Protocol of the Session on February 4, 2009

(Beifall der FDP)

Verehrter Herr Kollege Hartloff, ich möchte Sie nicht enttäuschen und daher auf die Steuern zu sprechen kommen. Ich erkenne durchaus an, dass es im Bereich der Steuern zu einer Absenkung des Eingangssteuersatzes und zu einer Erhöhung des Grundfreibetrages gekommen ist.

Aber wenn ich Herrn Staatsminister Deubel im Haushalts- und Finanzausschuss richtig verstanden habe – so ähnlich sehe ich es im Übrigen auch –, wird jedenfalls eines nicht verändert, abgebaut oder so richtig angegangen, nämlich der Abbau der kalten Progression. Das wird an dieser Stelle nicht korrigiert.

(Beifall der FDP)

Herr Kollege Hartloff, wir unterscheiden uns grundlegend in unseren Philosophien. Meine Partei – die Liberalen – glaubt nicht daran, dass Konjunkturpakete allein das Seligmachende sind, sondern wir werden die Wirtschaft nur wieder zum Laufen bringen, wenn die Menschen wieder Vertrauen schöpfen und wieder ihre Leistungsbereitschaft einsetzen.

(Beifall der FDP – Hartloff, SPD: Da haben wir noch nicht einmal eine Differenz!)

Herr Kollege Hartloff, die Differenz kommt jetzt.

Sie werden diese Leistungsbereitschaft, die Innovationsfreude und auch die Risikobereitschaft in einem Land natürlich nur wecken, wenn Sie diejenigen, die all diese Eigenschaften aufbringen, am Schluss auch in gewisser Weise belohnen.

(Beifall der FDP – Creutzmann, FDP: So ist es!)

Verehrter Herr Kollege, das tun Sie mit diesen Steuerentlastungen nicht. Ein Industriemeister, der überproportional viel in seinem Unternehmen leistet, um es nach vorn zu bringen, wird nach einer entsprechenden Tarifverhandlung auf seinem Lohnzettel feststellen müssen, dass er über die kalte Progression auch überproportional viel von seinem Mehrverdienst an den Staat abliefern soll.

(Beifall der FDP)

Das ist leistungshemmend, das ist innovationsfeindlich, und das ist nicht etwas, was die Risikobereitschaft der Menschen fördert. Aber genau dies wird in einer Krisensituation benötigt.

(Beifall der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, deshalb ist natürlich aus Sicht der FDP bei den Steuern mehr notwendig gewesen.

Natürlich weiß ich, dass mir Herr Ministerpräsident Beck gleich vorhalten wird, dass dies mit einer Neuverschuldung verbunden ist. Ich rede aber heute von einem Konjunkturpaket, das von vorne bis hinten mit Verschuldung verbunden ist, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der FDP – Zurufe von der FDP: So ist es!)

Also kann zumindest das kein durchschlagendes Argument sein, zumal wir – auch dies wissen wir durchaus aus Erfahrungen in der Vergangenheit – einen gewissen Teil dieser Steuersenkungen über Mehreinnahmen an Steuern bei laufender Wirtschaft wieder kompensieren können.

(Beifall der FDP)

Dies ist ein grundlegender Unterschied, den es an dieser Stelle gibt.

Es gibt im Konjunkturpaket auch weitere Maßnahmen, die angesprochen worden sind. Ich nenne das Beispiel einer verbesserten Datenautobahn durch Breitbandkabel. Dies ist für ein Flächenland wie Rheinland-Pfalz von hoher Bedeutung. Wenn wir wollen, dass Mittelständler, die innovationsfreudig sind, in der Fläche bleiben und nicht in die Zentren ziehen, dann brauchen wir moderne Datenautobahnen, damit sie ihre wirtschaftliche Betätigung aus der Fläche heraus leisten können. Deshalb ist das vernünftig.

(Beifall der FDP)

Dies ist eine Maßnahme, die einen zündenden Funken auslösen kann, wenn sie entsprechend ausgestattet und auch entsprechend schnell umgesetzt wird.

Das Gleiche gilt auch für andere Infrastrukturmaßnahmen, die in diesem Zusammenhang besprochen worden sind. Wenn man also dieses Konjunkturpaket insgesamt betrachtet, ist so manches darin, was einen zündenden Funken auslösen kann, aber eben auch so manches, mit dem aus Sicht der FDP ein solcher zündender Funke nicht entstehen wird.

(Beifall bei der FDP)

Verehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben in Ihrer Regierungserklärung einen Appell an die Landtagsfraktionen gerichtet, diesen Prozess konstruktiv zu begleiten. Das will ich Ihnen für meine Fraktion gern zusagen. Aber ich möchte an dieser Stelle auch die Gelegenheit wahrnehmen, auf so manches hinzuweisen, was es nicht ganz leicht macht, eine solche Zusage zu machen. Herr Ministerpräsident, ich habe gestern Abend um 21:00 Uhr einen Brief von Herrn Staatssekretär Stadelmaier erhalten, in dem steht: Gemäß guter parlamentarischer Geflogenheit übersende ich Ihnen vorab den Text der Regierungserklärung.

(Ministerpräsident Beck: Herr Staatssekretär Stadelmaier hat bis 20:00 Uhr gearbeitet!)

Moment! – Herr Staatssekretär Stadelmaier, ich füge hinzu, Sie haben es telefonisch angekündigt.

Aber Herr Ministerpräsident, dass es heute eine Regierungserklärung geben wird, ist mit den Fraktionen schon vor vielen Tagen besprochen worden, und dann kann ich auch erwarten, dass der Zeitplan so ausgearbeitet wird, dass die Fraktionen den Text so rechtzeitig erhalten, dass sie zu dieser Regierungserklärung auch entsprechend angemessen Stellung nehmen können.

(Beifall der FDP – Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Herr Ministerpräsident, das können wir nicht, wenn wir den Text erst um 21:00 Uhr erhalten. Ich habe dies schon einmal angemerkt, als es um die Regierungserklärung von Frau Staatsministerin Conrad zum Thema „Energie“ ging.

Herr Staatssekretär Stadelmaier, ich akzeptiere, dass Sie bis 20:00 Uhr gearbeitet haben, wenn das die Erklärung ist. Aber man kann nicht erwarten, dass wir zu einer Regierungserklärung, die Herr Ministerpräsident Beck heute Morgen gehalten hat und deren Text wir erst gestern Abend um 21:00 Uhr mit einer Vielzahl von Details erhalten haben, sachkundig Stellung nehmen.

Das kann dann aus Sicht meiner Fraktion jedenfalls nicht funktionieren, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Aber vielleicht haben Sie es auch als nicht allzu notwendig erachtet; denn man konnte auch schon in der Zeitung von Montag, den 2. Februar, so manches lesen, was in dieser Regierungserklärung stehen sollte. Nachdem in dem Zeitungsartikel einiges erläutert wurde, was Sie auch in Ihrer Regierungserklärung gesagt haben, steht darin auch, dass letzte Details noch im Kabinett festgelegt werden sollen und dann in der Regierungserklärung letzte Klarheit erfolgen soll.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, dieser Artikel ist im Pressespiegel des Landtags nicht enthalten, ich nehme an, aus Fürsorgegründen, damit wir uns nicht schmerzhaft getroffen fühlen, dass in der Regierungserklärung nur letzte Details mitgeteilt werden.

(Heiterkeit und Beifall der FDP – Ministerpräsident Beck: Entschuldigung, aber was für ein Unfug! War es je anders?)

Entschuldigung, Herr Ministerpräsident! In der Zeitung steht, dass Sie relativ viel von dem, was Sie in der Regierungserklärung gesagt haben, schon auf dem Bezirksparteitag der SPD verkündet haben und die Regierungserklärung nur noch die Details nachliefern sollte. So steht es in diesem Artikel. So steht es in der Zeitung.

(Beifall der FDP – Ministerpräsident Beck: Ich schreibe aber keine Artikel!)

Aber Sie haben die Rede offensichtlich dort gehalten. Wenn Sie sie schon auf dem Bezirksparteitag Ihrer Partei halten konnten, wieso konnten wir sie dann erst ges

tern Abend um 21:00 Uhr bekommen? – Das frage ich mich, Herr Ministerpräsident.

(Beifall der FDP – Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Ich hätte zum Nürburgring heute nichts gesagt, aber nachdem Sie ihn ebenfalls erwähnt haben, nehme ich die Gelegenheit wahr, den Umgang der Landesregierung mit dem Parlament an dieser Stelle deutlich zu machen. Sehen Sie, Herr Ministerpräsident, Herr Staatsminister Deubel hat am 21. August im Haushalts- und Finanzausschuss erklärt, die Investitionen beim Privatinvestor seien finanziell abgesichert, das sei eine Tatsache.

Nach seinen eigenen Angaben im Haushalts- und Finanzausschuss hat er rund 20 Tage später erfahren, dass er das Parlament und insoweit den Haushalts- und Finanzausschuss objektiv falsch informiert hat. Von diesem Zeitpunkt an vergingen Tage, Wochen, Monate, und Herr Staatsminister Deubel hat seine Aussage nie korrigiert.

Wir haben im Rahmen der Haushaltsberatungen vielfach getagt, aber diese Aussage ist nie korrigiert worden. Sie ist erst korrigiert worden, als Veröffentlichungen der Medien drohten, in denen auf bestimmte falsche Tatsachenbehauptungen hingewiesen werden sollte. Das ist auch kein Umgang mit dem Parlament.

(Beifall der FDP)

Herr Staatsminister Deubel hat sich an dieser Stelle nun weiß Gott über meine Fraktion nicht zu beklagen, wenn es darum geht, in diesem Kreise vertraulich irgendetwas abzuhandeln. Herr Ministerpräsident, wenn Sie an die Fraktionen appellieren, sie sollten den Prozess konstruktiv begleiten, erwarte ich auch eine konstruktive Zusammenarbeit seitens der Landesregierung.

(Beifall der FDP)

Diese kann ich aber an dieser Stelle so nicht feststellen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Herr Ministerpräsident hat auch in seiner Regierungserklärung darauf hingewiesen, dass die politische Kultur sich infolge dieser Krise in den kommenden Jahren verändern müsse. Notwendig sei eine Besinnung auf eine neue Kultur der Verantwortung, in der das Profitieren von Chancen mit dem Tragen von Risiken einhergeht.

Herr Ministerpräsident, als ich diesen Satz gehört habe, fiel mir wieder der Nürburgring ein.

(Beifall der FDP und vereinzelt bei der CDU)