Ich glaube, man muss bei solchen Fragen solche Linien aufzeigen. So sind beispielsweise die großen Orchester in den USA vielfach von Menschen aus dem Musikantenland gegründet worden. Man kann daraus lernen, dass Menschen, die herkommen, befruchtende Wirkung auf eine Gesellschaft haben und uns insgesamt auch kulturell weitertragen können. Das muss gelingen.
Meine Damen und Herren, es ist nicht allzu lange her seit dem großen Brandunfall in Ludwigshafen, der uns alle erschrocken hat. Uns hat aber auch erschrocken gemacht, wie dünn dieser Film in der öffentlichen Wahrnehmung ist und wie leicht sich Emotionen schüren lassen, die innerhalb der Bevölkerungen Ängste und Ablehnung heraufbeschwören und zu Ausländerfeindlichkeiten zwischen verschiedenen Kulturen führen, Gräben aufreißen und nicht Brücken über Gräben bauen. Auch das zeigt uns die Notwendigkeit, dass wir uns in einer Enquete-Kommission inhaltlich und intensiv mit einer Weiterentwicklung dieser Verhältnisse beschäftigen.
Lassen Sie mich kurz einige Fakten nennen, die teilweise in dem Einsetzungsantrag aufgeführt sind. Wir haben in etwa einen Bevölkerungsanteil mit Migrations- und Integrationshintergrund von 17,5 %. Bei den Jüngeren sind die Prozentzahlen deutlich höher. In den Ballungsräumen, je nachdem, wohin man geht, liegen die Prozentzahlen zwischen 30 % und 40 %. Wir reden über ganz nennenswerte Anteile unserer Gesellschaft.
Wir müssen natürlich schauen, wie wir es hinbekommen können, dass jetzt und in Zukunft die Teilhabe, die ich vorhin eingefordert habe, auch umgesetzt wird. Es gibt das, wie ich meine, sehr erfolgreiche Integrationskon
Darüber hinaus gibt es in den Kindertagesstätten und Schulen die verschiedensten Förderprojekte, wie z. B. die Sprachförderung, die wir intensiviert haben, und das Lernen ganz von Anfang an. Ich erinnere an die Patenschaftsmodelle für Familien aller Art, aber auch für Migrantinnen und Migranten, die mit dazu beitragen, dass man gegenseitig besser versteht, wie unsere Gesellschaft überhaupt funktioniert.
Es gibt die Beauftragten für Migration und Integration, die eine gute Arbeit gemacht haben. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei der ersten Beauftragten für Migration, Helga Gerigk, und Maria Weber, die vor Kurzem ihr Jubiläum feiern konnte, herzlich für die Arbeit zu bedanken, die mit einem kleinen Stab durchgeführt wird. Sie setzt immer wieder Impulse und führt Gespräche mit dem Landesbeirat und denen, die sich örtlich engagieren.
Gestern haben wir einen Gesetzentwurf über die Einrichtung von kommunalen Beiräten für Migration und Integration eingebracht. Wir werden die Regelungen anders treffen. Es wird noch eine Anhörung stattfinden. Ich glaube aber, es gibt einen Grundkonsens, dass wir uns dahin entwickeln, dass alle, die sich dort engagieren, auch Beteiligungsrechte haben sollen. Das ist ein weiterer Mosaikstein dafür, wie wir mit Menschen mit Migrationshintergrund umgehen.
Der zweite Integrations- und Zuwanderungsbericht wurde im Dezember des letzten Jahres vorgelegt. Wir sehen viele Zwischenschritte und Vieles, was auf den Weg gebracht worden ist. Wir werden bei dieser EnqueteKommission sicherlich auch den Blick ein wenig über das Land hinausschweifen lassen, um zu erfahren, was woanders wie funktioniert.
Man muss nicht alles selbst erfinden. Man kann manches besser machen. Eine Enquete-Kommission dient dazu, dass man das bündelt und sich ein Parlament intensiv mit einer Frage über einen längeren Zeitraum – sicher über das nächste Jahr hinweg – mit diesen Fragen auseinandersetzt und Erkenntnisse gewinnt, die wir dann auch in praktische Politik umsetzen wollen.
An dieser Stelle danke ich Frau Malu Dreyer, die als zuständige Ministerin – es ist eine übergreifende Aufgabe, aber sie ist diejenige, die den Antrieb steuert – schon in den letzten Jahren viele Impulse gegeben hat, damit Integration in Rheinland-Pfalz kein Fremdwort ist. Wir müssen das Thema praktisch bearbeiten und es als Chance begreifen, damit die Menschen, die in Rheinland-Pfalz leben, auch integriert arbeiten und sich entwickeln können. Das sollte das Anliegen von Politik sein, und zwar für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger in Rheinland-Pfalz.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion! Nach den Einlassungen von Herrn Hartloff kann man gar nicht mehr viel an dem Anliegen kritisieren. Wir haben uns gestern auf der Fachebene schon ein Stück weit hinsichtlich des Antrags verständigt.
Trotzdem will ich feststellen, dass wir im letzten Jahr eine Regierungserklärung von Frau Dreyer zu diesem Themenkomplex gehört haben. Damals mussten wir feststellen, dass sie doch die Integrationspolitik und die damit zusammenhängenden Probleme und Aufgaben für das Land ein Stück weit durch die rosa Brille – ich glaube, so habe ich es damals bezeichnet – betrachtet hat.
Wir sehen in dieser Enquete-Kommission ein Zugeständnis der Regierungsfraktion, indem sie sagt, dass es doch noch Dinge gibt, die wir gemeinsam erörtern und bei denen wir uns auf den Weg begeben sollten, Lösungen zu finden.
Herr Hartloff, Sie haben zu Recht gesagt, wir müssen nicht nur in die Zukunft schauen, sondern haben bereits ein Datenfundament, ein rechtliches und ein tatsächliches Fundament. Das will ich nicht in Zweifel stellen. Sie haben auch den Zuwanderungsbericht der Landesregierung erwähnt. Hierbei handelt es sich um ein zweijähriges Werk, in dem alle Daten, die wir brauchen, und auch die gesetzlichen Grundlagen erfasst sind. Das ist ein sehr umfängliches und aussagekräftiges Werk.
Wir haben aber auch – das will ich ausdrücklich sagen – die Beauftragte. Sie ist nicht mehr so selbstständig und unabhängig, wie sie es früher war, sondern in ein Ministerium eingegliedert. Vielleicht kommen wir im Zusammenhang mit der Enquete-Kommission auch noch einmal auf diese Frage zu sprechen.
Sie haben auch gesagt – das unterstreiche ich ausdrücklich gleich zu Beginn –, dass wir analysieren wollen, was hinsichtlich der Frage, was bisher im Land gelaufen ist, passiert ist, und ob das alles sinnhaft und zielführend war, oder ob nicht Dinge verbessert werden können. Sie haben gesagt, man will über den Tellerrand schauen und sehen, ob das, was in anderen Bundesländern oder vielleicht auch beim Bund angedacht ist, anders oder besser gemacht werden kann.
Das findet unsere ausdrückliche Zustimmung. Es muss auch eine Analyse sein. In den letzten Monaten haben wir im Parlament und in den Ausschüssen deutlich gemacht, dass es noch Fragen gibt.
Der Antrag – es handelt sich um einen gemeinsamen Antrag – geht auf viele Fragen ein. Ich glaube, dass die Enquete-Kommission im Laufe der Debatte noch auf das eine oder andere stoßen wird.
Ich möchte ganz am Anfang mit anführen, dass nicht dezidiert erwähnt ist, wie es um die Besetzung oder die Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund in Rheinland-Pfalz z. B. im öffentlichen Dienst bestellt ist, d. h. wie die Arbeits- oder Einsatzmöglichkeiten sind. In diesem Zusammenhang denken wir auch an die Gremien. Des Weiteren stellt sich die Frage, wie der Religionsunterricht, der bisher nur modellhaft in Ludwigshafen-Pfingstweide an Schulen angeboten wird, weiter vorangetrieben werden soll.
Ich denke, es fehlt auch noch das eine oder andere, aber das kann sich im Laufe der Debatte noch weiterentwickeln.
Ich will auch sagen, dass es uns als CDU-Fraktion darauf ankommt, dass ganz dezidiert noch einmal gesagt wird, dass das Erlernen der deutschen Sprache, die persönliche Verfügbarkeit der Deutschkenntnisse eine absolut unverzichtbare Voraussetzung ist, um sich als Migrant und Migrantin, als Mensch mit entsprechendem Hintergrund integrieren zu können. Deswegen sollte sich die Frage der Sprachkenntnisse wie ein roter Faden durch die Arbeit der Enquete-Kommission ziehen.
Wichtig ist uns auch die Akzeptanz der Mehrheitsgesellschaft – wie man heute so technokratisch sagt –, Ihrer und unserer Geschichte, unserer Grundwerte und der Kultur, die wir als Deutsche über Jahrhunderte aufgebaut haben. Sie muss ein Fundament für diejenigen sein, die hierherkommen. Wichtig ist uns, dass sie sich mit dieser Kultur auseinandersetzen müssen.
Ich möchte auf die Frage der schulischen Voraussetzungen hinweisen; denn Bildung – das wissen wir inzwischen alle – ist die Voraussetzung für wirkliche Teilhabe, weil nur sie gewährleistet, dass man für sein Leben selbst verantwortlich zuständig sein kann.
Sie haben in Ihrem Ursprungsantrag die Familien, die Frauen, die Männer und die älteren Menschen schon erwähnt. An dieser Stelle vielleicht der Hinweis, dass gestern Abend beim Landesmusikrat Herr Professor Dr. Pfeiffer vom Kriminologischen Institut in Hannover anwesend war. Er hat ein paar interessante Ansätze gegeben, nicht nur zur Frage der Musik.
Er hat sich mit Migrantenkindern, vor allem mit Jungen, auseinandergesetzt und auf ihre benachteiligte Teilhabe im System, ihren erhöhten Medienkonsum, die Gewalt, die sie in ihren Familien erleben, hingewiesen. Damit würden sie in ihrer schulischen Entwicklung behindert. Bei den Mädchen – das habe ich hier schon mehrfach gesagt; ich will es noch einmal sagen – liegt natürlich eine ähnliche Situation vor. Es steht nicht ausdrücklich darin, dass es nicht nur wie unter Punkt 6 genannt um die gegenwärtige Situation geht, sondern auch um die vertiefte Betrachtung von Gewalterfahrungen, von Ausgrenzung, die mit Religion oder mit Familienstrukturen zu tun hat.
Die Gewährung von Gleichstellung und -berechtigung ist ein Grundrecht bei uns. Ich denke, auch darauf muss ein ganz besonderes Augenmerk gelegt werden.
Ich will zum Schluss unter Punkt 10 auf die ursprünglich dort vorgesehene Frage, dass man sich mit dem interreligiösen Dialog auseinandersetzen wollte, etwas sagen. Karl Kardinal Lehmann hat einmal ausdrücklich gesagt und dies auch niedergeschrieben – ich habe es extra mitgebracht, da es jetzt nicht mehr so im Gedächtnis ist –, dass sich der Staat zwar für diese Frage interessieren dürfe, aber aus dem interreligiösen Dialog herauszuhalten habe. Das sei eine Frage der Religionen allein. Ein anderer habe sich nicht einzumischen. – Wir haben uns sehr dabei zurückgenommen.
Ich denke, die Grundlage ist in Ordnung. Wir sollten uns viel Erfolg bei der Arbeit in dieser Enquete-Kommission wünschen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich als Vertreter der FDP, dass der ursprünglich von uns geäußerte Wunsch auf Einsetzung einer EnqueteKommission durch die SPD aufgenommen und bearbeitet wurde, sodass wir jetzt über den gemeinsamen Einsetzungsbeschluss zu diskutieren haben.
Ich bin froh, dass wir uns gestern auch auf die Inhalte des Einsetzungsbeschlusses in einem sehr konstruktiven Klima, das für die weitere Arbeit Mut macht, einigen konnten.
Dies gilt auch, weil es sich um ein besonders brennendes Thema handelt, ein Thema, das politisch und gesellschaftspolitisch brisant ist, auch in Rheinland-Pfalz. Hier gibt es kein Berlin-Kreuzberg und keine Stadtteile, die insgesamt von Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund dominiert sind, aber auch wir haben Bereiche, die man unter dem Stichwort „Gettoisierung“ zutreffend beschreiben könnte. Das ist ein Teil des Untersuchungsauftrags.
Meine Damen und Herren, ich nutze die Gelegenheit, fast schon stereotyp, das zu sagen, was uns als FDP bei den Integrationsgrundbedingungen am wichtigsten erscheint. Das ist von oben nach unten die Teilhabe am Arbeitsmarkt, basierend auf der Teilhabe im Bereich Ausbildung. Diese wiederum basiert auf einer adäquaten Schulqualifikation, die nicht funktionieren kann, wenn nicht die entsprechende Sprachkompetenz die unverzichtbare Grundlage bildet.
Es ist – in diesem Zusammenhang ein Lob an die Landesregierung – in Rheinland-Pfalz schon sehr viel geschehen, allerdings gibt es eine fast schon unübersehbare Fülle von Programmen und Ideen, die verwirklicht wurden, die sicherlich nicht alle bis ins letzte Detail evaluiert und auf ihre Effizienz hin überprüft werden können. Auch dazu wird die Enquete-Kommission Gelegenheit bieten.
Unbedingt wichtig ist, dass dieses Klima, das meine Vorredner mit einer unterschiedlichen Gewichtung beschrieben haben, die differenzierte Auseinandersetzung mit diesem Thema, in der Hoffnung, dass wir uns tatsächlich nicht verleiten lassen, multikulturistisch oder stammtischlerisch unterwegs zu sein, zum Tragen kommt. Ich sehe die Gefahr an sich nicht, aber man muss wissen, dass die Enquete nur dann Sinn macht, wenn man sie dem Grundtenor folgend seriös und differenziert betreibt.
Deshalb freue ich mich auch, dass in dem Einsetzungsbeschluss mit den Anmerkungen der CDU und der FDP ein bisschen mehr Problematisierung und damit auch Realitätssinn Einzug gefunden hat und die SPD dem auch gefolgt ist, sodass wir nicht Gefahr laufen, in eine Art Lobeshymne für Erbrachtes und noch zu Erbringendes zu starten, weil das dem Einsetzungsbeschluss und auch der Aufgabe der Enquete im Grunde zuwiderliefe.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auch, dass jenseits des schriftlich Niedergelegten gestern Übereinstimmung bei den Parlamentariern bestand, dass wir jenseits des fein ziselierten Einsetzungsbeschlusses auch Raum für Fragen lassen, die vielleicht ein wenig darüber hinausgehen. Dann allerdings werden wir es sicherlich mit dem ursprünglich ins Auge gefassten Endtermin 2009 nicht schaffen. Wenn wir den Auftrag sehen, den wir uns selbst gestellt haben, dann kann einem für die Legislaturperiode schon Angst und Bange werden, aber die Problemlösungen dulden keinen Aufschub.
Ich darf jetzt die reichlich verbleibende Redezeit nutzen, um an unseren Musikantenländler anzuschließen. Herr Kollege, ich komme aus der Eifel. Ich glaube, der Kulturschock von Anatolien nach Wolfsburg war nicht größer als der von Gevenich nach Köln.
Als ich zum ersten Mal vor mehrspurigen und sich übereinander windenden Betonalleen und Straßen mit bunten Lichtern in rot, gelb und grün an der Seite gestanden habe, war ich auch nicht weniger als komplett verwirrt. Dass Hochdeutsch meine erste Fremdsprache war, trägt auch zu diesem Gesamtbild bei.
Mit etwas größerer Ernsthaftigkeit erinnere ich an das Thema und das Stichwort „Interreligiöser Dialog“, wie in unserer Heimat etwas überwunden worden ist, wahrscheinlich in ganz Rheinland-Pfalz, das in meiner Jugend das Miteinander noch belastend geprägt hat, Frau Kollegin Kohnle-Gros.
Das war ein hasserfülltes Nichtaufeinanderzugehen, eine hasserfüllte Auseinandersetzung unter christlichen Religionen, die sich an sich vom Grundverständnis her hätten damals schon einhaken müssen. Dass das funktioniert hat, diese dunklen Seiten zu überwinden, sollte uns auch Mut machen, dass wir im Bereich der Integration voranschreiten.