Sie vermischen unterschiedliche verfassungsrechtliche Ebenen. Es geht zum einen um die Mischverwaltung. Das ist klar. Es geht aber zum anderen um die Eckpunkte. Die Eckpunkte machen den Versuch einer Kooperation trotz getrennter Aufgabenwahrnehmung. In den Eckpunkten gibt es drei Punkte, die verfassungsrechtlich mehr als bedenklich sind.
Das eine ist die Verwaltungskompetenz der BA. Im Grundgesetz hat sie die Zuständigkeit bezogen auf die Sozialversicherung. Es ist wirklich zweifelhaft, ob die BA überhaupt eine Zuständigkeit für die steuerfinanzierte Sozialverwaltung hat.
Punkt 2. Der zweite Punkt betrifft die Beauftragung oder Übertragung von Aufgaben der BA an die Kommune. In der Verfassung steht eigentlich, dass eine bundeseigene Aufgabe nicht einfach auf Kommunen übertragen werden kann.
Der dritte verfassungsrechtliche Einwand ist, dass die weitgehende Entscheidungshoheit – das habe ich vorhin schon einmal gesagt – der Bundesagentur für Arbeit mit Bindungswirkung auf die Kommune fraglich ist. Es ist fraglich, ob es wirklich verfassungsgerecht ist, dass sich eine Kommune von der BA vorschreiben lassen muss, dass sie Kosten der Unterkunft zu zahlen hat oder nicht. Das muss man sich einfach einmal vorstellen.
Da ist der Groll auf kommunaler Seite aufgrund dieser Dinge groß. Diese sind aus meiner Sicht verfassungsrechtlich total problematisch.
Deshalb noch einmal, es geht nicht darum, wer recht hat, sondern es geht darum, was im Rahmen der Verfassung möglich ist, und das ist nicht möglich. Es ist der wohlgemeinte Versuch zu kooperieren, wie wir das alle wollen. Aber er ist mit der Verfassung so nicht darstellbar. Deshalb plädiere ich noch einmal dafür. Wir haben nur noch eine Möglichkeit, nämlich den nächsten Bundesrat. Es gibt keine Möglichkeit mehr.
Es wäre sinnvoller, Sie würden Ihren Einfluss nutzen und dafür werben, dass man das verfassungsrechtlich
abgesegnete Modell verabschiedet. Dann könnten wir wissen, dass wir 2011 für die betroffenen Menschen eine gut funktionierende Organisation hätten.
Ich laufe nicht in die Falle Verfassungswidrigkeit. Auf der Bundesebene gibt es andere Mehrheiten. Damit habe ich letztendlich nichts zu tun.
Ich kann nur sagen, als Landesministerin bin ich engagiert an dieser Stelle, weil ich ein Interesse an diesen Menschen habe. Das, was im Moment vorgelegt wird, ist verfassungsrechtlich nicht haltbar, und es treibt uns genau wieder in das Risiko hinein, dass wir ein Modell haben, das am Ende verklagt werden wird und wir auf die Nase fallen.
Insofern gibt es eigentlich nur die Alternative: Konsequente und getrennte Aufgabenwahrnehmung mit allem, was damit verbunden ist, oder ein Weg, der von den Ländern zusammen beschlossen worden ist.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Ministerin! Ich glaube nicht, dass es nur dieses Entweder-oder gibt. Ich glaube es nicht, und ich teile die Auffassung des Kollegen Schmitz, dass, wenn man sich in diese Gräben vergräbt, es tatsächlich nachher zu der schlechtesten Lösung kommen wird, die wir alle nicht wollen.
Deshalb auch ein Stück der Appell, gemeinsam konstruktiv diesen dritten Weg noch einmal zu untersuchen. Jetzt lassen Sie es uns noch einmal durchexerzieren.
Wir haben eine Arbeitslosenversicherung. Für diese Arbeitslosenversicherung – das ist das SGB III – ist die BA zuständig. Punkt, in Ordnung, keine Frage. Dann kam Hartz IV, Rot-Grün hat es vorgetragen, es ist auch mitgetragen worden.
Dann haben wir gesagt, wir wollen die Langzeitarbeitslosen, die erwerbsfähig sind, die all die Problemlagen zum Teil haben, wie ich sie eben beschreiben habe, in einer eigenen Einrichtung fördern und fordern.
Damit das funktioniert, wurde dann das Kooperationsmodell der ARGEn ausgedacht und damit die Mischverwaltung begründet, die vom Verfassungsgericht für nicht
in Ordnung gehalten wird. Der Staat, diese Bundesrepublik, hat nun den Auftrag, bis zum Ende dieses Jahres eine verfassungskonforme Regelung zu finden.
Wir haben also eine Gruppe, die wir betreuen müssen. Wir müssen sie nicht über die BA betreuen, das haben wir doch ein Stück weit in der Hand.
Selbst wenn Sie zu Recht sagen, wir können als Bundesgesetzgeber nicht direkt Kommunen beauftragen, richtig, das machen wir auch bei der Sozial- und Jugendhilfe nicht, das machen wir auch beim Elterngeld nicht. Da werden die Länder beauftragt, die die Aufgaben weitergeben. Dafür haben wir Landesausführungsgesetze. Das funktioniert doch verfassungsrechtlich.
Warum soll dann jetzt nicht die Möglichkeit bestehen, im Rahmen des SGB II die Länder für zuständig zu erklären, bei sich selbst eine vernünftige Wahrnehmung dieser Aufgaben zu organisieren? Dann wäre der Weg offen, diese unmittelbare Hilfe an den Menschen den Kommunen zu übertragen, ihnen die Freiräume einzuräumen, die nötig sind, um Kooperationen zu schaffen.
Dann haben wir die Hilfe aus einer Hand. Dann könnte man auch noch klären, ob wir auf Landesebene nicht eine Stelle schaffen, die die überregionale Arbeitsvermittlung ein Stück in die Hand nimmt, weil irgendwo die Grenzen der Kommunen erreicht sind.
Das ist meines Erachtens ein dritter Weg, den man wirklich unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten müsste gehen können.
Ich habe aber nicht den Eindruck, dass aufseiten der Länder Bereitschaft bestand, diesen Weg zu überprüfen. Deshalb auch meine Bitte, auch an Sie hier als Vertreterin des Landes Rheinland-Pfalz in der Arbeits- und Sozialministerkonferenz: Lassen Sie doch noch einmal dort überprüfen, ob das nicht ein gangbarer Weg ist. Ich denke einmal, diese Chance hätten wir, die sollten wir nutzen.
Unser Ziel muss es sein, durch wirklich größtmögliche Kooperation darauf zu achten, dass es eine Hilfe aus einer Hand gibt. Auch ich will die getrennte Aufgabenwahrnehmung nicht, auch ich bin nicht begeistert von dem Eckpunktepapier. Ich glaube, es zeigt in die falsche Richtung.
Auch wir sind nicht immer die Ausfüllungsvasallen unserer Kolleginnen und Kollegen im Bund. Aber ich denke, wir sind gemeinsam ein Stück in der Verantwortung zu schauen, wie wir die beste Lösung für alle zusammen hinbekommen.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, Entschuldigung, aber ich will noch zwei Sätze sagen. Frau Thelen, das eine ist, die Bundesregierung hat jetzt wieder ein neues Eckpunktepapier vorgesehen. In diesem Papier gibt es diese Ebene nicht.
Es war immer die erklärte Absicht, dass es kein Vertragsverhältnis oder eine Beziehung zwischen Bund, Land, BA und Kommunen geben soll, sondern es war immer ganz bewusst gesagt worden, das spielt sich ab zwischen der BA und der Kommune, und dabei hat die BA am besten das meiste zu sagen. So sieht das Eckpunktepapier auch zurzeit aus.
Der zweite Punkt ist, Sie sagen, Sie appellieren an uns, aber ehrlich gesagt, will ich das zurückweisen; denn die einzigen – um das noch einmal zu sagen –, die bundesweit im Graben sitzen, sind Teile der CDU-Fraktion gewesen und ist jetzt die Koalition.
Deshalb sollen sie sich aus dem Graben bewegen; denn alle anderen haben sich ziemlich bewegt, auch in diesem Kompromiss. Das war ein Geben und Nehmen von allen Seiten. Das war schwierig.
Deshalb ist meine Bitte umgekehrt, versuchen Sie einfach einmal, auf die Kollegen ein Stück Einfluss zu nehmen – es waren auch FDP-Bundesländer damals dabei, die bei diesem Kompromiss mitregiert haben –, dass man doch vielleicht zu dieser vernünftigen Lösung kommen kann.
Aufgrund der Redezeit der Landesregierung hat jede Fraktion noch 50 Sekunden. Gibt es noch Wortmeldungen?
Ich rufe die Aussprache über die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dorothea Schäfer (CDU), Situation im Landesuntersuchungsamt – Nummer 2 der Drucksache 15/4079 – betreffend, auf.