Der vorliegende Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist und bleibt eine Zwischenlösung bzw. ein Step bis zu dem nächsten Punkt. Wir werden dem heute im Übrigen zustimmen und sind gespannt auf die weiteren Aktivitäten. Das wird mit Sicherheit eine spannende Geschichte.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist bereits in der letzten Plenarsitzung und im Medienausschuss von allen Fraktionen darüber diskutiert worden, dass es eigentlich angebracht sei, über den Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu diskutieren. Dieser Staatsvertrag ist in aller Munde und in der öffentlichen Diskussion.
Fast täglich werden die Medienpolitiker aus den unterschiedlichsten Interessen heraus mal mehr oder weniger sachlich informiert. Man spürt förmlich, dass es den Beteiligten um etwas Wichtiges geht. Es geht um nicht weniger als um die Medienordnung der Zukunft und nicht nur um die Organisation des Rundfunks. Es geht auch um viel Geld.
Lassen Sie mich dennoch auf den Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag eingehen. Mit diesem Staatsvertrag wird geregelt, dass künftig für Fragen, die in der Aufsicht alle Bundesländer betreffen, eine gemeinsame Kommission für Zulassung und Aufsicht, die ZAK, eingerichtet wird.
Sie wird für die Zulassung bundesweit verbreiteten Rundfunks und die Verteilung neuer Übertragungskapazitäten zuständig sein und wird aus den 14 Vertretern der Landesmedienanstalten gebildet.
Eine weitere wichtige Änderung wird die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich – kurz KEK genannt – erfahren. Hier werden neben den Sachverständigen aus dem Rundfunk- und Wirtschaftsrecht künftig auch Vertreter der Landesmedienanstalten Sitz und Stimme haben. Ich verzichte jetzt auf weitere Erläuterungen zur Änderung der Medienaufsicht. Ich glaube, dies ist in der letzten Plenarsitzung hinreichend dargestellt worden. Ich möchte aber bei meiner Einschätzung bleiben. Mit diesem Staatsvertrag befinden wir uns, was die Medienaufsicht betrifft, auf einem guten Weg, aber noch lange nicht am Ziel. Es ist sowohl in der Plenardebatte als auch in der Ausschussberatung eines deutlich geworden. Wir befinden uns in einem Spannungsfeld
zwischen weiterer Zentralisierung und der zu Recht reklamierten Kulturhoheit der Länder. Auf der einen Seite wird beklagt, dass die parlamentarische Begleitung insbesondere der technischen Entwicklung der Medienwelt unzureichend sei, ja dass die Politik sogar den Takt vorgeben soll. Dies ist eine Vorstellung, die sich bei jedem Besuch einer Medienmesse oder eines Medienforums selbst ins Absurde führt.
Auf der anderen Seite haben wir die Kulturhoheit der Länder, die dazu führt, dass in einem langen Abstimmungsprozess manchmal nur der kleinste Nenner vereinbart werden kann und die Länderparlamente quasi nur noch hopp oder topp entscheiden können. Dies ist ein wahrlich nur schwer aufzulösender Konflikt. Die Vorstellung der SPD-Medienkommission ist daher – ich wiederhole es gern noch einmal – die Gründung einer Medienanstalt der Länder, in der alle Kompetenzen und Verantwortlichkeiten gebündelt werden können. Dies würde auch keinesfalls Landesmedienanstalten in irgendeiner Form überflüssig machen. Im Gegenteil, lokaler Rundfunk, Offene Kanäle oder die Förderung der Medienkompetenz – um nur einige Beispiele zu nennen – verlangen länderspezifische Lösungen. Wie schwierig der Weg dorthin ist und wie groß die Länderinteressen in dieser Frage sind, mag die Standortfrage für bestimmte Einrichtungen belegen, die auch im Rundfunkstaatsvertrag unter dem Motto festgelegt wird: Die KJM ist meine Kommission in Erfurt, und die KEK ist meine Kommission in Potsdam. –
Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen, den ich bei der ersten Beratung nur mit einem Satz gestreift habe. Es handelt sich um die Regelung für digitale Plattformen. Plattformbetreiber haben künftig eine Anzeigepflicht und unterliegen damit einer Aufsicht durch die ZAK. Ähnlich wie die Regelungen für Breitbandkabelnetze werden nunmehr Regelungen für alle drahtgebundenen und drahtlosen Plattformen vorgesehen. Das heißt, vom Regelungsumfang werden die bisherigen Breitbandkabelnetze, neue drahtgebundene Plattformen wie IP-TV und auch terrestrische Plattformen wie Handy-TV erfasst. Neben die Belegungsregelungen treten insbesondere Regelungen zur technischen Zugangsfreiheit, die den diskriminierungsfreien Zugang von Anbietern sichern sollen, sowie Regelungen zu Entgelten und Tarifen in Abstimmung mit der Bundesnetzagentur.
Ausdrücklich ausgenommen im Anwendungsbereich sind jedoch Plattformen in sogenannten offenen Netzen, soweit dort über keine marktbeherrschende Stellung verfügt wird. Hier ist insbesondere das Internet gemeint. Hier gilt auch mein Satz von eben. Wir sind mit dem Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel. Wenn man sich intensiv mit der Entwicklung im Internet und hier insbesondere mit dem Mediennutzungsverhalten von Jugendlichen beschäftigt, braucht man meines Erachtens kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass bestimmte Inhalte im Internet als marktbeherrschend zu deklarieren sein werden. Nicht umsonst tobt der anfangs beschriebene Kampf der Öffentlich-Rechtlichen, der privaten Anbieter und der Zeitungsverleger. Ich würde mir daher wünschen, dass wir alsbald zu einem Medienstaatsvertrag kommen können, in dem alle die erfasst werden, die im Sinne der Begriffsbestimmung eine für die Allgemein
heit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild anbieten. Das sind längst nicht mehr nur die uns heute bekannten. Ein Blick ins Internet lässt uns erahnen, wo die Reise hingeht.
Ich habe eben schon die Entwicklungen auf dem Markt der Multimediakongresse angesprochen. Wenn auch nicht alles zur Marktreife geführt wird, was dort präsentiert wird, ein Trend ist jedoch klar zu erkennen. In absehbarer Zeit werden sich viele von den gewohnten Endgeräten verabschieden. Der PC wird Fernseher, Radio, Telefon und Kommunikation per Mail oder Video alles in einem sein. Das muss uns nicht Bange machen, aber es ruft uns auf, die Spielregeln dieses Mediensystems festzulegen, damit wir das beste Mediensystem in Europa und vielleicht auch in der ganzen Welt erhalten können.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zurücknehmen, was ich in der letzten Plenarsitzung gesagt habe. Ich habe gesagt, dass sich die Veranstalter von Gewinnspielen an die vereinbarten Regeln halten und somit den Vorgaben des heutigen Staatsvertrages entsprechen. Das ist offensichtlich nicht so. Ich habe das vorgestern noch einmal getestet. Eine junge Dame – Moderatorin kann man das nicht nennen – hatte zwar weitgehend auf Kleidung, aber nicht auf dumme Sprüche verzichtet.
Sie hat fast eine halbe Stunde die Zuschauer mit einer einfachen Frage hingehalten, bis just eine Sekunde vor Ende der Sendung ein Zuschauer durchgestellt wurde und angeblich die 1.500 Euro gewonnen hat. Es gab keinen Hinweis auf Jugendschutz, keinen Hinweis auf Telefongebühren und keinen Hinweis auf Spielregeln. Ich hoffe, dass nach Verabschiedung des Rundfunkänderungsstaatsvertrages hier genauer hingeschaut werden kann.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute über den Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Wir haben in der Ausschusssitzung diese Problematik schon einmal ausgebreitet und breit diskutiert. Deshalb will ich die Äußerungen von seinerzeit, die ich gemacht habe, hier nicht noch einmal wiederholen. Dieser Änderungsstaatsvertrag ist durchaus zustimmungswürdig, wobei man allerdings – dies will ich noch einmal anführen – etwas kritisch beleuchten muss, dass durch die ZAK ein Stück Kompetenz bei den Landesmedienanstalten verlorengeht. Herr Kollege Heinrich, ich sehe es nicht ganz so wie Sie, wenn zum Schluss nur noch regionaler Rundfunk und Offene Kanä
Wir müssen uns als Landespolitiker und als Kulturpolitiker – denn Kultur ist eine klassische Länderhoheit, und das ist gut so – eigentlich zu schade sein, dafür die Hand zu reichen. Das ist gar keine Frage.
Wir wissen aber natürlich auch, der technische Fortschritt und die Möglichkeiten, die die Technik ergibt, bedürfen anderer Instrumente. Ein zusätzliches Instrument, das wir jetzt haben, ist die ZAK. Andere zusätzliche Instrumente sind ebenfalls geschaffen worden.
Meine Damen und Herren und Herr Ministerpräsident, es wird erst spannend in den nächsten Staatsverträgen. Ich lese jetzt nicht nur zu meinem Erstaunen, sondern auch ein Stück zu meinem Wohlwollen, dass man wieder eine Deckelung bei Online-Angeboten einführen will. Ich weiß nicht, wie Sie dazu stehen. Das müssen Sie heute auch noch nicht sagen. Ich halte das aber für einen Weg, der gangbar ist; denn man muss sehen, bei dem nächsten Schritt wird es so sein, dass gebührenfinanzierte Öffentlich-Rechtliche in einen unmittelbaren Wettbewerb zu Printmedien und Privaten treten.
Wenn man das mit Gebühren finanziert, ist das eine Sache, die so nicht in Ordnung ist. Hier ist aber insbesondere ein Wettbewerb zu Printmedien und Privaten gegeben, der durchaus eine Verzerrung herbeiführen kann, weil man mit den Gebühren natürlich anders umgehen kann, als Private und Printmedien mit ihren Mitteln umgehen können, weil sie ihre Online-Auftritte selbst erwirtschaften müssen. Sie können sie nicht im Zwangsumlageverfahren einspielen. Das wird ein spannender Punkt werden.
Ein weiterer spannender Punkt wird werden – das will ich Ihnen gern noch sagen; Herr Kollege Heinrich hat vorhin auf die technischen Möglichkeiten hingewiesen –, wie es zum Schluss mit der Gebühr für ein Handy sein wird. Das kann durchaus ein Riesenproblem in der Bevölkerung werden. An dieser Ecke muss aufgepasst werden; denn ich kann mir nicht vorstellen, dass jeder Handynutzer sehr erfreut darüber ist, wenn er nun auf einmal noch Fernseh- oder Rundfunkgebühren bezahlen muss. Das wird eine ganz schwierige Entscheidung sein. Ich kann mir vorstellen, dass das unter Umständen tatsächlich zum ersten Mal den Gebührenzahler auf den Plan ruft.
Die FDP-Fraktion stimmt diesem Änderungsstaatsvertrag zu. Ich habe im Ausschuss einige Bedenken angemeldet, aber man muss durchaus nüchtern sagen, dass dieser Weg ein gangbarer Weg ist. Es muss nur aufgepasst werden, inwieweit die Kulturhoheit Ländersache bleibt, und es muss aufgepasst werden, wie wir insbesondere mit den Online-Auftritten umgehen.
Im Übrigen will ich als Letztes sagen, es wird sehr interessant werden. Wenn ich mich richtig erinnere, liegt das Gebührenaufkommen bei 7 Milliarden Euro. 500 Milli
onen Euro sind Werbegelderaufkommen. Es ist die spannende Frage gestellt, ob man nicht darauf verzichtet. Ich bin sicher, das Programm wird sofort besser werden. Man muss sagen, bei 7 Milliarden Euro sind 500 Millionen Euro ein Einsparbeispiel. Ich will keine Kritik üben. Ich glaube, es ist aber wegen der Qualität zu überlegen, ob man durch einen solchen Schritt nicht ein Stück herausgeht und dann mit Gebührenfinanzierungen ein hochwertiges Programm produzieren kann. Wir erleben teilweise einen Qualitätsverfall, der beachtlich ist.
Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Berichterstatter und die drei Vorredner haben den Sachverhalt, um den es geht, dargestellt.
Ich bedanke mich namens der Landesregierung, dass Sie angekündigt haben, diesem Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zuzustimmen.
Er hat seine eigenständige Bedeutung. Aber es ist wohl wahr, wir schauen alle viel stärker auf das, was in den nächsten beiden Staatsverträgen zu regeln sein wird: einmal die Gebührenfrage und einmal diese generelle Frage, wie wir mit der Digitalisierung umgehen und wie wir entsprechende Marktanteile absichern und gleichzeitig eine Beteiligung des öffentlich-rechtlichen Sektors innerhalb des dualen Systems gewährleisten können, auch im Sinne einer Entwicklungsgarantie für diesen Bereich.
Wir haben dabei – das ist nicht erwähnt worden; ich will es deshalb hinzufügen – das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Auge zu behalten, das uns ausdrücklich eine Beteiligung der öffentlich-rechtlichen Seite vorgegeben hat.
Ich kann in der Tat heute nicht abschließend Stellung nehmen. Wir sind mitten in Verhandlungen und Gesprächen. Der Chef der Staatskanzlei, Herr Kollege Stadelmaier, ist unter anderem heute deshalb nicht anwesend, weil er gerade wieder in solchen Gesprächen ist. Aber ich würde die Prognose wagen, dass es eine Chance gibt, Eckpunkte und Orientierungen jetzt noch vor der Sommerpause in der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz zu verabschieden.
Auf die besonderen Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten der bayerischen Staatsregierung ist insoweit Rücksicht zu nehmen, als man dies nicht so eng fasst, sodass die dortigen Ängste vor dem Lobbyismusdruck zu einer generellen Absage von Entwicklungen führen könnten – ich hoffe, ich habe mich hinreichend undeutlich ausgedrückt –, sodass wir wahrscheinlich erst Ende September zu endgültigen Entscheidungen finden können. Dabei wird eine Reihe der Gedanken, die von Herrn Mittrücker, Herrn Heinrich und Herrn Bauckhage ange
Herr Kollege Bauckhage, ich will nur so viel sagen, dass es eine Überlegung gibt, ob man nicht für einen längeren Übergangszeitraum neben dem Drei-Stufen-Test, den wir aus Gründen der EU-Vereinbarkeit in jedem Fall gelten lassen müssen, und zwar für alles, was angeboten ist, und neben dem Nachweis dieses Public Value, also der Verträglichkeit der Interessensgeleitetheit für die Bürgerinnen und Bürger, eine weitere Bremse in Form einer finanziellen Deckelung vorsieht.
Ich glaube, dies ist keine endgültige Lösung. Aber es könnte eine Lösung für einen gewissen Zeitraum sein, bevor wir Nutzerorientierungen besser erkennen können. Das wird sich am Markt entscheiden. Insoweit ist es schwer, so etwas vorherzubestimmen. Deshalb kann ich mir durchaus einen solchen Weg vorstellen. Als Hinweis auf die Frage von Ihnen: Ja, über einen solchen Weg redet man derzeit auch mit den öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten. – Zumindest was das ZDF angeht, kann ich sagen, dass dort die Türen zugeschlagen sind, was einen solchen Gedanken anbelangt.
Über die Frage der Handynutzung für eine besondere Form des Fernsehempfangs und fernsehähnlicher Inhalte wird man reden müssen, nicht zuletzt auch bei der grundsätzlichen Orientierung, wie wir Gebühren in Zukunft finden wollen. Da haben wir uns jetzt langsam auf Modelle eingeengt und untersuchen Modelle. Da wird man eine Frage mit untersuchen müssen. Aber man darf immer sagen, es wird in jedem Fall die Mehrgeräteregelung gelten, sodass man schon davon ausgehen kann, dass jemand, der das Handy so intensiv nutzt, im Regelfall auch andere mediale Empfangsgeräte haben wird, sodass nicht das Handy eine Gebühr auslöst, sondern sich die Gebühr aus der Tatsache, dass man Empfangsgeräte hat, bestimmt. Aber da müssen wir uns noch bewegen.
Für heute kann man sicher sagen, dass dieser Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag für sich genommen eine erhebliche Bedeutung hat, aber dass zwei größere Schritte demnächst zu entscheiden sein werden.
Vielen Dank für die kollegiale Art der Beratung dieser gar nicht so kontrovers in diesem Hause gesehenen Themen.
Wir kommen zur unmittelbaren Abstimmung über den Gesetzentwurf. Wer dem Gesetzentwurf – Drucksache 15/2149 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz