Protocol of the Session on February 4, 2010

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das bestreitet in Berlin gar niemand!)

Der CSU-Innenminister aus Bayern spricht davon, es müsse ein NPD-Verbotsverfahren geben. Der CDUInnenminister von Mecklenburg-Vorpommern schließt sich dem an, und auch die NPD spricht davon, dass sie verfassungsfeindlich ist, gegen diesen Staat, gegen sein Zusammenleben und gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung steht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, ich kann auf die Zitate aus dem Gutachten verzichten. Diese Zitate triefen regelrecht vor Hetze gegen den Staat und gegen die Demokratie. Menschen werden wegen ihrer Hautfarbe, Religion oder anderer Weltanschauungen verachtet und diskriminiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was mich wirklich stört: Wir bezahlen diese NPD auch noch. Für jede einzelne Stimme zahlen wir, bei der letzten Bundestagswahl fast 2 Millionen Euro.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch ein Punkt ist extrem unredlich – das sollten Sie bei Ihren Entscheidungen bedenken –: Wir fordern die Bürgerinnen und Bürger permanent auf, sich aufzulehnen. Wir fordern Bündnisse, wir fordern die Lehrerinnen und Lehrer auf, ihre Schüler zu sensibilisieren, wir fordern lokale Gremien für Demokratie.

Bei jeder einzelnen Demonstration – von denen haben wir ausreichend viel im Land – gehen die Bürger auf die Straße und demonstrieren gegen die Undemokraten. Dann ist es notwendig und richtig, dass wir hier ebenfalls konsequent handeln,

(Beifall des Abg. Schweitzer, SPD)

nicht nur vom Bürger fordern, dass er handeln soll, sondern dann müssen wir auch an dieser Stelle gegen die Verfassungsfeinde stehen.

Wir können – das werden Sie gleich wieder anführen – nicht die Ideologien aus einigen Köpfen herausschlagen, aber was wir leisten können, ist, denen die Plattform zu nehmen.

30.000 Ideologen und 630.000 Stimmen ist einfach eine andere Welt. Die Plattform müssen wir denen nehmen. Deswegen dürfen wir nicht den Kopf in den Sand ste

cken, sondern wir müssen handeln, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Frau Kohnle-Gros, deswegen kann man in der Konsequenz dem CDU-Antrag – der auch viele gute Sachen enthält, aber in der Konsequenz fordert, das NPDVerbotsverfahren nicht anzustrengen – leider nicht zustimmen. Wäre er etwas anders formuliert – es sind ja viele gute Sachen drin –, wäre das möglich.

Deswegen bitte ich Sie noch einmal herzlich: Denken Sie darüber nach, stimmen Sie dem SPD-Antrag zu.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank.

Bevor ich Herrn Kollegen Lammert das Wort erteile, begrüße ich als weitere Gäste auf der Zuschauertribüne Schülerinnen und Schüler der 11. Jahrgangsstufe des Gauß-Gymnasiums in Worms. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Herr Kollege Lammert für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der SPD war bereits im DezemberPlenum Gegenstand der Beratungen. Auch im Innenausschuss haben wir ihn intensiv beraten. Wir sind uns durchaus in vielen Betrachtungen und Ansichten einig.

Auch wir sehen die NPD als eine verfassungsfeindliche Partei. Sie stellt eine Bedrohung für unsere Demokratie dar. Von NPD-Funktionären sind immer wieder extremistische, rassistische und antisemitische Äußerungen zu hören. Sie beleidigen führende Vertreter von Staat und Gesellschaft, sie beschimpfen unser freiheitlich demokratisches Gemeinwesen.

Solche Äußerungen sind unerträglich und legen den Blick ein Stück frei auf ein menschenverachtendes Gedankengut der NPD. Insoweit stimmt die CDULandtagsfraktion mit den Kolleginnen und Kollegen und dem Antrag der SPD grundsätzlich überein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dennoch, so sehr wir uns alle in der Ablehnung solchen Gedankenguts einig sind, so lehnen wir derzeit ein erneutes NPDVerbotsverfahren ab. Ein Verbotsantrag ist sicherlich grundsätzlich wünschenswert. Wir sehen jedoch einen neuen Verbotsantrag als mit zu hohen Risiken des Scheiterns verbunden.

Wir haben dies auch in unserem Alternativantrag „NPD und Rechtsextremismus wirkungsvoll bekämpfen“ aus

führlich dargelegt. In dieser Ansicht liegen wir mit sämtlichen CDU-Innenministern und mit dem Bundesinnenministerium auf einer Linie. Auch der CSU-Innenminister sagt, er wolle grundsätzlich einmal darüber nachdenken, er hat aber noch nicht gesagt, dass dies beantragt werden müsse. Auch das sollte man einmal sagen.

(Beifall der CDU)

Das Bundesverfassungsgericht darf unter anderem ein Parteienverbot nur dann aussprechen, wenn die NPD nach ihren Zielen oder dem Verhalten darauf ausgerichtet ist, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.

Die SPD-Innenminister haben jetzt eine Materialsammlung vorgelegt, die sicherlich umfangreich ist, und sind der Ansicht, dass dieser Nachweis mit dem von Ihnen genannten und gesammelten Material möglich sein könnte.

Wir hingegen sind der Ansicht, dass die Vorlage von offen zugänglichem Material, also Erklärungen der NPD in ihrem Parteiprogramm, in ihrer Parteizeitung, in gedrucktem Schulungsmaterial oder in öffentlichen Äußerungen ihrer Spitzenfunktionäre, nicht ausreicht, um die hohen Voraussetzungen für ein NPD-Verbot nachzuweisen.

Vielmehr wird es darauf ankommen, Informationen aus dem Inneren der Partei zu gewinnen. Dies kann nur mit dem Einsatz von V-Leuten geschehen. Genau hier hat aber das Verfassungsgericht enge Grenzen gezogen. Schon einmal ist ein Verbotsverfahren 2001 angestrengt worden. 2003 stellte das Bundesverfassungsgericht den Prozess wegen eines Verfahrenshindernisses ein. Hintergrund war, dass eine erhebliche Zahl von V-Leuten an entscheidenden Stellen in der NPD saß.

Dies führt zum Kernproblem des Verbotsantrags. Auf der einen Seite sind wir zum Nachweis der Verfassungswidrigkeit auf das Material der V-Leute angewiesen, auf der anderen Seite müssen die Informanten aber abgezogen werden, damit dem Verfahren nicht erneut ein Aus droht.

Würden wir dennoch einen Verbotsantrag stellen, so liefen wir Gefahr, erneut zu scheitern, und die NPD würde unseres Erachtens einen großen Erfolg davontragen, ganz abgesehen von der hohen Aufmerksamkeit während des gesamten langwierigen Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Pörksen, SPD: Das ist kein Argument!)

Von daher plädiert die CDU für eine stärkere politische Bekämpfung der NPD. In einer offenen Gesellschaft, in einer liberalen Demokratie kann Extremismus auf Dauer nicht mit Verboten, sondern nur mit besseren Argumenten bekämpft werden.

(Beifall des Abg. Licht, CDU)

So werden wir die kontinuierlich ansteigende rechtsextremistische Gewalt nicht allein mit einem Parteienverbot

in den Griff bekommen. Rechtsextremistische Gewalt wird vielmehr von der Skinhead-Szene, von rechtsgerichteten Kameradschaften und von den neuen Aktionsforen, wie dem sogenannten autonomen Nationalsozialismus, verübt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen die Wurzeln von Extremismus bekämpfen. Damit sage ich auch ganz deutlich, nicht nur des Rechtsextremismus, sondern auch des Linksextremismus.

(Beifall der CDU)

Wir schlagen sehr wohl die Überprüfung der Präventionsarbeit der Landesregierung vor. Herr Minister Bruch, Sie tun schon sehr viel, aber nichts kann so gut sein, dass es nicht dennoch einer intensiven Prüfung standhalten müsste und wir uns vielleicht durchaus auch neue Wege überlegen müssen, wie wir diese Gruppen entsprechend bekämpfen können.

Abschließend möchte ich noch einmal klar unterstreichen, dass wir die NPD ebenfalls als verfassungsfeindlich ansehen. Aber wir sehen in einem erneuten Verbotsverfahren erhebliche Risiken und halten ein Scheitern für sehr wahrscheinlich. Die Materialsammlung sehen wir für ein formaljuristisches – und darauf wird es vor dem Bundesverfassungsgericht ankommen – Parteiverbotsverfahren als nicht ausreichend an. Der mögliche politische Schaden bei einem erneuten Scheitern und ein damit verbundener, nicht zu unterschätzender Werbeeffekt für die NPD wäre fatal.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns die NPD sowie die rechts- und linksextremistische Gewalt politisch geschlossen bekämpfen. Dieser Weg wird sicherlich auf Dauer erfolgreicher sein als ein mit hohen Risiken behafteter Verbotsantrag.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Kollege Auler das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben bereits in der letzten Plenarsitzung ausgiebig darüber diskutiert, ob wir uns dem Antrag der SPD-Fraktion über ein NPD-Verbot anschließen können.

Ich freue mich, dass sich alle Fraktionen, die im Landtag vertreten sind, darüber einig sind, dass die NPD eine verfassungsfeindliche, eine widerliche Partei ist. Ihnen ist bekannt, dass die FDP-Fraktion das Risiko des rechtlichen Scheiterns als zu hoch ansieht und uns die daraus möglicherweise resultierenden Folgen zu riskant sind.

(Beifall des Abg. Kuhn, FDP)

Wir müssten uns bei einem neuen Anlauf, die NPD zu verbieten, auf den sogenannten Beobachtungsstatus zurückziehen. Das ist uns zu gefährlich. Wir glauben, dass wir es uns nicht leisten können, die NPD nur zu beobachten.

(Beifall der FDP)