Protocol of the Session on December 11, 2008

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Das ist falsch! Das ist doch genauso falsch!)

Ich meinte auch, sie hätte etwas gelernt, weil es am 30. Januar dieses Jahres eine Pressekonferenz des Herrn Baldauf gab.

(Pörksen, SPD: Wo?)

Darin verspricht Herr Baldauf den Kommunen, die CDU werde unverzüglich einen Antrag im Parlament einbringen, der den Kommunen 85 Millionen Euro mehr Geld bringt. Am 30. Januar haben Sie gesagt, dass Sie diesen Antrag unverzüglich einbringen würden.

(Baldauf, CDU: In den Haushaltsberatungen!)

Nein, nein! Sie haben gesagt, unverzüglich!

Es kam der Februar, es kam der März, es kam der April, es war kein Antrag da, weder von Herrn Kollegen Baldauf noch von Herrn Kollegen Schnabel, der auch dabei war. Dann kam der Sommer, und es wurde August, September, Oktober – immer noch kein Antrag des Herrn Kollegen Baldauf. Meine Damen und Herren, wer so mit der Ehrlichkeit und mit den Kommunen umgeht, der hat es nicht verdient, dass man ihn ernst nimmt.

(Beifall der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Nun wurde der Antrag der CDU vorgelegt, und wir reden nun nicht mehr über 85 Millionen Euro, sondern nur noch über 80 Millionen Euro.

(Licht, CDU: Man merkt, Sie hatten gestern Weihnachtsfeier!)

Wer meint, dieser Geldsegen der CDU würde den Kommunen mehr Geld bringen, der muss sich getäuscht fühlen, und zwar muss er sich von Ihnen getäuscht fühlen. Sie nehmen nämlich die 80 Millionen Euro aus der Verstetigungssumme heraus. Dies ist Geld, das für die Kommunen angespart wurde, damit sie in schlechteren Zeiten auf dieses Geld zurückgreifen können. Dies ist nämlich der Sinn des Stabilitätspaktes, den Sie offensichtlich immer noch nicht begriffen haben.

Deswegen sagen wir, es kann nicht angehen, dass wir jetzt schon die kommunalen Kassen für schlechtere Zeiten plündern, wie Sie es tun würden. Sie wollen doch diesen Stabilisierungspakt eigentlich gar nicht, aber wir lassen ihn von Ihnen nicht kaputt schlagen, das sage ich ganz offen;

(Beifall der SPD)

denn dies ist das modernste Instrument in Deutschland, wie den Kommunen geholfen werden kann.

Meine Damen und Herren, wir tun ein Weiteres. Wir laufen nicht mit der Gießkanne herum, sondern wir heben die Pro-Kopf-Beträge für die Schlüsselzuweisungen B1 an, damit das Geld genau dorthin fließt, wohin es fließen soll. Wir erhöhen im Rahmen der Schulstrukturreform den Ansatz für Schulen von 30 % auf 50 %. Auch bei den übrigen Kosten der Kommunen für die Schulstrukturreform ist das Land ein verlässlicher Partner, indem es den Kommunen einen Mehrbelastungsausgleich in Höhe von 10,1 Millionen Euro zugesteht.

Meine Damen und Herren, gerade weil die CDU hier in diesem Haus immer wieder Verdächtigungen ausgestreut hat, als es um die Einführung des Konnexitätsprinzips ging, möchte ich auch erwähnen, dass sich nichts, aber auch gar nichts davon bewahrheitet hat. Von 2007 bis 2014 hat das Land insgesamt 289,5 Millionen Euro im Rahmen des Konnexitätsausgleichs den Kommunen zugestanden.

Natürlich kommen Sie dann immer wieder mit der Forderung – das ist eben auch angeklungen –, wir sollten den Kommunen mehr allgemeine Zuweisungen und weniger Zweckzuweisungen gewähren. Aber zu einem ehrlichen Umgang, zu dem Sie nicht fähig und bereit sind, würde dann auch gehören, dass Sie uns sagen, wo sie denn die Zweckzuweisungen kürzen wollen. Wollen Sie dies bei den Schulbauten machen? Wollen Sie das bei den Kindergärten machen? Wollen Sie das bei der Dorferneuerung oder im Investitionsstock machen? Oder wollen Sie das bei der Stadterneuerung machen? Diese Antwort bleiben Sie schuldig. Deswegen kann man Sie nicht ernst nehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD)

Ich komme nun zum zweiten Bereich, nämlich der Kommunal- und Verwaltungsreform. Mit dem Antrag der SPD-Fraktion beginnen wir die parlamentarische Arbeit an der von Ministerpräsident Kurt Beck zu Beginn der Legislaturperiode angekündigten Reform. Jetzt kann man die Frage stellen: Warum fangt Ihr eigentlich erst jetzt damit an? –

Das hat seinen Grund darin, dass zunächst das Landesentwicklungsprogramm erstellt werden musste, weil natürlich zwischen dem LEP IV und der Kommunalreform ein enger Zusammenhang besteht. Das hat aber auch seinen Grund darin, dass wir von Beginn an darum warben, dass sich alle Parteien an der Arbeit um neue kommunale Strukturen beteiligen, damit sich alle Kommunalpolitiker auch vor Ort damit identifizieren können und vermeidbare Konflikte unterbleiben.

In der Tat, fast alle Parteien haben eigene Vorschläge gemacht, beispielsweise die FDP. Damit kann man sich auseinandersetzen, aber sie haben wenigstens welche gemacht. Wir teilen diese nicht in allen Punkten, aber man kann sich damit auseinandersetzen.

Von wem wir aber bis zum gestrigen Abend nichts gehört haben, war die CDU.

(Baldauf, CDU: Das ist doch nicht wahr! Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Nichts, kein einziger Beitrag zur Kommunalreform, kein einziger Beitrag, wie Sie dies denn eigentlich lösen wollen. Außer Wiederholungen der immer gleichen Platituden sind Sie von Anfang an auf Tauchstation gegangen und haben mit den abenteuerlichsten Begründungen versucht, uns hinzuhalten, ohne selbst bis zum heutigen Tag einen einzigen konstruktiven Beitrag zu leisten.

(Beifall bei der SPD)

Wer in einer so zentralen Frage wie Sie versagt, weil er keinen Mut zu vielleicht auch unpopulären Entscheidungen hat, der ist schlicht und ergreifend politikunfähig. Er kneift vor der Frage, wie die Kommunen mit der demografischen Entwicklung umgehen können.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Weiland, CDU)

Er kneift vor der Frage, mit welchen Instrumenten sich wandelnde, auch neue öffentliche Aufgaben angehen lassen.

(Zuruf des Abg. Wirz, CDU)

Er kneift auch vor der Frage, welche Auswirkungen die Entwicklung der öffentlichen Finanzen auf die Kommunalpolitik hat. Er gibt auch keine Antwort auf die Frage, wie die technologische Entwicklung in Verwaltungsabläufen so eingebaut werden kann, dass der Umgang der Menschen mit Behörden für sie einfacher und überschaubarer wird.

Wer darauf keine Antworten geben kann, der ist nicht bereit, Verantwortung in diesem Land zu tragen. Er ist auch nicht bereit, Verantwortung in diesem Land zu übernehmen.

Im Übrigen fangen wir nicht erst heute mit dieser Arbeit an. Die Landesregierung hat bereits vor Monaten eine Bürgerbeteiligung in Gang gesetzt, die es zu einem solchen Anlass noch nie in Deutschland gab und die vorbildlich ist. Die Bürger sind von Anfang an in den Diskussionsprozess eingebunden. Wir machen die Betroffenen zu Beteiligten. Sie werden jederzeit umfassend informiert und können aktiv mitwirken.

In neun Regionalkonferenzen, in fünf Bürgerkongressen, in sechs Planungszellen haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit gehabt, Anregungen zu geben, Wünsche zu äußern und Ideen für eine Kommunalreform zu geben. Dem schließt sich im nächsten Jahr eine repräsentative Bürgerbefragung an.

Welchen Stellenwert die SPD der Bürgerbeteiligung gibt, können Sie daran sehen, dass sich vieles von dem, was in den Kongressen und Veranstaltungen von den Menschen geäußert wurde, in unserem Antrag wiederfindet.

Was die CDU allerdings von Bürgermitwirkung hält, findet sich in diesem Haushalt wieder. Sie haben von Anfang an gegen die Bürgerbeteiligung polemisiert. Sie haben sie für überflüssig gehalten. Jetzt beantragen Sie, die Mittel für die Bürgerbefragung gänzlich zu streichen.

Meine Damen und Herren, wer – wie die CDU – auf die Meinung der Bürger pfeift, auf sie keinen Wert legt, der kann künftig für sich nicht mehr in Anspruch nehmen, eine bürgerfreundliche und bürgernahe Politik zu gestalten.

(Beifall der SPD)

Wir wollen die Menschen bei jedem unserer Reformschritte mitnehmen. Wir wollen sie bei der Wahrnehmung kommunaler Selbstverwaltungsaufgaben einbeziehen, damit sie nicht den Eindruck haben, bei größeren Gebietskörperschaften könnte die Bürgernähe verloren gehen. Das Gegenteil ist der Fall. Wir wollen neue kommunale Strukturen so organisieren, dass sie näher bei den Menschen sind und die Aufgaben schneller, kostengünstiger und kompetent erledigt werden können.

Dazu zählen beispielsweise dezentrale Bürgerbüros, mobile Bürgerdienste, die zunehmend für ältere, für behinderte und für berufstätige Menschen von Bedeutung sind. Die Verwaltung soll zu den Menschen kommen und nicht die Menschen zu der Verwaltung.

Dazu zählen feste Sprechstunden der Verwaltung in den Ortsgemeinden, bei denen Dienstleistungen entgegengenommen werden können. Dazu zählen feste Ansprechpartner für die Bürger, ohne dass über die Nichtzuständigkeit geredet wird.

Schließlich gehört auch dazu, dass ein weiterer Ausbau des E-Governments es erlaubt, bestimmte Tätigkeiten schlicht und einfach von zu Hause zu erledigen.

Wer dies alles will, muss dann aber auch den Mut haben, über Gebietsstrukturen nachzudenken. Klar ist, dass die Eigenständigkeit der Ortsgemeinden in vollem Umfang erhalten bleibt, weil sich die Menschen zualler

erst mit ihrer Gemeinde identifizieren und hier bereit sind, sich auch ehrenamtlich einzubringen.

Wir sehen auch keinen Grund, jetzt über Kreisgrenzen zu diskutieren; denn bei einer Zusammenlegung einwohnerschwacher Landkreise, beispielsweise in der Eifel, bekämen wir unübersehbare Größenverhältnisse, was das Verfassungsgericht im Übrigen im Mecklenburg-Vorpommern als verfassungswidrig bezeichnet hat.

(Billen, CDU: Mit dem Verfassungsgericht habt Ihr ja vorgestern Erfahrungen gemacht!)

Handlungsbedarf besteht aber bei den Kommunen, bei denen in einer Gemeinde in einer gleichen Straße zwei Verwaltungen bestehen, die das Gleiche machen. Dafür haben die Bürger kein Verständnis. Ich bin froh, dass in Cochem ein Anfang gemacht wurde, das zu beenden. Das spart dem Bürger Geld, beseitigt Reibungsverluste und führt zu mehr Effizienz.

Wir denken auch, dass bei einigen Verbandsgemeinden Handlungsbedarf besteht. Deswegen wird man darüber reden müssen, zuerst natürlich mit den Betroffenen selbst. Dabei kann die Einwohnerzahl ein Parameter sein, aber nicht der einzige, weil wir sonst Gebilde bekämen, die so groß sind wie einige Landkreise. Deshalb müssen andere Parameter hinzukommen, wie beispielsweise die Berücksichtigung von Flächengrößen, damit die Erreichbarkeit von Verwaltungen gewährleistet ist. Auch die Zahl der Ortsgemeinden innerhalb einer Verbandsgemeinde muss eine Rolle spielen. Wir denken, es ist ein ungutes Verhältnis, wenn wir auf der einen Seite Verbandsgemeinden mit 50 und auf der anderen mit zwei Ortsgemeinden haben.

Ein weiterer Parameter muss in der Wirtschaftlichkeit liegen; denn am Ende einer Fusion von Verbandsgemeinden muss die Finanzkraft nicht weniger, sondern mehr sein.

Schließlich stellen wir in unserem Antrag auch fest, dass Verkehrsverbindungen, landschaftliche Gegebenheiten oder historische Bindungen bei zukünftigen Strukturen nicht außen vor bleiben können. Alles andere wäre weltfremd.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Gibt es diese eierlegende Wollmilchsau noch irgendwo?)