Protocol of the Session on May 14, 2009

An der Diskussion und Umsetzung der Neuordnungsziele sind mehrere Ebenen beteiligt: Ich verweise zum einen auf den Bologna-Prozess, der zu einer umwälzenden Neuorganisation aller Studiengänge und -abschlüsse auf Bachelor- und Masterniveau an den Hochschulen geführt hat, zum anderen auf den zurzeit in der Erprobung befindlichen deutschen Qualifikationsrahmen, der einen zentralen Veränderungsprozess für sämtliche Niveaus beruflicher Bildung für Durchlässigkeit und Transparenz und eine Aufweichung der alleinigen Orientierung an Abschlüssen und Bildungsorten mit sich bringen wird. Auf die Entwicklung in Richtung einer Akademisierung der Pflege ist ebenso hinzuweisen, und dazu gibt es sehr spannende, vernetzte Konzepte, auch was Fachhochschule und Ausbildung anbelangt.

Der uns heute in erster Lesung vorliegende Entwurf eines Landesgesetzes zur Fortentwicklung des Rechts der Gesundheitsfachberufe und zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 – im Jahr 2007 auf Bundesebene in nationales Recht überführt – über die Anerkennung von Berufsqualifikationen für den Bereich der Gesundheitsberufe ist in diesem Kontext ein wichtiger Schritt zur Zukunftsfestigkeit und -fähigkeit der

Gesundheitsfach- und Heilberufe. Wie der ausführliche Titel des Gesetzes bereits besagt, geht es um die Verbindung der Umsetzung der EU-Richtlinie über die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen innerhalb der EU-Staaten mit einer aufgrund der fachlichen Anforderungen notwendig gewordenen Neuordnung des Landesrechts für die Gesundheitsfachberufe.

Artikel 1 des Entwurfs eines Landesgesetzes über die Gesundheitsfachberufe enthält Regelungen zur Umsetzung der EU-Richtlinie und Grundlagen für Rechtsverordnungen, Berufsordnungen, Prüfungsordnungen für Schulen und für Gesundheitsfachberufe, für die – im Gegensatz zu der Altenpflege – beispielsweise das Schulgesetz nicht gilt.

Artikel 2 umfasst notwendig gewordene Änderungen über den öffentlichen Gesundheitsdienst.

Artikel 3 – darauf hat mein Vorredner bereits hingewiesen – enthält redaktionelle Änderungen des Heilberufsgesetzes, die aber auch die Ausbildung der praktischen Ärzte betreffen.

Artikel 4 umfasst Anforderungen der EU-Richtlinie und eine Änderung des Landesgesetzes über die Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen. In diesem Artikel wird EU-Staatsbürgerinnen und -Staatsbürgern in Rheinland-Pfalz der Zugang zu ihrem im Herkunftsland entsprechend reglementierten Beruf – in dem Gesetz, aber vor allem auch in der EU-Richtlinie geht es nur um reglementierte Berufe – garantiert, gegebenenfalls auch durch eine Überprüfung der Gleichwertigkeit und über Ausgleichsmaßnahmen. Ich verweise in diesem Zusammenhang noch einmal auf den Qualifikationsrahmen. Dabei geht es um Referenzniveaus und um Kompetenzen und – wie ich mittlerweile auch weiß – um „Credit Points“. Damit werden wir uns sicherlich in diesem Parlament noch beschäftigen müssen.

Eine Reihe von bemerkenswerten Regelungen enthält Artikel 5. Neben den verwaltungsrechtlichen Regelungen ist die Änderung der Landesverordnung zur Durchführung des Landesgesetzes über die Weiterbildung in den Gesundheitsfachberufen, vor allem durch die Einbeziehung der Altenpflegerinnen und Altenpfleger in die Weiterbildungsordnung, interessant. Bisher war diese wichtige Berufsgruppe im Gesundheitswesen außen vor, auch was entsprechende Weiterbildungsbezeichnungen anbelangt.

Des Weiteren wurde schon die Ausweitung der Weiterbildung zu Diabetesberaterinnen und -beratern im Gesundheitswesen und in der Altenpflege mit 1.380 Unterrichtsstunden erwähnt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insgesamt enthält der Gesetzentwurf der Landesregierung notwendige Veränderungen und Anpassungen. Man könnte scherzhaft sagen, die betroffenen Regelungen und Gesetze stammen ausnahmslos aus dem vergangenen Jahrhundert. Die SPD-Fraktion begrüßt den Entwurf und beantragt die Überweisung an die zuständigen Ausschüsse, und zwar federführend an den Sozialpolitischen Ausschuss.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat nun Herr Kollege Dr. Schmitz.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich jetzt nicht noch einmal die einzelnen Details vortrage, weiß ich, dass Ihnen die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stehen wird. Dennoch – ich bringe es nicht übers Herz, Sie ein drittes Mal mit diesen spannenden Themen zu befassen.

Mir sind einige Dinge wichtig, die auch schon angesprochen wurden. Es ist in der Tat nichts einfacher als die Abschottung in einem gemeinschaftlichen Wirtschafts- und Kulturraum, die Abschottung über Normen, vor allem auch in beruflichen Bereichen.

Ich habe es erlebt, als ich 1981 ein Jahr nach meinem Examen nach Italien gehen wollte, in Rom ankam und dort erfahren musste – damals war es in der Tat noch die EG –, dass, obwohl seinerzeit Europa einheitlich geregelt war, wir doppelt approbiert sein mussten, also zum Arzt und zum Zahnarzt, wie beispielsweise auch in Österreich. Österreicher durften in Italien arbeiten, aber wir durften es nicht.

Dies zeigt, wie wichtig es ist, diese Konformitäten herzustellen. Ich freue mich auch, dass man den Weg gegangen ist, Richtlinien zusammenzuführen. Dies dient in gewisser Weise dem Bürokratieabbau. Dass das Gesetz im Einzelnen zunächst einmal etwas unübersichtlich daherkommt, ist von daher nicht zu vermeiden.

Ich finde es auch interessant, beim Durcharbeiten des Gesetzentwurfs vor der ersten Beratung festzustellen, wie viele Gesundheitsfachberufe und Heilberufe es gibt. Bei oberflächlicher Befassung mit dem Thema fallen einem immer nur die üblichen ein

(Pörksen, SPD: Zahnarzt!)

sehr richtig, Herr Pörksen –, aber es gibt eine enorme berufliche Tiefe.

Meine Damen und Herren, ich glaube, die Redezeit muss ich nicht ganz ausschöpfen.

(Harald Schweitzer, SPD: Ach doch! Sie haben doch noch Zeit! – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Ich habe es doch schon angesprochen, Herr Kollege Pörksen. Das ist dieses Entsetzen, das ich befürchtet hatte. Zum Abschluss darf ich noch unabhängig von der Frage der Überweisung an den Ausschuss, die ich natürlich auch mittrage, appellieren, dass man die Festsetzungen der Normen und Qualitätsrichtlinien in engem Schulterschluss mit den Standesorganisationen und

dem fachlichen Wissen dieser Standesorganisationen macht, wie das bisher auch gute Übung ist. Das hilft, Nachbesserungen vorzubeugen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am Ende der ersten Beratung. Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Sozialpolitischen Ausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Gibt es dagegen Bedenken? – Das ist nicht der Fall, dann ist es so beschlossen.

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Teilnehmer des Landtagsseminars für Lehrerinnen und Lehrer. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Des Weiteren begrüße ich Mitglieder des Vereins Ciao Ludwigshafen. Wie ich mir sagen ließ, sind es italienische Gäste. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich rufe nun Punkt 13 der Tagesordnung auf:

6. Gesamtbericht über den Stand und die mögliche Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Rheinland-Pfalz (Berichtszeit- raum: Juli 2006 bis Dezember 2007) Besprechung des Berichts der Landesregierung (Drucksache 15/2447) auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/2513 –

dazu: Grenzüberschreitende Zusammenarbeit stärken Antrag der Fraktion der SPD – Entschließung – – Drucksache 15/3406 –

Das Wort hat Frau Kollegin Baumann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute die Gelegenheit, einige Male über Europa zu reden. Wir haben gerade eben auch einiges gehört, wie Brüssel bei vielen Dingen mitbestimmt, wie beispielsweise bei den Gesundheitsberufen. Ich denke, es ist heute ein gutes Timing, über Europa zu reden; denn am 7. Juni finden die Europawahlen statt.

Unser erstes Thema heute betrifft die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Sie hat in der rheinlandpfälzischen Politik aus gutem Grund einen hohen Stellenwert; denn wir haben viele europäische Nachbarn in Belgien, Luxemburg, Frankreich und auch in der Schweiz.

Wir Parlamentarier arbeiten seit Jahren konstruktiv im Interregionalen Parlamentarier-Rat der Großregion sowie im deutsch-französisch-schweizerischen Oberrheinrat mit. Meine Damen und Herren, diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit orientiert sich ganz und gar an den Bedürfnissen der Menschen, die dort leben, arbeiten und wohnen. Diese Zusammenarbeit ist ein Stück Europa und nicht, wie es oft von uns empfunden wird, im fernen Brüssel gemacht, nein, hautnah vor unserer eigenen Haustür.

Am Oberrhein leben zwischen Jura, Vogesen, Schwarzwald und Pfälzer Wald 6 Millionen Menschen in einem Gebiet, dessen Merkmale von Städten, aber auch vom ländlichen Raum geprägt sind. In der europäischen Großregion Saarland, Lothringen, Luxemburg, Rheinland-Pfalz, der Wallonie, der französischen und deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens leben 11,2 Millionen Menschen. Die Oberrheinregion und die Großregion sind Realität im Bewusstsein der Menschen. Das zeigt sich auch an der hohen Zahl von Berufspendlern, die täglich die Grenzen passieren. Es sind 90.000 Menschen am Oberrhein und 120.000 Menschen in der Großregion.

Meine Damen und Herren, die Arbeitsfelder der beiden Räte wie auch die der Oberrheinkonferenz sind häufig identisch, weil die Herausforderungen auch identisch sind. Lassen Sie mich das an ein paar Beispielen deutlich machen.

Ich persönlich leite seit zwölf Jahren die Kommission „Jugend, Kultur und Ausbildung“ des Oberrheinrates. Mein Kollege Dieter Burgard macht dies im IPR. Wir kümmern uns unter anderem um die Zweisprachigkeit; denn nur wenn Menschen sich verstehen, auch verbal, ist ein Zusammenwachsen und ein Zusammenarbeiten, ein Zusammenleben Realität. Wir kümmern uns um die Zweisprachigkeit im Kindergarten, in der Berufsausbildung, an den Universitäten.

Dazu gehören – das macht das Ganze so lebendig – die Begegnungen und der Austausch von jungen Menschen, aber auch von Lehrerinnen und Lehrern und von Lehrenden an den Universitäten. Vieles wurde da auf einen guten Weg gebracht.

Ich nenne das Beispiel des deutsch-französischen Kindergartens in Liederschied oder den Kooperationsverbund der lehrerbildenden Institutionen am Oberrhein, die jetzt etwas ganz Tolles geschaffen haben, so finde ich, nämlich einen trinationalen Masterstudiengang für Mehrsprachigkeit.

Da passiert Folgendes – das ist wirklich Lebendigkeit in der Region –, die jungen Menschen studieren das erste Semester in Frankreich. Zum zweiten Semester geht es dann nach Deutschland, zum dritten an die Universität in Basel. Das vierte Semester wird wieder an der Heimatuniversität mit der Masterarbeit zugebracht.

Die Berufsaussichten dieser jungen Menschen liegen im bilingualen Schulmanagement oder als bilingualer Lehrer oder in völkerverbindenden Kultureinrichtungen und in Behörden. Ich denke, das ist eine Sache, die deutlich macht, dass dies Europa so ist, wie wir es verstehen.

Ein anderes tolles Projekt ist die TriProCom. Das ist eine Zusammenführung von Fremdsprachenunterricht und Berufsorientierung in der schulischen Ausbildung. Dabei ist es erklärtes Ziel, die grenzüberschreitende Mobilität von Schülerinnen und Schülern zu verbessern, aber auch eine grenzüberschreitende Berufsausbildung durchzuführen. Das machte, wie manches andere auch, anfangs Schwierigkeiten, da die Ausbildungswege in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich sind.

Doch mit vielen runden Tischen – da waren alle Akteure dabei, seien es nun die Verwaltungen oder die Industrie- und Handelskammern oder auch die Handwerkskammern – hat man Lösungen gefunden. Mittlerweile gibt es sechs Ausbildungsberufe, bei denen das möglich ist und viele junge Menschen ihre Chance sehen.

Es gibt aber auch – ich denke, das darf man nicht leugnen – durch staatliche Bestimmungen Schwierigkeiten, z. B. beim Schüleraustausch. Der Schüleraustausch ist ein wesentliches Element. Aber auf der französischen Seite gibt es Bestimmungen, die es in der Schweiz, in Baden und bei uns nicht gibt. Da hat sich der Regionalpräsident Adrian Zeller eingeschaltet, der ein guter Europäer ist und versucht hat, etwas von seiner Region aus zu bewirken.

Aber dann sieht man einmal den Unterschied zwischen einem Nationalstaat – Frankreich ist ein solcher – und einem föderalen Staat, wie wir ihn haben. Es musste ein Brief nach Paris geschrieben werden. Seit drei Monaten warten wir auf Antwort. Da ist aber überhaupt noch keine Lösung programmiert. Wir hoffen, dass im Sinne dieses wirklich regelmäßigen Austausches etwas passieren kann.

Nichtsdestotrotz haben wir alle zwei Jahre den Tag der Schulen am Oberrhein etabliert. Dabei fahren an einem Tag 400 Schülerinnen und Schüler aus allen Teilregionen zu je einem Schulstandort in der Schweiz, dem Elsass, Baden und der Südpfalz und arbeiten einen ganzen Tag lang gemeinsam an einem Projekt, das dann zum Abschluss auch präsentiert wird.

Beim letzten Mal gab es eine Schreibwerkstatt für einen Krimi oder eine Liebesgeschichte. Da wurde dialogisiert, geprobt, gefilmt und dann das Stück aufgeführt. Ich kann Ihnen nur sagen, es war ein Gemisch aus Französisch, aus Schwyzerdütsch, aus Pfälzisch, aus Alemannisch, aus allem, was am Oberrhein gesprochen wird, eben Oberrheinisch.