Protocol of the Session on June 5, 2008

Meine Damen und Herren, dann kommt der Satz, der uns schon in der Diskussion zum LEP IV mächtig aufregte. Hören Sie noch einmal genau hin. Genauso haben Sie es auch gesagt. Ich habe genau mitgelesen, weil ich dachte, vielleicht sagt er es dann doch etwas anders und bringt eine neue Idee mit ein.

Dann heißt es: Dabei konzentrieren wir uns darauf, die Stärken zu stärken. – Das ist ein Fehler, oder nein, wenn Sie nur dabei bleiben, ist es ein Fehler. Die Stärken zu stärken, dagegen kann man nichts haben. Nur auch hier, vielleicht schauen Sie sich bei Frau Ahnen das Programm „Keiner ohne Abschluss“ an. Da geht es nicht darum, nur die Stärken zu stärken, sondern man muss auch die Schwachen mitnehmen. Wenn Sie das nicht tun, dann werden im ländlichen Raum in Zukunft größere Katastrophen entstehen.

(Beifall der CDU)

Die Aufgaben liegen nicht nur darin, Chancen und Potenziale einer demografischen Entwicklung zu erkennen, sondern auch deren Risiken.

Meine Damen und Herren lassen Sie mich diese Zeitung hochhalten: Positive Überraschung – Vollbeschäftigung in der Region. „Trierischer Volksfreund“: Arbeitslosenquote in der Region: Prüm, 2,6 %, Bernkastel-Kues 3,8 %, Morbach 2,7 %, Hermeskeil 3,5 %. In dieser Region liegt sie bei 4 %.

(Der Redner hält einen Zeitungsausschnitt hoch)

Ich kann sagen, alles in Ordnung. Aber dem ist nicht so. Wenn ich dort die Stärken stärke, dann werde ich eine Konzentration auf die Zentren haben, auf die Schwerpunktorte. Dann wird das zu großen Problemen im ländlichen Raum führen. Also muss ich wissen, wie ich ländlichen Raum zu entwickeln habe.

Der Minister ist offensichtlich nur gewillt, auf die Risiken der Zukunft zu reagieren.

Meine Damen und Herren, ein Minister mit Zukunft muss es sich aber zur Aufgabe machen, auch auf diese Risiken zu reagieren.

Fördern und Fordern und keine Zwangskooperation wäre beispielsweise eine Antwort, die wichtig wäre.

Ich greife einen oft unterbelichteten, aber für das Überleben in den Dörfern im wahrsten Sinne des Wortes wichtigen Punkt heraus, nämlich die Gesundheitsversorgung in den ländlichen Räumen, auch eine Ihrer Säulen, Herr Minister.

Ich zitiere – so sagten Sie es auch hier –: „Die Landesregierung hat das gesundheitspolitische Ziel, die gesundheitliche Versorgung in der Fläche sowohl im stationären als auch im ambulanten Sektor zu erhalten.“ Nur, was ist die Wirklichkeit? – Eine Notarztversorgung ist in weiten Teilen nicht mehr vollends gewährleistet. Das ist die Wirklichkeit. Was ist Ihre Reaktion? Da hätte ich mir beispielsweise heute eine Idee gewünscht, wenn Sie sich denn als Minister des ländlichen Raums präsentieren. Wie wollen Sie die Daseinsvorsorge sicherstellen?

Insgesamt ist die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum infrage zu stellen. Die Landesregierung hat sich in den vergangenen Jahren zu dieser Problematik stets abwiegelnd geäußert und noch zuletzt bevorstehende Versorgungsengpässe bestritten.

Die bevorstehende Entwicklung mit ihren Folgen für Patientinnen und Patienten und den ländlichen Raum kann aber nur abgewendet werden, wenn rechtzeitig gehandelt wird, also wenn ich diese Risiken erkenne.

(Zuruf des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion hat deshalb ein Konzept zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten ärztlichen Versorgung gefordert. Der entsprechende Antrag wurde beispielsweise im Jahr 2007 abgelehnt.

Der von der Frau Sozialministerin im Oktober 2007 vorgestellte Masterplan ist nur eine Scheinlösung für ein Problem, das es aus Sicht der Landesregierung eigentlich gar nicht gibt. Das kann so nicht funktionieren.

(Beifall der CDU)

Lassen Sie mich ein weiteres Stichwort aus der Daseinsvorsorge verwenden. Zitat: „Wir brauchen keinen Freibrief für die Ausdünnung postalischer Leistungen in den ländlichen Räumen.“– Das haben alle unterschrieben. Das ist in Ordnung. Nur, was ist geschehen? – Die Post hat sich zurückgezogen. Was ist danach geschehen? –

Dort haben neue innovative Betriebe einen neuen Markt gefunden und einen neuen Markt gesucht. Was ist dann wiederum geschehen? – In die Lücke der Post sind kleine kreative Unternehmen hineingestoßen. Aber dann haben Sie mit Ihrer Politik diese Betriebe wieder zunichte gemacht.

Das hat sich mit diesem Postmindestlohn gezeigt.

(Zurufe von der SPD)

Im Donnersbergkreis hatten wir einen größeren Betrieb, der innovativ im ländlichen Raum unterwegs war. Er musste Konkurs anmelden.

(Bracht, CDU: So ist das!)

Dort waren Hartz-IV-Beschäftigte. Dort waren Menschen mit geringer Qualifikation wieder in Arbeit gekommen. Man hat diese Lücke im ländlichen Raum eingenommen. Die Post hat sich zurückgezogen. Hier hätte ich mir von Ihnen eine neue Idee erwartet.

(Zuruf von der SPD: Sie sind für Ausbeutung!)

Das Stichwort „Landwirtschaft“ ist eben schon einmal breit debattiert und diskutiert worden. Ich will Michael Billen gerne Raum lassen, dazu ein paar Sätze zu sagen. Ich möchte es deswegen überspringen.

Meine Damen und Herren, in der Weinwirtschaft haben wir vor 20 Jahren Ähnliches hinter uns gebracht. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Wir haben viel Lehrgeld bezahlt. Wir haben viel Geld dabei verloren.

Meine Damen und Herren, andere Punkte wie der Tourismus, neue Strategien und Querschnittsaufgaben wurden angesprochen. Auch der Kulturtourismus wurde angesprochen. Das sind alles Dinge, die vor Ort schon entwickelt wurden. Sie wurden von Ihnen nur noch einmal wiederholt.

Ich komme zum Stichwort „Breitbandversorgung“. In der Diskussion ist deutlich geworden, dass wir alle mit diesem Ziel unterwegs sind. Aber haben Sie beispielsweise geklärt, wie kommunale Beteiligung ermöglicht wird? Haben Sie geklärt, ob es eine freiwillige Leistung oder eine Pflichtaufgabe ist? Ist das mittlerweile geklärt? Dürfen die Kommunen dort investieren? Wird es dann nicht wieder zum Haushaltsproblem? –

Das hatten wir heute schon in der Diskussion. Es gibt also noch viele Fragen vor Ort, die noch nicht geklärt sind. Sie besinnen sich auf das große Kapital der Kreativität regionaler Akteure. Es freut mich, dass ich an dieser Stelle Alexander Saftig, Frau Fischer und Herrn Frieden gratulieren kann.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Dies sind alles Akteure, die sich in der letzten Woche in besonderer Form bestätigen konnten. Ich möchte zum Schluss noch zwei Anregungen geben. Die IHKArbeitsgemeinschaft hat sich zur rheinland-pfälzischen Wirtschaftspolitik mit Sorge geäußert. Sie hat Ihnen zehn Kritikpunkte übergeben. Lesen Sie sich die noch einmal genau durch. Das wäre eine gute Anregung.

Zu meiner nächsten Anregung: Wenn Sie die Titelseite der Regierungserklärung kopieren und veröffentlichen, sparen Sie Papier. Im weiteren Inhalt findet sich nämlich nichts Neues.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Fink.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Licht, über das erste Kapitel, Kritik zu üben, sind Sie nicht hinausgekommen. Sie haben uns Vorschläge versprochen. Ich habe keine gehört.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Herr Licht, Sie haben etwas nicht verstanden: Stärken stärken heißt nicht, die Starken noch stärker machen, sondern die Stärken der Schwachen ebenfalls stärken.

(Zuruf des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)

Wenn Sie sich dann abgeregt haben, mache ich gerne weiter. Der Titel der Regierungserklärung „Wir bringen Potenziale zur Entfaltung“ enthält Ansprüche und Ankündigungen, die wir nicht nur in der Tagespolitik im Land und in den Kommunen prägen, sondern wir wollen dieses auch als einen Teil einer gesellschaftlichen Diskussion mit in unser Land nehmen.

(Beifall bei der SPD)

Die ländlichen Räume in Deutschland und RheinlandPfalz werden bereits seit vielen Jahrzehnten marginalisiert. Viele Dörfer sind zu Schlaforten geworden, viele der besser ausgebildeten jungen Menschen zieht es in die Städte. Profitiert haben von dieser Entwicklung vor allem die Speckgürtel rund um die Ballungsräume, aber auch deren Position wird bei der schrumpfenden Bevölkerungszahl nicht ungefährdet bleiben.

Der demografische Wandel in Deutschland droht, die Marginalisierung der ländlichen Räume noch zu beschleunigen, wenn z. B. die Infrastruktur wegen schrumpfender Zahlen nicht mehr aufrechterhalten werden kann.

Die Politik muss also neue Wege gehen und neue Möglichkeiten konsequent nutzen, die sich aus technischen und gesellschaftlichen Innovationen ergeben. Wer eine gute Politik für die Menschen in den ländlichen Räumen machen möchte, muss neben einer nachhaltigen Landwirtschaftspolitik vor allem auch eine nachhaltige Entwicklung von Wertschöpfung und Infrastruktur im ländlichen Raum fördern.

(Beifall der SPD)

Die Mehrzahl der Menschen in den ländlichen Räumen arbeitet längst nicht mehr in der Landwirtschaft, dennoch bleibt sie eng mit ihr verbunden; denn ländlicher Raum ist eben auch durch bäuerliches Wirtschaften geprägte Kulturlandschaft. Ohne die Kultur der Landbewirtschaftung bestünde Rheinland-Pfalz zu 90 % aus Buchenwäldern. Wer von uns würde gerne noch auf Bäumen leben?

(Beifall der SPD – Harald Schweitzer, SPD: Sehr gut)

Es liegt an uns, Politik so zu gestalten, dass wir von einer reinen Landwirtschaftspolitik zu einer integrierten Politik der ländlichen Räume kommen.

Lassen Sie mich einen Blick darauf lenken, worauf wir aufbauen können. Seit 1991 wurden viele Millionen DM und später Euro in Konversionsmaßnahmen gebracht. Die Mittel kamen und kommen in erster Linie dem ländlichen Raum zugute. Dies weiß ich aus eigener Erfahrung.

(Beifall der SPD)