Protocol of the Session on September 21, 2006

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wer mit Herz und Seele Mitglied des Petitionsausschusses ist, der sieht die Gesetzesrealität und das Handeln der Verwaltung deutlich weniger aus der Sicht der Finanzen und der Wirtschaftlichkeit als an der Seite der betroffenen Bürgerinnen und Bürger. Ich bitte Sie dafür um Verständnis, wenn das bei mir sehr deutlich geworden ist.

Zuletzt möchte ich Ihnen noch etwas aus dem Kuriositätenkabinett bieten, was nicht nur in Rheinland-Pfalz, sondern auch in anderen Bundesländern zu Petitionen geführt hat. Es gab eine Petition mit dem Ziel, die kryonische Bestattung zu genehmigen. Das bedeutet die Konservierung eines Leichnams in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad Celcius mit der Hoffnung, ihn Jahrzehnte später wieder zum Leben zu bringen. Wir konnten diesem Anliegen leider nicht abhelfen.

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD und der FDP)

Nach der Berichterstattung darf ich Herrn Abgeordneten Guido Ernst das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Einmal im Jahr legt der Bürgerbeauftragte seinen Bericht vor. Ich freue mich darüber; denn die Arbeit, die geleistet wird, findet nicht oft in der Öffentlichkeit statt. Ist dies der Fall, so geht es um Einzelfälle und nicht um ein Bild des Ganzen.

Die Vorlage des Berichts ist deshalb für mich zunächst einmal eine hervorragende Gelegenheit, dem gesamten Büro und dem gesamten Mitarbeiterstab für die engagierte Arbeit zu danken. Die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Petitionsausschusses klappte hervorragend. Ich kann auch für den neuen Petitionsausschuss sagen, dass es auch diesmal ausgezeichnet klappt. So ist es uns gelungen, viele Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes zu bearbeiten und – ich betone – oft befriedigend zu lösen. Das Arbeitsklima ist geprägt von Hilfsbereitschaft und hohem Engagement der Beteiligten. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle.

(Beifall im Hause)

Meine Damen und Herren, der Bericht zeigt auf seinen rund 80 Seiten, dass die Einrichtung des Bürgerbeauftragten nach wie vor sinnvoll und wichtig ist. Deshalb kann ich für meine Fraktion auch für die Zukunft dem Bürgerbeauftragten und seinem Team unsere volle Unterstützung zusagen.

Allerdings möchte ich in diesem Zusammenhang uns alle auf einen Satz hinweisen, der mir beim Lesen des Berichts geradezu elementar aufgefallen ist. Wir sollten diesen Satz als Appell auffassen. Auf Seite 22 steht – ich zitiere –: „Allerdings machen Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern nur dann Sinn, wenn sich diese auch ernst genommen fühlen.“ Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, diesen Satz sollten wir uns immer vor Augen halten, indem wir weiter die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, die sich – das muss man so sagen – voller Vertrauen und hilfesuchend an den Bürgerbeauftragten und somit auch an uns wenden, sehr, sehr ernst nehmen.

(Beifall der CDU)

Davon dürfen uns auch einzelne Ausreißer nicht abbringen. Als einen solchen möchte ich einen Insassen der JVA Wittlich bezeichnen; denn dieser hat es im Berichtsjahr auf sage und schreibe 40 Eingaben gebracht. Ich möchte diesen Hinweis keineswegs als Schmankerl verstanden wissen, sondern vor dem Hintergrund auch auf einige kritische Anmerkungen im Bericht übergehen.

Dabei beziehe ich mich auf die Form; denn die Form dieses Berichts ist möglicherweise die Ursache dafür, dass der Bericht immer weniger gelesen wird und – was mir noch wichtiger erscheint – auch verstanden wird. Er hat aus meiner Sicht eklatante Mängel. Das fängt mit dem Inhaltsverzeichnis an, das unkorrekt ist und gar Inhalte ankündigt, die auf den genannten Seiten gar nicht enthalten bzw. auf anderen Seiten mühsam zu suchen sind. Da ich weiß, dass mich der Bürgerbeauftragte spätestens morgen darauf ansprechen wird, kann ich ihn beruhigen, da ich ihm die entsprechenden Stellen nennen werde.

Äußerst irreführend ist darüber hinaus auch die Gliederung. Sie ist auf jeden Fall alles andere als hilfreich. Mit ihrer Fülle von Punkten, Unterpunkten und Unterunterpunkten erreicht sie sicherlich das Gegenteil.

Meine Damen und Herren, insgesamt fehlt mir in dem Bericht sozusagen der redaktionelle rote Faden, also eine Führung, die sich an den Inhalten orientiert und die nicht die Inhalte in eine aus alten Zeiten stammende standardisierte Gliederung zwingt. So geht aus meiner Sicht jede Gewichtung des Wesentlichen verloren.

Diese Gewichtung wiederum erreichen wir nur über den Inhalt und nur durch Maßhalten. Deshalb sage ich: Weniger ist definitiv mehr, und 80 Seiten Bericht des Bürgerbeauftragten sind aus meiner Sicht zu viel.

Verwirrt sind offensichtlich nicht nur die Leser, sondern auch die Verfasser des Berichts. So erstrecken sich ca. drei Viertel des Textes auf Einzelbeispiele. Die meisten gehören eigentlich in den vierten Teil, nämlich die Einzelbeispiele.

Noch einen Hinweis zum Thema „Gewichtung“: Als auffallend wird die Zunahme in den Sachgebieten Ordnungsverwaltung und Rechtspflege genannt. Diese Aussage wird konkret auf Seite 6 im zweiten Absatz getroffen. Da schlägt natürlich der bereits genannte Insasse der JVA Wittlich mit seinen 40 Eingaben zu Buche. Außerdem haben es aber immerhin 15 Gefangene geschafft, dass ihre Eingaben für so wichtig erachtet wurden, um bei den Einzelfällen genannt zu werden.

Meine Damen und Herren, ich muss mich an dieser Stelle wiederholen. Bereits im Vorjahr habe ich angemerkt, dass dieser Gruppe ein unverhältnismäßig großer Berichtsanteil zukommt.

Mein Kollege Dröscher hat bereits erwähnt, dass die Zahl der Neueingaben gegenüber dem Vergleichszeitraum ungefähr gleich ist. Auch der Bürgerbeauftragte hat im Laufe dieses Jahres darauf hingewiesen, dass damit zu rechnen ist, dass es in diesem Jahr wieder mehr Eingaben geben wird. Wir sollten uns aber meiner Meinung nach nicht durch den ständigen Blick auf mehr oder weniger Eingaben leiten lassen.

Meine Damen und Herren, ich komme zu einem anderen Thema. Im vergangenen Jahr wurde die Härtefallkommission eingerichtet. Wir, die CDU – das gebe ich gerne zu –, hätten es lieber gesehen, wenn der Petitionsausschuss mit den entsprechenden Fällen befasst worden

wäre. So wurde ihm aus meiner Sicht ein originäres Arbeitsfeld genommen.

Dennoch – das betone ich auch – sind wir froh, dass sich der Bürgerinnen und Bürger angenommen wird. Ebenfalls ist es sinnvoll, den Ausschuss regelmäßig über die Arbeit der Kommission zu unterrichten.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend erneut feststellen, wie sehr ich das große Engagement aller zu würdigen weiß. Verstehen Sie bitte meine einzelnen kritischen Anmerkungen als konstruktiven Druckaufbau; denn Sie wissen genau, ohne einen entsprechenden Druck gibt es auch keinen Fortschritt.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dieter Burgard das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aussprache zum Jahresbericht 2005, den der Bürgerbeauftragte Ullrich Galle bereits am 9. Februar dem Landtag vorlegte, ist Gelegenheit, im Parlament diese Arbeit näher zu beleuchten, Entwicklungen in Augenschein zu nehmen und schließlich auch die geleistete Arbeit anzuerkennen.

Wenn wir auf 60 Jahre Rheinland-Pfalz in diesem und im kommenden Jahr zurückblicken können, so gehört dazu auch über 30 Jahre bürgernahe Petitionsarbeit mit dem Bürgerbeauftragten und dem Petitionsausschuss. 1974 war Rheinland-Pfalz schließlich das erste Bundesland, das die Stelle des Bürgerbeauftragten geschaffen hat. Mehr als 80.000 Eingaben bis heute belegen, dass diese unmittelbare Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger, sich an den Landtag zu wenden, rege genutzt wird. Die Bürger haben Vertrauen zu dieser Einrichtung. Dieses Vertrauen bedeutet auch eine große Verantwortung.

Die Anzahl der Petitionen von 2.768 liegt fast auf dem Niveau von 2004. Dies ist nicht selbstverständlich im Ländervergleich. So wurde vor zwei Tagen vom Deutschen Bundestag der Bericht des Petitionsausschusses vorgelegt. Hier war eine Steigerung von 2004 auf 2005 von nahezu 23 % zu verzeichnen.

Die hohe Erfolgsquote von Rheinland-Pfalz von 73,7 % im Jahr 2005 ist eine deutliche Steigerung gegenüber den 67 % im Jahr zuvor. Schauen wir zum Beispiel nach Bayern, so sehen wir dort, dass nur 40 % der Eingaben positiv abgeschlossen werden.

Erfolge im Einzelfall, aber hin und wieder auch Erfolge in Eingaben grundsätzlicher Natur, die der Allgemeinheit weiterhelfen, kommen nicht von selbst. Bekanntlich haben die Götter vor den Erfolg den Schweiß gesetzt. Das Petitionsverfahren, das nicht auf Schnelligkeit, son

dern auf Gründlichkeit ausgelegt ist, fordert oft den Schweiß und erfordert die Mühe.

Herr Kollege Ernst von der CDU-Fraktion hatte zum Jahresbericht 2004, aber auch heute auf das Arbeitsklima im Ausschuss hingewiesen. Er sagte damals, es ist geprägt von Hilfsbereitschaft und einem hohen Engagement aller Beteiligten. Ich meine, das können wir auch für das Jahr 2005 so festhalten.

Herr Ernst, meiner Auffassung nach ist der Jahresbericht klar gegliedert und sehr umfassend. Ich meine, es sind mehr als nur Statistiken in dem Bericht zu finden, weil gerade die Einzelbeispiele meiner Meinung nach deutlich machen, wie wichtig die Arbeit des Bürgerbeauftragten für die einzelnen Bürger des Landes ist. Das sollte im Wesentlichen auch so bleiben.

(Beifall der SPD)

Gerade auch mit Blick auf die neuen Kolleginnen und Kollegen im rheinland-pfälzischen Landtag betone ich gerne, dass der Bürgerbeauftragte und der Petitionsausschuss eine der wenigen Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger sind, sich unmittelbar an das Parlament zu wenden.

Petitionen sorgen auch mit für mehr Bodenhaftung im Parlament. Die Probleme werden den Abgeordneten nahe gebracht. Es erfolgt ein Dialog zwischen den Bürgern und dem Staat. Geht es in manchen Anliegen im Jahresbericht 2005 nur um kleinere Dinge, wie ungepflegte öffentliche Grundstücke mit Unkrautbewuchs, so geht es in anderen um Schicksalsschläge und Notlagen, die mit Hilfe bewältig werden sollen.

Bürgerbeauftragter zu sein heißt, Dialog zu führen, Zuhörer, Gesprächspartner, Ratgeber und Organisator von Hilfe und Aufklärung zu sein. Tatsache ist, dass in der Öffentlichkeit die Sprechtage des Bürgerbeauftragten Ullrich Galle, wie es auch im Bericht belegt ist, großen Anklang finden. Seine Devise war und ist, nicht versprechen, sondern handeln.

So war vor einer Woche in der Presse in Wittlich als Überschrift zu lesen: „Galle hilft spontan“. – Direkt in der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich hat er schon am Sprechtag genau vor einer Woche mit der Landrätin unbürokratisch einer schwer kranken Frau helfen können. Das ist ein Beispiel, das auch bei anderen Verwaltungen Schule machen sollte, wenn es um unbürokratische Hilfe geht.

Verwaltungen orientieren sich Gott sei Dank zunehmend im Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern an der Kundenzufriedenheit. Einzelne Verwaltungen bewiesen leider auch im Rahmen des Petitionsverfahrens, dass dies eher als lästig abgetan wird. Sie sehen es nicht als Chance an, eigenes Handeln zu beleuchten, gegebenenfalls zu ändern oder eine Bestätigung ihres Vorgehens zu bekommen.

Menschen mit Behinderungen, Menschen im Strafvollzug, Menschen auf der Flucht vor Diktatur und Krieg, Menschen in finanzieller Not und Menschen in sozialer Bedrängnis wissen es zu schätzen, wenn sie beim Bür

gerbeauftragten mit Respekt Gehör und meist Hilfe finden.

Ein wichtiges Datum wurde schon genannt, nämlich der 1. Januar 2005, das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes und damit verbunden die Arbeit der Härtefallkommission. Unsere zurückgestellten 13 Petitionen aus dem Jahr 2004 konnten 2005 alle positiv abschließend bearbeitet werden. Meist konnten die Lösungen zügig schon im Vorfeld der Härtefallkommission in den Ausländerbehörden befunden werden. Im Laufe des Jahres zeigte sich, dass Innenminister Karl Peter Bruch sehr weise mit den Beratungsergebnissen dieser vielfältig zusammengesetzten Härtefallkommission umgeht. Humanitäre Gründe konnten verstärkt im Asylverfahren Berücksichtigung finden.

Die Arbeit des Bürgerbeauftragten mit seinem Team, des Ausschusses für Petitionsangelegenheiten und der Härtefallkommission macht die Gesellschaft ein Stückchen menschlicher. Wir müssen sehen, dass es auch in unserem Land Probleme für Menschen mit Behinderungen gibt, wenn es beispielsweise um die Hilfsmittelbeschaffung, die Parkerleichterung oder die Integrationshilfe geht. Sie und ihre Angehörigen, die schon viele Probleme bewältigen mussten, sind am Rand der Erschöpfung und der Mutlosigkeit, wenn sie sich an den Bürgerbeauftragten wenden. Umso erleichterter sind sie, wenn ihr Leben durch Hilfen wieder ein Stück mehr Lebensqualität gewinnt.

Mit großen und kleinen Anliegen wandten sich wieder vermehrt Strafgefangene an den Bürgerbeauftragten. Gravierend sind sicherlich die räumlichen Verhältnisse durch die Überbelegung im Jahr 2005 und auch die Probleme bei den Ausbildungsmaßnahmen und Arbeitsplätzen im Strafvollzug. Die SPD-Fraktion ist sich sicher, dass die Überbelegung durch den begonnenen Neubau der JVA in Wittlich nachhaltig abgebaut wird. Der jetzt festzustellende aktuelle Rückgang der Belegungszahlen schafft Freiräume, die genutzt werden können.

Die Finanzierung von Ausbildungsmaßnahmen in Haftanstalten für junge Menschen darf nicht von Jahr zu Jahr auf wackeligen Beinen stehen. Auch im Jahr 2007 und darüber hinaus muss dies Priorität haben. Neben der schulischen Bildung muss gerade die berufliche Ausbildung im Jugendstrafvollzug ihren besonderen Platz haben.

Die Maßnahme „Gemeinnützige Arbeit statt Haft“ konnte dank des Einsatzes des Bürgerbeauftragten mehreren Personen helfen, nicht aus dem intakten Familien- und Berufsumfeld herausgerissen zu werden. Für sie gab es eine neue Chance, die sie meist nutzten.

Auf die große Anzahl der Eingaben beim SGB II in Zusammenhang beispielsweise auch mit den Kosten der Wohnung möchte ich nicht eingehen, weil mein Kollege Peter Wilhelm Dröscher dies schon eingehend getan hat. Ich wünsche mir mehr Flexibilität und Weitsicht in den Arbeitsagenturen.

Die Eingaben steigerten sich im laufenden Jahr 2006. Ich bin mir sicher, dass jeder Einzelfall sorgsam geprüft wird. Wenn ich dem Bürgerbeauftragten Ullrich Galle mit

seinem Team im Namen der SPD-Fraktion herzlich danke, so auch in der Gewissheit, dass wir unermüdlich diese wertvolle Arbeit fortsetzen.