ist überhaupt nicht mehr nachvollziehbar. Gerade wir sind diejenigen, die sich auf den mühevollen Weg des Interessenausgleichs begeben und nicht „Basta“ sagen. Wenn schon „Basta“, dann ist es das, was Sie hier vorgetragen haben und auch mit Ihrem Gesetzentwurf bewirken.
(Beifall der SPD – Dr. Wilke, CDU: Dann gehen Sie einmal mit mir nach Speyer und reden mit den Menschen vor Ort!)
Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass das ein schwieriger und mühevoller Weg ist, aber wir uns diesem Weg stellen und uns bisher diesem Weg auch sehr erfolgreich gestellt haben.
Jetzt nehmen Sie einen singulären Fall in Speyer, der konfliktbeladen ist – da gibt es überhaupt keinen Zwei
Ich sage, auch in diesem Fall gilt es, einen Interessenausgleich zu suchen. Das tun wir mit ziemlich viel Aufwand, indem wir tatsächlich versuchen, die Argumente der Einzelnen, die dort eingebracht werden, letztendlich auch in einem Interessenausgleich vor Ort abzubilden.
Lassen Sie mich zur rechtlichen Situation noch einmal zwei, drei Bemerkungen machen. Das Bundesverfassungsgericht hat nie gesagt, dass ein Land ein Gesetz machen muss. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, wenn alleine das Tragen eines Kopftuchs ein Einstellungshindernis sein soll, dann brauchen Sie ein Gesetz.
Deswegen hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich eine zweite Alternative aufgemacht, nämlich die zunehmende religiöse Vielfalt in der Schule im Rahmen der bestehenden rechtlichen Regelungen aufzunehmen und als Mittel für die Einübung gegenseitiger Toleranz zu nutzen, so das Bundesverfassungsgericht.
Ich sage Ihnen dazu, mit Ihrem Gesetzentwurf laufen Sie zumindest aus meiner Sicht Gefahr, dass Sie sich hingegen auf ein rechtlich sehr viel schwierigeres Feld begeben. Frau Abgeordnete Lejeune hat das vorhin schon angesprochen.
Die Frage der beabsichtigten Privilegierung christlicher Symbole ist nicht dahin gehend geklärt, ob sie dauerhaft rechtlich Bestand hat.
Das Bundesverfassungsgericht hat diese Bestimmungen noch nicht gewürdigt. Aktuell stehen die badenwürttembergischen Bestimmungen auf dem Prüfstand, da hiergegen Verfassungsbeschwerde eingelegt ist. Das heißt, zu dieser Frage gibt es keine abschließende Äußerung des Bundesverfassungsgerichts. Ich mache Sie darauf ausdrücklich aufmerksam,
weil damit natürlich immer noch rechtliche Risiken mit dieser Frage verbunden sind, die Sie in Ihre Überlegungen mit einbeziehen müssen.
Ich weise darauf hin, dass diese zurzeit wieder zur Überprüfung anstehen. Sie sagen immer, wir hätten
Konflikte hier. Wir haben in einem Fall Konflikte, aber die rechtlichen Regelungen stehen doch andauernd zur Überprüfung an, weil es offensichtlich andauernd darüber Konflikte gibt.
Sie können doch nicht sagen, dass Ihr Weg ein konfliktfreier wäre. Ganz im Gegenteil, er führt regelmäßig zu rechtlichen Auseinandersetzungen. Auch das ist mir an dieser Stelle noch einmal wichtig zu verdeutlichen.
Zur Frage der Deutungshoheit über das Kopftuch: Sehr geehrte Frau Lejeune, ich weiß sehr genau, was ich gesagt habe. Ich weiß sehr genau, was ich darf und was ich nicht darf.
Die Deutungshoheit – das sagt das Bundesverfassungsgericht ganz deutlich – hat der Staat nicht. Wenn die Betroffene sagt, dass sie das Kopftuch aus religiösen Gründen trägt, dann habe ich diese Aussage der Betroffenen zu akzeptieren. Es steht mir nicht zu, das Gegenteil zu unterstellen.
Das ist aus meiner Sicht völlig eindeutig so dort geregelt. Nichts anderes habe ich hier ausgeführt in den letzten Beratungen. Dazu stehe ich auch nach wie vor.
Lassen Sie mich noch eine inhaltliche Anmerkung zu dem Gesetzentwurf machen. Ich unterstelle, wir alle suchen nach der besten Lösung für Probleme, die auftreten.
Aber schon die Überschrift des entsprechenden Paragrafen, den Sie ins Schulgesetz einfügen wollen, nämlich „Neutralitätspflicht der Lehrkräfte“, suggeriert doch, bewusst oder unbewusst, dass wir eine solche bisher nicht hätten. Wir haben eine solche. Wir werden mit den vorhandenen Instrumentarien genau diese weltanschauliche und religiöse Neutralität an unseren Schulen sicherstellen.
Daran gibt es keinen Zweifel. Einen anderen Eindruck zu erwecken, als hätten wir die Möglichkeiten bisher nicht, das stimmt einfach nicht. Sie sind uns schulrechtlich gegeben.
Ich will noch einmal auch darauf hinweisen: Ich glaube, das Wichtigste in dieser Situation ist – da will ich gar nicht Studien von der Konrad-Adenauer-Stiftung, die eben zitiert worden sind, noch einmal zitieren; ich will auch nicht Artikel, die in der einen oder anderen Richtung dazu erschienen sind, noch einmal zitieren –, dass es viele ernst zu nehmende Stimmen in dieser Gesellschaft, insbesondere auch außerhalb der Politik gibt, die Sorge haben um eine Polarisierung in dieser Frage.
Die kann man nicht einfach abtun nach dem Motto, es gäbe nur den einen Weg. Es gibt viele nachdenkliche Menschen, die gerade vor dem Weg, den Sie einschlagen wollen, warnen. Auch das ist in den künftigen Debatten mit zu bedenken.
Ich will noch einmal zum Schluss dieser Debatte sagen – wir werden noch weitere Gelegenheit haben, über den Gesetzentwurf zu diskutieren –,
ich will diese Debatte nicht nutzen, um zu polarisieren, um einen Keil zwischen verschiedene Ansichten zu treiben.
Ich finde, man kann in dieser Frage unterschiedlicher Auffassung sein, aber die Landesregierung hat sich aus meiner Sicht mit guter Begründung für einen Weg entschieden, der auf Toleranz, Integration und Interessensausgleich setzt. Bisher gibt es für mich keine Anzeichen, dass uns das nicht gelingen sollte.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin, darauf muss ich doch noch etwas erwidern. Dies ist der berühmt-berüchtigte Unterschied hinsichtlich des „Ob“ und des „Wie“, einem jeden Juristen geläufig. Selbstverständlich können Sie beim „Wie“ nicht die Position dessen außer Acht lassen, der unmittelbar davon betroffen ist. Auch Herr Dr. Wilke hat soeben angedeutet, Sie müssen sich selbstverständlich ein umfassendes Bild machen, bevor Sie als Dienstherr eine Entscheidung treffen.
Aber es ist die Frage, ob eine Äußerlichkeit eines Bediensteten Anstoß erregt. Das ist genauso, wenn jemand mit einem „Atomkraft, nein danke!“-Button ins Umweltministerium stiefelt und behauptet, es sei seine Gewissensfreiheit. Dann muss auch Ihre Ministerin oder ihre Kollegin letztendlich entscheiden, ob es noch in den Rahmen passt oder nicht. Dies ist mit einem religiösen oder weltanschaulichen Symbol nicht anders.
Endgültig muss der Dienstherr am Ende sagen, was für ihn noch tolerabel ist und was für ihn nicht mehr tolerabel ist. Auch das Bundesverfassungsgericht hat nichts anderes dazu gesagt.
Zunächst begrüße ich Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag, und zwar Landfrauen aus SchweigenRechtenbach. Herzlich willkommen!
Nun hätte jede Fraktion noch drei Minuten Redezeit. Als Antwort auf die Kurzintervention erteile ich zunächst Frau Staatsministerin Doris Ahnen das Wort.
Frau Dr. Lejeune, wir werden sicherlich im zuständigen Ausschuss noch ausführlicher Gelegenheit haben, dies miteinander zu diskutieren.