Protocol of the Session on November 11, 2009

(Beifall der FDP)

Frau Kollegin Morsblech wird nachher zu den unterschiedlichen Anträgen von CDU und SPD in den jeweiligen Gesetzentwürfen noch weitere Ausführungen machen. Das möchte ich an dieser Stelle nicht vorwegneh

men. Aber ich denke, das, was wir politisch wollen, haben wir damit deutlich gemacht.

Aber wir haben auch deutlich gemacht, dass wir das in der Weise machen, dass wir den Landeshaushalt dabei nicht überfordern wollen, und wir wissen, dass wir Verantwortung zu tragen haben. Wir haben deshalb vorgeschlagen, mit den Grundschulen zu beginnen. Das lässt sich nach dem, was wir so kalkuliert haben, in etwa mit diesen Beträgen erreichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, aber wir haben vorhin über die Steuerreform und vieles, was damit zusammenhängt, kommt und auf den Weg gebracht wird, diskutiert. Ich möchte nur noch einen Aspekt einbringen. Ich habe vorhin gesagt, dass wir, wenn man das nüchtern betrachtet und alle Möglichkeiten, die es dort gibt, ausschöpft, durchaus in eine Lage kommen, bei der Sie zur Verfolgung Ihrer politischen Ziele durchaus bereit sind, Verschuldung in Kauf zu nehmen. Ich meine, das, was die schwarz-gelbe Koalition als politisches Ziel verfolgt, ist mindestens so achtenswert wie die politischen Ziele, die Sie haben.

Wir wollen Wachstum generieren. Wir wollen mehr Arbeitsplätze schaffen. Wir wollen, dass mehr Leute, mehr Menschen, in Arbeit kommen, damit sie selbst ihr Geld verdienen und dann auch Steuern zahlen können, damit die Sozialkassen entlastet werden. Das sind mindestens so achtenswerte Ziele wie die, die Sie mit Ihrer eigenen Politik verfolgen. Ich meine, da ist dieses Risiko, das ich vorhin dargestellt habe, durchaus überschaubar, wenn man dieses politische Ziel verfolgt.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das wollen wir zum Wohle dieses Landes verfolgen, weil es zum Wohle dieses Landes ist, wenn wir Wachstum generieren. Das müssen wir, weil alle Prognosen sagen, dass wir im nächsten Jahr immer noch nicht aus der Talsohle heraus sein werden, sondern erst später.

Die Kraftanstrengung wird groß sein. Ich kann nicht sicher sein, dass alles funktioniert. Aber das ist man bei keiner Maßnahme, die man getroffen hat. Auch die Konjunkturprogramme, die wir bisher gemacht haben, sind letztlich nicht immer hundertprozentig sicher, wenn man sie beschlossen hat. Das Ergebnis wird man später abzuwarten haben. Aber ich wehre mich dagegen, dass unterstellt wird, dass die Steuerpolitik, die dort gemacht wird, völlig phantasie- und verantwortungslos ist. Das ist sie nicht. Das wollen wir auch nicht.

Ich habe Verständnis dafür, dass die Länder das sehr kritisch betrachten. Das würde ich auch an deren Stelle tun. Aber es bleibt doch vernünftigerweise und rational abzuwarten, was am Schluss in Berlin tatsächlich beschlossen wird; denn erst das, was im Bundesgesetzblatt steht, kann sich auch tatsächlich auswirken. Bisher steht noch gar nichts drin. Wir reden über irgendetwas, was bisher Vermutungen sind. Das bleibt eben abzuwarten.

Insofern wird es Sie nicht überraschen, dass wir dem Nachtragshaushalt, wie er hier vorliegt, nicht zustimmen werden, zumal unser wichtiger Änderungsantrag keine

Mehrheit finden wird. Von daher sehen wir mit Interesse entgegen, wie sich im nächsten Jahr die Wirtschaft entwickeln wird; denn eines ist klar, auch davon bin ich überzeugt: Das, was wir gemeinsam wollen – wir sind uns einig, dass wir die Schuldenbremse im Land umzusetzen haben –, wird bis 2020 nur gelingen, wenn das, was ich vorhin als politischen Ziel von Schwarz-Gelb in Berlin formuliert habe, auch tatsächlich eintrifft.

Ohne ein entsprechendes wirtschaftliches Wachstum werden wir es nicht schaffen, unsere Haushalte auszugleichen und die Nettoneuverschuldung herunterzudrücken. Deshalb ist es eine wichtige politische Maßnahme, die wir in Berlin mittragen. Aber wir werden auch hier mittragen, dass die entsprechende Schuldenbremse im Land eingeführt wird.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Staatsminister Dr. Kühl hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir verabschieden heute einen Nachtragshaushalt, der im Zeichen der Wirtschafts- und Finanzkrise steht. Dieser Haushalt ist dennoch geprägt durch Solidarität, durch Solidarität gegenüber dem Bund und den anderen Bundesländern, weil die Konjunkturprogramme, die wir mit diesem Nachtragshaushalt umsetzen, nur dann funktionieren, wenn alle mitmachen. Sie funktionieren auch nur dann, wenn wir – so schwer das fällt – diese zusätzlichen Ausgaben mit Krediten finanzieren.

Herr Baldauf, Sie hätten nicht mitgemacht. Ich denke, 15 Bundesländer und der Bund können froh sein, dass Sie für Rheinland-Pfalz nicht darüber zu bestimmen haben.

Die Kommunen in Rheinland-Pfalz erfahren ebenfalls Solidarität durch diesen Landeshaushalt durch Vorfinanzierung der Eigenanteile der Kommunen.

Darüber hinaus haben wir das Konjunkturprogramm so angelegt, dass dort, wo die Kommunen in ihren kommunalen Einrichtungen einen Sanierungsstau haben, sie diesen abbauen können.

Solidarität in diesem Haushalt gegenüber den Unternehmen dieses Landes. Wir haben durch die Ausrichtung der Konjunkturprogramme I und II dafür gesorgt, dass insbesondere im Bauhauptgewerbe und im Handwerk zahlreiche Aufträge an rheinland-pfälzische Unternehmen gegangen sind.

Wir haben mit der Erweiterung des Bürgschaftsrahmens dafür gesorgt, dass Unternehmen, die in dieser Krise Probleme hatten, Kredite, die unbedingt notwendig waren, verbürgt bekommen und damit an diese Kredite herangekommen sind.

Nicht zuletzt auch Solidarität gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch diesen Haushalt, weil wir dazu beigetragen haben, bedrohte Arbeitsplätze zu sichern.

Dieses rundum positive Ergebnis wurde uns von all denjenigen, die am Pakt für Rheinland-Pfalz mitgearbeitet haben, bestätigt. Wer gestern Abend da war, konnte es aus dem Mund des Präsidenten der Landesvereinigung der Unternehmerverbände hören.

Der Dank der Landesregierung geht aber auch an diejenigen, die als Partner mitgearbeitet haben, an die Kommunen, Gewerkschaften, Verbände der Wirtschaft, Kirchen und Vertreter der Banken, weil sie uns geholfen haben, dieses Konjunkturprogramm konzeptionell zu erarbeiten und zügig und geräuschlos auf den Weg zu bringen.

Kooperatives Regierungshandeln, Beteiligung relevanter gesellschaftlicher Gruppen und die Einbindung von Experten lebt diese sozialdemokratische Landesregierung seit mehr als 18 Jahren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir müssen dies nicht neu erfinden. So viel zu dem Antrag der Fraktion der CDU, eine Haushaltsstrukturkommission einzusetzen.

Sie sind gerne eingeladen mitzuarbeiten, wenn die Landesregierung mit der Aufstellung des Haushalts 2011 versucht, den Weg der Einsparung einzuschlagen. Ich sage Ihnen nur, das, was Sie bisher geliefert haben, Vorschläge für Ausgabenerhöhungen, und zu sagen, Einsparungsvorschläge sind Sache der Regierung bzw. der Regierungsfraktion, meine Damen und Herren von der CDU, ist zu wenig.

(Beifall der SPD)

Dass die Nettokreditaufnahme in diesem Nachtragshaushalt die öffentlichen Investitionen übersteigt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn es jemals eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts nach dem Zweiten Weltkrieg gab, dann zweifellos in dem Jahr 2009 und absehbar auch in dem Jahr 2010. Dennoch stellt uns das vor große Herausforderungen.

Die Steuerschätzung zeigt uns, dass wir mit dem beginnenden Wirtschaftswachstum nicht davon ausgehen können, dass wir auch gleichzeitig wachsende Steuereinnahmen haben, sondern es gibt Zeitverzögerungen. Ich bin relativ sicher, dass wir bis ins Jahr 2013 warten müssen, bis wir wieder das Niveau der Steuereinnahmen erreicht haben werden, das wir im Jahr 2008 gehabt haben.

Dennoch müssen wir die Schuldenbremse umsetzen und uns auf den Weg begeben. Ich bin fest davon überzeugt, dass es den Fraktionen des rheinland-pfälzischen Landtags gelingen wird, eine Schuldenbremse zu etablieren, die es uns ermöglicht, ab dem Jahr 2020 ein strukturelles Defizit in der Neuverschuldung von Null auszuweisen und die Schuldenbremse so auszugestalten, dass wir uns konjunkturgerecht verhalten können.

Das sollten wir aus den Erfahrungen der letzten Monate gelernt haben.

Wichtig ist auch, dass es uns gelingt, die Schuldenbremse so auszugestalten, dass dem Land auch dann noch ein haushaltspolitischer Handlungsspielraum eröffnet wird, wenn es eine Notlage oder eine Naturkatastrophe gibt oder wenn Dritte durch politische Entscheidungen auf die Ausgaben- oder Einnahmenstruktur einwirken, sei es die Europäische Kommission oder die Bundesregierung.

Von der CDU wird immer wieder kritisiert, wir hätten es verabsäumt, in den letzten Jahren eine nachhaltige Haushaltspolitik zu betreiben.

Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen, das ist falsch. Ich behaupte, dass das Land eine nachhaltige Haushaltspolitik betrieben hat. So etwas kann man nicht nachvollziehen, wenn man mit falschen Zahlen arbeitet, wie Sie das mit Ihren NRW-Vergleichen getan haben.

Ich will Ihnen ein unverfängliches Beispiel anhand von nachprüfbaren Zahlen geben. Im Jahr 1985 – ich habe bewusst einen Zeitraum von 25 Jahren, nämlich von einer Generation, gewählt, weil wir immer im Zusammenhang von Verschuldung von Generationengerechtigkeit sprechen –, vor 25 Jahren, lag der Anteil der Zinsausgaben am Landeshaushalt bei 9,1 % und der Anteil der Zinsausgaben an den Steuereinnahmen des Landes bei 13,4 %. Diese Anteile erzählen uns, wie viel Geld man von öffentlichen Mitteln aufwenden muss, um ein Stück weit Vergangenheitsbewältigung zu betreiben, und wie viel einem zur Verfügung steht, um die Zukunft zu gestalten.

Der Haushalt des Jahres 2010 wird eine Zinsausgabenquote von 8,9 % und eine Zinssteuerquote von rund 13 % ausweisen. Das heißt, diese Anteile sind nahezu unverändert.

Herr Baldauf, schütteln Sie nicht mit dem Kopf. Lesen Sie es nach! Dann wissen Sie es auch.

(Beifall der SPD)

Man kann sagen, das ist zu kurz gegriffen, und es ist auf Qualitäten abzustellen. Es kommt sicherlich auch darauf an, was man mit dem Geld gemacht hat. Deswegen werde ich Ihnen beleuchten, was in diesen Jahren mit dem Geld gemacht worden ist. Ich nenne Ihnen zwei Beispiele.

Das Land hat in den vergangenen 20 Jahren seine Bildungsinfrastruktur und seine Betreuungsinfrastruktur massiv verbessert, und zwar angefangen von der Kindergartenplatzgarantie über die Betreuende Grundschule, die volle Halbtagsschule, die Ganztagsschule bis hin zur Beitragsfreiheit für Kindergärten oder das Konzept „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“. Das war kostenintensiv, hat aber einen Fortschritt im Bereich der Bildungspolitik und der Betreuungspolitik gebracht, der seinesgleichen in der Republik sucht.

Wir haben eine der schwersten strukturpolitischen Herausforderungen aller westlichen Bundesländer nach

dem Zweiten Weltkrieg – Stichwort: Konversion – zu bewältigen gehabt. Dennoch ist es uns gelungen, bei gleichbleibender Haushaltsstruktur, die ich Ihnen geschildert habe, in diesem Zeitraum von 25 Jahren ausgehend von 1985, als das Land einen Mittelfeldplatz in der Arbeitsmarktstatistik belegt hatte, mittlerweile auf Rang 3 von 16 Bundesländern zu stehen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, mit anderen Worten: Es ist uns gelungen, die strukturelle Verschuldung des Landes gegenüber einem Zeitraum von 25 Jahren und gegenüber einer Generation nicht zu verschlechtern und gleichzeitig die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in unseren Kindergärten, unseren Schulen, den strukturpolitisch schwachen Regionen unseres Landes und auf dem Arbeitsmarkt nachhaltig zu verbessern.

Wir werden in den nächsten Jahren die Haushalte allein deswegen konsolidieren müssen, weil wir Gefahr laufen, dass höhere Zinsen automatisch die von mir beschriebene Zinsausgabenquote nach oben verändern können. Wir werden nicht an Ausgabenkürzungen vorbeikommen.

Wir werden die Kostenstruktur in allen Verwaltungen, wie wir das übrigens in den letzten Jahren stetig getan haben, auch in Zukunft überprüfen. Wir werden die demografische Dividende konsequent für Konsolidierungen einsetzen. Wir werden alle Subventionen, insbesondere die, die wettbewerbspolitisch fragwürdig sind, auf den Prüfstand stellen. Wir werden auch nicht umhinkommen, bei einem Personalkostenanteil von 40 % Personalkosten nicht als Tabu erklären zu können.

Als Ultima Ratio wird man, wenn diese Maßnahmen nicht hinreichend greifen, um die Kriterien der Schuldenbremse zu erfüllen, auch darüber nachdenken müssen, ob man die eine oder andere lieb gewonnene Ausgabe, die wünschenswert, sinnvoll und notwendig ist, kürzt oder gar einstellt.

Wir werden aber eines nicht tun. Wir werden nicht dort einschneiden – das unterscheidet uns –, wo es die Schwächsten der Gesellschaft trifft und Kürzungen diejenigen belasten, die wir eigentlich mit Entschuldung entlasten wollen, nämlich zukünftige Generationen. Wir werden uns sicherlich auch immer einen finanzpolitischen Handlungsspielraum offenhalten, um dort, wo es notwendig und sinnvoll ist, gefährdete Arbeitsplätze in Rheinland-Pfalz zu unterstützen. Wir werden dort tätig werden, dass diese Arbeitsplätze nicht verloren gehen.

(Beifall der SPD)