Protocol of the Session on February 28, 2008

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst einmal bedanke ich mich herzlich dafür, dass diese Aktuelle Stunde beantragt worden ist; denn dies bietet noch einmal die Möglichkeit, die Konsolidierungserfolge insbesondere der beiden letzten Jahre ins rechte Licht zu rücken. In der Tat ist dies in der öffentlichen Darstellung und Kommentierung des Rechnungshofsberichts etwas kurz gekommen. Dies gilt nicht für den eigentlichen Rechnungshofsbericht, denn dort steht es sehr differenziert, aber öffentlich herübergekommen ist – dies war auch der Anlass für das Interview, dass ich zu diesem Thema gegeben habe – relativ pauschal, dass sich im Grunde genommen nichts verändert hat. So ist es öffentlich angekommen.

Dies ist nicht der Fall, und dies steht im Übrigen auch nicht im Rechnungshofbericht. Aber wenn öffentlich der Eindruck erweckt wird, es habe sich nichts verändert und die Situation sei nach wie vor schwarz in schwarz und dramatisch, ist es natürlich notwendig, noch einmal sehr präzise darzustellen, wo wir stehen.

Schauen wir uns einmal die beiden letzten Jahre an. Es ist in der Tat richtig, dass wir auf der Einnahmenseite bei den Steuern weit höhere Steuermehreinnahmen bekommen haben, als zuvor eingeplant waren. Dies hat teilweise die ausfallenden Steuern der Jahre 2001 bis 2005 kompensiert, aber wir sind noch nicht wieder auf einem Pfad, bei dem wir vom Jahr 2000 an normale

Steuereinnahmensteigerungen von im Schnitt etwa 3 % oder 3,25 % hätten. Das ist das, was sich aus der nominalen Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts bei konstanter Steuerquote ergibt. Auf diesem Pfad sind wir noch nicht wieder angelangt. Das heißt, das, was wir an Steuermehreinnahmen zu verzeichnen hatten, ist sozusagen nur spiegelbildlich in etwas abgeschwächter Form die Reaktion auf die Jahre 2001 bis 2005 bei den Steuereinnahmen.

Wir hatten im letzten Jahr 1,76 Milliarden Euro mehr Steuern als im Jahr 2005. Was haben wir damit gemacht? – Wir haben dieses Geld teilweise für die notwendigen Steigerungen im Haushalt ausgegeben, die im Übrigen, wie soeben zu Recht angemerkt worden ist, unterhalb der Inflationsrate lagen. Das heißt, real ist das Haushaltsvolumen – wie übrigens in den letzten zehn Jahren generell – weiter abgesenkt worden.

Wir konnten in den letzten zehn Jahren Steigerungsraten verzeichnen, die im Durchschnitt weit unter der Inflationsrate lagen. Das heißt, wir haben die Ausgaben des Landes in den letzten zehn Jahren real deutlich abgesenkt, also von der Ausgabenseite her konsolidiert.

1,3 Milliarden Euro der Steuermehreinnahmen sind für die Konsolidierung verwendet worden. Demnach sind über 70 % der Steuermehreinnahmen in die Haushaltsverbesserung geflossen. Dementsprechend hat sich die Haushaltssituation im Jahr 2007 gegenüber der Situation im Jahr 2005 in der Tat dramatisch verbessert.

(Licht, CDU: Dramatisch verbessert? – Heiterkeit des Abg. Licht, CDU – Bracht, CDU: Aber nicht dank Ihrer Leistung, sondern dank Ihrer Steuererhöhung!)

Na ja, ich drücke es vielleicht noch in Prozentsätzen aus, dann ist es etwas einfacher. Das Wort „dramatisch“ ist vielleicht für einen drögen Finanzer ein unangemessener Begriff. Jedenfalls hat sich unsere Situation massiv verbessert mit dem Ergebnis, dass wir einschließlich der Landesbetriebe, aber ohne den Pensionsfonds, eine Kreditaufnahme von 492 Millionen Euro hatten, die wir übrigens auch ohne Vermögenserlöse und ohne Rücklagenbildung gehabt hätten. Wir haben die Rücklagenbildung nur gemacht, um exakt die Vermögenserlöse wieder zu neutralisieren, damit nicht der Eindruck erweckt wird, der Haushalt sei schon fast ausgeglichen. Hätten wir die Rücklage nicht gebildet, hätten wir nämlich nur eine Kreditaufnahme in Höhe von 238 Millionen Euro gehabt, und alle Welt hätte geglaubt, dass wir schon fast am Ziel seien. – Nein, das sind wir nicht, weil 254 Millionen Euro auf Vermögenserlösen beruhten. Durch die Rücklagenbildung ist dieser ansonsten mögliche falsche Eindruck auch vermieden worden. 492 Millionen Euro sind dennoch bereits weniger als 2 % unseres Schuldenstandes.

Nun gibt es Konzepte der Nachhaltigkeit, bzw. der nachhaltigen Haushaltsführung. Die Bertelsmann-Stiftung zum Beispiel beschäftigt sich mit dem Thema „Sind Haushalte nachhaltig?“, sprich, kann man so weitermachen wie bisher, ohne dass man auf Dauer in immer größere Schwierigkeiten kommt. Da gibt es einen relativ einfachen Indikator: Die Schulden dürfen nicht schneller

steigen als die Einnahmen. – So wird Nachhaltigkeit üblicherweise definiert: Die Schulden dürfen nicht schneller steigen als die Einnahmen. Dann bleibt nämlich auch das Verhältnis aus Einnahmen und Schulden konstant.

Wir hatten also in den Jahren 2001 bis 2005 keine nachhaltige Politik, weil die Schulden schneller als der Trend der Einnahmen gestiegen sind. Der Trend der Einnahmen liegt bei 3 % bis 3,25 %.

(Bracht, SPD: Das ist eine sozialdemokratische Definition!)

Nein, das ist zum Beispiel Bertelsmann, sicherlich keine sozialdemokratische Einrichtung, um es einmal vorsichtig auszudrücken.

Wir haben eine Zunahme der Schulden um weniger als 2 %. Nachhaltig wäre der Haushalt – ich sage nicht zufriedenstellend, sondern nachhaltig – bei etwa 800 Millionen Euro Kreditaufnahme. Unter 800 Millionen Euro Kreditaufnahme verbessern sich die Relationen im Haushalt, Schuldenstand zu Haushalt, Schuldenstand zu Einnahmen, Zinsaufwand zu Steuereinnahmen usw. Über 800 Millionen Euro verschlechtert sich dies. Das heißt, unter 800 Millionen Euro Kreditaufnahme sind wir grundsätzlich auf dem Weg der Besserung, was die Haushaltsstruktur angeht.

Aber, wie gesagt, das ist nur die Definition der Nachhaltigkeit. Das reicht uns nicht. Wir sind sehr viel ehrgeiziger. Wir wollen in Richtung null Neuverschuldung, wir haben dies immer wieder als wichtiges Ziel betont.

(Keller, CDU: Prinzip Hoffnung!)

Dann fehlen uns noch 500 Millionen Euro an diesem Ziel.

Dieses Ziel ist exakt auch das Ziel, das der Rechnungshof verfolgt. Das heißt, im Ziel sind wir mit dem Rechnungshof absolut einig. Auch wegen der demografischen Entwicklung und vieler weiterer Belastungen der Zukunft sollten wir besser sein als nachhaltig. Wir sollten deshalb unsere Schuldenstandsquote absenken.

Für Konsolidierung braucht man aber einen langen Atem. Wenn ich das einmal als Marathonlauf bezeichne, dann sind wir momentan nach zwei Jahren etwa bei Kilometer 32.

(Licht, CDU: Wissen Sie, wie lange ein Marathon ist?)

Ja, 42 Kilometer und 195 Meter.

(Pörksen, SPD: Hört! Hört! – Zuruf des Abg. Mertin, FDP)

Jedenfalls sind es noch rund zehn Kilometer bis zum Ziel. Das war das Ergebnis des Jahres 2007.

Man kann es natürlich so wenden, dass man sagt, es ist alles noch ganz schrecklich, weil wir noch nicht im Ziel sind. Aber das wird den Marathonläufer nicht unbedingt

motivieren. Wenn ich den Marathonläufer einmal konkret mache, dann sind es zum Beispiel die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes, dann sind es meine Kollegen, und dann ist es der Landtag.

(Baldauf, CDU: Sind Sie sicher, dass Sie noch auf der richtigen Strecke sind?)

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landes ist in den letzten Jahren gesagt worden, es gibt weniger Erhöhung bzw. eine reale Absenkung der Gehälter. Nichts anderes haben wir gemacht. Das ist völlig unstrittig.

Meinen Kollegen habe ich seit Jahren gesagt: Nichts da mit Mehrausgaben. Es muss ein reales Absenken des Ausgabenniveaus geben. – Zumindest die Mehrheitsfraktion hat diesen Kurs auch mitgetragen. Ein Teil der Opposition, nämlich die FDP, hat diesen Kurs über viele Jahre mitgefahren. Insofern muss man all denen, die diesen Lauf aktiv durchführen und schon bei Kilometer 32 sind, auch einmal sagen, dass sie es bisher gut gemacht haben.

Ich bin dankbar dafür, dass wir bisher in diesem Tempo konsolidiert haben.

(Baldauf, CDU: Bei der Rede würden Sie wirklich besser Marathon laufen!)

Wenn man dem Marathonläufer bei Kilometer 32 nur sagt, es ist immer noch alles ganz schrecklich, dann wird er wahrscheinlich die Flügel hängen lassen und sagen: Das lohnt sich doch gar nicht, das Ziel scheint immer noch genauso weit entfernt zu sein wie beim Start.

Im Gespräch mit der Presse habe ich genau diesen Sachverhalt dargestellt. Ich bin übrigens nicht von mir aus an die Presse herangegangen.

Ein anderer Hinweis ist mir aber sehr wichtig: Herr Bracht, Sie heute und Herr Schreiner immer wieder kommen mit angeblichen Zahlen anderer Länder an und gehen zunächst einmal davon aus, dass die Propaganda der reichen oder finanzstarken Länder richtig ist, dass nämlich alle Länder ungefähr über die gleichen Einnahmen verfügen. Das ist natürlich schlicht und ergreifend falsch. Ich kann Ihnen für 2007 die Zahlen der Finanzkraft der Länder und Gemeinden präzise sagen. Das wird statistisch sehr schnell erfasst und steht deshalb auch schon seit Anfang Februar zur Verfügung.

In Bayern – von Ihnen angeführt – beträgt die Finanzkraft 3.304 Euro pro Einwohner, in Baden-Württemberg 3.335 Euro, in Hessen sogar 3.447 Euro, in RheinlandPfalz dagegen lediglich 3.097 Euro.

Herr Schreiner, ich habe die herzliche Bitte an Sie, nicht weiter zu behaupten, wir wären genauso gut ausgestattet. Die Zahlen sind klar und eindeutig und nachlesbar.

Gegenüber dem Nachbarland Hessen haben wir 350 Euro pro Einwohner weniger oder – absolut gesehen – 1,4 Milliarden Euro weniger Einnahmen als Hessen. Dann ziehen Sie einmal unsere 500 Millionen Euro Kreditaufnahme davon ab. Dann sind Sie bei 900 Millionen Euro, die wir als Überschuss gemacht

hätten. Selbst wenn wir den Pensionsfonds gar nicht mehr berücksichtigen, hätten wir noch 600 Millionen Euro Überschuss.

Hessen hat übrigens mit seinen sehr hohen Einnahmen noch nicht einmal einen Überschuss geschafft, sondern immer noch ein Defizit.

Wenn uns dann die neuen Länder vorgehalten werden, meine Güte, dann haben diese natürlich noch sehr viel höhere Einnahmen: Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel hat 3.722 Euro pro Einwohner. Das sind 625 Euro pro Einwohner mehr, als wir es haben. Es wären 2,5 Milliarden Euro mehr als bei uns.

Es ist von Ihnen auch noch Berlin genannt worden. Berlin verfügt sogar über 4.550 Euro pro Einwohner. Das sind 1.461 Euro mehr als bei uns, umgerechnet fast 6 Milliarden Euro. Da kann man doch nicht ernsthaft sagen: Schaut euch einmal an, die andern schaffen es, ihre Haushalte auszugleichen. Warum gebt ihr in Rheinland-Pfalz so viel Geld aus? – Nein, wir haben sehr viel weniger Geld zur Verfügung und geben sehr viel weniger aus als Bayern, Hessen, Baden-Württemberg und Berlin und sind deshalb trotz wesentlich geringerer Einnahmen relativ nah am Ziel, aber eben noch nicht im Ziel, weil wir nicht so hohe Einnahmen haben wie andere.

Herr Bracht und Herr Schreiner, Sie sollten sich wirklich mit diesen Dingen ernsthaft auseinandersetzen, damit Sie zwischen Problemen der Einnahmen- und Ausgabenseite auch sauber unterscheiden können.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Jede Fraktion hat jetzt noch eine Redezeit von drei Minuten, also eine Minute mehr. Das Wort hat Herr Kollege Bracht.

(Pörksen, SPD: Er hat doch schon in fünf Minuten dazu nichts gesagt!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Puchtler, ich glaube, Sie kennen die parlamentarischen Regeln zum Verfahren der Behandlung des Rechnungshofsberichts nicht genau. Es gibt die gemeinsam akzeptierte Praxis, über die auch mehrfach gesprochen wurde, dass konkrete Kritikpunkte des Rechnungshofsberichts nicht parlamentarisch und öffentlich, sondern zunächst intern im Verfahren erörtert werden sollen. Wenn Sie glauben, sich als Regierungsfraktion oder die Regierung selbst nicht mehr an das Verfahren halten zu müssen, dann sehen auch wir uns nicht mehr gezwungen, uns an dieses Verfahren zu halten.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Frau Schmitt, SPD)

Ich werde dann auch meinen Kollegen als Geschäftsführer erlauben, künftig vor Abschluss des Verfahrens die Dinge öffentlich und parlamentarisch zu erörtern. Ich glaube aber, damit wäre der Sache nicht gedient. Das sage ich Ihnen ganz klipp und klar, Frau Schmitt.

(Frau Schmitt, SPD: Ein ganz normales Verfahren, Herr Kollege!)

Herr Minister, zum Verfahren haben Sie gar nichts gesagt. Der Hauptkritikpunkt, den ich vorgebracht habe,. Ihre Stellungnahme mit vielen Zahlen, war auch in der Sache nicht überzeugend.