Protocol of the Session on February 4, 2009

Neu aufgenommen haben wir auch die Verwirklichung einer Teilhabe der Heimbewohner am Leben der Gesellschaft als Ziel des Gesetzes und Auftrag der Einrichtung. Gegenüber dem Vorentwurf wurden durch Anregungen aus der Anhörung die Informationsrechte der Angehörigen noch einmal gestärkt und der Angehörigenbeirat unter Berücksichtigung der Einrichtungsgattung verbindlich verankert.

Mehr Transparenz- und Informationsmöglichkeiten wollen wir durch öffentlich zugängliche Informationsangebote und Prüfberichte erreichen. Die Träger werden verpflichtet, ihr Leistungsangebot in geeigneter Weise für alle Interessierten zugänglich zu machen und auch ihre Kunden intensiver zu informieren.

Darüber hinaus wird die Heimaufsicht zur verständlichen Ergebnisdokumentation ihrer Kontrollarbeit in Form von Prüfberichten verpflichtet. Die Prüfberichte sollen auch eine Stellungnahme der Einrichtung oder des Trägers beinhalten. Form und Inhalte der Prüfberichte können von den Einrichtungsträgerverbänden und der Heimaufsicht auch gemeinsam erarbeitet werden.

Daraus ergibt sich ein differenziertes Informationsangebot über die Bestimmungen des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes des Bundes hinaus mit dem landesspezifischen Ansatz, der auch den Wettbewerb unter den Einrichtungen verstärken soll. Mehr Innovation erreichen wir durch den Ausbau der Erprobungsregelung und mehr Freiheit durch weniger Auflagen für neue Betreuungsformen.

An alternative Wohn- und Betreuungsformen werden reduzierte Arbeits-, Dokumentations- und Überwachungsanforderungen nach Größe und Charakter gestellt, um deren Entwicklung zu fördern und sie nicht zu überlasten.

Die schon bisher bestehende Erprobungsregelung des Heimgesetzes für neue Betreuungs- und Wohnformen ist nach dem Bundesheimgesetz auf vier Jahre befristet. Im Interesse der Weiterentwicklung der Angebote wird diese Dauer auf fünf Jahre verlängert und eine Verlängerung darüber hinaus ermöglicht.

Zudem wird die Schwelle zur Anwendung der Erprobungsregelung reduziert. Gegenüber unserem Vorentwurf ist das Spektrum der Einrichtungen mit reduziertem Geltungsbereich des Heimgesetzes weiter geöffnet worden. Wir wollen auch ein Signal in Richtung Entbürokratisierung und Konzentration auf die originären Aufgaben setzen.

Mit Entbürokratisierung sorgt der Gesetzentwurf dafür, dass sich die zuständigen Einrichtungen und Stellen auf ihre Aufgaben konzentrieren können. Diesem Ziel dienen vor allem die Herausnahme der Tages- und Nachtpflege aus dem Anwendungsbereich, die Straffung der Anzeigenpflicht gegenüber dem Heimgesetz und der Verzicht auf eine Verordnungsermächtigung zur näheren Bestimmung der Anzeige- und Aufzeichnungspflichten, die das Heimgesetz noch vorgesehen hat.

Das einstweilen noch geltende Heimgesetz des Bundes entspricht nicht mehr den heutigen Vorstellungen vom Leben älterer, behinderter und pflegebedürftiger Menschen in stationären Einrichtungen.

Es bedarf eines auf rheinland-pfälzische Verhältnisse zugeschnittenen Landesgesetzes, das den Verbraucher stärkt, die Transparenz in Betreuung und Pflege verbessert, die Mitwirkung fördert, die Vielfalt und die Weiterentwicklung flexibel ermöglicht und damit Lebensqualität für die betroffenen Menschen gewährleistet.

(Beifall bei der CDU)

Auch auf Landesebene muss auf das Pflegeweiterentwicklungsgesetz reagiert werden, um neue Qualitätsstandards durchzusetzen. Die SPD hat auf die Vorstellung unseres Vorentwurfs hilflos reagiert und Verfassungsbedenken geltend gemacht. Aufgrund der Föderalismusreform ist der Bund im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung für das Heimgesetz nicht mehr zuständig.

Die Gesetzgebungskompetenz für das Heimgesetz liegt bei den Ländern. Der Bund reklamiert allerdings für sich noch die Gesetzgebungskompetenz für die Ausgestaltung der vertragsrechtlichen Regelungen im Heimgesetz. Diese Bestimmungen gehören seit dem Inkrafttreten des Heimgesetzes allerdings zu dessen gewachsenen und eigentlich untrennbaren Bestandteilen.

Grundsätzlich erfordert die einheitliche Schutzfunktion des Heimrechts die Vermeidung einer Aufspaltung des Regelungsinhalts mit unterschiedlichen Gesetzgebungskompetenzen.

Angesichts der strittigen Diskussion wurden von uns vertragsrechtliche Teile gegenüber dem Vorentwurf zunächst mit dem Hinweis auf die Fortgeltung der Bestimmungen des Heimgesetzes ausgespart, bis eine Klärung erzielt ist. Damit wird auch dem Wunsch angehörter Experten Rechnung getragen.

Das Verfassungsargument ist auch nach den Einschätzungen anderer Länder haltlos. Die SPD ist aufgerufen, sich inhaltlich mit dem Gesetz auseinanderzusetzen.

Die CDU-Fraktion ist bereit, auf der Grundlage dieses Entwurfs mit der SPD und der FDP eine gemeinsame Lösung zu finden.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss. Ältere Menschen müssen spüren, dass die gesellschaftlichen Veränderungsprozesse auch für sie einen Gewinn an Lebensqualität bringen und

(Glocke des Präsidenten)

zu mehr Beteiligung und größeren Entscheidungsfreiräumen führen.

Vielen Dank.

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Gemeinschaftskundekurses des Eleonoren-Gymnasiums Worms. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dröscher.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit zwei Jahren sind die Bundesländer infolge der Föderalismusreform für die Gesetzgebung im Bereich des Heimrechts zuständig. Wesentliche Eckpunkte der zukünftigen Regelungen sind allerdings durch die Fortschreibung der Pflegeversicherung im Pflegeweiterentwicklungsgesetz festgelegt. Ich verweise auf die Frage der Pflegestützpunkte, die wir in Rheinland-Pfalz flächendeckend umsetzen, und – das halte ich für besonders wichtig – die Aufgabe, die dieses Gesetz gegeben hat, nämlich die Umsetzung eines neuen Pflegebegriffes.

Dieser neue Pflegebegriff liegt nun in Entwürfen durch einen Abschlussbericht der zuständigen Kommission vor. Das wird eine sehr interessante Geschichte. Ich freue mich, dass der Zeitaufwand, den wir immer bemängelt haben, dem Kriterium der Selbstständigkeit dann weichen wird, wenn es sich umsetzen lässt, dass aus der Defizitsicht eine Sicht der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft wird.

In diesem Zusammenhang sind neben der Stärkung der Selbstständigkeit und der ambulanten Dienste aber auch die Verbraucherschutzbestimmungen zur Transparenz von Leistung und Qualität zu nennen. Hier liegt ein Entwurf vor, der statt der Ampel, wie wir das zunächst gesehen hatten, Zeugnisnoten für die Pflege verteilt. Dieser ist eigentlich seit 1. Januar 2009 geltendes Recht. Allerdings wird die Umsetzung noch etwas dauern.

Ich sehe allerdings das Ergebnis nach einer ersten Bewertung relativ kritisch. Es wird wohl ein erheblicher Nachsteuerungsbedarf kommen. Die Praxis mag mich hoffentlich korrigieren. Ich schätze das im Moment eher so ein, als ob der Berg gekreißt hat und eine Maus gebar.

Auch die vertragsrechtlichen Regelungen von Pflege- und Betreuungsverhältnissen liegen weiter in der Kompetenz des Bundes. Dabei sollen Verbesserungen im Sinne des Verbraucherschutzes erreicht werden, zum Beispiel über die vorvertraglichen Informationspflichten. Hier gibt es auch einen ersten Entwurf des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes.

Das ist eine erste Kritik an dem Gesetzentwurf der CDU. Bei einem Verzicht auf die Einbeziehung dieser Regelung in das Landesrecht hat die Heimaufsicht zum Beispiel in Zukunft kein Prüfrecht. Das ist ein wesentlicher Mangel der bisher bereits vorliegenden Gesetze der Bundesländer. Dazu zählen z. B. in Baden-Württemberg

das Landesheimgesetz, in Bayern das Pflege- und Wohnqualitätsgesetz und in Nordrhein-Westfalen das Wohn- und Teilhabegesetz. In Schleswig-Holstein und Brandenburg liegen Entwürfe vor. In einer kritischen Bestandsaufnahme warnt das Kuratorium Deutsche Altershilfe vor der einfachen Fortschreibung des bisherigen Rechts.

Wir beschäftigen uns heute mit dem Gesetzentwurf der CDU für ein Heim- und Wohnformenqualitätsgesetz. Auch hier sehe ich die Gefahr, dass durch die Nichteinbeziehung der Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzregelung etwas fehlen wird, was ganz wichtig ist.

Auf der anderen Seite – das sage ich ganz deutlich – wird der Gesetzentwurf von uns ausdrücklich begrüßt. Wir denken aber, dass er, wenn nunmehr die Diskussion beginnt, die Gestaltungsräume und die Gestaltungsanforderungen nicht ausreichend berücksichtigt.

Deshalb hat die SPD-Fraktion eine Entschließung eingebracht, die sich auf die Eckpunkte bezieht, die wir gemeinsam mit der Landesregierung als wesentlich ansehen. Die Landesregierung wird vor der Sommerpause des Parlaments einen eigenen Entwurf einbringen.

Mit dem Gesetzentwurf der CDU und unserer Entschließung, die sich auch auf den zu erwartenden Entwurf der Landesregierung bezieht, wird die Nachfolgeregelung zum Heimgesetz die Arbeit der im Landtag vertretenen Fraktionen in diesem Jahr sicher wesentlich bestimmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Handlungsbedarf im Heimrecht geht weit über die Anpassung an die veränderte Rechtslage hinaus. Das Heimgesetz bildet, obwohl es 2002 neu gefasst wurde, die Wirklichkeit nicht mehr ab. Die bisher überwiegend ordnungsrechtlichen Anforderungen müssen mit Maßnahmen der Angebots- und Strukturentwicklung verknüpft werden.

Es geht darum, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, die auch zu rechtlichen Grauzonen geführt haben. Man hat es so gebogen, wie man es gebraucht hat. Damit ist auch Geschäftemachern und unseriösen Anbietern ein gewisser Raum gegeben worden.

Für den Anwendungsbereich des Gesetzes soll nach unserer Vorstellung nicht mehr entscheidend sein, dass Menschen in einem Heim leben. Wir verzichten deshalb bei der Benennung des Gesetzes auf den Heimbegriff. Es geht darum, auf der einen Seite selbstbestimmt und gemeinschaftlich zu leben und auf der anderen Seite von Trägern, Vermietern und Anbietern von Diensten abhängig zu sein. Das wird für die Anwendung des Gesetzes entscheidend sein.

Zu den verbindlichen Mindeststandards zählt das Wohnen in Pflege und Betreuung, ob ambulant oder stationär. Auf der einen Seite muss der Schutz sichergestellt und auf der anderen Seite der Raum für innovative Einrichtungskonzepte und Wohnformen geschaffen werden. Das bedeutet die Öffnung der Einrichtungen und die Miteinbeziehung von Selbsthilfeorganisationen, Angehörigen und Ehrenamtlichen. Neue Konzepte zu entwi

ckeln, bedeutet vor allem und zuallererst Teilhabe und Mitsprache der Betroffenen.

In der Gesetzgebung und in den Konzepten für Menschen mit Behinderungen spricht man: „Nicht ohne uns über uns“. So ähnlich muss das auch bei älteren Menschen gesehen werden. Das Recht auf Schutz und das Recht auf Lebensrisiken müssen miteinander abgewogen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Ziel, den Menschen, die auf umfangreiche Unterstützung angewiesen sind, ein würdevolles und weitestgehend selbstbestimmtes Leben zu garantieren und ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben tatsächlich zu ermöglichen, wird nur durch eine ganzheitliche und auf Kooperation aller Beteiligten ausgerichtete Sozialpolitik zu erreichen sein.

(Beifall der SPD)

Die Abgeordneten aller Fraktionen stehen in der Verantwortung, dazu den gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Nachdem dieser Gesetzentwurf vorliegt und wir unsere eigenen Vorstellungen einbringen, sehe ich sehr gute Chancen, dass wir das gemeinsam tun können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wird uns aber nicht erspart bleiben, die Debatte über grundsätzliche Fragen des Verhältnisses von Selbstbestimmung und Schutz tatsächlich zu führen.

Wir als SPD-Fraktion sind dafür, dass der Gesetzentwurf und der Entschließungsantrag an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit überwiesen werden. Wir werden dort meiner Meinung nach spannende Diskussionen haben und hoffentlich am Ende zu einem guten Gesetz kommen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Ich begrüße zunächst Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag mit einer bestimmten Besonderheit, nämlich Schülerinnen und Schüler der Dualen Oberschule Betzdorf. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)