in Brüssel im Mai eine andere Entscheidung gibt.
Davon hängt nicht die gesamte Frage der gesunden Ernährung ab. Das ist vollkommen klar. Eines ist auch klar, diese komplizierte Regelung ist alles andere als klar, einfach und für jeden benutzbar. Das gilt erst recht für die Gesellschaftsschichten, die sich nicht jeden Tag mit dem Thema einer gesunden Ernährung auseinandersetzen. Das gilt auch für Kinder. Wissen Sie, wenn diese Verordnung käme, wie sie die Bundesregierung befürwortet, dann ist das natürlich eine gigantische Fehlinvestition. Das ist schade dabei. Die Lebensmittelindustrie muss jetzt etwas ganz anderes machen als das, was letzten Endes der Bevölkerung und den Verbraucherinnen und Verbrauchern helfen würde.
Man muss sich die Frage stellen – das ist das Spannendste dabei –, was motiviert die Bundesregierung, gegen alle Interessenverbände der Verbraucher, der Kinder- und Jugendärzte, der Ärztekammer, also alle Verbände der Gesundheit, und der Krankenkassen die Forderung nach einer Ampelkennzeichnung zu diskreditieren und sich für dieses komplizierte, wenig brauchbare System ihrer eigenen Kennzeichnungsverordnung auszusprechen. Das ist die spannende Frage. Ich überlasse sie Ihnen zur Beantwortung.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/4117 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen der CDU und der FDP angenommen.