Protocol of the Session on February 5, 2009

Meine Damen und Herren, dabei lege ich Wert auf die Feststellung, dass sich die CDU-Fraktion entschieden gegen jede Art von Diskriminierung stellt.

(Beifall der CDU)

Fest verankert auf dem Boden eines christlichen Menschenbildes stehen wir uneingeschränkt zu den Werten der von Ludwig Erhard formulierten sozialen Marktwirtschaft. Diesen Grundlagen sind sich auch – das ist meine, das ist unsere Überzeugung – die überaus größte Anzahl der Selbstständigen und die Unternehmer in der insbesondere vom Mittelstand geprägten rheinlandpfälzischen Wirtschaft verpflichtet.

Der Mittelstand – die Familienbetriebe und die Handwerksbetriebe – gehen in der Regel verantwortungsbewusst und sozial mit den Menschen um, mit Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern. Das richtige soziale Umfeld, familiäre Bindungen, Freundschaften und gesellschaftliches Engagement bilden ein wichtiges Korrektiv für ein funktionierendes Zusammenwirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(Beifall der CDU)

Vier EU-Richtlinien zur Antidiskriminierung sind bereits in deutsches Recht umgesetzt. Das allgemeine Gleichstellungsgesetz geht bereits jetzt darüber hinaus. Diesen vier Richtlinien soll nun eine fünfte folgen.

Richtlinien, Gesetze und Vorschriften allein sind jedoch der falsche Weg, um Diskriminierung effektiv zu bekämpfen. Um Diskriminierungen aus der Welt zu schaffen, müssen sich die Wertevorstellungen in den Köpfen der Menschen ändern. Dies kann man nicht durch Richtlinien und Gesetze erzwingen. Solche Regelungen führen zu Bürokratie, Kosten und Rechtsunsicherheit. Das haben zumindest die Erfahrungen der bayerischen Wirtschaft mit dem AGG gezeigt.

Noch mehr Richtlinien suggerieren, man müsse sich nur hart an den Vorgaben orientieren, und damit habe man seinen sozialen Verpflichtungen Genüge getan. Eigenverantwortung und zusätzliches Engagement bleiben auf der Strecke. Die Rahmenrichtlinie bringt nicht die gewünschte Integration derjenigen, die wir schützen wol

len, sondern vielmehr die Gefahr einer Ausgrenzung mit sich. Dies wollen wir als CDU-Fraktion nicht.

(Beifall der CDU)

Mit den in der Richtlinie zwischenzeitlich vorgesehenen Ausnahmeregelungen geht die Kommission bereits auf die Kritik der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament ein. Die Ausnahmen reichen aber nicht aus, um die Bedenken auszuräumen. Der vorgesehene Richtlinienentwurf beinhaltet Sonderklauseln, unter anderem für den Bereich der Kirchen, der jedoch sehr weit und konturenlos ausgestaltet ist, sowie auch für den Bereich des Wohnraums. Äußerst kritisch zu bewerten ist, dass der Richtlinienentwurf den Bereich der Weltanschauung ohne Einschränkung schützt.

Der deutsche Gesetzgeber hat in der Vergangenheit bewusst darauf verzichtet. Sollte die Weltanschauung von den Rahmenrichtlinien erfasst werden, ist in Deutschland damit zu rechnen, dass sich beispielsweise die Sekte Scientology auf dieses Merkmal berufen kann. Damit kann ein Gastwirt die Vermietung eines Raumes an diese Gruppe nicht mehr ablehnen.

Gegen Deutschland und weitere 13 Mitgliedstaaten laufen darüber hinaus bereits Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof wegen mangelhafter Umsetzung der vier vorhandenen Richtlinien auf dem Gebiet der Antidiskriminierung.

Es ist zu befürchten, dass die neue Rahmenrichtlinie die vorhandene Rechtsunsicherheit weiter verstärkt. Die Richtlinie bezieht sich auf ein Menschenbild, das es so in der ganz großen Mehrheit in Rheinland-Pfalz und in Deutschland nicht gibt. Gerade aber ein solches Handeln den Menschen zu unterstellen, die ihr Geld in Wohnraum, Arbeitsplätze und Wirtschaft, also in unser Land investieren, grenzt schon an Diskriminierung dieser Berufsgruppen.

Gestern haben wir über den Bürokratieabbau gesprochen und über die EU-Bürokratie geklagt. Wir haben nicht die Möglichkeit, über die Antidiskriminierungsrichtlinie zu entscheiden. Diese Landesregierung kann und sollte jedoch

(Glocke des Präsidenten)

ihren Einfluss auf die Entscheidung in Brüssel geltend machen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Steinruck.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst eine kurze Anmerkung zur CDU-Fraktion. Sie sollten die

Begriffsdefinition „Gleichstellung“ und „Gleichbehandlung“ klären. Es ist nicht das allgemeine Gleichstellungsgesetz, wie in Ihrem Antrag erwähnt, sondern Gleichbehandlung ist das richtige Wort.

Ich möchte Sie zu Beginn meiner Rede daran erinnern, in der Gedenkveranstaltung am 27. Januar 2009 hat unser Ministerpräsident Kurt Beck in seiner Rede gesagt – ich zitiere –: Im Umgang mit kranken und behinderten Menschen zeigt sich die Qualität einer Gesellschaft. – Ich habe den Applaus, auch Ihren Applaus, noch sehr wohl in den Ohren.

Umso seltsamer finde ich Ihren Antrag „Neue Antidiskriminierungsrichtlinie der Europäischen Union verhindern“.

Auch wenn Sie sagen, Sie sind gegen jede Art der Diskriminierung, Ihr Handeln zeigt etwas anderes. Sie treten den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Menschen mit diesem Antrag mit Füßen. Wir meinen, es ist gut und richtig, dass der Diskriminierungsschutz auf alle Lebensbereiche ausgedehnt werden soll.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dötsch, umso besser, wenn diese Richtlinie einmal überflüssig wird, weil die Menschen wirklich anders denken, dass es selbstverständlich ist, niemanden mehr zu diskriminieren. Umso besser, dann wird die Richtlinie irgendwann einmal überflüssig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Deutschland nimmt eine Vorreiterrolle ein, wenn es um den Diskriminierungsschutz geht. Der Nachbesserungsbedarf aufgrund der Richtlinie, die zu erwarten ist, wird bei uns in Deutschland minimal sein.

Die neue Antidiskriminierungsrichtlinie schließt im Nachgang zu den bereits vier geltenden EU-Antidiskriminierungsrichtlinien bestehende Gesetzeslücken und weitet den Anwendungsbereich aus. Es wird eine EU-einheitliche Definition für Behinderung geben. Auch die Ausweitung auf chronisch kranke Menschen ist vorgesehen. Damit kommt es zu einer ganz deutlichen Verbesserung der Gleichbehandlung und auch der Mobilität in der EU.

Natürlich – das hat uns nicht überrascht – stimmt die CDU in den Chor mancher Wirtschaftsfunktionäre ein. Ich vermute, wenn da unten die Behindertenverbände genau zum gleichen Thema demonstrieren würden, würden Sie da auch stehen. Sie würden schon wieder irgendeine Regelung finden, dass es denn dann wieder passt.

Sie malen den Teufel an die Wand, was Kosten und Bürokratie betrifft. Aber in allen bisherigen Stufen der Antidiskriminierungsrichtlinie wurde das widerlegt. Ihre Argumente beruhen nicht auf Fakten. Das ist nachweisbar.

(Frau Thelen, CDU: Haben Sie den Antrag gelesen? Das ist nicht zum Thema!)

Sie beruhen auf Vorurteilen. Da darf ich auch Albert Einstein zitieren, der sagte: Es ist leichter, den Kern eines Atoms zu spalten, als ein Vorurteil aus der Welt zu schaffen. –

(Pörksen, SPD: Guter Mann!)

Für mich ist das seitens der CDU-Fraktion blinde Wirtschaftshörigkeit und Panikmache!

(Bracht, CDU: Fragen Sie einmal draußen die Leute im Land, was die dazu sagen! – Creutzmann, FDP: Oje! – Weitere Zurufe im Hause)

Ich erinnere an die Warnung der Vergangenheit. Es ist keine Klageflut eingetreten.

(Weitere Zurufe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Es gab keine Unternehmenspleiten. Alles ist ausgeblieben.

Das Wort hat Frau Abgeordnete Steinruck.

Gerade die mittelständischen Unternehmen sind damit klargekommen.

(Bracht, CDU: Das hat nichts mit dem Leben draußen zu tun, was Sie hier erzählen! – Weitere Zurufe im Hause)

Natürlich werden wir – wie bisher – die Sorgen und Nöte auch ernst nehmen. In der Vergangenheit wurde mit Beratung, mit Information z. B. durch die Kammern oder die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gute Arbeit geleistet.

(Unruhe im Hause)

Wenn Sie das Thema „Bürokratie“ erwähnen – – –

Frau Steinruck, ich möchte Sie kurz unterbrechen. Werte Kolleginnen und Kollegen, Zwischenrufe beleben natürlich ein Parlament, das ist gar keine Frage,

(Pörksen, SPD: Ich habe doch gar nichts gesagt!)

aber ich bitte Sie, den Lärmpegel etwas nach unten zu bringen. Das Wort hat Frau Kollegin Steinruck.

(Hartloff, SPD: Das hat vielleicht auch etwas mit Diskriminierung zu tun!)

Wenn Sie schon die Angst vor der Bürokratie erwähnen, dann sollten Sie doch vielleicht ein bisschen Vertrauen zu Herrn Stoiber haben. Er ist doch in Brüssel, um Bürokratie abzubauen.