Protocol of the Session on April 17, 2008

dann müssen dies die Verträge sicherstellen. Es gibt bestimmte Zertifizierungen. Da sollte man sich beim örtlichen Versorger erkundigen. Es gibt nationale Börsen, die darstellen, welcher Ökostrom zertifizierter und sicherer Ökostrom ist. Wenn Sie dem nachgehen, können Sie sicher sein, wenn Sie 100 % Ökostrom bestellen, dass Sie auch 100 % Ökostrom bekommen. Die Frage ist, woher. Es ist eine Diskussion, ob das schon allein eine Strategie ist oder man nicht schauen sollte, wo dieser Ökostrom hergestellt ist.

Ich bin der Meinung, dass man mit der Nachfrage nach Ökostrom auch immer den Ausbau der erneuerbaren Energien bei uns im Land unterstützen soll. Mir wäre es ein bisschen einfach, nur zu sagen, ich beziehe Ökostrom und den gegebenenfalls aus den Wasserkraftwerken in Skandinavien oder der Schweiz, ohne gleichzeitig hier den Ausbau zu unterstützen. Stadtwerke machen z. B. solche Angebote, bei denen dies unmittelbar mit dem regionalen Ausbau verbunden ist.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Schreiner.

Frau Ministerin, der Herr Ministerpräsident spricht von einer – ich habe es zitiert – geraumen Übergangszeit. Wie viel Jahre sind das minimal und maximal? Mit wie viel Jahren müssen wir rechnen, in denen Ihrer Meinung nach in Rheinland-Pfalz Steinkohlekraftwerke gebaut und betrieben werden sollen? Wie viele Jahre genau?

Sie können das verschiedenen Studien entnehmen, die Ihre und meine Bundeskanzlerin vorgestellt hat.

(Zurufe von der CDU: Oi!)

Ja, bitte schön.

Das können Sie gerne entnehmen. Da sind Szenarien enthalten. Das können Sie sich ausrechnen.

Ich bin im Übrigen der Meinung, dass es schneller geht als das, was bisher in den Studien beschrieben wird, d. h. dass im Jahr 2050 über 50 % an erneuerbaren Energien die Energieversorgung sicherstellen. Der Rest wird über hoch effiziente Kraftwerkstechnologie, auch auf der Grundlage fossiler Brennstoffe, erbracht werden.

Es ist gar nicht notwendig, dass wir in Deutschland komplett aus den fossilen Energien aussteigen. Ich habe daran erinnert. Das ist im Übrigen auch nicht die Meinung von renommierten Wissenschaftlern wie Professor Schellnhuber. Das ist nicht gefordert, sondern wir müssen Versorgungssicherheit auch über eine Diversifizierung in den Brennstoffen und den Bezugsländern sicherstellen.

Wir können nicht nur auf einen Brennstoff setzen. Das alles muss mitbedacht werden, weil wir ansonsten, wenn wir z. B. nur auf einen Brennstoff setzen würden, einen Beitrag dazu leisten würden, dass die Gaspreise, die sowieso exorbitant steigen, aufgrund der starken Nachfrage noch einmal angetrieben würden, und zwar nach oben. Das kann nicht im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher sein. Das kann auch nicht im Interesse eines wettbewerbsfähigen Industriestandorts sein.

Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Langner.

Frau Ministerin, ich frage Sie noch einmal. Halten Sie es für möglich, dass mit dem Bau neuer Kohlekraftwerke Gesundheitsgefahren für die Bevölkerung entstehen?

Herr Abgeordneter Langner, dies ist eine Frage, die z. B. im Genehmigungsverfahren des Kraftwerks Mainz abschließend geprüft wird. Allgemein muss man betrachten, woher wir kommen und wo wir heute stehen. Ich habe auf die sehr anspruchsvollen Normen hingewiesen, die eingehalten werden müssen, im Übrigen auch bei der Genehmigung eines Kohlekraftwerks in Mainz.

Ich betrachte mir z. B. – diese Zahlen können Sie gerne mitnehmen –, wie sich die Emissionslage in Mainz, was Feinstäube betrifft, entwickelt hat. Das sind Zahlen, die – ich sage es ganz deutlich – eigentlich der Umweltdezernent der Stadt Mainz vorlegen müsste. Es ist seine Aufgabe in der Begleitung einer solchen Großinvestition. Ich habe mir herausgesucht, welche Großemittenten durch Stilllegungen seit dem Jahr 2000 in Mainz vom Netz gegangen sind bzw. die Produktion eingestellt haben und welche Staubminderungen damit einhergehen.

Das Kohlekraftwerk in Mainz wurde 2000 stillgelegt, darüber hinaus die Glashütte in Budenheim. Wenn man dann noch die Zementbrennanlage von Heidelberger Zement mit betrachtet, dann haben wir seit dem Jahr 2000 allein durch diese Großemittenten eine Verringerung an Staubbelastung in Mainz von 146 Tonnen. Es gäbe noch mehr zu nennen. Das waren jetzt lediglich drei Großemittenten gewesen.

Der Zuwachs, der durch ein mögliches Kohlekraftwerk entstehen würde, so ausweislich der Genehmigungsunterlagen, die Sie kennen, würde 50 Tonnen1 ausmachen, also ein Drittel dessen, was allein durch die drei Großemittenten seit 2000 zurückgeführt worden ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage dies nur beispielhaft, um vielleicht einen Beitrag dazu zu

1 Siehe Anlage

leisten, dass sich die Diskussion etwas versachlicht. Das hat sie verdient, und dies ist auch dringend notwendig.

(Beifall der SPD)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Baldauf.

Frau Ministerin, welche Art der Stromerzeugung ist CO2mindernder: Atomstrom, Gasstrom oder Kohlestrom?

(Zurufe von der SPD)

Durch die Geräuschkulisse habe ich den Anfang Ihrer Frage akustisch nicht verstanden.

Ich wüsste gerne von Ihnen, welche Energiegewinnungsform die CO2-neutralste ist: Atomstrom, Gasstrom, Kohlestrom?

Die Antwort können Sie sich selbst geben. Das wissen wir doch. Das ist doch eine Suggestiv- oder opportunistische Frage. Es ist vollkommen klar. Es geht nicht darum, nur bestimmte Energieformen miteinander zu vergleichen.

(Unruhe im Hause)

Ich muss sagen, diese Frage demaskiert die Simplizität in der Argumentation, wie Sie glauben, mit solchen Großinvestitionen in Rheinland-Pfalz umgehen zu können, Herr Baldauf.

(Beifall der SPD – Zuruf des Abg. Licht, CDU)

Es kann doch wohl nicht wahr sein. Nach Ihrer Logik müsste doch dann 100 % Atomstrom in Zukunft die Klimaschutzziele erfüllen. So etwas ist schlichtweg unsinnig.

(Unruhe im Hause)

Meine Damen und Herren, es liegen noch einige Wortmeldungen vor, und zwar von Herrn Creutzmann, Herrn Eymael, Herrn Baldauf, Herrn Maximini und Herrn Schreiner.

Frau Staatsministerin, Atomstrom wird beendet, Kohlekraftstrom wird bekämpft, und die Fachleute sagen, wir bekommen ein großes Defizit in der Stromversorgung und müssten Strom importieren.

Dabei stellt sich natürlich das Problem, dass wir dort keinen Einfluss auf unsichere Kraftwerke haben. Wäre es nicht besser, den Strombedarf bei uns annähernd mit immissionsfreundlichen Kraftwerken zu decken, als Strom aus nicht so immissionsfreundlichen Kraftwerken zu importieren?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Creutzmann, zunächst einmal ist zu sagen, dass ich eine Stromlücke nicht sehe. Ich will aber darauf aufmerksam machen – das ist schon eine sehr ernst zu nehmende Diskussion –, dass man auch hinterfragen muss, welche Absicht hinter manchen Protesten steht, wie wir sie bundesweit und jetzt exemplarisch in Mainz erleben. Ich habe gerade mit Freude vernommen, was jetzt schon in Germersheim vonseiten der CDU angetextet worden ist. Was steht eigentlich hinter der Absicht, eine solche Kampagne gegen hoch moderne Kohletechnologien zu reiten?

Ich gebe Ihnen auf die Frage auch die Antwort. Ganz offensichtlich ist, dass man natürlich den Boden dafür bereiten will, dass nach 2009 oder später Entscheidungen getroffen werden müssen oder erzwungen werden, wonach die Laufzeit für die Atomkraftwerke zu verlängern ist. (Beifall der SPD – Pörksen, SPD: So ist es! Richtig!)

Das ist die Politik, die dahintersteht. Dies sehen wir allenthalben, und dies bundesweit.

Ich sage aber deutlich, dazu gibt es keinen Konsens. Der Atomausstieg ist beschlossene Sache. Die Große Koalition steht dazu. An dieser Stelle gibt es keine anderen Mehrheiten. Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb muss auch konsequenterweise das umgesetzt werden, was beim Energiegipfel, zu dem die Kanzlerin eingeladen hat, vereinbart wurde: nämlich die Ertüchtigung des veralteten Kraftwerksparks. Das ist mit der Kanzlerin auch so vereinbart. Ich bin bei einem der Gespräche dabei gewesen. Das war vernünftig und notwendig.

Man muss deutlich machen, dass das eine die Politik ist, wie sie in der Großen Koalition in Berlin vereinbart worden ist. Andererseits versucht man hier vor Ort, das zu unterlaufen. Das nennt man Doppelstrategie, aber im ganz üblen Sinne, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Natürlich haben Sie recht. Grundsätzlich ist es absolut richtig, dass hoch effiziente Kraftwerke besser bei uns gebaut werden sollten, als dass wir als die größte Wirtschaftsnation im europäischen Raum – das muss man sich vorstellen – von einem Energieexportland zu einem

Energieimportland im Hinblick auf den Strom werden. Das wäre absurd und zeigt, wie hoch riskant die Strategie ist, die momentan vor Ort gefahren wird.

Ich erteile Herrn Kollegen Eymael für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, wie viele Kohlekraftwerke an welchen Standorten mit welcher Leistung sind derzeit in Rheinland-Pfalz in der Planung, und werden die von der Landesregierung alle unterstützt?

Zu der Frage, welche sich in Planung befinden: Es gibt nur einen einzigen Standort, der momentan konkret in der Planung ist und sich im Genehmigungsverfahren befindet. Aus der Presse und auf Nachfragen gestützt habe ich entnommen, dass in Germersheim auf der Insel Grün auch Absichten von EnBW bestehen. Vor Ort ist darüber wohl auch dem Stadtrat in vertraulicher Sitzung berichtet worden.

Herr Eymael, bemerkenswert ist aber auch, dass sich gerade über die Grenze hinweg in Sichtweite von Wörth in Karlsruhe ein Kohlekraftwerk in der Genehmigungsphase befindet. Der Erörterungstermin ist schon lange abgeschlossen. Es steht jetzt kurz vor der Genehmigung. Dabei handelt es sich um ein Kohlekraftwerk in derselben Größenordnung, wie es jetzt für Mainz geplant wird, nämlich 800 MW und 200 MW Auskopplung von Wärme.

Ich habe überhaupt nicht gehört, dass es in der Südpfalz, wie jetzt in Germersheim, vom Abgeordneten Dr. Gebhart jemals Proteste gegenüber Baden-Württemberg gegeben hat, weil direkt in dem Einzugsbereich ein so großes und „gesundheitsschädliches“ – das geht aus der Frageformulierung hervor – Kohlekraftwerk entsteht, das selbstverständlich genauso die Immissionslage in Rheinland-Pfalz beeinflusst, als wenn es in Germersheim stehen würde.

Ich erteile Herrn Kollegen Baldauf für eine Zusatzfrage das Wort.

Frau Ministerin, wie meinen Sie in Zukunft verhindern zu können, dass im Energiemix, im Strommix, der bei uns aus der Steckdose kommt, künftig Atomstrom aus ausländischen Atomkraftwerken eingespeist wird?

(Frau Mohr, SPD: So fragen Kinder in der ersten Grundschulklasse!)

Ich will mich nicht auf den Zwischenruf beziehen. Sie wissen, dass das auch eine Frage ist, die im Gesamtkonzept ehrlich gesagt ein bisschen die Ernsthaftigkeit vermissen lässt.