Wie können Sie wissen und behaupten, dass Informationen, die ich beispielsweise von Betrieben bekomme, dass ihre Proben zum Teil bis zu einem Jahr nicht beprobt wurden bzw. sie darüber keine Informationen bekommen haben, nicht zutreffen? Wollen Sie denen auch eine Lüge unterstellen? Das müssen Sie mir schon glauben.
Der zweite Punkt ist, die unterschiedlichen Informationen, die vorliegen, könnten auch mich dazu bewegen zu sagen, dass Sie uns Märchen erzählen. Das tue ich nicht. Das habe ich die ganze Zeit nicht getan. Dabei bleibt es auch. Die Interpretation der unterschiedlichen Wahrnehmungen – sage ich mal – bleibt jedem selbst vorbehalten.
Werte Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir können jetzt in die Mittagspause eintreten. Ich lade Sie zur Weiterführung der Sitzung um 13:00 Uhr ein. Der Besuchergruppe sage ich, dass sie nachher bis 14:00 Uhr wiederkommen kann. Es handelt sich um Mitglieder des „Herzsportvereins Hermeskeil e. V.“, die ich jetzt schon herzlich begrüße.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn das Plenum noch sehr dünn besetzt ist, fahren wir in der Tagesordnung fort.
„Zukünftige Pflegequalität in Rheinland-Pfalz“ auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/4070 –
Für die erste Runde stehen jeweils fünf Minuten und für die zweite Runde jeweils zwei Minuten pro Fraktion zur Verfügung.
Die wichtigsten sind immer wieder da. – Wir sprechen heute wieder einmal über die Qualität in der Pflege. Das tun wir auf Basis aktueller Entwicklungen, die uns alle gleichermaßen betreffen – wenn nicht jetzt, dann irgendwann; wenn nicht persönlich, dann bei Angehörigen – und die uns auch betroffen machen. Da spreche ich für uns alle, glaube ich.
Weil wir schon so oft über Pflegequalität gesprochen und auch schon so oft die Landesregierung für ihren unermüdlichen Einsatz um Pflegequalität gelobt haben, ist das, was wir jetzt erleben, umso irritierender. Im stationären Bereich wurden, was die MDK-Untersuchungen angeht, schon seit Frühsommer vorigen Jahres nämlich genau die umgekehrten Prognosen abgegeben. Ich erinnere an die denkwürdige Pressekonferenz des VdK, der das Prüfsystem als einen Skandal bezeichnete. Dies erleben wir jetzt auf der anderen Seite ganz konkret bei der ambulanten Pflege – und das in einer politischen Situation, in der sich alle Parteien und alle Ressortverantwortlichen einig sind, dass der Grundsatz „ambulant vor stationär“ eine der ganz wichtigen Grundlagen jetzt und auch für die Zukunft ist.
Nun lautet das Ergebnis der MDK-Untersuchungen im ambulanten Bereich in Rheinland-Pfalz in 58 % der Fälle: mangelhaft. 58 % der durch den MDK überprüften ambulanten Pflegedienste haben die Note „mangelhaft“. Das kann irgendwo nicht sein. Wenn das so wäre, hätten die Bemühungen der Landesregierung der letzten Jahre nicht nur nicht gefruchtet, sondern sogar das Gegenteil bewirkt. Wenn das so wäre, wären auch nicht
so viele Angehörige und so viele zu Pflegende mit den Leistungen dieser Pflegedienste, die sie immer wieder beauftragen, zufrieden.
Die spannende Frage ist also: Stimmt die Qualität nicht, oder stimmt die Prüfqualität nicht? – Ohne das jetzt abschließend beurteilen zu können, würde ich mutmaßen: Es ist eher die Prüfqualität, die das Problem darstellt.
Deshalb sollten wir uns besonders mit dieser Frage befassen. An dieser Stelle muss ich die Landesregierung fragen.
Ich frage sie nicht, warum sie sich dafür eingesetzt hat, dass diese Zahlen nicht veröffentlicht werden. Die entsprechende Argumentation ist nach meinem Dafürhalten schlüssig. Um größeren Schaden abzuwenden, musste man die Notbremse ziehen. Ich frage mich zwar ein klitzekleines bisschen, weil wir heute Morgen aufgeregt über rechtliche Grundlagen gesprochen haben, wo die Rechtsgrundlage für das Stoppen eines solchen Verfahrens ist. Das können Sie aber sicherlich aufklären.
Spannender ist die Frage, ob das genügt, was die Landesregierung in dieser Frage tut. Noch einmal: Seit ungefähr April oder Mai vorigen Jahres gibt es nach unserer Wahrnehmung berechtigte Kritik am MDKPrüfsystem, und zwar an den Schemata, die zu einem Notenausgleich führen können, indem ganz wichtige Dinge durch unwichtigere Dinge – ich will nicht von Belanglosigkeiten sprechen; im Schuljargon würde man aber sagen: Nebenfächer – ausgeglichen werden können.
So schafft man keine Transparenz. Das ist der Vorwurf, der im Raum steht. Die Landesregierung verweist immer nur auf die Partner, die dieses System ausgehandelt haben – zu Recht. Das ist allerdings nicht der verantwortliche Umgang mit diesem Problem.
Die Landesregierung kann nach meinem Dafürhalten jetzt auch nicht sagen: Nun warten wir noch ein bisschen; die Zahlenlage klärt sich ja; wir brauchen eine breitere empirische Basis; die übrigen Bundesländer müssen noch ausgewertet werden.
Meine Damen und Herren, ich erinnere daran, dass die Landesregierung nicht zuletzt im neuen Heimgesetz, das wir gestern verabschiedet haben, größten Wert darauf gelegt hat, Transparenz in der Information zu schaffen, bevor man in eine Pflegeeinrichtung geht, Transparenz hinsichtlich der Qualität herzustellen und das Ganze auch noch in ein Online-Portal einzustellen.
Der erste faktische Schritt dieser Bemühungen – nicht aus dem Heimgesetz, sondern aus der Vereinbarung resultierend – ist das Stoppen der Veröffentlichung. Die Transparenz, die ich haben will, ist auf dieser Basis offensichtlich nicht herstellbar.
Frau Ministerin, ich möchte Sie bitten, die Haltung der Landesregierung in dieser Aktuellen Stunde darzulegen
und über Ihr Schreiben hinaus deutlich zu machen, was Sie zur Verbesserung dieser Situation zu tun gedenken.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben bereits in der Aktuellen Stunde am 8. Oktober 2009 über dieses Thema gesprochen und waren uns damals auch in einer kritischen Würdigung einig – auch wenn der VdK in seinem Brief Sie, lieber Herr Dr. Schmitz, als den Einzigen dargestellt hat, der das kritisch gesehen hat. Wir waren seinerzeit nur der Überzeugung, dass konstruktive Kritik Projekte eher nach vorne bringt, und haben diese kritische Diskussion als durchaus hilfreich für das Projekt angesehen.
Herr Dr. Schmitz hat die Frage der empirischen Erhebungen angesprochen. Als Sozialwissenschaftler habe ich einmal gelernt, dass es im Rahmen der empirischen Methoden wichtig ist, vor jeder Untersuchung, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, auch einen Pretest durchzuführen. Ich denke, dass das für den ambulanten Bereich zu wenig berücksichtigt worden ist.
Wenn man sich die Ergebnisse anschaut, kann man auch die Frage beantworten, warum jetzt die Notbremse gezogen wird und Frau Ministerin Dreyer an die Pflegekassen die Bitte gerichtet hat, die Veröffentlichung aufzuschieben. Zwar haben die Verbraucher ein Anrecht auf Information und Transparenz, die ersten Ergebnisse der Prüfungen der ambulanten Dienste lassen aber den Schluss zu, dass diese Information nicht unbedingt so ist, dass man wirklich einen vernünftigen Schluss daraus ziehen kann. Es sind die Ergebnisse, die nicht passen. Ich betone: Es sind nicht Ergebnisse, die jemandem nicht passen, sondern es sind die Ergebnisse, die nicht passen.
Der MDK steht in unserem Land nach meiner Einschätzung zumindest auch außerhalb aller Kritik, was zum Beispiel sein ambitioniertes Wollen angeht, die Dinge schnell, ehrgeizig und kompetent umzusetzen. Das kann man sicherlich feststellen.
Schauen wir uns nun einmal die Pflegequalität selbst an. Rheinland-Pfalz ist das Land, das nicht erst, seit die Sozialdemokraten in der Regierung sind, sondern auch schon unter Heiner Geißler in den 80er-Jahren Sozialstationen eingerichtet hat. 1984 – das ist gerade 25 Jahre her – kam der Vorrang „ambulant vor stationär“ ins damalige Sozialhilfegesetz hinein. So lange läuft das schon.
Die Erfahrung zeigt, dass die ambulante Pflege bei uns nicht so schlecht sein kann, wie es die Ergebnisse jetzt weismachen wollen.
Um das noch zu unterstützen, will ich darauf hinweisen, dass sich die Welt auch verändert hat. In der vergangenen Woche habe ich an der Aufsichtsratssitzung eines Trägers teilgenommen. Dabei ging es um ein Altenheim mit 78 Plätzen. Bis zur letzten Woche gab es in diesem Jahr dort 39 Todesfälle. 50 % der Betten mussten also neu belegt werden. 39 Todesfälle in diesem Jahr – von ganz normalen Menschen, die nur für kurze Zeit in diese Einrichtung gehen.
Die Arbeit ist sehr viel schwieriger geworden. Das gilt auch für den ambulanten Bereich. Ich denke, dass hier gute Arbeit in der Pflege verrichtet wird.
Die Aufforderung des Bundesverbraucherministeriums, dass wir die Ergebnisse, bei denen wir nicht schlüssig sind, woran es liegt – Herr Dr. Schmitz hat das auch gesagt –, doch veröffentlichen, halte ich in dieser Situation für wenig hilfreich.
Das Ziel bleibt nämlich, den Verbrauchern – in diesem Fall sind es die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen – verständliche, übersichtliche, vergleichbare und öffentlich zugängliche Berichte und Entscheidungshilfen für die Wahl einer Einrichtung oder eines Dienstes zu geben.
Das können wir im Augenblick nicht gewährleisten. Deshalb unterstützt die SPD-Fraktion – Sie haben es Notbremse genannt – den Versuch, erst einmal zu klären, ob es an der Systematik oder an anderen Dingen liegt.
Wir sind der Meinung, dass das auch in relativ kurzer Zeit geklärt werden kann. Sie haben nach der Rechtsgrundlage für die Notbremse gefragt. Ich denke, dass es die Vernunft gebietet, die gemeinsame Entscheidung zu treffen, die Frau Staatsministerin Dreyer getroffen hat und die von den Pflegekassen im Moment mitgetragen wird, selbst wenn die Rechtsgrundlage dafür geändert oder neu abgesprochen werden müsste. Ich gehe davon aus, dass sie nachher Erläuterungen vorträgt, die auf die Fragen von Herrn Dr. Schmitz eingehen.