Protocol of the Session on July 6, 2006

Ursprünglich war eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart. Uns ist jedoch signalisiert worden, dass die Redezeit auf fünf Minuten pro Fraktion verkürzt werden soll. Zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Rosenbauer von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Schulzeit von insgesamt zwölf Jahren erscheint der Bundesregierung vernünftig und notwendig. – Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, das hat einmal der wohl wichtigste Vorgänger in Ihrem Amt als Parteivorsitzender, der Bundeskanzler Willy Brandt, 1973 in seiner Regierungserklärung kundgetan. Ich

glaube, diese Einschätzung von 1973 war richtig. Ich glaube, sie gilt auch heute noch.

(Ministerpräsident Beck: Wenn ihr euch nur immer allem anschließen würdet, was Willy Brandt gesagt hat! – Beifall bei der SPD – Licht, CDU: Man kann ja mal anfangen!)

Sehr verehrter Herr Ministerpräsident, das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns. Wir schließen uns durchaus schon einmal vernünftigen Meinungen an und sagen nicht, wir haben in allen Punkten Recht, so, wie Sie es machen. Das ist der kleine, aber feine Unterschied. (Beifall der CDU – Ministerpräsident Beck: Der Unterschied ist, dass Sie es sektoral wahrnehmen!)

Insgesamt hat die Schulzeitverkürzung in Deutschland ein rasantes Tempo angenommen. Tatsache ist, dass es in Deutschland einen ganz eindeutigen Trend gibt, nämlich hin zu einem Abitur nach zwölf Jahren. Es gibt einen guten Grund dafür. Mit einem Durchschnittsalter von 19,5 Jahren, das wir heute bei den Abiturienten haben,

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wo haben Sie denn die Zahl her?)

haben wir eindeutig Nachteile zu europäischen Nachbarländern und zu den Mitbewerbern nachher auf dem Stellenmarkt und auch im Studium.

Immerhin haben 15 Bundesländer mittlerweile den gleichen Schritt eingeleitet, um diesen hausgemachten Wettbewerbsnachteil zu beheben. Sie sind mit einem Abitur nach zwölf Jahren gestartet. Wir in RheinlandPfalz sind einen Sonderweg mit 12,5 Jahren gegangen. Kein anderes Bundesland hat sich diesem Vorschlag angeschlossen. Es ist auch nachvollziehbar; denn die meisten Studienfächer fangen nach wie vor im Wintersemester an. Auch die Ausbildungsverträge werden in der Regel in den Sommermonaten geschlossen. Deshalb bringt den meisten, die studieren wollen, dieses zwölfeinhalbjährige Abitur überhaupt nichts.

Eine Harmonisierung auf Bundesebene auf die Termine, die wir vorgeben, wird nicht stattfinden, weil alle anderen Bundesländer sich anders festgelegt haben und das Abitur nach zwölf Jahren machen.

Die Nachteile möchte ich nicht alle aufführen – Sie können sie gern in unserem Antrag nachlesen –, weil wir die Redezeit ohnehin auf fünf Minuten verkürzt haben.

In Ihrer Regierungserklärung haben Sie, weil Sie das Problem doch längst erkannt haben,

(Ministerpräsident Beck: Immerhin! – Heiterkeit bei der SPD)

einen weiteren Minischritt eingeleitet.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das unterscheidet uns von Ihnen, dass wir keine Minischritte machen!)

Sie wollen an fünf Ganztagsschulen/Gymnasien im Jahrgang 2007/2008 das Abitur nach zwölf Jahren zulassen. Bis zum Schuljahr 2010/2011 wären das 15 Schulen von über 140 Gymnasien, die wir in RheinlandPfalz haben.

Ich muss Ihnen sagen, das hilft uns nicht weiter. Es helfen uns auch nicht die Sonderklassen weiter, sondern man muss sich dann entscheiden, was man möchte. Die Ministerin möchte erst noch einmal Erfahrungen sammeln. Während wir anfangen, Erfahrungen zu sammeln, sind die anderen Bundesländer so weit, dass sie die ersten Abiturjahrgänge entlassen.

(Spurzem, SPD: Die wollen dann alle bei uns studieren!)

Ich bin froh, dass unser Anliegen letztendlich im Hause Zustimmung findet. Ich bin äußerst dankbar dafür, dass die FDP zwar einen alleinigen Antrag gestellt hat, der aber im Prinzip genau das Gleiche enthält, was wir schon einmal im Jahr 2003 gefordert haben und was leider im Jahr 2004 damals von den Mehrheitsfraktionen abgelehnt worden ist. Sie sind aber auf dem gleichen Weg.

Wer Ihre Begründung und Ihre Pressemeldung liest, kommt zu dem gleichen Schluss.

Wir haben aber noch weitere Unterstützung. Wir haben auch Unterstützung an den Gymnasien, selbstverständlich nicht an allen; denn auch dort ist die Meinung sehr unterschiedlich.

(Heiterkeit der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Frau Brede-Hoffmann, Sie können laut lachen. Ich habe vor eineinhalb Wochen alle 140 Gymnasien angeschrieben und habe sie um ihre Meinung und ihre Einschätzung gebeten. Natürlich haben nicht alle geantwortet, das ist völlig klar.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Von den fünf, die geantwortet haben, haben zwei nein gesagt!)

Ich kann Ihnen einmal einen Teil der Begründungen, die an uns zurückgegangen sind, vorlesen. Die erste Frage war: Befürworten Sie grundsätzlich die Einführung des Abiturs nach zwölf Schuljahren? – Ja, es ist bundesweit eine einheitliche Schulzeit anzustreben, auch im Hinblick auf das erste Semester bzw. den Studiengang.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wo sind denn die fünf Minuten Redezeit? – Glocke des Präsidenten)

Ja, die Ausbildungszeiten sind in Deutschland im europäischen Kontext zu lange. Eine Straffung der Lehrpläne ist möglich.

Wir haben jetzt leider keine Gelegenheit mehr, ich möchte Ihnen aber sagen, selbst diejenigen, die nicht für zwölf Jahre waren, haben eine interessante Begründung gegeben. Sie haben nämlich begründet, dass der Stun

denausfall heute schon so hoch sei, dass wir faktisch heute schon ein Abitur nach zwölf Jahren hätten.

Ich bitte um Unterstützung für unseren Antrag.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Abgeordneter Morsblech das Wort. Im Übrigen keine Aufregung, der Redner war 40 Sekunden über der Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren heute alle drei Konzepte der hier im Hause vertretenen Fraktionen zum Abitur nach zwölf Jahren. Zwei davon liegen in Form von Anträgen vor. Die Ministerin hat sich aber auch öffentlich bereits zum SPD-Konzept noch einmal geäußert.

Das Abitur nach 12,5 Jahren ist in der Tat vor dem Hintergrund der Beschlüsse anderer Bundesländer, aber auch gerade vor dem Hintergrund der Föderalismusreform, die uns mit auf den Weg gibt, unseren jungen Menschen eine gewisse Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen und ähnliche Rahmenbedingungen zumindest bei den großen Leitlinien wie beispielsweise der Dauer von Bildungsgängen zu schaffen, damit die Mobilität gesichert ist, nicht mehr zeitgemäß.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Ich habe gesagt, nach zwölfeinhalb Jahren. Ich denke, es ist klar, was ich sagen möchte.

Die von der Landesregierung vorgesehenen Maßnahmen sind meiner Ansicht nach tatsächlich noch ein Schritt weiter in die falsche Richtung; denn Sie verschärfen die Situation, indem Sie die Einführung des zwölfjährigen Abiturs in dieser Legislaturperiode auf die Ganztagsgymnasien – in der „Rheinpfalz“ war von 15 Stück die Rede – beschränken wollen. Sie schaffen damit einen Flickenteppich, der zu einer völlig ungerechten Chancenverteilung für rheinland-pfälzische Gymnasiastinnen und Gymnasiasten führen wird.

(Beifall der FDP und bei der CDU)

Statt Chancengerechtigkeit wird dann bei Ihnen das Zufallsprinzip des Wohnorts gelten. Je nachdem, ob gerade ein BEGYS-Zweig vor Ort ist und ich auch einigermaßen leistungsfähig bin, oder ob ich gerade in der Nähe eines Ganztagsgymnasiums wohne oder eben nur die Möglichkeit habe, nach zwölfeinhalb Jahren vor Ort Abitur zu machen, kann ich dann als Schüler das Abitur schneller oder langsamer ablegen. Ich denke, das ist keine zukunftsfähige Politik und kann nicht Leitprinzip einer zukunftsfähigen Weiterentwicklung und Stärkung des Gymnasiums sein.

(Beifall der FDP)

Wir kennen den Antrag der CDU-Fraktion alle schon aus der letzten Legislaturperiode. Ich denke, unser Antrag grenzt sich insofern schon von ihm ab, als wir mit der rein technokratischen Formulierung von Vorgaben der Kultusministerkonferenz und Zeitvorgaben allein die Zukunft rheinland-pfälzischer Gymnasien nicht gestalten wollen.

Wir hatten auch in der letzten Wahlperiode bereits ein qualitatives Problem mit diesem Antrag als FDPFraktion. Wir legen deshalb heute einen Alternativantrag vor, weil wir denken, dass gerade vor dem Hintergrund veränderter Anforderungen an Studierende und veränderter bildungspolitischer Rahmenbedingungen die Reform des Gymnasiums aus einem Guss erfolgen muss und auch qualitätsorientierte pädagogische Veränderungen beinhalten muss.

Wir müssen die allgemeine Studierfähigkeit als zentrale Aufgabe des Abiturs wieder stärker in den Mittelpunkt rücken. Wir müssen auch die Chance nutzen, die uns Bildungsstandards geben, nämlich die Chance, zu einer größeren Transparenz und Vergleichbarkeit zu kommen. Wir verbinden ein Abitur nach zwölf Jahren auch mit einer zentralen Abschlussprüfung nach zwölf Jahren.

Wir möchten gleichzeitig den Gymnasien Möglichkeiten und Wege aufzeigen, diese Chance zur pädagogischen Weiterentwicklung ihrer Unterrichtsinhalte und -methoden zu nutzen und zu einer zusätzlichen Verbesserung zu kommen. Bildungsstandards geben die Möglichkeit, sich auf Kernkompetenzen und wesentliche Unterrichtsinhalte zu konzentrieren und geben damit auch die Möglichkeit, mehr eigenständige Profile mit anderen Lernmethoden zu schaffen.

Meine Damen und Herren, wir sollten dabei zum Leitbild machen, dass Schülerinnen und Schüler befähigt werden, selbstständig und eigenständig zu lernen. Wir sollten dabei die Teamfähigkeit im Bereich der Unterrichtsmethoden gleichermaßen in den Vordergrund stellen, indem mehr jahrgangsübergreifende und mehr projekt- und lernzielorientierte Gruppen entstehen.

Durch ein Zusammenspiel von fachlich fundiertem Unterricht und fächerverbindenden Formen kann auch das vernetzte Verständnis von komplexen Zusammenhängen gefördert werden, zum Beispiel im naturwissenschaftlich-technischen Bereich oder in einem neuen Fach „WiSo“. Alle diese Ideen haben wir in unserem Antrag verarbeitet.

Ich denke, es ist sehr wichtig, einen Blick auf die Zukunftsfähigkeit der gesamten Schulart zu werfen.

Ich möchte zum Schluss noch sagen, dass es uns sehr wichtig ist, dass wir das gesamte gegliederte Schulsystem bei dieser Reform in den Blick nehmen müssen. Von einer Reform des Gymnasiums sind alle Schularten im gegliederten Schulsystem, zu dem wir ausdrücklich stehen, betroffen. Deshalb wird es von besonderer Bedeutung sein, die Durchlässigkeit der Bildungsgänge weiter sicherzustellen. Nach heutigem Diskussionsstand

favorisiert meine Fraktion in diesem Zusammenhang eine fünfjährige Sekundarstufe I und eine dreijährige Oberstufe.

(Glocke des Präsidenten)

Wir nehmen die Sorge ernst, dass es Nachmittagsunterricht geben muss und wird. Wir wollen deshalb die Einführung des achtjährigen Gymnasiums in zwei Stufen, damit auch diejenigen, die jetzt noch nicht über eine Cafeteria oder angemessene Aufenthaltsräume verfügen, die Möglichkeit haben, diese in Kooperation mit dem Schulträger einzurichten und damit nicht zwei Jahrgänge auf einmal auf den Ausbildungs- und Studienmarkt strömen.