Protocol of the Session on June 5, 2008

Ich habe die erfolgreiche Seniorenpolitik der Landesregierung bereits am 14. Dezember des vergangenen Jahres ausführlich gewürdigt, als wir diese Anträge, die in einen gemeinsamen Antrag gemündet haben, zum ersten Mal besprochen haben, und nutze daher die heutige Debatte dazu, noch auf einige Aspekte hinzuweisen, die mir besonders am Herzen liegen.

Da ist demnächst die Bereitschaft der Älteren, Verantwortung für ein solidarisches Miteinander der Generationen zu übernehmen. Das setzt Mitwirkung und Mitbestimmung auf allen Entscheidungsebenen voraus. Ich komme darauf noch zurück.

Die Chancen, die wir haben, liegen in dem Wissen und in den Erfahrungen sowie in der Bereitschaft vieler älterer Menschen zum Engagement für unsere Gesellschaft, in der es keine Diskriminierung aufgrund des Lebensalters geben darf.

In einer sich verändernden Gesellschaft sind solidarische Beziehungen wichtiger denn je, und sie müssen erhalten, erweitert, geschützt und unterstützt werden. Es muss auch darauf hingewirkt werden, dass ältere Menschen in unserer Gesellschaft viel stärker als bisher in gesellschaftliche Prozesse als aktive, mitverantwortlich handelnde Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden, die sich nicht nur für die Belange der eigenen Generation, sondern auch für die Belange anderer Generationen und damit für den fruchtbaren Austausch zwischen den Generationen und anderen Kulturen einsetzen.

(Vizepräsident Bauckhage übernimmt den Vorsitz)

Darüber hinaus möchten viele Menschen, die nicht mehr erwerbstätig sind, ihr Wissen und ihre Erfahrung auch in bürgerschaftliches, ehrenamtliches Engagement einbringen. Allerdings gilt auch hier, dass wir die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen und bereitstellen müssen. Sie betreffen sowohl die professionelle und infrastrukturelle Unterstützung als auch eine neue Anerkennungskultur. Sie betreffen natürlich auch – darauf gehe ich jetzt nicht näher ein – die soziale Absicherung.

Was die Teilhabe und die politische Teilhabe angeht, möchte ich darauf hinweisen, dass die Zusammensetzung der Parlamente aller Ebenen zurzeit nicht dem Altersaufbau der Bevölkerung und der Wählerschaft vor allem widerspiegeln. Wir haben sehr viele, die in diese Altersgruppe der 60-Jährigen hineinwachsen, auch auf der Regierungsbank.

(Heiterkeit im Hause)

Es fehlt an Repräsentanten der älteren Generation. Ihre Leistungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft und gesellschaftliche Erfahrung bleibt häufig ungenutzt.

Das sage ich vor allem auch im Hinblick auf die kommende Kommunalwahl, bei der es auch darum gehen könnte, Menschen, die vorher nicht über lange Jahre in politischen Ämtern waren, dafür zu gewinnen, ihre Lebenserfahrung einzubringen. Bei politischen Weichenstellungen hilft es natürlich auch, sich selbst einmal zu fragen, wie man im Alter leben möchte.

Die Ergebnisse aus einer repräsentativen Hamburger Studie zeigen, dass mit absoluter Mehrheit Hoffnung, Anerkennung, Zufriedenheit und Lebensfreude vorherrschen, Selbstständigkeit und Aktivität bei vielen Älteren vorhanden sind, Geselligkeit und Gesundheit auch noch in einem hohen Maße vorhanden sind und die Sorgen, die ältere Menschen haben, sich vor allem darauf beziehen, dass sie irgendwann einmal auf fremde Hilfe, auf

Pflege angewiesen sind und sie gesundheitliche Probleme haben.

Gesund sein im Alter bedeutet für ältere Menschen in erster Linie, im Alltag nicht auf fremde Hilfe angewiesen zu sein und sich wohlzufühlen. Erst viel weiter weg kommen dann die Dinge wie wenig Tabletten zu nehmen, selten zum Arzt zu gehen usw.

Ältere Menschen tun auch etwas für ihre Gesundheit. Das zeigen viele Untersuchungen. Das heißt, sie sind bereit, dafür aktiv Verantwortung zu übernehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir die im gemeinsamen Antrag enthaltenen Ziele und Schwerpunkte einer Politik für eine Gesellschaft des längeren Lebens, nämlich aktive Lebensgestaltung, selbstbestimmtes und selbstständiges Leben, Gesundheit und Pflege, Teilhabe und politische Partizipation, ernst nehmen, sind wir mit dieser Politik auf einem richtigen Weg.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Peter Schmitz.

(Abg. Beck, SPD: Viel zu jung, um dazu reden zu können!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorredner haben die wesentlichen positiven Punkte schon vorgetragen. Ich kann das gerne alles noch einmal unterstreichen und freue mich für meine Fraktion, dass wir diesen fraktionsübergreifenden Antrag formuliert haben, so wie er jetzt vorliegt.

Daraus ergibt sich die Gelegenheit – ich bin überrascht, wie hoch die Aufmerksamkeit ist, aber vielleicht ist das dem Personalwechsel beim Präsidium zu verdanken –, über Wohl und Wehe und über wichtige Lebensumstände eines großen Teils unserer Bevölkerung zu sprechen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Da hätte der Alterspräsident sprechen müssen!)

An sich hätte man das so organisieren können, Frau Brede-Hoffmann. Ich wollte ihn aber auch nicht überlasten. Er hatte jetzt schon dieses schwierige Amt wahrzunehmen. Seniorenpolitik ist schließlich von gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt. Da darf man nicht überziehen.

(Abg. Beck, SPD: Respekt vor dem Alter!)

Respekt vor dem Alter. Richtig, Herr Ministerpräsident.

Diese 960.000 Mitbürgerinnen und Mitbürger sind in der Tat eine Bevölkerungsgruppe, die so gar nicht dem Bild des traditionellen Alten entspricht, das noch vor wenigen

Jahrzehnten gang und gäbe war. In Vorbereitung auf dieses Thema habe ich Blätter des Statistischen Landesamts ausgedruckt, die ich Ihnen im Detail erspare. Die Überschriften sind aber interessant: „Zahl der älteren Menschen nimmt stark zu“ – „Die Lebenserwartung steigt“. Das sind Dinge, mit denen sich die Politik heute unter Betonung der Chancen und nicht unter Betonung der Risiken aktiv auseinandersetzt. Vor ein paar Jahren war das noch anders. Da war das Wort „Demografie“ noch nicht auf allen Ebenen durchgedrungen.

Dass wir im ersten Block gemeinsam formuliert haben, die Potenziale der Älteren und nicht die Risiken sollen im Mittelpunkt einer Politik für eine Gesellschaft des längeren Lebens stehen, beschreibt den positiven Grundduktus dieses Antrags, den ich nutze, um in einem ganz zentralen Punkt eine politische Botschaft unserer Partei zu transportieren. Da geht es nämlich um den oft strittig diskutierten Übergang vom aktiven Berufsleben in das Rentenalter. Sie kennen die Diskussion um das Renteneinstiegsalter 65 und 67.

Unsere Bundestagsfraktion hat das genutzt, um ein in meinen Augen sehr pfiffiges Konzept zu präsentieren, das sich von der starren Frage 65 oder 67 Jahre löst und das fordert, was bei einem Nachdenken über die Grundproblematik den meisten einfällt, was aber politisch noch nicht Platz gegriffen hat, nämlich eine sehr viel stärkere Flexibilisierung des Einstiegs ins Rentenalter, bei dem jeder ohne Begründung ab 60 in die Rente einsteigen kann unter Bedingungen, die dadurch verbessert werden, dass wir eine klare Option zum Zuverdienst schaffen.

(Beifall bei der FDP)

Unser flexibler Renteneintritt funktioniert unabhängig von der Rentenhöhe mit Zuverdienstmöglichkeiten, die viele, viele Vorteile für den Betroffenen, für seine eigenen Rentenanwartschaften, für die Sozialkassen, für die Arbeitgeber haben, die beispielsweise naturgemäß keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge zahlen müssen, weil unser Modell des flexiblen Renteneintritts daran bindet, dass wir unabhängig von der Altersgrundsicherung sind. Es muss also eine Rentenhöhe erreicht sein, die den Staat mit zusätzlichen Wohlfahrtsleistungen außen vor lässt. Dadurch kann man auf die Arbeitslosenversicherung verzichten, wodurch insgesamt die Sozialversicherungsbeiträge geschmälert werden, was dem Netto des im Vorruhestand befindlichen Zuverdieners entgegenkommt.

Das sind Ideen, die in eine Richtung weisen, die ich bei den Gesprächen mit den anderen Parteien gespürt habe. Man will sich von einer sturen Rentenpolitik lösen und das Flexible in den Vordergrund stellen: die Aktivitäten des jugendlichen Seniors, seine Möglichkeiten, für sich selbst zusätzlich etwas zu tun und damit auch für die Gesellschaft etwas zu tun. –

Seit Jahren haben wir Übereinstimmung darin, dass beispielsweise der Bereich der Pflege nicht ohne ehrenamtliches Engagement auskommen wird. Das sollte auch von denen erbracht werden, die irgendwann einmal auf die Segnungen anderer Hilfe angewiesen sein werden. Der Altersabschnitt mit hohem Potenzial und ho

hem Aktivitätspotenzial jenseits der Erwerbsarbeit vor oder mit Eintritt in die Rente eignet sich dazu wie kein anderer.

Das heißt nicht, dass sich die Bevölkerung mit diesem Lebensalter quasi auf eine Fortsetzung des Erwerbslebens vorbereiten muss, das keinen Unterschied zur 40Stunden-Woche und zu einer Verantwortungsübernahme wie bei jungen Eltern, die voll im Leben stehen, kennt. Das darf und soll abgestuft erfolgen und muss und soll Rücksicht nehmen auf die individuellen Fähigkeiten der Einzelnen. Das Modellhafte staatlichen Handelns muss aber so sein

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich komme zum Ende meiner Rede –, dass die Entscheidungen beim Individuum liegen. Die Kunst für uns alle wird darin liegen, das Ganze so zu organisieren, dass wir nachher nicht wieder staatliche Zusatzaufgaben haben, die das negativ überkompensieren, was die Individuen an individuellem Input bringen.

Ich danke Ihnen. (Beifall der FDP)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Malu Dreyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Herren und Damen! Die Debatte hatte einen unbeabsichtigt heiteren Einstieg. Ich fand das aber wunderbar, weil dadurch schön eingeleitet wurde zu dem heute bunten Thema „Alter“. An Herrn Kuhn konnte man auch wirklich sehr schön sehen, wie jung ein Mensch ist, der hier als Alterspräsident gilt.

(Beifall der SPD, der FDP und bei der CDU)

Schön betrachten konnte man auch, wie sich die junge Generation rechts und links vom Alterspräsidenten ganz schnell auf die neue Situation eingestellt hat und die Sitzung reibungslos weitergelaufen ist. Das war ein schönes Bild.

Meine sehr geehrten Herren und Damen, damit sind wir eigentlich mitten drin. Das Alter ist bunt geworden. Das ist wunderschön. Ich erinnere mich immer noch an meine Oma, die mit Mitte 60 gestorben ist. Sie ist von ihrer agilen Art oder ihren Möglichkeiten gar nicht zu vergleichen mit einer Mitte 60-Jährigen von heute.

Wir leben nun einmal in einer Gesellschaft des langen Lebens. Die meisten von uns werden gesund sehr alt und können sehr lange aktiv sein. Es ist auch schön, sich immer wieder vor Augen zu halten, dass jedes dritte Mädchen, das heute geboren wird, 100 Jahre alt wird. Das bedeutet, wir befinden uns in einer Entwicklung, bei der 60 Jahre eigentlich gar nichts sind, sondern tatsächlich noch ganz lange Lebensphasen vor uns liegen.

Dementsprechend hat sich auch das Bild des Alters tatsächlich gewandelt. Das ist von einem Abgeordnetenkollegen auch angesprochen worden. Früher hat man Alter immer sehr defizitorientiert debattiert. Ich weiß noch, als man in meiner Amtszeit als Ministerin damit begonnen hat, über dieses Thema zu sprechen, waren die Schlagzeilen in der Regel eher negativ.

Heute wird Alter – die Abgeordneten haben das schon gesagt – eigentlich sehr positiv kommentiert. Es wird ganz viel über die Ressourcen und die Kompetenzen gesprochen und darüber, dass wir diese Kompetenzen auch in unserer Gesellschaft brauchen und es wichtig ist, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Menschen auch nach dem Arbeitsleben die Chance haben, an der Gestaltung unserer Gesellschaft teilzuhaben und sich einbringen zu können.

Ich glaube, insofern sind wir auf einem ganz guten Weg. Es ist selbstredend, dass wir auf allen Ebenen etwas tun müssen, damit sich ältere Menschen gut einbringen können.

Auf der Bundesebene – das möchte ich nur kurz ansprechen – geht es um die sozialen Sicherungssysteme. Selbstverständlich haben auch ältere Menschen genauso wie die jungen Menschen einen Anspruch darauf, dass sie wissen, dass die Krankenversicherung, die Pflegeversicherung und die Rente funktionieren.

Ich glaube, dass wir auch bei der Rentendiskussion noch nicht ganz am Ende sind. Schön ist, dass alle Experten, egal woher sie kommen, bestätigen, dass die Finanzierbarkeit der Rente inzwischen sehr nachhaltig gesichert ist. Natürlich reden wir über das Thema, wie armutsfest die Rente der Zukunft ist. Darüber wird man auch in den nächsten Jahren sehr intensiv diskutieren. Es gibt inzwischen die unterschiedlichsten Vorschläge. Herr Dr. Schmitz hat einen davon genannt.

Insgesamt möchte ich den größten Blick auf das Land und die Kommunen richten. Es ist sehr schön, dass der gemeinsame Antrag aller Fraktionen damit einleitet, wenn es um die Schwerpunkte hinsichtlich der aktiven Lebensgestaltung im Alter geht. Ich denke, das ist das zentrale Thema. Wenn wir die Chancen einer Gesellschaft des längeren Lebens nutzen wollen, ist es wichtig, auf die aktive Lebensgestaltung zu schauen.

Was brauchen ältere Menschen, um sich einzubringen? Wir teilen die Meinung, dass man aktiv sein muss, um diese Rahmenbedingungen zu schaffen. Deshalb haben wir uns dem bundesweiten Memorandum „Mitgestalten und Mitentscheiden – Ältere Menschen in Kommunen“ angeschlossen. Dieses Memorandum beinhaltet zum einen ein Leitbild über das aktive Älterwerden. Es beinhaltet auch den Auftrag, das Leitbild in den Kommunen zu verankern und dort auch unterschiedlichste Modellprojekte durchzuführen, die bundesweit gefördert werden, um das aktive Gestalten vor Ort zu intensivieren.