Meine Damen und Herren, schließlich gibt es noch den Preistreiber Staat: 3 % mehr Mehrwertsteuer und die Ökosteuer. Wenn man 50 Liter tankt, zahlt man heute 44 Euro an Steuern und Abgaben. Die Menschen haben gar kein Geld mehr, um zu konsumieren.
Schließlich gibt es noch die „kalte Progression“. Das ist selbst bei Ihnen angekommen. Mittlerweile beträgt sie jährlich 15 Milliarden Euro. Meine Damen und Herren, die „kalte Progression“ ist das, was man mehr zahlt, wenn man einen Euro mehr verdient. Dann kommen Sie nämlich in die Steuerprogression.
Herr Ministerpräsident, bei Regierungsantritt lag die Neuverschuldung des Bundes bei 31 Milliarden Euro. Seitdem sind die Steuermehreinnahmen allein beim Bund um 50 Milliarden Euro gestiegen. Eigentlich müsste doch der Bund schon längst ohne Neuverschuldung auskommen, und die Bundesregierung hätte sogar Spielräume, um mindestens 10 Milliarden Euro zur not
wendigen Entlastung der Bürger bereitzustellen. Meine Damen und Herren, das ist doch der eigentliche Skandal!
Wenn Sie mehr gespart hätten – – – Sie haben doch die Steuern erhöht. Man kann darüber streiten, aber die Einnahmen sind gesprudelt, und was haben wir da von? – Im nächsten Jahr werden wiederum 10 Milliarden Euro Neuverschuldung geplant. – Das Leben auf Pump geht immer weiter.
Natürlich, darüber kann man diskutieren, aber es ist doch überhaupt nicht einzusehen, dass China, das uns heute teilweise überrundet, noch mit Entwicklungshilfegelder unterstützt wird. Herr Ministerpräsident, auch wenn dieses Geld für die deutsche Wirtschaft ist, ist es überhaupt nicht einzusehen.
Meine Damen und Herren, das Abkassieren geht noch weiter. Im neuen Jahressteuergesetz möchten Sie nun auch diejenigen belasten, die ihre Kinder auf die Privatschule schicken. Sie kassieren wieder ab. 50 Millionen Euro mehr!
Meine Damen und Herren, es geht beispielsweise auch um die Montessori-Schule in Landau. Dies ist eine Schule in der Nähe des Wohnortes des Ministerpräsidenten. Es ist eine Grund- und Hauptschule, und ich habe sie einmal besucht. Ich habe mich gefragt: Weshalb schicken Eltern ihre Kinder auf eine Privatschule, wo sie etwas bezahlen müssen, obwohl doch der Staat die gleichen Leistungen kostenlos anbietet? – Dann habe ich aber gesehen, dass die Gruppen kleiner waren. Mir hat jemand gesagt, ein Schüler habe eine Lese- oder Schreibschwäche, und deswegen wird er dort unterrichtet.
Dafür muss auch der Staat weniger Geld ausgeben. Nun möchten Sie diese Menschen belasten, die für die Bildung ihrer Kinder, das einzige Gut, etwas bezahlen wollen. Dies sind auch die sozial Schwächeren. Das finden wir nicht richtig, Herr Ministerpräsident.
Deswegen sagen wir, wir müssen die mittleren Einkommensschichten noch mehr entlasten; denn sie haben kein Geld mehr. – Lesen Sie doch einmal die Zeitung! Darin steht, die Gastwirte beklagen sich, dass die Kunden ausbleiben. Sie haben das Geld nicht mehr zum Konsumieren. – Auf dem Jahrmarkt, auf dem Rettichfest beklagen die Schausteller, dass sie nichts mehr in die Kasse hineinbekommen. Das können Sie heute nachlesen. Weshalb ist das so? – Die Menschen haben nichts mehr in ihrem Geldbeutel. Das ist das Entscheidende, meine Damen und Herren.
Das ist doch nur ein Beispiel, Herr Pörksen. Ich könnte die Aufzählung noch eine halbe Stunde fortsetzen. Wenn man kein Beispiel mehr bringen darf!
Die Belastungen sind zu hoch, und dies merken insbesondere die kleinen Leute, die Facharbeiter und die Angestellten. Sie haben doch die Beispiele soeben genannt.
Natürlich kann man über die Senkung der Sozialabgaben diskutieren. Ich habe dies vorhin sehr seriös ausgeführt. Herr Ministerpräsident, aber es ist klar, natürlich hilft das nur den aktiv Beschäftigten. Ich habe Ihnen auch gesagt, die großen Unternehmen, die viel bezahlen, profitieren wieder davon.
Wenn Sie die Menschen insgesamt nicht entlasten, ist Ihr Vorschlag eine Null-Nummer. Wenn Sie nicht die Steuern senken, wenn Sie durch Steuern die Abgabensenkungen finanzieren, ist die Steuer- und Abgabenbelastung identisch und damit gleich hoch, meine Damen und Herren. Es findet keine Entlastung statt. Was Sie damit erreichen – darin gebe ich Ihnen recht –, ist eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, weil die Lohnstückkosten sinken.
Ja, natürlich. Herr Ministerpräsident, aber die unteren Einkommen können Sie ganz einfach entlasten. Heben Sie den Grundfreibetrag an, das ist doch sowieso geplant. Dann haben Sie die kleinen Leute entlastet. Aber man muss fairerweise dazusagen, dies ist leider am teuersten; denn wenn Sie den Grundfreibetrag anheben, treffen Sie damit auch die Besserverdienenden. Sie treffen alle damit.
Schauen Sie sich doch einmal an, was wir in München mit unserem Bürgergeld beschlossen haben. Davon profitieren auch die kleinen Leute. Wir haben ein Steuersystem vorgeschlagen, das sozial gerecht und einfach ist.
Von einem einfachen und gerechten Steuersystem redet auch niemand mehr, meine Damen und Herren. Nur die Besserverdienenden können sich einen Steuerberater leisten, der diese Hürden umgeht. Die Kleinen bekommen die Steuern in ihrer Lohntüte abgezogen und haben null Chancen, dies zu verhindern. Dies ist doch die soziale Ungerechtigkeit in unserer Zeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Baldauf, Sie werfen Worte wie „Neiddebatten“ und Ähnliches ein. Herr Creutzmann hat es auch ähnlich gemacht. Stehen wir nicht in der Gefahr, dass wir den Boden unter den Füßen verlieren, was wir den Leuten an den Himmel schreiben, was steuerlich alles möglich wäre? Bleiben wir doch mit den Füßen auf der Erde und schauen, was tatsächlich der Hintergrund ist, auf dem wir uns in diesem Land und in dieser Bundesrepublik bewegen.
Mit dem, was Sie den Menschen vorgaukeln, werden Sie unseren Staat und die Zukunftsperspektiven an die Wand fahren. Aber das kümmert Sie nicht. Da ist Ihr Satz, Konsolidierung spielt im Moment keine Rolle, der entlarvende Satz. Ja, wir wissen und haben uns darüber vorhin bei der Armutsdiskussion unterhalten, wie schwierig die Situation für viele unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger tatsächlich ist.
Das Klischee, dass die SPD die Partei wäre, die nur auf Umverteilung und nicht auf Selbstständigkeit setzt, ist unselig. Ich weise auch das zurück.
Die SPD hat in ihrer Zeit der Regierung zusammen mit den Grünen sehr daran gearbeitet, dass Menschen mehr in eigener Verantwortung erledigen können. Wir müssen erkennen, dass Menschen manches auch überfordert, was wir im sozialen Bereich dort bewegt haben. Es ist eine Balance zwischen diesen beiden Polen notwendig.
Ich sage Ihnen dann zum Thema „Klassenkampf“, Herr Creutzmann: Ja, da stehe ich gerne als Sozialdemokrat auf der Seite, die sich dafür einsetzt, dass in Anbetracht der Tatsache, dass die Schere zwischen Arm und Reich in unserem Land in den letzten Jahrzehnten immer mehr auseinandergegangen ist, ein Ausgleich stattfindet und die Armen in diesem Land nicht abgehängt werden.
Das ist zutiefst sozialdemokratische Politik. Diese zeigt sich in diesem Land Rheinland-Pfalz darin, dass wir mit den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, initiativ werden, dass wir Geld für Zukunftsgestaltungen einsetzen, ob im Bereich der Konversion, ob im Bereich der Bildungspolitik und auf anderen Politikfeldern, auch der Sozialpolitik.
Ein Teil der Refinanzierung auf der Bundesebene soll dadurch kommen, dass Sie vorschlagen, wir nehmen von den Mitteln, die die Bundesanstalt für Arbeit zur Verfügung hat, Mittel heraus, und zwar einige Milliarden. Das bedeutet, dass ich dort entsprechende Programme nicht mehr fahren kann, dass beispielsweise Väter arbeitslos sind und dann nicht entsprechend qualifiziert werden können. Wenn wir die Armutsdiskussion von vorhin im Kopfe haben, dann wissen Sie, was dies für Familien bedeutet.
Sie werden nicht erreichen, dass sich die Menschen alle am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen, also das Modell, dass wir plötzlich paradiesische Zustände in Deutschland haben. Das wird nicht funktionieren.
Ich plädiere daher dafür, ein bisschen zurückzunehmen. Natürlich lässt sich im Steuersystem vieles vorstellen, was man vereinfachen könnte. Dann muss man ganz sauber schauen, welche Einnahmeausfälle es nach sich ziehen würde, wie ich es kompensieren kann oder ob ich tatsächlich darauf verzichten kann.
Natürlich ist mir manche Belastung des Mehrwertsteuersatzes bei einem hohen Prozentsatz von 19 % oder 7,5 % so wenig nachvollziehbar wie Ihnen auch, weil es historisch gewachsen ist. Da muss man Stück für Stück schauen.
Nur glaube doch keiner, dass die FDP ihr Steuerkonzept in diesem Hause allein durchsetzen kann, dass die CDU ihr Steuerkonzept in diesem Hause allein durchsetzen kann und dass die SPD ihr Konzept allein verwirklichen kann. Ja, das gehört zur Wahrheit dazu.
Wir sind in der Politik auf Kompromisse angewiesen. Diese müssen für die Zukunft tragfähig sein. Da ist der Weg, den der Ministerpräsident eben noch einmal als Konzept der SPD aufgezeigt hat, ein tragfähiger Weg, weil er dann, wenn die Lohnnebenkosten heruntergehen, für Arbeitsbedingungen bessere Rahmenbedingungen schafft und gleichzeitig insbesondere niedrigere Einkommen entlastet. Es soll über diese vielfältige Diskussion nicht vergessen werden, dass das Ziel dieses Konzepts ist. Insofern bleibe ich bei dem, was ich eingangs meiner Ausführungen gesagt habe:
Es ist vielleicht das mühevollere Konzept, aber es ist das ehrlichere Politikkonzept in dem Steuer- und Abgabengebiet. Deshalb sollten Sie sich mit auf diesen Weg begeben, bei allen Wünschen, die man an einen großen Wurf und an eine einfache Lösung im Steuer- und Abgabenrecht hat. In einer komplizierten Welt sind ganz einfache und vereinfachende Lösungen oft Irrwege, bei denen man Glauben von Menschen weckt, es ginge, was nicht zu erfüllen ist. Daran krankt dann auch die Glaubwürdigkeit von Politik.