Protocol of the Session on December 10, 2009

(Baldauf, CDU: Was schlecht läuft? Das können wir auch tun!)

Am vergangenen Montag wurde das neue Institut eingeweiht, das von Boehringer Ingelheim gestiftet wurde. Es war sehr interessant, was Herr Professor Dr. Barner von der Boehringer Ingelheim Stiftung in diesem Zusammenhang erwähnt hat. Er hat auf harte Indikatoren hingewiesen, die Sie einmal zur Kenntnis nehmen sollten: Wir haben in Rheinland-Pfalz eine Absolventenquote von 22,8 % und befinden uns damit auf dem Niveau der Flächenländer. Wir haben eine Beschäftigung der Hochqualifizierten in Rheinland-Pfalz von 89 %. Dies ist der höchste Wert in ganz Deutschland. Die Studienanfängerquote liegt bei 37,4 %. Dies sind für die Boehringer Ingelheim Stiftung sehr wichtige Kriterien gewesen, die sie dazu veranlasst haben, am Standort RheinlandPfalz zu investieren und nicht etwa in anderen Bundesländern oder gar europaweit an völlig anderen Standorten. Ich denke, dies sollten Sie einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Sie sprechen des Weiteren die Unterfinanzierung der Hochschulen an. Klar, auch wir wünschen uns eine bessere finanzielle Versorgung. Auch wir wünschen uns eine weitere Verbesserung der Betreuungsrelation. Aber wenn man sieht, dass die Technische Universität in Kaiserslautern 1 Million Euro für exzellente Lehre erhält, kann die Situation nicht so desaströs sein, wie Sie es uns glauben machen wollen.

(Beifall der SPD)

Was die spezifische Lage in Ludwigshafen anbelangt, so wissen Sie genau – und in dieser Diskussion gehört auch etwas Ehrlichkeit dazu –, das Land hat sich nicht darum gerissen, die Evangelische Fachhochschule zu übernehmen. Aber es hat dies getan, um unterstützend einzugreifen. Sie wissen ebenso, dass das Präsidium der Fachhochschule seit über einem Jahr unbesetzt ist und die Nachfolgeregelung bisher meines Wissens noch nicht befriedigend gelöst ist. Dass solche Prozesse nicht unbedingt dienlich sind, um schnelle Ergebnisse herbeizuführen, sollten Sie im Grunde genommen auch sehen.

Was den Bologna-Prozess anbelangt, müssen wir uns der Diskussion stellen, und wir werden dies auch gleich bei dem nächsten Tagesordnungspunkt, der aufzurufen ist, tun, wenn unsere Anträge zu diskutieren sind. Was aber diese konkrete Aktion heute Morgen anbelangt, habe ich mehr Fragezeichen als Antworten erhalten.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank. – Ich erteile nun Herrn Kollegen Mertin das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Aus Sicht der FDP-Fraktion sind viele der Gründe, die zu den Protesten der Studierenden führen, berechtigt, ins

besondere wenn es um die Umsetzung des BolognaProzesses geht. Bei der Umsetzung bzw. am Beginn des Prozesses wurde immer gesagt, dass das BachelorStudium ein berufsfähiges Studium sein solle, das heißt, einen Abschluss gewährleisten solle, der dazu befähigt, einen Beruf auszuüben. Man hat – offensichtlich als Vorgabe, die strikt befolgt wurde – den Versuch unternommen, dies immer in sechs Semestern zu tun. Das ist offensichtlich in manchen Bereichen gescheitert, da es nicht möglich ist, die Berufsfähigkeitsreife in einem Bachelor-Studiengang mit einem gewissen wissenschaftlichen Anspruch zu vermitteln, sodass die Studierenden schlichtweg durch die Anforderungen, die in sechs Semester hineingepresst wurden, überfordert werden.

Mich hat etwas erstaunt, dass es überhaupt dazu kommen konnte; denn die Universitäten durften diese Studiengänge doch erst einführen, nachdem sie zuvor von einer entsprechenden zertifizierten Agentur, für die viel Geld bezahlt worden ist, geprüft worden sind und nachdem diese Agentur bestätigt hat, dass diese Studiengänge eigentlich sinnvoll sind. Dann fragt man sich, ob man die falsche Agentur gewählt oder die falschen Prüfkriterien zugrunde gelegt hat. In jedem Falle aber kann es nicht als Erfolg angesehen werden, wenn nach so einem umfangreichen Vorlauf im Ergebnis Studiengänge auf den Weg gebracht werden, die die Studierenden überfordern und nicht das einhalten, was versprochen worden ist.

Es besteht aber nicht nur dieses Problem, sondern nach Gesprächen mit Studierenden, die ich in den letzten Wochen geführt habe, hat sich herausgestellt, dass es beim Hochschulwechsel Probleme gibt: Ein einmal abgeschlossenes Modul an einer Hochschule wird an einem anderen Standort nicht anerkannt, sodass man gegebenenfalls dort darauf besteht, dass die Prüfung wiederholt wird. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Der Studierende soll gerade von einer Hochschule zur anderen wechseln können, aber dies macht nur Sinn, wenn das, was er anderswo erworben hat, an der neu aufnehmenden Hochschule auch anerkannt wird.

(Beifall der FDP)

Insofern sind die Studierenden zu Recht aufgebracht und erwarten, dass wir Veränderungen vornehmen.

Wir begrüßen ausdrücklich, dass diese Veränderungen jetzt angegangen werden, und wir erhoffen uns, dass auch die Beschlüsse, die – wenn ich Sie richtig verstanden habe, Frau Staatsministerin Ahnen – darauf ausgerichtet sind, den Hochschulen, die ein eigenes Qualitätssicherungssystem einführen, die Möglichkeit zu geben, die Studiengänge selbst zu zertifizieren. Wir hoffen, dass diese größere Freiheit für die Hochschulen die Dinge beschleunigt und damit im Interesse der Studierenden zu schnelleren Ergebnissen führt.

Ich möchte aber auch sagen, dass nicht alles, was vonseiten der Studierenden als Protest vorgebracht wird, von uns geteilt wird. So wird zum Beispiel – vermutlich im Hinblick auf die Hochschulräte in ihrer derzeitigen Struktur – vorgebracht, dass der Einfluss der Wirtschaft zu groß sei. Es wurde soeben die Boehringer Ingelheim Stiftung genannt. Dies ist ein hervorragender Beitrag der

Wirtschaft für die Studierenden. Wer davon profitieren will, muss natürlich auch entsprechende Kontakte pflegen und kann nicht so tun, als ob die Wirtschaft und ihr Einfluss der Feind der Studenten sei. So kann man mit diesen Menschen nicht umgehen. Was Boehringer getan hat, ist für die Studierenden und den Standort Rheinland-Pfalz hervorragend und wird von uns deshalb in aller Form unterstützt. Wir halten dies für eine sehr sinnvolle Maßnahme.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Aber auch wir haben in der Frage der Finanzierung viele Wünsche, und wir sind auch der Auffassung – das hat die schwarz-gelbe Koalition in Berlin auch so vereinbart –, dass das BAföG voranzubringen ist. Sicherlich gibt es an dieser Stelle Anpassungsbedarf, weil das BAföG-System noch so installiert ist, als gäbe es noch das alte Studiensystem. Es nimmt aber auf die Unterschiedlichkeiten, die sich bei Bachelor und Master ergeben, keine Rücksicht, und insofern besteht Anpassungsbedarf. Sicher muss bei dieser Gelegenheit auch darüber nachgedacht werden, ob und in welcher Form die Fördersätze angepasst werden und in welcher Form Erhöhungen stattfinden. Ich denke, insofern wird sich bei dieser Frage – bei aller Strittigkeit über die eine oder andere Bildungsfrage, was das BAföG anbelangt – auf Bundesebene, im Bundesrat und im Bundestag doch, wie ich hoffe, eine einheitliche Linie finden lassen, die ein schnelles Ergebnis für die Studierenden ermöglicht.

(Beifall der FDP)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Ahnen das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Der Titel der Aktuellen Stunde heißt „Landesspezifische Versäumnisse als Ursache für die Studierendenproteste“. Ich möchte versuchen, den Titel der Aktuellen Stunde auch ernst zu nehmen, aber vor allen Dingen die Studierenden ernst zu nehmen.

Liebe Frau Huth-Haage, diese würden sich auf diesen Titel nicht reduzieren lassen, sondern sie sprechen auch ganz andere Dinge an.

Ich bin Herrn Mertin sehr dankbar für seine differenzierte Auseinandersetzung, die heißt – das gilt für mich ausdrücklich –, dass man erstens die Kritik der Studierenden ernst nimmt und ich zweitens viele Punkte, die die Studierenden ansprechen, teile, es aber auch Punkte gibt, bei denen ich widerspreche. Das hat etwas mit ernsthafter Auseinandersetzung zu tun.

Mit dem Versuch, den Sie hier machen, sozusagen zu konstatieren, die Studierenden sind gegen die Landesregierung auf der Straße, kommen Sie nicht durch, weil sich erhebliche Anteile der Forderungen der Studieren

den gerade auch gegen Positionen von Ihnen richten, zu denen Sie sich hier überhaupt nicht geäußert haben.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen will ich das in aller Differenziertheit machen. Die Studierenden protestieren gegen Schulzeitverkürzung, weil sie sagen, sie wollen gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern argumentieren. Sie argumentieren gegen Studiengebühren. Sie argumentieren für eine soziale Öffnung der Hochschulen, insbesondere auch für ein BAföG-System und gegen ein StipendienSystem.

Sie demonstrieren für eine bessere Ausstattung der Hochschulen. Sie üben Kritik an der Bologna-Reform. Dann gibt es auch die Auseinandersetzungen mit landesspezifischen Regelungen im Hochschulgesetz, wozu zum Beispiel die Frage des Hochschulrates gehört.

Dann möchte ich jeden Punkt ansprechen. Wenn es um die Frage der Schulzeitverkürzung geht – Schulzeitverkürzung steht in dieser Debatte sicher als Synonym für eine Verkürzung von Ausbildungszeiten und den Druck, der von den Studierenden empfunden wird –, dann möchte ich an dieser Stelle schon noch einmal festhalten, dass nicht die Landesregierung diejenige in diesem Parlament war, die gesagt hat, es muss immer alles schneller gehen.

Die Landesregierung verfolgt seit Anfang der 90er-Jahre die Position, dass wir dann, wenn wir über Bildung und Wissenschaft reden, immer auch über Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene reden und „immer schneller“ nicht das Ziel sein kann, sondern es möglich sein muss, in angemessenen Zeiten Ausbildung zu absolvieren. Dazu gehört aber auch Zeit. Wir haben uns immer kritisch mit der CDU-Opposition in dieser Frage auseinandersetzen müssen. Ihnen konnte es lange überhaupt nicht schnell genug gehen. Die Auswirkungen einer solchen Politik kann man in anderen Bundesländern auch beobachten.

(Beifall bei der SPD)

Da gab es also auch eine landesspezifische Antwort, Frau Huth-Haage. Sagen Sie zu dem Thema doch einmal etwas!

Zweites Thema: Studiengebühren. Die Studierenden machen aus Solidarität zu den Ländern, in denen es Studiengebühren gibt, auch in Rheinland-Pfalz deutlich, dass sie gegen Studiengebühren sind. Ich darf darauf hinweisen, dass die rheinland-pfälzische Landesregierung wie kaum eine andere hier eine sehr klare Position eingenommen hat, dass wir eine eigenständige landesspezifische Antwort mit großzügigen Studienkonten gegeben haben und das dazu geführt hat, dass wir nicht nur im Land Rheinland-Pfalz ein gebührenfreies Studium aufrechterhalten konnten, sondern es ist schon bemerkenswert, dass in benachbarten Bundesländern wie in Hessen und im Saarland jetzt die Studiengebühren wieder abgeschafft werden.

(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU)

Sagen Sie doch einmal etwas dazu, wie Sie gedenken, sich an dieser Stelle in Zukunft zu positionieren. Das würde die Studierenden sicher sehr interessieren.

(Schreiner, CDU: Was kostet das an Verwaltung!)

Ich möchte einen dritten Punkt ansprechen.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Die Studierenden demonstrieren für eine soziale Öffnung der Hochschulen. Dazu gehört natürlich auch die soziale Situation der Studierenden. Wir brauchten die Studierendenproteste nicht, bis wir beim BAföG reagiert haben. Die letzte BAföG-Erhöhung im Jahr 2007 nach sieben Jahren des Stillstandes hat ihren Ausgangspunkt in Rheinland-Pfalz mit unserer damaligen Bundesratsinitiative zur BAföG-Erhöhung. Wir haben das 2007 gemacht und am Dienstag aktuell im Kabinett eine neue Initiative beschlossen. Auch an dieser Stelle sind wir für die Studierenden verlässlich.

(Schreiner, CDU: Diese Initiative wird ja auch Erfolg haben, weil Sie ja nur das nachbeten, was Frau Schavan Ihnen schon vorgemacht hat! – Zurufe von der SPD)

Herr Abgeordneter Schreiner, halten Sie doch gleich noch einmal einen Redebeitrag. Positionieren Sie sich einmal klar zu der Frage vom Verhältnis Studiengebühren, BAföG und Stipendien-System.

(Dr. Rosenbauer, CDU: Haben wir schon!)

Die Studierenden wären für eine Antwort dankbar.

(Beifall bei der SPD)

Damit, was Sie hier Jahr und Tag machen, herumzulavieren, kommen Sie auch nicht mehr lange durch.

(Ramsauer, SPD: Warum soll der noch reden? Der hat sich doch schon blamiert!)

Zur Frage der sozialen Öffnung gehört auch die Frage, wer an unseren Hochschulen studieren kann. Wir haben in den letzten Jahren massiv für eine Öffnung der Hochschulen geworben, auch für beruflich Qualifizierte. Das haben wir in großem Konsens getan. Aber wir haben immer gesagt, wir haben eine doppelte Herausforderung zu bewältigen. Wir haben mehr Studierende, die wir aufnehmen wollen, und wir wollen Ihnen gleichzeitig eine gute Ausbildung gewährleisten.

Jetzt muss ich Sie an dieser Stelle schon noch einmal darauf hinweisen, ja, Rheinland-Pfalz möchte mehr Geld in Bildung und Wissenschaft investieren. Wir möchten auch eine bessere Hochschulfinanzierung. Aber ich sage Ihnen eins: Wenn wir uns so verhalten würden wie andere Länder und würden die Hochschulen zumachen, dann hätten wir natürlich pro Studierenden ganz ordentliche Ausgaben. Unser Problem ist doch, dass wir zum

Teil die Lasten anderer Länder tragen, weil sie nicht ausreichend Studienplätze zur Verfügung stellen.