Protocol of the Session on December 13, 2007

Es hat eine sehr gute Verzahnung der portugiesischen Ratspräsidentschaft mit der deutschen Ratspräsidentschaft stattgefunden und damit eine Fortsetzung des Prozesses, der, wie ich finde, in wirklich beachtlicher Weise von der Kanzlerin und vom Bundesaußenminister auf den Weg gebracht worden ist, nahtlos fortgesetzt werden konnte.

(Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Ich will jetzt nicht den Teufel an die Wand malen, aber stellen Sie sich vor, Polen wäre zufällig an der Reihe gewesen. Bei der Konstellation, wie sie bis vor kurzem in Polen war – machen wir uns nichts vor –, hätte das Rückschlag bedeutet. Es hätte bedeuten können, dass alles wieder zerstört worden wäre, was an Strukturen angelegt und aufgebaut war. Deshalb ist es wichtig, dass wir mehr Verlässlichkeit haben. Diese zweieinhalb Jahre sind eine andere Handlungsmöglichkeit.

Vorhin habe ich gesagt, Europa muss föderal, sozial und demokratisch sein. Deshalb ist es auch wichtig, dass dem Europäischen Parlament mehr demokratische Mitentscheidungsrechte zukommen. Ich glaube, es ist unabdingbar, dass es auch ein Bürgerbegehren geben wird, wenn auch mit einer Million Unterschriften, also einem sehr hohen Quorum, als Voraussetzung, aber es ist ein Zeichen, sich den Bürgern zuzuwenden und ist insoweit der Versuch einer Korrektur – ich empfinde es so –, dass dieses Europa von uns als abstrakt empfunden wird, dass die Leute mit diesem Europa nicht mehr viel zu tun haben.

Ich stimme seitens der Landesregierung im vollen Umfang mit dem überein, was in der gemeinsamen Entschließung steht, und bedanke mich ausdrücklich dafür. Erlauben Sie mir noch eine kleine Bemerkung. Es ist wahr: Dieses Europa muss praktisch erfahrbar sein. Das gilt für ganz viele Bereiche. Ich habe mich gemeinsam mit Frau Kollegin Ahnen darüber gefreut, lieber Herr Creutzmann, dass Sie diesen Vortrag von Frau Bittner wichtig gefunden haben. Sie ist eine unserer Mitarbeiterinnen.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP)

Insoweit können Sie sich jetzt vorstellen, dass nicht deren Wirkung zu uns zurückkommen muss, sondern sie unsere Wirkung nach Europa darstellt. Wenn sie bei Ihnen so positiv angekommen ist, ist das natürlich ein

besonderer Erfolg; denn ein so kritisch denkender Mensch wie Sie muss erst einmal überzeugt werden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich glaube – damit will ich schließen –, dass es wichtig ist, dass dieses Europa sich auch Erfahrbares, Sichtbares gönnt, das heißt auch ein paar Symbole. Deshalb war ich besonders unglücklich darüber, dass wir die Flagge nicht offiziell zur Europaflagge erklärt haben, nicht die Beethovenhymne zur offiziellen Europahymne erklärt haben, nicht einen gemeinsamen Europatag proklamiert haben. Das alles ist nicht besonders schön.

Deshalb bin ich ein bisschen herumgetingelt – von Portugal bis Polen und von Finnland bis Prag – und habe dafür geworben, dass man so etwas freiwillig macht. Es muss nicht alles vorgeschrieben sein, auch nicht in Europa. Ich bin froh darüber, dass eine Erklärung zu den europäischen Symbolen, die wir zwischenzeitlich angeregt haben, von 15 EU-Staaten anerkannt und unterzeichnet worden ist: von Belgien, Bulgarien, Deutschland, Griechenland, Spanien, Italien, Zypern, Litauen, Luxemburg, Ungarn, Malta, Österreich, Rumänien, Slowenien und der Slowakei.

Ich finde, dass die Ode an die Freude, der Leitspruch „in Vielfalt geeint“ und der Europatag am 9. Mai mehr als Äußerlichkeiten sind. Sie sind so etwas wie das Erkennungssymbol für diese europäische Entwicklung und für eine Zeit des Miteinanders, die nie mehr in eine Zeit des Gegeneinanders zurückgeworfen werden darf.

Die Landesregierung wird das, was der Landtag in dieser Resolution auf Antrag aller drei Fraktionen ausdrückt, mit allem Nachdruck vertreten. Herr Kollege Creutzmann, was Sie angeregt haben hinsichtlich der Überwachung der Subsidiarität: Wir haben genau diese Vorstellung. Wir wollen mit den Mitteln und Möglichkeiten, die wir haben, diese Entwicklung betrachten. Dann werden wir zu entscheiden haben. Wir werden das Parlament darüber informieren, ob wir zusätzliche Elemente hinzufügen oder nicht. Auch da werden wir in großer Transparenz und in der Bereitschaft, wie dies zwischen Landesparlament und Regierung vereinbart ist, eine eigenständige Berichtspflicht vorzunehmen, entsprechend vorgehen. Ich finde, es ist ein riesiger Vorteil, wenn wir in diesen europapolitischen Fragen zusammenbleiben. Ich will das auch in Anklang dessen sagen, was Herr Kollege Hartloff aus meiner Sicht zu Recht mahnend seinen Worten hinzugefügt hat.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. Den Fraktionen stehen noch weitere Redezeiten zur Verfügung. Besteht dafür Bedarf? Gibt es Wortmeldungen? – Das ist erkennbar nicht der Fall. Somit ist der Punkt 12 der Tagesordnung mit seiner Besprechung erledigt.

Wir kommen zu Punkt 13 der Tagesordnung, dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 15/1725 –. Besteht der Bedarf, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur direkten Abstimmung. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen! – Das ist einstimmig. Vielen Dank.

Wir kommen zu Punkt 14 der Tagesordnung:

Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 15/1721 –

Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart. – Kollege Dröscher hat das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor wenigen Tagen hat der Landesvorsitzende der Lebenshilfe, Emil Weichlein, in einem Gespräch mit Sozialpolitikern unserer Fraktion darauf hingewiesen, dass sich die Politik für und die gesellschaftliche Situation von Menschen mit Behinderungen in den vergangenen Jahren enorm zum Positiven verändert haben. Das ist kein Grund für die Einstellungen unserer Bemühungen. Die sich immer wieder stellenden Aufgaben sind auch zu vielfältig.

Herr Weichlein hat im gleichen Gespräch darauf hingewiesen, dass wir es zum ersten Mal in den Verbänden, in den Einrichtungen damit zu tun haben, dass Menschen mit Down-Syndrom mit Alzheimerkrankheit zu tun haben. Also, eine vielfältige Aufgabe.

Tatsächlich ist es uns gerade in Rheinland-Pfalz gelungen, das Leitbild von Teilhabe statt Fürsorge, von Chancengleichheit statt Benachteiligung und von Selbstbestimmung statt Abhängigkeit mit Leben zu erfüllen.

Das gilt sowohl für die rechtliche Situation als auch für die gesellschaftliche Grundeinstellung in unserem Land und nicht zuletzt für das veränderte Selbstverständnis der Betroffenen selbst.

Ich möchte in diesem Zusammenhang einige Stichworte nennen, zum einen das Landesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen aus dem Jahr 2002 mit seinen jeweiligen Umsetzungsberichten, die immer sehr spannend sind, weil man sieht, was sich da entwickelt hat, zum anderen die verstärkten Beteiligungsrechte und die Zielvereinbarung zur Barrierefreiheit sowie nicht zuletzt das Konzept „Wohnen, wo ich will“.

Rheinland-Pfalz gilt unter den Experten mittlerweile als das Budgetland aufgrund des „Persönlichen Budgets“ und des „Budgets für Arbeit“, das sich jetzt auch auf der Bundesebene auswirkt.

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom Dezember 2006, über die wir heute reden und deren schnelle Ratifizierung wir mit unserem

Antrag fordern und unterstützen, ist der Versuch, menschenrechtliche und soziale Standards der Lebenssituation behinderter Menschen im positiven Sinne zu globalisieren. Das ist ein beeindruckendes Dokument. 118 Staaten haben es unterschrieben, auch die Bundesrepublik Deutschland, und elf haben es per Gesetz bereits ratifiziert. Das steht bei uns noch aus. Deshalb auch der vorliegende Antrag.

Der Zweck dieser Konvention wird in der Arbeitsübersetzung wie folgt beschreiben: Der Zweck ist, die volle und gleichberechtigte Ausübung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle behinderten Menschen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung ihrer angeborenen Würde zu fördern. Der Begriff „behinderte Menschen“ wird dort noch einmal aufgezeichnet und bezeichnet langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesschädigungen, die im Zusammenwirken mit verschiedenen Barrieren an einer wirksamen, gleichberechtigten und uneingeschränkten Teilnahme an der Gesellschaft hindern können.

Die Grundsätze aus dieser Konvention sind uns nicht unbekannt. Es geht um Menschenwürde, es geht um die Autonomie des Einzelnen, es geht um die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, es geht um die Unabhängigkeit der Person, um Nichtdiskriminierung, um Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, um Respekt vor der Vielfalt der Persönlichkeits-, Bedürfnis- und Fähigkeitsstruktur von Menschen mit Behinderungen. Das ist auch sehr wichtig. Darüber hinaus geht es um Chancengleichheit, um Barrierefreiheit und um die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Besonders betonen möchte ich, dass diese Konvention auch das Recht behinderter Kinder auf Entwicklung und Wahrnehmung ihrer eigenen Identität nennt.

Meine Damen und Herren, für die Staaten, die das unterschreiben, ergeben sich daraus Verpflichtungen; denn die genannten Grundsätze sollen auch in der Gesetzgebungs- und Verwaltungspraxis sowie bei sonstigen Maßnahmen des Staates berücksichtigt werden. Das bedeutet gegebenenfalls auch die Aufhebung und Änderung von Gesetzen. Das betrifft das Handeln und die Praxis staatlicher Behörden und öffentlicher Einrichtungen ebenso wie die Beseitigung aller Diskriminierungen durch Personen, Organisationen und private Unternehmen in den Staaten. Das bedeutet auch Forschung, Entwicklung, Design, um Normen und Richtlinien im Sinne der Grundsätze zu erstellen. Das bedeutet die Information der Betroffenen und der Öffentlichkeit und die Schulung von Fachkräften.

Die Staaten, die unterschreiben und ratifizieren, verpflichten sich, eine schrittweise Verwirklichung der Grundsätze unter Einbeziehung – das ist ganz wichtig – der Betroffenen und ihrer Verbände einzuleiten.

Die Konvention enthält übrigens ein Verbot der Einschränkung weitergehender Rechte. Wir stehen also nicht in der Gefahr, dass das, was wir bisher in Rheinland-Pfalz erarbeitet haben, heruntergeschraubt werden müsste.

Es gibt zu dieser Konvention noch ein Fakultativprotokoll, ein Zusatzprotokoll, das es einzelnen Personen und

Organisationen ermöglicht, Verstöße gegen diese Konvention vor einen UN-Expertenausschuss zu bringen, wenn alle nationalen Möglichkeiten erschöpft sind. Hohe Hürden sollen dabei einen Missbrauch verhindern. Das ist ein Art Ombudsausschuss, ein Petitionsrecht.

Die EU, vertreten durch ihre Kommission, hat sich nicht dazu entschließen können, dieses Zusatzprotokoll zu unterschreiben. Wir sind der Meinung, dass es uns gut anstünde, dieses Fakultativprotokoll mit zu ratifizieren. Ich weiß, dass die Landesregierung auch dieser Meinung ist.

Rheinland-Pfalz wäre, wenn es gelingt, das zu erreichen, in einer Vorreiterrolle. Dazu passt auch das Zitat, das Horst Frehe, Vorsitzender des Sprecherrats des Deutschen Behindertenrates, vor kurzem geäußert hat. Er hat gesagt: Mittlerweile kann Rheinland-Pfalz in vielen Bereichen, die das Leben behinderter Menschen prägen, als Vorbild für andere Bundesländer dienen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD)

Ich erteile das Wort Frau Kollegin Thelen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir begrüßen den Antrag der SPD-Fraktion, für eine schnelle Ratifizierung der UN-Konvention einzutreten. Natürlich begrüßen wir auch die UN-Konvention selbst, weil sie dafür sorgen wird, dass auf der UN-Ebene – eben waren wir auf der europäischen Ebene, und jetzt sind wir wirklich bei den Vereinten Nationen – die Rechte behinderter Menschen deutlich verbessert werden.

Herr Dröscher, ich gebe Ihnen recht, wir in Deutschland befinden uns tatsächlich in einer Vorreitersituation. Das gilt ganz besonders für Rheinland-Pfalz. Wir haben auf der Bundesebene, aber auch auf der Landesebene schon hervorragende gesetzliche Grundlagen geschaffen, die wir im Parlament gemeinsam erarbeitet und getragen haben, um für Menschen, die Behinderungen haben, ein selbstständiges Leben, ein unbeeinträchtigtes Leben organisieren und gewährleisten zu können.

Um was geht es jetzt bei der UN-Konvention, und weshalb trifft es uns, dass eine Ratifizierung noch aussteht? Sie müssen wissen, die Konvention ist mittlerweile von über 100 Staaten, unter anderem auch von der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union, unterschrieben und bereits von sieben Ländern ratifiziert worden. Wenn wir schon unterschrieben haben, könnte man fragen, woran es hängt, dass die Ratifizierung nicht auf den Weg kommt. Dafür gibt es durchaus praktische Gründe.

Ratifizierung bedeutet, dass die Konvention in Deutschland erst wirksam werden kann, wenn Bundestag und Bundesrat die Konvention durch ein eigenes Gesetz

ratifizieren. Die Konvention gibt es derzeit nur im Urtext in englischer Sprache. Es handelt sich nicht um ein dramatisch umfangreiches Werk. Da haben wir schon wesentlich umfangreichere Werke gesehen. Ich habe es einmal ausgedruckt, da man es aus dem Internet abrufen kann. Es handelt sich um 27 Seiten mit 50 Artikeln. Die Konvention ist aber in Englisch verfasst. Sie sagten eben, dass es eine Arbeitsübersetzung in Deutsch gäbe. Das ist richtig. Allerdings können sich die deutschsprachigen Länder noch nicht auf eine einheitliche deutsche Übersetzung verständigen. Es gibt zentrale Begrifflichkeiten, die durchaus für die spätere Umsetzung und Arbeit mit dem Gesetz von Bedeutung sind.

Deshalb hat auch der Vorsitzende des Bundesbehindertenrats gesagt, im Zweifel müsse die Qualität Vorrang haben.

(Beifall des Abg. Dr. Schmitz, FDP)

Auch wir sind aber der Auffassung, dass von unserer Seite zumindest einmal ein wenig Druck ausgeübt werden sollte, dieser Qualität in einem zeitlich angemessenen Rahmen zur Umsetzung zu verhelfen. Allerdings würden wir es begrüßen, wenn wir den Antrag im Sozialpolitischen Ausschuss miteinander besprechen könnten, um auf die problematischen Stellen eingehen zu können. Das hat schließlich durchaus auch Auswirkungen in Deutschland.

Wir sollten noch einmal gemeinsam schauen, wo wir mit unserer Gesetzgebung liegen und wo gegebenenfalls noch Handlungsbedarf besteht.

Nachdem die sogenannten Berliner Forderungen des Deutschen Behindertenrates, die sich auf die UNKonvention beziehen, Themenfelder ansprechen, die in unseren Gleichstellungsgesetzen schon sehr gut berücksichtigt worden sind, sind wir optimistisch.

Es geht dem Aktionsbündnis der Deutschen Behindertenverbände vor allen Dingen um die Barrierefreiheit, die wir sehr ausdrücklich in unseren Gesetzen haben, aber Sie können sich sicherlich noch in diesem Haus an die Diskussion zum Thema „Barrierefreiheit“ erinnern. Auch da ist die Umsetzung nicht immer so optimal wie wir uns das wünschen, weil wir in unserem Gesetz eine Einschränkung mit „soweit wie möglich“ haben. Diesen Punkt haben wir bereits im Parlament diskutiert. Deshalb kann ich mir an dieser Stelle weitere Ausführungen ersparen. Ich meine, das sollte auch noch einmal im Ausschuss diskutiert werden können.