Protocol of the Session on June 28, 2007

Frau Conrad, prominente Forderungen, auch der EUKommission und namhafter Wissenschaftler, besagen, der weitere Bau von Kohlekraftwerken muss gestoppt werden. Diese Stimmen dürfen wir nicht überhören.

In den letzten zehn, 20 Jahren gab es lange Zeit die Diskussion Kernkraft gegen Umweltschutz. Ich sage, jetzt steht Kernkraft für Umweltschutz,

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

und Atomkraft wird dazu führen, dass wir uns Zeit kaufen, die wir dazu nutzen müssen, unseren Energiesektor umzustellen, die Grundlasten so zu verteilen, dass wir tatsächlich in der „erneuerbaren Energiengeschichte“ nach vorne kommen.

Frau Conrad, das geht nun einmal nicht von heute auf morgen, und alle Wissenschaftler sagen, dass wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren am CO2-Ausstoß erheblich etwas verändern müssen.

Im Übrigen, nur am Rande bemerkt, das wird immer übersehen: Es stellt sich immer die Frage, wer kann Strom heute noch bezahlen.

Frau Conrad, wer wird Strom weiterhin bezahlen können? – Der günstigste Strom wird nach wie vor in Atomkraftwerken produziert. Das müssen wir für unsere Menschen zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Dass man mich nicht missversteht: Auch für mich ist die Atomkraft eine auf Zeit befristete Energie. Das ist schon klar, weil Uran nicht unendlich ist. Aber in der jetzigen Situation können wir – da bin ich mir sicher – nicht darauf verzichten. Damit wir aber der Atomlobby nicht die Situation verschaffen, erhebliche Gewinne einzufahren, müssen wir schon darüber nachdenken, was wir mit den Gewinnen machen. Da hatte ich schon den Vorschlag unterbreitet und kann Sie nur auffordern, den zu unterstützen: Lassen Sie uns 50 % der Gewinne nach Steuern, die Atomkraftwerke erzielen, in die Forschung und Entwicklung von erneuerbaren regenerativen Energien stecken. Das wäre logisch.

(Beifall der CDU – Hartloff, SPD: Wollen Sie das bei anderen Firmen auch machen?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Frau Conrad, Sie haben ansonsten mehrere Widersprüche in Ihrer Regierungserklärung. Auf der einen Seite fordern Sie die Rückführung der CO2-Belastung. Sie führen selbst aus, neue Kohlekraftwerke können reduzieren, aber nicht auf null. Das ist logisch. Auf der anderen Seite sagen Sie, Atomkraftwerke schalten wir ab, aber nur in Deutschland, nicht außen herum. Dann importieren wir den Strom irgendwo anders her. Die Grundlast muss nach wie vor erhalten bleiben. Die Menschen wollen und brauchen ihren Strom.

Der EU-Ministerrat hat offiziell die positive Rolle der Kernenergie für den Klimaschutz gewürdigt. Der EUMinisterrat, also nicht nur die Deutschen und nicht nur die CDU, sondern viel viel mehr. Nur, in Ihrem Bereich halten Sie an dem rot-grünen Kompromiss fest. Wenn Sie ehrlich sind, wissen Sie, dass er falsch ist, es ein energiepolitischer Zickzackkurs ist. Sie sollten davon im Interesse der Menschen ablassen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Klimaproblematik ist – das wissen wir alle – eine globale Problematik. Die lösen wir nicht in Deutschland und auch nicht allein in Rheinland-Pfalz. Entsprechend ist auch die Verantwortung global. Das ist ganz klar. Unsere Lösungen müssen in ihrer Globalität aber auf regionalen Ansätzen beruhen – darauf stellen sie ab – und regional verankert sein.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass wir in diesem Zusammenhang auch Angela Merkel für die erfolgreiche Politik jetzt gerade wieder beim G-8-Gipfel danken müssen, alle danken müssen im Interesse Deutschlands, in Europa in einem absehbaren Zeitraum die Rückführung als ersten Schritt zu erreichen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, was wir heute in diesem Bereich investieren, werden wir in Zukunft nicht zu reparieren haben. Klimaschutz heute – da dürften wir uns alle einig sein – begrenzt Dimensionen, die wir auf absehbare Zeit vielleicht gar nicht mehr bewältigen können. Es gibt dazu eine Zahl. Es ist eine Zahl des Deutschen Wirtschaftsinstitutes, das berechnet hat, dass es, wenn wir nichts tun, zu volkswirtschaftlichen Schäden in Höhe von sage und schreibe 800 Milliarden Euro bis im Jahr 2050 kommen kann. Das ist keine lange Zeitspanne mehr. Es geht um 800 Milliarden Euro, die wir durchaus anderweitig gut gebrauchen können. Deshalb wollen wir in RheinlandPfalz als CDU den Klimaschutz nach vorne bringen.

Der Antrag für eine Enquete-Kommission liegt auf dem Tisch. Wir wollen die Energiepolitik mit aller Energie voranbringen. Wir sehen in der Forschung und Entwicklung den eigentlichen Schlüssel für eine Entwicklung in der Energieerzeugung. Ganz entscheidend für eine globale, aber auch regionale Klima- und Energiepolitik ist sowohl die Energieeinsparung als auch die Energieeffizienz.

Es kann durchaus dazu kommen, dass Rheinland-Pfalz der Standort ökologischer Energieproduktion werden kann. Sie sprachen die Nutzung der Geothermie an. Das muss gravierend ausgebaut werden. Hier werden wir Sie unterstützen. Das ist keine Frage. Es gibt erhebliche Potenziale im Bereich der Biomasse. Das ist ebenfalls noch nicht ausgeschöpft. Bei der Windenergie sind wir unterschiedlicher Meinung. Es ist sicherlich richtig, dass sie eine effiziente Energieform ist. Das ist keine Frage, nur darf keine Verspargelung kommen. Es muss ein gesteuerter Ausbau im Bereich der Windenergie erfolgen, sodass wir die Energie gezielt fördern können, und nicht danach gehen, wo es sich am meisten lohnt, über das EEG noch Profite auf Kosten von allen mitzunehmen. Das kann natürlich nicht sein.

(Beifall der CDU)

Sie haben die Wasserkraft angesprochen. Auch wir sind der Meinung, dass bei der Wasserkraft erhebliches Potenzial vorhanden ist. Dieses können wir noch nutzen. Ich darf aber herzlich darum bitten, die bürokratischen Hürden, die dort aufgebaut wurden, wegzunehmen, sodass es schneller und effizienter geht und diese Grundlast-Energieform schneller genutzt werden kann.

In Morbach, das Sie auch kennen, war ich vom Windpark und den Solaranlagen beeindruckt. Dies ist ein Gebiet, wo man insgesamt dafür gesorgt hat, mit regenerativen Energien eine gesamte Verbandsgemeinde auszustatten. Das ist eine tolle Sache. In dem Sinne müssen wir auch arbeiten, aber gezielt und gesteuert und nicht in der Fläche, wie es einem gerade so passt. Darauf werden wir Wert legen.

Am letzten Freitag war ich im Norden dieses Landes bei einem Hersteller von Weizen-Pellets. Auch den werden Sie sicherlich kennen. Es ist eine hoch spannende Geschichte. Wir haben innovative und gute Dinge in Deutschland, die vorangebracht werden müssen. Diese haben wir auch in Rheinland-Pfalz. Ich darf Sie herzlich bitten, in diesem Bereich Unterstützung zu geben, damit

diese Energieformen weiterhin die Chance haben, sich zu entwickeln.

Wir wollen nicht nur feststellen, wie wir Energieeffizienz und Energieeinsparung vorantreiben, sondern wir wollen wissen, was in den nächsten Jahren in Rheinland-Pfalz passiert. Wir wissen, dass sich das Klima erwärmen wird. Egal, was wir tun, es wird sich erwärmen. Je mehr wir tun, desto weniger wird das hoffentlich der Fall sein. Darauf zielt unsere Enquete-Kommission, die wir heute beantragen. Wie wird sich unser Land in Zukunft darstellen? Was passiert mit der Arbeit, dem Leben und dem Umfeld, mit dem Forst, dem Hochwasser, dem Grundwasser und all diesen Dingen? Darüber müssen wir uns unterhalten. Hierfür brauchen wir Sach- und Fachverstand. Dafür müssen wir auch alle mitnehmen. Ich bin mir sicher, die Menschen in Rheinland-Pfalz erwarten, dass wir dies gemeinsam bewerkstelligen. Also Frau Ministerin, bitte mehr „Butter bei die Fische“. Erzählen Sie nicht so wackelig über diese Regierungserklärung, was wir ohnehin schon wissen. Etwas Neues hätte es auch gebracht.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hartloff.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Rheinland-Pfalz, ein Land voller Energien, eine Ministerin voller Energie!

(Beifall der SPD – Zurufe der CDU)

Rheinland-Pfalz ist auf dem Sprung, energieeffizientestes Bundesland zu werden. Lassen Sie uns das Wagnis zusammen gehen, dass wir hier den Wandel als Chance begreifen und Wertschöpfung für unser Land erreichen, uns gleichzeitig aber ganz eindeutig dazu bekennen, dass wir Industriestandort sind. Dies ist keine Frage. Klimaschutzziele und Energiewandel sollen nicht gegen den Industriestandort Rheinland-Pfalz und nicht gegen den Industriestandort Deutschland ausgespielt werden, sondern es geht darum, mit ihm zu arbeiten. Es geht darum, ihn als Chance für einen Wandel, für einen Beitrag zum Klimaschutz zu begreifen.

(Beifall der SPD)

Man verfolge die Debatte in den letzten Tagen. So war in der Mainzer „Rhein-Zeitung“ heute zu lesen: Das Klima heizt uns kräftig ein, Wärmerekord in Deutschland, Durchschnittstemperatur um 3 Grad gestiegen, Forscher warnen. – Bei allem, wie sich so etwas global verändern mag, bestreitet doch kein Mensch den Zusammenhang, dass Menschen durch ihr Tun und ihr Handeln Ursache für die momentane Klimaerwärmung sind, die erhebliche

wirtschaftliche Folgen für die Welt hat – und natürlich auch für das Land Rheinland-Pfalz.

Ich denke aber, dass auch bei der Diskussion zwischen Herrn Hambrecht von der BASF und Umweltminister Gabriel das Ziel, den Wandel so zu gestalten, dass die Industrie ihre Chancen hat und wir gleichzeitig diese Chance als eine Herausforderung begreifen, die wir bestehen können, und wenn wir gemeinsam mit allen Akteuren, nämlich vernetzt, wie es die Ministerin eben in der Regierungserklärung dargestellt hat, diese Herausforderung annehmen und uns vernünftige Ziele setzen, dann ist das eine Chance für den Industriestandort Deutschland, ohne dass wir die Wirtschaftlichkeit vergessen. Dies ist notwendig in einem Wirtschaftsland.

(Beifall der SPD)

Herr Kollege Baldauf, Sie haben vorhin gesagt, dass zum einen kein Konzept da sei. Man würde das kennen. Zum anderen haben Sie uns ideologische Vorurteile vorgeworfen, weil Bedenken gegen eine Nutzung von Atomenergie bestehen. Sie haben geschildert, dass Kernkraft das Nonplusultra für den Umweltschutz sei. – Was Emissionen anbelangt, ja. Ich halte aber den gesellschaftlichen Kompromiss, den wir vor etlichen Jahren in dieser Bundesrepublik mühsam errungen haben, dass nämlich die Kernkraft „endlich“ genutzt wird, für einen großen gesellschaftlichen Erfolg. Ich halte die Interessenlage, dass man Atomkraft weiter nutzt und die Laufzeit alter Kraftwerke verlängert, für ein sehr vorrangig wirtschaftliches Ziel von einigen Konzernen, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall der SPD)

Ein Beitrag zum Klimawandel und zum Klimaschutz ist es in der Tat nicht. Frau Ministerin Conrad hat auch dargelegt, warum nicht. – Weltweit 2 % Nutzung des Stroms aus Atomenergie. Sehr endliche Vorräte. Eine nach wie vor nicht geklärte Endlagerfrage, mit einem Aufwand, die Transporte zu sichern, den wir sehr stark vor Augen geführt bekommen. Ein Risiko angesichts terroristischer Gefahren, welche wir hier an anderer Stelle immer wieder diskutieren, und so weiter und so fort. Herr Baldauf meint, man könnte 50 % der Gewinne privater Unternehmen für erneuerbare Energien einsetzen.

Ist das der Marktwirtschaftler, der eben zu uns gesprochen hat, oder habe ich das falsch verstanden. Man gibt einfach einmal die Gewinnvergabe vor und sagt, wir nehmen sie für einen anderen Zweck. Haben Sie das mit Herrn Hambrecht für die Gewinne der BASF auch schon besprochen? – Ich sage Ihnen noch etwas anderes aus der Sicht von Rheinland-Pfalz: Welche Wertschöpfung erreichen Sie für dieses Land und für den wirtschaftlichen Fortschritt in diesem Land, wenn Sie auf Atomenergie setzen und nichts anderes entwickeln, bei dem wir die Chance haben, in der Bundesrepublik, in Europa oder in der Welt führend zu werden?

Stichworte sind gegeben, wie größtes Solarkraftwerk in Afrika als Projekt, das man vorzeigen kann und das in Rheinland-Pfalz entwickelt worden ist. Sie vergeigen die

Chancen, die in diesem Land stecken, wenn Sie auf Atomenergie setzen, Herr Kollege.

(Beifall der SPD)

Es ist eine Milchmädchenrechnung, dass der günstigste Strom Atomstrom sei. Das gilt für aktuelle Rechnungen, aber nicht für die Berechnung von Endlagerkosten, Begleitung von Transporten usw. Ich empfehle Ihnen, recherchieren Sie einmal die Kostenstrukturen von solchen Sachen.

Die abgeschriebenen Kraftwerke sind immer die billigsten. Das gilt für alte Kohlenmeiler, das gilt für alte Atommeiler und für andere. Das gilt aber nicht für eine sinnvolle neue Energiepolitik.

Natürlich muss Energie an einem Wirtschaftsstandort bezahlbar sein. Deshalb müssen wir Alternativen entwickeln. Deshalb sagen wir mit dem Energiemix Ja zu einem modernen Kohlekraftwerk mit Wärmeauskopplung und mit Wertschöpfung an einem Standort hier in Rheinland-Pfalz. Für Übergangszeiten ist dies vertretbar. Wenn Gas zum Beispiel in der Menge nicht bezahlbar ist, weil es so knapp ist, ist das eine realistische wirtschaftliche Einschätzung einer Entwicklung. Wir als SPD in Rheinland-Pfalz sind nicht bar von Realismus, sondern wir machen Konzepte, die man auch umsetzen kann und sprechen nicht von Wolkenkuckucksheimen.

(Beifall der SPD)

Lassen Sie mich bei Ihnen ein bisschen die Wolkenkuckucksheime aufzeigen. Geothermie als Heilsbringer. Ja, das ist eine interessante Energie. Die wird für Bereiche in Rheinland-Pfalz nutzbar sein. Das machen wir. Das Kraftwerk in Landau geht ans Netz und ist das modernste in der Bundesrepublik Deutschland. Es wird Modell für viele andere sein. Es wird aber nicht für ganz Rheinland-Pfalz das Modell sein, mit dem man alles versorgen kann.

Wenn es dann zum Schwur kommt, beispielsweise bei der sehr schnell und günstig erzeugbaren Windenergie, zaudern Sie herum. Dazu gibt es kein Bekenntnis. Da schieben wir doch lieber ein bisschen und sind ein bisschen vor Ort dagegen und verlassen das Konzept. Das ist eine Energie, die nachgewiesen sehr effizient ist und die in den Mix einfließen kann.

Ich weiß, dass die bei der Frau Kollegin von der FDP auch nicht so beliebt ist. Sie gehört aber in den Mix hinein, und mit Repowering können wir das effizienter nutzen und haben wirtschaftliche Vorteile.

(Beifall der SPD)