Protocol of the Session on November 11, 2009

Herr Mertin, der Hinweis von Ihnen ist korrekt. Über die Finanzen spricht man sachlich und lässt jeden ausreden. Jeder hat seine Position. Diese will ich entsprechend darlegen. Von daher möchte ich auf das berühmte Stoltenberg’sche Märchen zurückkommen, nämlich dass es einfach ist, je niedriger die Steuern, desto höher die Steuereinnahmen.

Der Oxforder Finanzwissenschaftler Professor Dr. Fuest, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats im Bundes

finanzministerium – hören Sie gut zu – sagt: „Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass der Staat nur darauf hoffen kann, maximal die Hälfte der Einnahmeverluste, die die Steuersenkung verursacht, durch höheres Wachstum und stärkere Einnahmen zu kompensieren.“ – Das ist Ihre Politik für die Zukunft.

(Zuruf des Abg. Eymael, FDP)

Das nennen Sie Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Landeshaushalte und der Kommune. Ich glaube, Sie sollten genauer hinschauen, was Sie insgesamt in Berlin auf den Weg bringen.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden die einzelnen Maßnahmen, die Sie im Detail dargelegt haben, genau beobachten. Wir werden auch sehen, welche weiteren Botschaften auf das Land, die Kommunen und uns alle zukommen. Man wird sehen, ob das nicht mehr Bremseffekte hat, die gesamte wirtschaftliche Situation verschlechtert und das, was mühsam durch die Konjunkturpakete nach vorn gebracht wurde, nämlich ein Stückchen Wachstum, nicht konterkariert wird. Das ist doch der entsprechende Punkt.

Warten Sie einmal ab. Wir werden Ihnen nicht die Gelegenheit geben, dort so zu reden und zu handeln. Das Ganze muss aus einem Guss erfolgen. Ich glaube, von daher kann man das, was zum Beispiel die ARDTagesthemen genannt haben, nämlich einen Schuldenrausch, durchaus sehen.

Bleiben Sie bei der entsprechenden konkreten Steuer- und Finanzpolitik im Interesse unseres Landes und sagen Sie nicht, lieber Herr Baldauf, das wäre verantwortungslos, wie Sie es eingangs zu einem anderen Tagesordnungspunkt gesagt haben! Es ist auch verantwortungslos, wenn man einfach hinnimmt, dass unser Land mit weiteren über 500 Millionen Euro Steuerausfällen belastet wird. Das ist die Botschaft von Berlin. Das ist keine gute Botschaft.

Insofern fordere ich Sie auf, deutlich Position dagegen zu beziehen und im Interesse unseres Landes Rheinland-Pfalz zu handeln. Das ist gut für die Bürger und die wirtschaftliche Entwicklung.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD )

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Schreiner das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Puchtler, meine Erfahrung nach zwölf Jahren Opposition lautet: Glauben Sie nicht alles, was Ihnen die SPDLandesregierung sagt.

Herr Puchtler, es ist richtig, wir reden bei den von Ihnen erwarteten und von mir nicht erwarteten Steuerausfällen über die Zukunft.

Sie als Sozialdemokraten können die 530 Millionen Euro Ausfall – das müssen Sie konstatieren – nicht belegen. Umgekehrt können wir die Mehreinnahmen der 80erJahre, mit Verlaub, belegen.

(Heiterkeit des Abg. Hartloff, SPD)

Ich finde es schon interessant, vor zehn Minuten sind Sie eine volle Breitseite gegen die Bundesregierung gefahren, jetzt rudern Sie schon zurück und zitieren Herrn Wüst. Sie machen es sich zu eigen, dass wahrscheinlich die Hälfte der von Ihnen befürchteten Einnahmeausfälle auch wieder hereinkommt. Wir sind jetzt also nur noch bei 275 Millionen Euro Steuerausfällen.

(Zuruf des Abg. Puchtler, SPD)

Jetzt warten wir einmal ab – wir werden noch ein paar Jahre das Vergnügen miteinander haben –, wie von einer Rede zur anderen die erwarteten Steuereinnahmeausfälle immer weniger werden. Ich freue mich schon auf den Tag, an dem Sie die Steuermehreinnahmen im Vorfeld der kommenden Landtagswahlen hier groß verfrühstücken.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Im Kern ist es aber schon wichtig, glaube ich, gerade an einem Tag wie heute, an dem sich die SPD in Deutschland zu neuen Ufern aufmachen will, dass wir die Frage stellen müssen, ob es diejenigen, die von den Beschlüssen des Koalitionsvertrags profitieren sollen, nicht verdient haben – es auch aus Ihrer Sicht –, bitter verdient haben – – – Sind Sie als Sozialdemokratie in Deutschland dagegen, dass Familien entlastet werden? Sind Sie als Sozialdemokratie in Deutschland dagegen, dass für Kinder die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt und die Unternehmen in unserem Land, insbesondere auch Familienunternehmen entlastet werden?

Ich behaupte, ich stelle fest, es ist dringend erforderlich, gerade um die Konjunkturpakete der letzten Bundesregierung zu flankieren, dass wir jetzt diesen neuen Weg zusätzlich beschreiten und den Familien, den Unternehmen und unserem Land helfen.

Ich kann Ihnen als Sozialdemokratie nur raten – – –

(Frau Fink, SPD: Wir brauchen Ihren Rat nicht! Wir wollen ihn auch nicht!)

Frau Kollegin, diese Menschen sind Ihr altes Kernklientel. Die Menschen, die bei der letzten Bundestagswahl die Liberalen gewählt haben, sind nicht gottgegeben Liberale, sondern es sind auch viele Sozialdemokraten, die an dieser Stelle ihr Kreuzchen gemacht haben, mit Verlaub, meine Damen und Herren von der FDP. Es sind viele Sozialdemokraten zu Hause geblieben, Menschen, die sich durch Ihre Politik nicht mehr vertreten fühlen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD.

Die steuerpolitischen Beschlüsse der Koalition treffen in ein Kernklientel der SPD. Wenn Sie sich also auf den Weg machen und wieder mehrheitsfähig werden wollen in Deutschland, dann sollten Sie sich gut überlegen, ob Sie, wenn es darum geht, steuerliche Entlastungen für Familien und Familienunternehmen auf den Weg zu bringen, in Ihrer Oppositionsrolle an der richtigen Stelle sind. Die Menschen und die Firmen haben es verdient.

Diese Beschlüsse sind volkswirtschaftlich richtig und wichtig und – um mit Ihren Worten zu sprechen –: Schwarz-Gelb in Berlin – Wir werden es einfach machen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Herr Kollege Mertin, bitte schön.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Puchtler, sowohl hier als auch im Haushalts- und Finanzausschuss ist von Ihrer Seite mehrfach dargelegt worden, mit welchen Einnahmenverlusten das Land zu rechnen hat – damit meine ich die Kommunen gleich mit –: rund 700 Millionen Euro.

Das ist natürlich nur dann richtig, wenn Sie andere Effekte nicht mitberücksichtigen, sondern einfach nur 1 : 1 in den Raum stellen. Ich habe mit Interesse vernommen, dass der eine oder andere sogar eine Klage beim Bundesverfassungsgericht erwägt, auch jemand, der den Koalitionsvertrag mit abgenickt hat.

(Puchtler, SPD: Ja!)

Das finde ich interessant. Ich kann dann nur die Standhaftigkeit einer schillernden Seifenblase feststellen. Aber schauen wir einmal.

Aber wenn Sie eine Klage einreichen, dann müssen Sie natürlich dem Bundesverfassungsgericht ein Stück weit die Refinanzierung von Steuern und Steuersenkungen erläutern. Ich will hier gar nicht behaupten, dass das 1 : 1 ist, aber der sich zwischenzeitlich nicht mehr im Amt befindliche Finanzminister Steinbrück hat noch im September dieses Jahres gesagt, dass 1 : 1 nicht, aber 60 % Refinanzierungsquote sehr wohl möglich ist.

(Zuruf der Abg. Frau Fink, SPD)

Wenn Sie dann 700 Millionen in den Raum stellen, dann müssen Sie diese Refinanzierungsquote von 60 %, die möglich ist, natürlich ein Stück weit abziehen. Das sind 420 Millionen Euro.

Ich räume dem Herrn Finanzminister ein – ich glaube, er hat es im Haushalts- und Finanzausschuss gesagt und heute auch –, dass das nicht im ersten Jahr sein wird.

Es ist doch völlig normal, dass das im ersten Jahr nicht sein kann, weil die Bilanzen mit entsprechender Zeitverzögerung gemacht werden und dann später erst diese Refinanzierungseffekte auftreten.

(Frau Mohr, SPD: Ja!)

Aber es ist falsch zu behaupten, diese 700 Millionen Euro würden ehern und dauerhaft dem Landeshaushalt fehlen. Das ist nicht korrekt.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Wenn man beim Bundesverfassungsgericht wegen solcher Sachen klagt, muss man damit rechnen, dass das Bundesverfassungsgericht einen fragt: Was habt Ihr denn getan, was Ihr aus eigener Kraft tun könnt?

(Heiterkeit des Abg. Baldauf, CDU – Baldauf, CDU: Das werden die!)

Das werden die. Das haben sie nämlich bisher in solchen Verfahren auch immer gemacht. Dann wird die Landesregierung – welche auch immer es ist, die dann klagt – zu beantworten haben, was sie denn getan hat, um zu sparen.

Wir haben in diesem Land einmal gemeinsam Beschlüsse gefasst, durch die ganz erhebliche Beträge eingespart wurden. Ich darf aus der Sitzung vom 3. April 2003 zitieren, in der der Ministerpräsident ausgeführt hat, dass ein Einsparvolumen in der Größenordnung von 352,9 Millionen Euro für das Jahr 2003 vorgelegt wird. Das haben wir damals gemeinsam beschlossen.

In der Sitzung vom 21. Januar 2004 hat er von einem Gesamteinsparvolumen von 386,3 Millionen Euro gesprochen.

(Dr. Schmitz, FDP: Ja!)

Wenn Sie diese Beträge nehmen, sind sie deutlich über dem, was als Risiko noch übrig bleibt.

(Dr. Schmitz, FDP: Ja!)