Protocol of the Session on March 5, 2009

(Ministerpräsident Beck: Das steht in der Verfassung!)

Das Bundesverfassungsgericht sagt, uns steht im Einzelfall nicht die Deutungshoheit über das Kopftuch zu.

(Zuruf des Abg. Ernst, CDU)

Das Bundesverfassungsgericht zeigt zwei Wege auf.

(Pörksen, SPD: Lesen bildet!)

Das Bundesverfassungsgericht sagt, man kann es grundsätzlich verbieten. Das Bundesverfassungsgericht sagt, dann muss man für die Gleichbehandlung aller Religionen sein und dafür sorgen, dass entsprechende religiöse Zeichen von einer solchen Regelung erfasst werden. Das ist die eine Variante. Bei der anderen Variante sagt das Bundesverfassungsgericht, wer das nicht macht, der muss den mühevollen Weg gehen und die veränderte Situation in der Schule durch mehr Religionen und höhere Pluralität aktiv aufnehmen. Meine Aufgabe als Dienstherrin ist es, darauf zu achten, dass keine Beeinflussung der Kinder stattfindet.

(Beifall der SPD – Ministerpräsident Beck: So ist es!)

Darüber werden die Lehrkräfte erstens aufgeklärt, zweitens präventiv – – –

(Creutzmann, FDP: Doch die Deutungshoheit!)

Nein, das ist nicht die Deutungshoheit über das Kopftuch, sondern die klare Aussage, dass in unseren Schu

len weltanschaulich-religiös neutraler Unterricht stattzufinden hat.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Das ist etwas völlig anderes. Das sehe ich nicht dadurch gefährdet, dass eine Frau ein Kopftuch trägt. Entscheidend ist, was sie im Unterricht macht. Das wird selbstverständlich überprüft.

(Beifall der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, bevor ich Herrn Kollegen Creutzmann das Wort erteile, teile ich mit, dass noch von folgenden Abgeordneten Wortmeldungen vorliegen: Herr Dr. Wilke, Frau Wopperer, Frau Thelen, Herr Dincher und Herr Hartloff.

Ich möchte die Rednerliste auch aus Fairnessgründen abschließen. Sie müssen einmal auf die Mündlichen Anfragen schauen, denn sonst wird die Mündliche Anfrage der FDP nicht mehr aufgerufen.

Ist das in Ihrem Sinne? – Dann schließe ich jetzt die Liste.

Das Thema kommt so oder so wieder. Ich will darauf hinweisen. Entscheiden müssen Sie durch die Länge Ihrer Wortbeiträge.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Creutzmann das Wort.

Frau Staatsministerin, Sie haben vorhin zu Recht auf die Integration hingewiesen. Ich glaube, da gibt es keine Differenzen im Haus.

Halten Sie es wirklich für sinnvoll, dass die Schule der richtige Ort ist, Frauen muslimischen Glaubens in die Gesellschaft zu integrieren?

(Ministerpräsident Beck: Das ist der Hammer jetzt, das war der größte Hammer! – Ramsauer, SPD: Wo leben wir denn? – Hartloff, SPD: Jeder outet sich, wie er kann! – Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD – Zurufe von der SPD – Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, die Ministerin möchte antworten, wenn Sie gefragt wird.

Herr Creutzmann, ich gehe davon aus, dass die Kindertagesstätten und die Schulen im Land ein vornehmster Ort sind, an dem muslimische Frauen integriert werden.

(Beifall bei der SPD – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Vielleicht ohne, dass wir darüber nachdenken! – Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Wilke.

Frau Ministerin, Sie haben vorhin ausgeführt, dass Sie bei dem Thema Ihre Augen ganz weit offen haben. Ich komme deswegen noch einmal ganz konkret auf den Vorgang in Speyer zurück. Trifft es zu, dass sich das Lehrerkollegium des Kollegs mit einem Protestbrief an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion oder das Ministerium gewandt hat, und welche Reaktion erfolgte darauf?

Es trifft zu, dass es bei Teilen des Kollegiums eine kritische Haltung gibt. Nach meinem Wissen trifft zu, dass von Teilen des Kollegiums ein Brief unterwegs ist. Ich glaube, offiziell hat er mich noch nicht erreicht. Wenn er mich erreicht hat, wird selbstverständlich eine Antwort erfolgen.

Eine Zusatzfrage von Frau Kollegin Wopperer.

Frau Ministerin, wie möchte die Landesregierung verhindern, dass Konflikte um das Tragen eines Kopftuches im Unterricht nicht in jedem Einzelfall vor Ort neue Diskussionen entfachen und auf dem Rücken von Lehrern und Schülern ausgetragen werden?

(Hartloff, SPD: Leben wir in einer Welt ohne Diskussionen?)

Ich glaube, das habe ich bei der Antwort zu Ihrer vierten Frage, die in die gleiche Richtung zielte, bereits beantwortet. Ich bin gern bereit dazu, es noch einmal zu beantworten. Wir haben im Land eine klare Regelung. Das ist nicht eine Einzelfallentscheidung. Sie behaupten das

immer wieder. Wir haben eine klare gesetzliche Regelung. Diese klare gesetzliche Regelung heißt, dass bei uns allein das Tragen des Kopftuches kein Grund ist, die Einstellung zu versagen. Diese Regelung ist klar. Wenn eine Lehrkraft mit Kopftuch eingestellt wird, dann werden wir auch in der Zukunft, so wie es uns in der Vergangenheit gelungen ist, präventiv mit diesen Lehrkräften sprechen.

(Zuruf des Abg. Baldauf, CDU)

Wir werden uns darum kümmern, dass in der Schule eine entsprechend akzeptierte Situation entsteht und ein Interessenausgleich gesucht wird. Wenn es, wie in dem vorliegenden Fall, zu einem Konflikt kommt, dann ist die Schulaufsicht gefordert, mit den Betroffenen vor Ort einen Interessensausgleich zu erarbeiten. So versuchen wir das im Moment auch in Speyer. Man kann es bei anderen Dingen in der Schule auch nicht ausschließen, dass es bei bestimmten Themen hin und wieder Konflikte gibt.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Thelen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, wie beurteilen Sie die Wirkung einer Lehrerin auf Schülerinnen und Schüler, insbesondere auf muslimische Jungen, hinsichtlich der Gleichstellung der Geschlechter, wenn diese Lehrerin ein Kopftuch oder noch weitere religiös bedingte Kleidung, wie einen langen dunklen Mantel, trägt?

Ich glaube nicht, dass man von einer allgemeinen Wirkung eines bestimmten Kleidungsstücks, in diesem Fall eines Kopftuchs, ausgehen kann. Ich glaube, die Wirkung ist sehr differenziert und unterschiedlich. Dinge entfalten niemals nur eine Wirkung. Man muss das Ganze differenziert in seiner Adressatbezogenheit sehen.

Ich sage noch einmal, wichtig ist, dass die betroffene Lehrkraft eine Geisteshaltung zum Ausdruck bringt, die die für uns wichtigen Werte akzeptiert, und an dieser Stelle keine Indoktrination und keine Verletzung der weltanschaulich religiösen Neutralität stattfinden.

(Beifall der SPD)

Ich sage Ihnen jetzt Folgendes: Es wäre nicht völlig undenkbar, dass es manchmal Probleme mit Eltern muslimischen Glaubens gibt. Dabei geht es um Klassenfahrten, Ausflüge und Ähnliches. Das wird mir bei dem anderen Fall, der problemlos läuft, so erzählt.

Es gibt sogar Leute, die sagen, dass eine Lehrkraft, die erkennbar auch muslimischen Glaubens ist, vielleicht zu diesen Eltern ein anderes Vertrauensverhältnis und einen anderen Zugang aufbauen kann. Das könnte

potentiell auch eine Wirkung sein. Insofern sage ich, Wirkungen sind unterschiedlich. Ich glaube, sie unterscheiden sich auch je nach Klima. Was ich will, ist ein Klima der Toleranz und der Integration.

(Beifall der SPD)

Ich glaube, das ermöglicht dann allen Beteiligten, Schritte aufeinander zuzugehen.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Dincher.

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen.

(Zurufe von der SPD)

Lieber Herr Kollege, Sie haben nur eine Zusatzfrage.

Welche Kosten verursacht der Alternativunterricht, der den Schülern angeboten werden muss, die nicht von dieser muslimischen Lehrerin unterrichtet werden wollen?