Protocol of the Session on January 23, 2008

Durch Beschluss des Landtags vom 13. Dezember 2007 sind die Anträge an den Ausschuss für Bildung und Jugend überwiesen worden. Der Ausschuss für Bildung und Jugend hat die Anträge in seiner 13. Sitzung am 17. Januar 2008 beraten. Beide Beschlussempfehlungen empfehlen die Ablehnung der Anträge.

(Beifall der SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Dickes.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in der kurzen Zeit auf zwei Aspekte unseres Antrags eingehen, die mir ganz besonders am Herzen liegen. Der eine Punkt ist die gleichberechtigte Förderung der Kindertagespflege im Bereich der Kleinkindbetreuung. Ich bin der Meinung und mit mir unsere Fraktion, dass der Landesregierung jedes Kind gleich viel wert sein sollte, egal, ob es in der Stadt oder auf dem Land wohnt und ob es institutionell oder im Bereich der Kindertagespflege betreut wird.

Diese Unterstützung ist in Form von Regelzuschüssen möglich, wie es in unserem Antrag steht. Sie ist aber auch durch Gutscheine möglich. In diesem Punkt unterstütze ich ganz ausdrücklich den Antrag der Fraktion der FDP, was den Bereich der Betreuung von Kindern bis drei Jahre betrifft.

Was die Betreuung im Kindergartenbereich angeht – das haben wir schon im Ausschuss besprochen –, habe ich etwas Bauchweh. Insoweit wird sich die Fraktion der CDU in diesem Bereich enthalten.

Für mich ist diese Gleichberechtigung, nämlich die Gleichstellung der Kindertagespflege, auch ein Zeichen der Wahlfreiheit, ob und wie ich mein Kind betreuen lasse. (Beifall bei der CDU und der Abg. Frau Morsblech, FDP)

Jedes System, ob institutionelle Betreuung oder Kindertagespflege, hat seine Vor- und Nachteile. Ein Vorteil der Krippe ist es sicherlich, dass auch bei Krankheit eine Erzieherin bzw. Betreuungsperson da ist. Krippen – das wissen wir auch – gibt es vornehmlich in den Städten. Gerade auf dem Land ist es sehr schwierig, eine solche Krippe zu erreichen.

Hier greift der Vorteil der Tagespflege. Diese ist oft kleinkindgerechter, weil sie genau auf dieses eine Kind oder ein paar Kinder eingehen kann. Sie ist elterngerechter, weil sie wohnortnah und flexibel ist. Man sollte den Eltern die Möglichkeit geben, jede Form der Betreuung anzunehmen; denn wir alle wollen, dass Eltern die Wahlfreiheit haben, ob sie zu Hause ihr Kind selbst betreuen oder berufstätig sein wollen. Deshalb muss es Angebote an jedem Ort geben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich weiß, dass die Landesregierung im Rahmen ihres Programms „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ eine Offensive gestartet hat, um Tagesmütter auszubilden. Es werden auch Tagesmütter ausgebildet. Wenn man aber unsere Große Anfrage heranzieht, sieht man, dass wir im öffentlichen Bereich wesentlich mehr ausgebildete Tagesmütter als betreute Kinder haben. Das Verhältnis ist etwa zwei Tagesmütter pro Kind.

Das heißt, die Tagesmütter, die wir heute ausbilden, arbeiten vornehmlich im schwarzen Bereich; denn von dem geringen Verdienst, den sie bekommen, bleibt kaum etwas übrig. Wenn wir wollen, dass Frauen legal renten- und sozialversicherungspflichtig arbeiten können, müssen sie einen anständigen Lohn erhalten. Den können die Eltern der Kinder nicht unbedingt zahlen. Deshalb möchte ich, dass die gleichen Zuschüsse gegeben werden, die auch die Eltern erhalten, die das Kind in einer Kinderkrippe unterbringen.

Der zweite Punkt, der mir in unserem Antrag wichtig ist, ist die Möglichkeit, die Kindertagespflege auch in anderen Räumen zuzulassen. Das Achte Buch Sozialgesetzbuch gibt den Ländern die Möglichkeit, das zu regeln. Es geht uns dabei nicht darum, Öffnungszeiten zu reduzieren, dass der Träger entlastet oder aus der Verantwortung genommen wird, sondern ein qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot zu bieten.

Es geht darum, dass Betreuungszeiten erweitert werden können, wenn der reguläre Kindergartenbetrieb bereits geschlossen ist, die Eltern aber noch arbeiten müssen. Dabei ist es wichtig, dass die Kinder nicht noch einmal den Ort vom Kindergarten zur Tagesmutter wechseln müssen und dort später von den Eltern abgeholt werden, sondern am vertrauten Ort bleiben, weiterspielen können und die Tagesmutter in den Kindergarten kommt.

Diese Erweiterung soll nur durch Tagespflegepersonen stattfinden, die qualitativ gut ausgebildet sind. Im Ausschuss wurde dieses Vorhaben abgelehnt, weil man Bedenken hinsichtlich der Qualität der Tagespflegepersonen hatte.

Dazu möchte ich sagen, dass dies für mich Augenwischerei ist. Wenn man sagt, die Tagespflege im Haus der Tagesmutter ist gut und kommt den Kindern zugute, dann verstehe ich nicht die Argumentation, dass das Betreuungsangebot für die Kinder plötzlich schlechter sein soll, wenn die gleiche Tagesmutter, die ausgebildet ist, die Öffnungszeiten in den Kindergärten ergänzt.

(Beifall der CDU)

Wir haben im Bund beschlossen, dass bis zum Jahr 2013 für ein Drittel der Kinder unter drei Jahren ein Betreuungsplatz angeboten werden soll. Davon soll ein Drittel über die Tagespflege abgedeckt werden.

Wenn ich mir die Große Anfrage anschaue, ist das eine Steigerung von derzeit 0,8 % der Kinder auf 10 % der Kinder.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich komme zum Ende. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, müssen wir die Tagespflege aufwerten und für die Tagespflegepersonen attraktiver gestalten. In diesem Sinne bitte ich um Unterstützung für unseren Antrag.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich das Wort weitergebe, darf ich zunächst Mitglieder und Freunde der CDU Ober-Olm begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Morsblech.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Familienstrukturen sind nicht nur in Deutschland schon seit Jahren in einer tiefen Umbruchphase. Auf die damit verbundenen Bedürfnisse, das Familienleben neu zu organisieren, hat aber die Politik insgesamt in Deutschland vergleichsweise spät reagiert.

Unsere Zukunftschancen werden entscheidend davon abhängen, inwieweit es uns gelingt, jungen Menschen Bildungschancen und Perspektiven für ihre persönliche Lebensgestaltung zu ermöglichen. Dazu gehört im entscheidenden Maß, dass junge Eltern ihren Beruf und ihr persönliches Familienleben miteinander vereinbaren können und gute Betreuungs- und Bildungsangebote in der Nähe ihres Wohnumfeldes zur Verfügung haben.

(Beifall der FDP)

Das Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ hat im Hinblick auf diese Herausforderungen schon einiges erreicht. Das erkennen wir ausdrücklich an.

(Beifall des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Der FDP-Landtagsfraktion geht es heute darum, welche Grundhaltung und welches Familienbild wir dem Aufbau von Betreuungs- und Bildungsinfrastrukturen im frühkindlichen Bereich zugrunde legen. Wenn dem Staat die große und schwierige Aufgabe zukommt, für eine geeignete Infrastruktur für die Zukunft von Familien zu sorgen, dann braucht gerade diese Familienpolitik ein Leitbild, das sich an den Grundsätzen der Wahlfreiheit von Menschen, an dem Recht und der Pflicht von Eltern zur Erziehung ihrer Kinder und an einem Höchstmaß an Freiraum für die persönliche Lebensgestaltung orientiert.

(Beifall der FDP)

Kardinal Karl Lehrmann hat im Rahmen der letztjährigen Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Mainz deutlich gemacht, dass die Belange des Kindeswohls absolu

ten Vorrang vor den Erfordernissen des Arbeitsmarkts genießen müssen und Familien weder offen noch unterschwellig zu einem einheitlichen Modell der Kinderbetreuung gedrängt werden dürfen.

(Beifall der FDP)

Auch wir als Liberale sind der festen Überzeugung, dass es einer Vielfalt von Trägern und unterschiedlichsten Angeboten bedarf, um den Lebensmodellen und Bedürfnissen von Familien und vor allem ihren Kindern gerecht zu werden und die eigene Betreuung, Erziehung und Bildung durch die Eltern kein Nachteil sein darf und mehr als bisher honoriert werden muss.

(Beifall der FDP)

Es geht uns mit unserem Antrag um die entscheidende Frage, ob wir eine staatlich gesteuerte Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur im frühkindlichen Bereich aufbauen wollen oder wollen, dass die Eltern mit ihrem Recht und ihrer Pflicht auf Erziehung von vornherein über die jetzt entstehenden Angebote in ihrer qualitativen und quantitativen Ausgestaltung mit entscheiden können.

(Beifall der FDP)

Deshalb fordert die FDP-Landtagsfraktion mit ihrem Antrag die Landesregierung auf, ein Gutscheinsystem für die frühkindliche Bildung und Betreuung einzuführen, was eine Umstellung von der Objektförderung von Einrichtungen auf eine Subjektförderung, eine Förderung jedes einzelnen Kindes in Form eines Bildungs- und Betreuungsgutscheins beinhaltet.

(Beifall der FDP)

Wir wollen, dass Eltern die freie Wahl haben, ob sie den Gutschein für einen Platz in einer Kindertagesstätte in traditioneller oder privater Trägerschaft, für einen betrieblichen oder betriebsnahen Betreuungsplatz oder für eine Tagespflegeperson einsetzen wollen. Wir wollen darüber hinaus, dass die eigene Erziehung, die eigene Betreuungs- und Erziehungsleistung von Eltern künftig honoriert wird, indem der Gutschein steuerlich abgesetzt oder im Rahmen der Alterssicherung und der Pflegeleistungen anerkannt werden kann.

(Beifall der FDP)

Wir wollen, dass jedes Kind ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen solchen Bildungs- und Betreuungsgutschein erhält und Eltern durch ihre Nachfragemacht frei von finanziellen Erwägungen und staatlicher Einflussnahme entscheiden können, wie sie Betreuung, Bildung und Erziehung in diesem Alter organisieren und gestalten wollen, und dabei mehr Einfluss auf die qualitative und quantitative Ausgestaltung bekommen. Auch Träger bekommen hierdurch neue Chancen und Möglichkeiten, ihre Angebote auszugestalten.

(Frau Spurzem, SPD: Keine Planungssicherheit!)

Wir entlassen den Staat damit nicht aus seiner Verpflichtung, den Aufbau der Betreuungsinfrastruktur konsequent und in der Fläche voranzutreiben, wie hier schon

mehrfach behauptet wurde, wir entlassen ihn auch nicht aus seiner Verpflichtung, qualitativ hohe Standards im Rahmen der Leistungen, die mit dem Gutschein abgedeckt werden, zu gewährleisten.

Wir möchten grundsätzlich, dass ein anderes Bild verantwortlicher Familien dieser Entwicklung zugrunde liegt. Wir wissen mittlerweile auch, dass das in der Mehrheitsfraktion anders gesehen wird. Das muss man akzeptieren, aber dennoch ist es meiner Ansicht nach eine wichtige Diskussion, die wir hier führen. Es gehört natürlich zu einem solchen System, das erheblich weitergehender ist als das im Antrag der CDU-Fraktion, dass man Tagespflege erleichtert.

(Glocke des Präsidenten)

Auch wir werden uns an dieser Stelle deshalb bei Ihrem Antrag enthalten.