Nächster Punkt: Zweitsitzpraxen. Wunderbar. Von mir aus kann ein Arzt auch vier Praxissitze haben. Nur, er kann nicht überall gleichzeitig sein. Das gilt auch schon für Zweitsitzpraxen.
damit komme ich zum Ende –, ist in der Frage der Ärztedichte. Wir wissen doch, dass in den Krankenhäusern aufgrund der DRGs und des veränderten Arbeitszeitgesetzes mehr Einstellungen geleistet wurden.
Landesjugendstrafvollzugsgesetz (LJStVollzG) Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 15/1190 – Zweite Beratung
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch Beschluss des Landtags vom 27. Juni 2007 ist der Gesetzentwurf der Landesregierung „Landesjugendstrafvollzugsgesetz“ an den Rechtsausschuss überwiesen worden. Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 12. Sitzung am 20. September 2007 und in seiner 14. Sitzung am 8. November 2007 beraten. In seiner 12. Sitzung am 20. September 2007 hat der Rechtsausschuss ein Anhörverfahren durchgeführt.
Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen der Vertreter der SPD bei Stimmenthaltung der Vertreter der CDU und der FDP, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 1. August 1912 wurde durch die preußische Regierung ein Gefängnis für den Erziehungsvollzug an straffälligen Jugendlichen in Wittlich eingerichtet. Das war das erste seiner Art in Deutschland. Vor nunmehr 95 Jahren hatte erstmals der Erziehungsgedanke in unserem Gefängniswesen Einzug gefunden, doch erst 2007 erhalten wir nun ein eigenes Jugendstrafvollzugsgesetz.
Das Bundesverfassungsgericht hat uns dies mit Urteil vom 31. Mai 2006 aufgegeben, und neun Bundesländer haben über alle Parteigrenzen hinweg einen gemeinsamen Entwurf erarbeitet, der im Juni dem Landtag vorgelegt wurde.
Das ist ein Gesetzeswerk, das mit besonderem Engagement von Herrn Minister Dr. Heinz Georg Bamberger, Frau Staatssekretärin Beate Reich und Herrn Abteilungsleiter Gerhard Meiborg geschaffen werden konnte. Die Leitungen der Jugendstrafanstalten Wittlich und Schifferstadt, die eine schwierige Arbeit zu bewältigen haben, brachten sich mit den Bediensteten ein. Dies gilt ebenso für Experten aus verschiedenen Fachrichtungen.
In der Öffentlichkeit hat, auch durch die gravierenden Vorkommnisse – so der Foltermord in Siegburg am 11. November 2006 –, der Jugendstrafvollzug ein größe
res Interesse gefunden. Die Landesregierung machte stets deutlich, dass Rheinland-Pfalz im Strafvollzug kein Dumping und auch keine Privatisierung will. RheinlandPfalz setzt auf die personelle Präsenz, und wir sehen technische Aufrüstung nicht als Heilmittel gegen Gewalt in der Haft an.
Die Rückfallquoten in bundesdeutschen Anstalten sind bei jungen Menschen mehr als unbefriedigend. Wir sehen dies realistisch und haben in den vergangenen Monaten intensive Gespräche, Anhörungen und Besuche vor Ort durchgeführt, um zu erkennen, wie der Weg in der Zukunft Erfolg versprechender sein kann.
Wir haben nicht am schnellsten, aber dafür sehr gründlich daran gearbeitet und den vom Bundesverfassungsgericht festgesetzten Zeitraum genutzt. Die drei Fraktionen des Landtags haben Änderungsanträge erarbeitet, die unterschiedliche Akzente setzen sollen. Positiv ist, dass über 90 % der 113 Paragrafen des Gesetzentwurfs die Zustimmung aller Fraktionen finden. Es ist sicherlich kein Beinbruch, wenn nun kein gemeinsamer Änderungsantrag vorgelegt wird, doch es gab dafür eine Chance, die man vonseiten der CDU und der FDP nicht genutzt hat.
Ein Wettlauf um ein noch Mehr an Festlegungen, Repressionen und Finanzforderungen darf heute nicht das Gebot der Stunde sein, sondern wir von der SPDFraktion wollen mit unserem Änderungsantrag ein Mehr an Chancen für Entwicklungen im Vollzug.
Wir vertrauen den beiden Jugendstrafanstalten in Schifferstadt und Wittlich, dass sie mit dem neuen Gesetz die Chancen für die Häftlinge vermehren und ihre eigenen Gestaltungsräume, so in Therapien, Freizeitangeboten, in Regeln der Entlassungsvorbereitung und des Übergangs, nutzen. Heute geben wir das Handwerkszeug und die Basis dafür und gehen auch mit unserem Änderungsantrag über den Mindeststandard des neuen Entwurfs hinaus.
Ein Leitziel des neuen Gesetzes ragt heraus: mehr Erziehung. Für uns ist klar, ein Jugendlicher, der ein Vergehen begangen hat, hört nicht auf, ein Jugendlicher zu sein, und er bedarf der Erziehung. Er hat sein Leben noch vor sich, ein Leben, das er in Freiheit führen soll. Erziehung muss da gerade Erziehung zu einer straffreien Freiheit sein. Der straffällig gewordene Jugendliche soll seinen Platz in der Gesellschaft und nicht hinter Mauern einnehmen. Junge Häftlinge sind Täter, aber oft genug sind sie auch Opfer, Opfer von Gewalt und Missbrauch im Kindesalter und fehlerhafter, meist mangelhafter Erziehung.
Die schwedische Schriftstellerin Astrid Lindgren wäre heute 100 Jahre alt geworden. Anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1978 führte sie unter dem Thema „Niemals Gewalt“ Folgendes aus: „Ich glaube, wir müssen von Grund auf beginnen. Bei den Kindern.“ „Ein Kind, das von seinen Eltern liebevoll behandelt wird und das seine Eltern liebt, gewinnt
dadurch ein liebevolles Verhältnis zu seiner Umwelt und bewahrt diese Grundeinstellung sein Leben lang.“ „Verhaltensnormen brauchen wir alle, Kinder und Erwachsene, und durch das Beispiel ihrer Eltern lernen die Kinder mehr als durch irgendwelche anderen Methoden. Ganz gewiss sollen Kinder Achtung vor ihren Eltern haben, aber ganz gewiss sollen auch Eltern Achtung vor ihren Kindern haben.“
Ich weise auch auf die noch folgende Beratung des Landesgesetzes zum Schutz von Kindeswohl und Kindergesundheit hin. Dieses Landesgesetz ist sicherlich auch ein wichtiger Baustein zur Prävention von Straftaten Jugendlicher.
Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion zum Jugendstrafvollzugsgesetz stellt besonders heraus: Der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten ist nur durch Erziehung und Resozialisierung der Jugendlichen zu erreichen.
Eine weitere wesentliche Änderung betrifft die Definition von Ziel und Aufgabe des Jugendstrafvollzugs und deren Verhältnis zueinander.
Weitere Punkte sind die Verbesserungen bei der Sozialtherapie, bei der zeitigen Entlassungsvorbereitung und beim Übergangsmanagement zwischen Strafvollzug und dem anschließenden Leben in Freiheit.
Neu ist die Aufnahme des Jugendstrafvollzugs als eigenständige, freie Vollzugsform neben offenem und geschlossenem Vollzug. Jugendliche werden gerade in der freien Form mehr gefordert als hinter Gittern.