zurück nach Rheinland-Pfalz. Sie wissen, ich schätze den Kollegen sehr und arbeite mit ihm wahnsinnig gern zusammen. Als Beleg dafür bringen Sie dann aber, er würde jetzt seinen angestellten Lehrern in Berlin bis zu 1.200 Euro mehr bezahlen. Sie wissen aber doch sicher auch, dass es bei ihm eine Initiative gibt, dass die Lehrkräfte eigentlich verbeamtet werden wollen, dem das Land Berlin aber nicht folgt. Ihre bisherige Linie im Landtag war doch die, dass wir verbeamten sollen. Das machen wir auch.
Das finde ich an dieser Debatte so merkwürdig. Sie vermischen alles miteinander, behaupten irgendetwas und geben eigentlich auf nichts eine Antwort. Vielleicht kann man als Oppositionspolitikerin so vorgehen – allerdings habe ich da meine Zweifel –, aber für eine Verantwortungsübernahme ist das Verhalten sicherlich nicht geeignet.
Sie haben wortwörtlich die Behauptung aufgestellt, in Rheinland-Pfalz würden die Lehrerinnen und Lehrer bundesweit am schlechtesten bezahlt. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir diese Statistik herüberreichen würden, weil ich mich mit ihr gerne differenziert auseinandersetzen würde. Ich gehe davon aus, dass Sie eine Statistik haben; denn sonst hätten Sie diese Behauptung nicht in den Raum gestellt.
Mir ist eine solche Statistik nicht bekannt. Ich wäre Ihnen aber dankbar, wenn Sie sie mir im Anschluss an das Plenum überreichen, damit wir differenziert über die Situation diskutieren können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir machen eine ganze Menge im Land. Eines machen wir aber nicht.
Herr Kollege Banzer – damals in Hessen noch Kultusminister – ist hingegangen und initiierte zum letzten Sommer eine Abwerbeaktion, weil er gesagt hat, er brauche jetzt plötzlich Lehrer. Das hat er gemerkt. Wir haben nicht plötzlich gemerkt, dass wir Lehrer brauchen, sondern wir haben das in einer mittelfristigen Planung aufgezeigt.
Noch bemerkenswerter ist aber, dass die Aktion nicht supererfolgreich gewesen zu sein scheint. Jetzt gibt es die neue Kollegin Dorothea Henzler. Sie stammt von der FDP. Es ist erlaubt, da andere Positionen einzunehmen. Die verbreitet über die „FAZ“ einen Aufruf, die Länder
sollten ganz, ganz schnell mit dem Abwerben von Lehrerinnen und Lehrern aus anderen Ländern aufhören.
Ich vermute aber, dass sie sich von ihrem Haus hat informieren lassen. Da wird man ihr gesagt haben: Das war damals nicht so eine gute Idee. Das mussten wir dringend machen, weil wir ein bisschen Aktivität zeigen mussten.
Jetzt wird es noch interessanter. Mit dem Kollegen Rau aus Baden-Württemberg habe ich zu Schuljahresbeginn im vergangenen Jahr im „SWR“ eine Stunde lang diskutiert. Da schimpfte er über den Kollegen Banzer aus Hessen. Ich hätte mich das niemals getraut. Ich war viel zurückhaltender. Er sagte, das gehe so nicht und sei alles eine Unverschämtheit. Das könne man nicht machen.
Dieser Kollege plakatiert jetzt in der Republik, er brauche Lehrer. In dem Brief, den er uns geschrieben hat, teilt er uns mit, es sei jetzt eine andere Situation eingetreten. Er wolle das auch nicht sehr lange machen, aber für zwei bis drei Jahre brauche er das jetzt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir von Nichtplanungen und Fehlplanungen und von Schaumschlägerei reden, weiß ich, wo ich die verorten muss, aber mit Sicherheit nicht im Land Rheinland-Pfalz.
Eines darf ich noch hinzufügen: Ganz besonders erfreut war ich über den Vorschlag der Bundesbildungsministerin. Sie meinte – da müssen Sie sich vielleicht auch einmal abstimmen –, es würde uns immens helfen, wenn wir mit der Wirtschaft reden und stundenweise Ingenieure in die Schule holen würden. Ich meine, es ist für eine Schule ein Ereignis, wenn jemand aus einem Unternehmen in die Schule kommt und dort erzählt, was er macht, und vielleicht auch erzählt, wofür man Mathematik, Physik und Chemie braucht. Das ist super. Darüber würde ich gerne noch viel mehr Vereinbarungen mit den Unternehmen in unserem Land schließen. Es ist aber eine merkwürdige Form von Schule, wenn man glaubt, dass man dadurch planmäßigen Unterricht ersetzen kann. Frau Dickes, wenn Sie über eine Entprofessionalisierung des Lehrerberufs reden, setzen Sie sich einmal mit Ihrer Bundesbildungsministerin auseinander. Das scheint mir ein merkwürdiges Verständnis von Schulpolitik zu sein.
Ich sage nicht, dass wir keine Probleme haben. Auch wir haben lehramtsspezifisch und fächerbezogen Mangelsituationen.
Deswegen haben wir eine ganze Reihe von Initiativen ergriffen. Ich bin froh, dass wir sie frühzeitig ergriffen haben und auch nicht aufhören. Da, wo Weiteres erfor
derlich ist, wie z. B. zusätzliche Seminarplätze im Gymnasium, ist gehandelt worden und wird auch in Zukunft gehandelt werden.
Nur eines sage ich Ihnen: Vernünftig und nachhaltig kann man nur handeln, wenn man die Zusammenhänge in ihrer Komplexität sieht und sich zur jeweiligen Zeit bemüht, die richtigen Signale zu geben. Das Allerwichtigste, das wir in dieser Frage brauchen, ist Konstanz und keine erneuten Zyklen, die völlig ausschlagen und uns wieder vor die Probleme stellen, die wir in Rheinland-Pfalz durch eine konsequente Einstellungspolitik über fast 20 Jahre wirklich in den Griff bekommen haben. Dass wir bei der Altersstruktur bundesweit Platz 1 sind, ist sogar etwas, worauf ich absolut stolz bin.
Deswegen stehe ich vor den heutigen Problemen. Es bringt uns wenig, 19 Jahre immer wieder zurückzuschauen. Heute wollen wir etwas lösen.
Heute haben wir in Rheinland-Pfalz den letzten Platz bei der Lehrer-Schüler-Relation, heute haben wir in Rheinland-Pfalz den vorletzten Platz bei den Bildungsausgaben, und heute haben wir den letzten Platz bei der Besoldung. Vielleicht sollten Sie einmal mit dem VBE reden. Das sind wieder die Lehrer, die keine Ahnung haben.
Heute sagt uns die Deutsche Bank, dass die Verwaltungsausgaben bei der Bildung in den letzten zehn Jahren um fast 100 % gestiegen sind. Heute sagt uns die Deutsche Bank ebenfalls, dass wir bei der Steigerung der Lehrerbesoldung ganz weit hinten liegen.
Ja, wir haben nicht die Probleme in der Altersstruktur. Herr Pörksen, vielleicht liegt es aber an Ihrem Alter. Wir haben in der Tat nicht die Probleme mit der Altersstruktur in Rheinland-Pfalz. Aber warum haben wir denn die Probleme in Niedersachsen? Das ist die verfehlte Politik der SPD, die jahrelang nichts eingestellt hat.
Wir begrüßen, dass Sie mehr Gymnasialreferendare ausbilden. Das war unsere Forderung. Insofern sind wir froh. Aber auch gerade da haben wir einen besonders hohen Nachholbedarf. Wenn ich mir jetzt einmal eine Kleine Anfrage an Sie aus dem Ministerium ansehe, dann kommen gerade im Gymnasialbereich, z. B. in Physik und Chemie, 55 % der Bewerber aus anderen Bundesländern, was Sie immer bestreiten.
Frau Ministerin, wenn ich in überregionale Zeitungen hineinschaue, dann lese ich dort, dass die Vertreter der Gymnasiallehrer in Baden-Württemberg den Schwarzen Peter vor allem in Rheinland-Pfalz sehen: Die holen die Baden-Württemberger noch vor ihren eigenen Leuten. – Frau Ministerin, das steht in überregionalen Zeitungen.
Vielleicht sollten wir wahrnehmen, dass es bundesweit ein Problem gibt, aber wir für Rheinland-Pfalz zuständig sind. Deswegen können Sie sich nicht hinter dem Bund verstecken.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Dickes, Sie vermögen es in der Tat, uns noch zu erstaunen, wobei ich fürchte, wir werden uns an diese Art des Erstaunens gewöhnen.