Ich möchte noch einmal kurz auf Ihren Antrag eingehen. Das letzte Mal hatten Sie bemängelt, dass ich nicht darauf eingegangen sei.
Sie haben als eine der Folgen genannt, dass die Vertragsfreiheit und die bürgerliche Freiheit ausgehöhlt werden, weil Dritte ein Klagerecht bekommen. Ja, das sind eben die grundlegenden Unterschiede zwischen der Wertevorstellung der Sozialdemokratie und der Ihren: Bei Ihnen stehen die Interessen der Wirtschaft im Vordergrund und bei uns die Interessen der einzelnen Menschen.
Wenn wir ehrlich miteinander umgehen – Herr Creutzmann, Sie können gleich noch dazu reden –, ist gerade die Einführung des Verbandsklagerechts notwendig, um von Diskriminierung Betroffene vor weiteren Nachteilen zu schützen.
Es ist oft die Angst oder auch die Scham der Einzelnen, selbst initiativ zu werden und gegen Ungerechtigkeit vorzugehen.
Wir haben schon bei der Umsetzung des bisherigen Gleichbehandlungsgesetzes gesehen, dass dies eben nicht so war.
1,73 Milliarden Euro, genau, Herr Creutzmann –, dann ist dies einer Studie der Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“ entnommen, die aus dem Jahr 2007 stammt.
Diese Studie ist im letzten Jahr durch die Studie der Wissenschaftlichen Kommission der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, die bei einem CDU-Ministerium angesiedelt ist, widerlegt worden. Diese Zahlen sind falsch berechnet worden und beruhen auf falschen Annahmen.
Der Fragebogen war manipuliert. All dies können Sie auch nachlesen. Schauen Sie es nach! – Die Studie ist widerlegt worden, also benutzen Sie aktuelle Zahlen, und sprechen Sie nicht immer Dinge an, die nicht mehr aktuell sind.
Im CDU-Antrag steht auch, die mittelständische Wirtschaft werde überproportional belastet, und es drohten Arbeitsplatzverluste.
Auch diese Argumente wurden mit dem bestehenden Gleichbehandlungsgesetz widerlegt. Dies ist auch bei diesem Gesetz nicht eingetroffen.
Sie schreiben in Ihrem Antrag, die Zukunftschancen der nachfolgenden Generationen würden beeinträchtigt. Auch diese Erklärung sind Sie uns noch schuldig geblieben, wieso und weshalb Sie auf eine solche Mutmaßung kommen. Man kann schließlich auch einfach einmal etwas in den Raum stellen. Ich habe keine Ahnung, inwieweit mein Sohn oder vielleicht mein Enkelkind benachteiligt sein sollte, wenn ein behinderter Mensch in Zukunft bei der Wohnungssuche nicht diskriminiert werden soll. Ich habe keine Angst davor. Wenn Sie es befürchten, na ja!
Die angestrebte Ausweitung des Geltungsbereichs der Antidiskriminierungsrichtlinie der EU betrifft jedoch viel vielfältigere Aspekte als in Ihrem Antrag dargestellt. Dies ist insbesondere auch für die Menschen mit Behinderung von großer Bedeutung. Dies ist auch sinnvoll und wichtig. Deshalb haben wir unseren Antrag eingebracht, der dies noch einmal deutlich machen soll und für den ich um Ihre Zustimmung bitte.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir uns nicht vorher sicher gewesen wären, wie wir uns zu den CDU- und SPD-Anträgen verhalten haben, jetzt wüssten wir es.
Ich möchte niemanden namentlich ansprechen, aber bei diesen beiden Anträgen zu glauben, man könne den Keil zwischen gute und weniger gute Menschen treiben, ist ein Prinzip, das wir als überwunden ansehen sollten.
Ich glaube, die hier anwesenden Fraktionen haben nicht zuletzt mit dem Landesgleichstellungsgesetz und der Zustimmung zum AGG bewiesen, dass sie nicht nur verbal, sondern legislativ faktisch hinter diesen Prinzipien stehen.
Es geht also nicht um das, was jetzt bei dem untauglichen Versuch der Scharfmacherei vorgetragen wurde, sondern es geht um den Kern, was Menschen mit Behinderungen dient, was der Antidiskriminierung dient und was dem Gleichbehandlungsgrundsatz dient, und zwar im Ergebnis, nicht in der juristischen Auseinandersetzung, nicht bei Fragen der Beweislastumkehr.
Mit Verlaub, auch wenn ich meinem Kollegen Creutzmann, dessen Rede ich im Grunde 1 : 1 wiederholen könnte, nicht in den Rücken fallen möchte, es ist mir persönlich egal, ob es 1,7 Milliarden sind oder 1,37 Milliarden oder eine andere Zahl. Darum geht es ausdrücklich nicht. Es geht darum, dass eine Verschärfung über das deutsche AGG hinaus nach unserer festen Meinung im Sinne der Betroffenen keinen Sinn macht. Das ist der Kern unserer Kritik.
Meine Damen und Herren, wenn unsere zuständige Sozialministerin sagt, sie versteht die Aufregung nicht, weil wir wesentliche Kerne dieser fünften Richtlinie doch schon im deutschen AGG geregelt haben, dann kann ich nur sagen: Eben!
Die Aufregung – das ist auch meine Meinung – ist insofern nicht verständlich. Das ist ein Streit um Worte, ein Streit um Deutungshoheit, ein Streit um die Lufthoheit im Bereich der Antidiskriminierung. Liebe Leute, das ist Quatsch. Es kann für die Betroffenen nicht darum gehen, ob sie in einem zivilrechtlichen Verfahren mit und ohne Beweislastumkehr ihre Interessen durchsetzen müssen. Das mögen Juristen so sehen. Ein aufgeklärter Bürger unseres Landes muss es anders sehen.
Meine Damen und Herren, diese Beweislastumkehr hätte doch nur Angebotsverschärfungen zur Folge, weil man ganz genau weiß, dass man sich dieser Beweislastumkehr zu stellen hat. Dem würde man doch nur im Vorhinein den Boden entziehen.
Wem hilft das wirklich weiter? Unser Appell ist ganz klar: Wir sollen die Interessen der Betroffenen in den Mittelpunkt rücken. Es geht um Antidiskriminierung. Es geht um Gleichbehandlung. Dahinter – da spreche ich, glaube ich, auch für die SPD in diesem Hause – stehen wir alle in diesem Hohen Hause. Das sollten wir berücksichtigen, wenn wir uns gegenseitig Vorwürfe machen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Herren und Damen! Sehr verehrter Herr Abgeordneter Dr. Schmitz, es geht nicht um gut oder schlecht. Es geht um die Frage – ich spreche auch keinem ab, dass er gegen Diskriminierung ist –, welche Folgen man daraus zieht, wie man Rahmenbedingungen in einem Land gestaltet und welche Haltung man dazu hat, um Diskriminierung wirklich auch tatkräftig zu verhindern. Darum geht es, wenn wir über die Richtlinie am heutigen Tag debattieren.
Ich glaube, Sie haben in Ihren Ausschüssen sehr umfangreich darüber debattiert und die Ausführungen unseres Landesbeauftragten für die Belange behinderter Menschen auch gehört. Wir sprechen in dieser Richtlinie von wenigen Punkten, die in Deutschland noch nicht umgesetzt worden sind. Es geht um den horizontalen Ansatz. Ich sage das jetzt einfach nur einmal als Stichwort.