Ich möchte aber noch einmal darauf eingehen, weil Herr Auler das dankenswerterweise erwähnt hat, natürlich erleben wir in der konkreten Situation, dass nicht nur die Rechtsextremen auftreten, sondern wir zugleich ein linksautonomes Publikum mit hoher Gewaltbereitschaft haben und – was noch viel schlimmer ist – sich jetzt auch die Rechten dieser Geschichte angepasst haben und im Auftreten und in der äußeren Erscheinung bald ebenso wie die Linksautonomen auftreten, wie diejenigen, die hier den Krawall suchen und inzwischen auch zu Gewalt in extremer Weise bereit sind. Da hat es noch einmal eine Verschärfung gegeben. Ich denke, das ist wirklich eine Herausforderung auch für die Polizei. Da kann ich Sie bei dem, was Sie eben alle drei gesagt haben, nur unterstützen.
Wenn man jetzt aber noch einmal nach Berlin schaut, muss man an dieser Stelle meines Erachtens auch noch einmal sagen, dass sich die Politik vielleicht noch einmal insgesamt überlegen muss, ob in solchen Lagen – das sind Großlagen mit höchster Gefährlichkeit auch für die jungen Menschen, die da ihren Kopf hinhalten müssen; wir haben es in Berlin ja gesehen – das, was wir jetzt an Struktur haben, und das, was wir an Personalzahlen haben, auch tatsächlich ausreicht. Das müssen die, die das verantworten müssen, sich auch noch einmal in den entsprechenden Runden überlegen, denke ich. Uns wäre schon wichtig, dass auch der Eigenschutz der Polizei nachher noch gewährleistet werden kann und nicht ein solcher Tourismus stattfindet muss, wie das in Berlin stattgefunden hat: Erst fahren sie nach Berlin, dann werden sie zurückgezogen, weil auch in Hamburg die Krawalle losgegangen sind, und die Leute sind auf der Straße und wissen nicht, wo sie zuerst hinrennen sollen. –
Ich meine, Probleme haben wir genug in diesem Bereich. Wir müssen uns der Sache stellen. Ich unterstütze
Sie vollkommen: Wer hätte vor 30 oder 40 Jahren gedacht, dass wir heute unter solchen Voraussetzungen noch einmal über solche Menschen sprechen? Ich bekomme schon wieder Gänsehaut. Das war auch im Innenausschuss schon so. Das geht einem wirklich unter die Haut.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich ausdrücklich für die Wortmeldungen in der Sache und auch in der Beurteilung, in der wir nicht auseinander liegen. Ich denke, dass ich jetzt nicht in die Tiefe gehen will, in ein Zahlenspiel, wie viele Straftaten wir bisher hatten und welche Entwicklung es gibt. Ich will Ihnen aber doch ein wenig vor diesen Wahlen am 7. Juni ein Schlaglicht geben und die aktuelle Lage etwas darstellen und dann auch noch einmal auf die Situation in Rheinland-Pfalz eingehen, wie das dort aussieht, was wir in dem Bereich tun. Wie kann man denn junge Menschen – darum geht es uns ja – oder Menschen überhaupt – es gibt auch ältere – davon abhalten, in diesen rechtsextremen Teil der Politik hineinzugehen? Was kann man tun, um die linksextremistischen Bestrebungen, die es dann wieder automatisch gibt, zu verhindern?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Moment sieht es so aus, dass sich die NPD in den Kommunen für die Kommunalwahl am 7. Juni wie folgt hat aufstellen lassen:
Im Landkreis Bad Dürkheim, im Landkreis Alzey-Worms, im Landkreis Südwestpfalz, im Westerwaldkreis, in der Stadt Trier, in der Stadt Pirmasens, in der Verbandsgemeinde Waldfischbach, in der Verbandsgemeinde Dahner Felsenland, in der Gemeinde Dahn.
Was allen eigentümlich ist, ist, dass die Kandidaten dort überhaupt nicht auftreten oder so gut wie nicht auftreten. Sie werden dort in Veranstaltungen kaum jemand feststellen können, wenn überhaupt eine Veranstaltung stattfindet. Wir haben eine Situation, in der zu Geburtstagen eingeladen wird, in der zu Kameradschaftsfeiern oder etwas Ähnlichem eingeladen wird. Das sind kaschierte Wahlveranstaltungen, die wir aufklären, an denen wir auch relativ nah dran sind.
In diesem Zusammenhang gab es im Westerwaldkreis gestern Abend ein Plakat in Höhr-Grenzhausen. Dieses Plakat, das ich Ihnen jetzt nicht zeigen will, weil ich keine Reklame an der falschen Stelle machen will, hat die Überschrift „Guten Heimflug“. Dieses Plakat ist erstmals
in Bayern aufgetaucht. Es ist rassistisch und fremdenfeindlich. Es zeigt das, was diese Rechtsextremen im negativen Sinne auszeichnet. Sie sind gegen diesen Staat, gegen diese Menschen gerichtet, gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung. In Höhr-Grenzhausen ist dieses Plakat von der rheinland-pfälzischen Polizei beschlagnahmt worden. Ermittlungen sind im Gange. Die Staatsanwaltschaft wird dort mit Sicherheit Anklage erheben. Das ist der eine Teil, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich komme zum zweiten Teil. Es gibt im Grunde genommen keinen Streit über die NPD als eine Partei, die gegen diesen Staat und gegen die Menschen gerichtet ist. Diesen Streit gibt es nicht. Es geht um die Frage: Haben wir genügend Material, um diese Partei verbieten zu können? –
Dabei geht es wieder um die Frage: Müssen wir uns auf Quellen stützen, oder reichen die offenen Quellen aus, die wir haben? – Quellen heißt, müssen wir V-Leute im Bereich der NPD dort bemühen oder nicht. Das ist im Grunde genommen die Streitfrage. Die SPD-Innenminister haben sich entschieden, eine Sammlung vorzulegen, die beweist, dass wir nicht auf Quellen angewiesen sind, sondern klarmachen können, so wie die NPD agiert, ist sie verfassungsfeindlich. Sie agiert in diesem Sinne nach unserer Auffassung, auch analog der Urteile des Bundesverfassungsgerichts, die wir bisher haben, aktiv gegen unsere Verfassung.
Wer sich anschaut, anhört und liest, was verschiedene Repräsentanten der NPD zu diesem Staat verkünden – ich zitiere nur den einen Satz „Wir wollen diesen Staat abschaffen“ – , muss sich fragen: Was muss noch passieren, damit sich dieser Staat wehrt? –
Daher ist es meiner Meinung nach richtig, dass wir diesen Verbotsantrag fordern. Wir werden auf der Innenministerkonferenz in zwei Wochen nicht nur darüber reden, sondern wir werden Festlegungen treffen müssen, nachdem wir vereinbart hatten, dass wir eine Quellensammlung vorlegen wollen. Danach gab es ein Auseinanderklaffen. Teile der CDU wollten das nicht, während die SPD das wollte. Jetzt müssen wir sehen, wie wir bei dieser Entwicklung weiterkommen. Es gibt den klaren Auftrag, in ein Verbotsverfahren einzutreten.
Welche Situation haben wir in Rheinland-Pfalz? Schauen wir uns den 1. Mai an. Ich hielt mich am 1. Mai während der gesamten Zeit im Einsatzraum auf und habe mir angeschaut, wer aktiv war. Darunter befanden sich nur wenige Rheinland-Pfälzerinnen und RheinlandPfälzer. Das ist aber nur ein schwacher Trost. Es handelte sich um eine Altersgruppe, die nicht jung war. Es waren also nicht die 14-, 15-, und 16-Jährigen, von denen wir meinten, sie würden dort versammelt sein, sondern diese Gruppe war im Alter – vorsichtig gesagt – zwischen 21 und 40 Jahre. Das macht die Sache nicht einfacher, und deshalb sind wir nicht beruhigter.
Vor diesem Hintergrund ist meiner Meinung nach die rheinland-pfälzische Art, mit diesem Problem umzugehen, richtig, nämlich zunächst einmal auf die soziale
Sicherheit zu setzen. Wir beginnen damit in der Grundschule und in der Ganztagsschule. Es findet eine sehr gute Zusammenarbeit über das Schulprogramm, mit Aussteigerprogrammen und Ähnlichem mehr statt. Wir tun unendlich viel, um Aufklärung zu betreiben und um Menschen mitzunehmen und zu sagen: Passt auf, was da passiert. Zunächst richtet sich diese Politik möglicherweise einmal gegen Fremde, aber letztlich wird sie sich nachher gegen dich richten und gegen Andersdenkende. – Ich meine, das, was wir mit der Präventionsagentur machen – Herr Kollege Hüttner hat das bereits erwähnt –, ist beispielhaft. Mittlerweile gibt es das auch in anderen Ländern. Kein Land wird sich in dem Sinne vorwerfen lassen wollen, es tue nicht genug.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, daneben machen wir natürlich noch mehr, was ich aber nicht alles ausbreiten kann. Wenn Sie aber sehen, wie es uns erst jetzt in Kirchheim gelungen ist, einen NPD-Stützpunkt zu zerschlagen, merken Sie, dass die von uns geleistete Arbeit – oft vertraulich in Einzelgesprächen – Früchte trägt.
Morbach auch. Ich wollte nur ein Beispiel nennen. Daher meine ich, dass das eine gute Entwicklung ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch eine dritte Bemerkung: Wir wären noch lange nicht so weit, wenn nicht die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes genau diese Linie aktiv mitgestalten würden. Wir hatten am 1. Mai morgens um 09:00 Uhr eine Demonstration mit über 3.000 Menschen. Am gleichen Tag hatten wir noch einmal eine Demonstration mit über 2.000 Menschen am Bahnhof.
Darüber hinaus hatten wir eine Lage, die dadurch gekennzeichnet war, dass wir 170 rechte – rechtsextreme muss man genauer sagen – NPD-Aktivisten hatten. Ferner hatten wir über 300 linksextreme Aktivisten. Wenn wir nicht diese aktiven Bürgerinnen und Bürger gehabt hätten, wäre der Einsatz sicherlich anders verlaufen. Deshalb muss ich mich zunächst einmal herzlich bei denen bedanken, die in Mainz Flagge gezeigt haben.
Das Zweite ist, dass wir im Vorfeld Gespräche mit der Polizei zu führen hatten – dafür hatte ich die politische Verantwortung zu übernehmen –, wie wir mit diesem Einsatz umgehen. An diesem Tag gab es über 70 Einsätze im Bundesgebiet. 70 Demonstrationen waren angemeldet, davon allein im Umkreis von Mainz etwa vier.
Man muss schauen, ob das jetzt eine Taktik der Rechten ist, die sagt, wir melden einmal viele Veranstaltungen an, um die Polizeiarbeit zu erschweren. Das sieht fast so aus.
Wir haben dann erklärt, dass wir dort Flagge zeigen werden. Null Toleranz! Wir haben am 1. Mai 1.300 Polizistinnen und Polizisten eingesetzt. Eine Hundertschaft
kam aus Wiesbaden, aber der Rest setzte sich aus rheinland-pfälzischen Polizeikräften zusammen. Ich selbst war im Einsatzraum und habe mit verschiedenen Kolleginnen und Kollegen gesprochen. Alle haben ausnahmslos gesagt, es sei richtig, dass wir hier Flagge zeigen und versuchen zu verhindern, dass die NPD durch Störungen Aufmerksamkeit erzeugt. Das ist durch eine gut eingestellte Polizeiführung und gut eingestellte Polizeiführer gelungen, die verschiedene Abschnitte kontrollieren mussten.
Das ist auch deshalb gut gelungen, weil die Demonstrantinnen und Demonstranten, die gegen die Demonstration der NPD waren, mit uns kommuniziert haben. Daher ist es uns meiner Meinung nach gut gelungen, diesen 1. Mai friedlich zu gestalten.
Ich weiß, dass das an anderer Stelle schwieriger war. Wir hatten Erfahrungen aus Worms; wir hatten Erfahrungen aus früheren Zeiten. Deshalb lautet unsere Linie bei dieser Arbeit: Wir zeigen die Polizei. Wir zeigen auch klar, dass wir einschreiten werden. Wir werden dann, wenn Störungen auftreten, keine Toleranz zeigen. Wir werden auch die Anzeigen stellen. –
Deshalb gab es über 46 Festnahmen. Deshalb wird es Verfahren gegen diejenigen geben, die Steine geworfen und Sachbeschädigungen begangen haben. Ich sage ganz klar und deutlich: Dort geben wir keinen Zentimeter des Rechtsstaats preis. –
Im Fokus stand der 1. Mai. Es gab aber noch einen 2. Mai in Kaiserslautern und Neustadt. In Kaiserslautern ist die Einsatzlage genau so gewesen: Rechte hatten angemeldet, und linke Extremisten waren dagegen. Auch dort ist es der Polizei mit den beteiligten Bürgerinnen und Bürgern und den betroffenen Städten – die Ordnungsbehörden darf man nicht vergessen – gelungen, das zu unterbinden. Es ist auch gelungen, in Neustadt das Gleiche durchzuführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, da waren 900 Beamte im Einsatz. Das war Pflicht der Polizistinnen und Polizisten. Es ist aber unsere Pflicht, für deren Arbeit einzugestehen – das tun wir – und uns für diese Arbeit herzlich zu bedanken. Das ist geschehen. An dieser Stelle sage ich noch einmal ausdrücklich: Auch ich danke der Polizeiführung und allen eingesetzten Kräften für ihr besonnenes und gutes Verhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich meine schon, dass das konsequente Handeln, das RheinlandPfalz auszeichnet, weiter unser Markenzeichen bleiben muss. Wir werden uns aber auch weiter damit beschäftigen müssen, dass es daneben notwendige gesellschaftspolitische Entwicklungen gibt, die wir aufnehmen müssen. Wir müssen sehen, dass wir über die soziale Sicherheit, über unsere Schulpolitik und Beschäftigungspolitik die Grundlagen legen, damit diese Demokratie geschützt werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb ist dieser Tagesordnungspunkt abgehandelt.
Landesgesetz zur Vereinfachung und Beschleu- nigung von Verwaltungsverfahren des Bau- und Wirtschaftsrechts Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/3192 – Zweite Beratung