Protocol of the Session on May 24, 2007

Auch sind hier angesprochene Themen keine speziellen rheinland-pfälzischen Themen, sondern Jugendmedienschutz ist ebenso ein Bundesthema wie eine Aufgabe der Bundesländer.

Alle aktuellen Studien sagen dem Onlinemarkt für digitale Medien ein extrem schnelles Wachstum voraus. Der Markt wird um das Vierfache in den nächsten vier Jahren wachsen. Gleichzeitig sind bekanntlich auch in der neuen EU-Richtlinie die Grundpfeiler des europäischen audiovisuellen Sektors gestärkt worden.

Kulturelle Vielfalt, Jugendschutz, Verbraucherschutz, Medienpluralismus und Bekämpfung von Rassenhass und religiösem Hass sind unverzichtbare Grundwerte unserer demokratischen Gesellschaft, die es auch in Zukunft zu sichern gilt. Mit den neuen Rahmenbedin

gungen wurden äußere Grenzen gesetzt und zugleich innen Raum für viel Freiheit, Kreativität und Neues geschaffen.

Diese hohe Flexibilität und Vielfalt bei medienrechtlichen Regelungen bedingen ein Zusammenwirken von Staat und Medienwirtschaft. Dieses muss von der Absicht getragen sein, das prinzipielle Vertrauen in Kompetenzen von Anbietern mit angemessenen Formen von Ko- und Selbstregulierung zu verbinden, und zwar mit dem Ziel, die Kreativität der Nutzer zu fördern, die Einhaltung der Grundwerte zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.

In diesem Zusammenhang spielt der Jugendschutz eine wichtige Rolle. In Deutschland wurde ein System des Jugendschutzes entwickelt, bei dem in erster Linie Selbstkontrolleinrichtungen der Unternehmen zum Tragen kommen. Bei allen Bemühungen, den Jugendschutz zu sichern, können wir nicht die Augen davor verschließen, dass die ungeheure Vermehrung der Angebote und die Vervielfachung der Übertragungswege auch Entwicklungen den Weg erleichtern, die unsere Gesellschaft schädigen können.

Wir setzen grundsätzlich auf Freiheit, die sich durch ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein tragen lässt. Vor allem reicht es nicht nur, die Eltern zur Wahrnehmung ihrer Erziehungsaufgaben aufzurufen. Immer häufiger sind Eltern damit überfordert. Wir müssen praktische Wege anbieten, die ihnen dabei helfen. Medienkompetenz ist bei Kindern und Eltern sicher eine Schlüsselqualifikation. Aber auch dies ist für einen tragfähigen Jugendschutz nicht allein ausreichend. Es darf kein Zweifel daran bestehen, dass in erster Linie die Anbieter von Medienprodukten selbst dafür verantwortlich sind, dass diese Anforderungen erfüllt und keine Gesetze verletzt werden. Wenn wir trotz allem feststellen, dass unsere derzeitigen Regelungen nicht ausreichen, um unsere Kinder und Jugendlichen vor schädlichen medialen Einwirkungen zu schützen, dann dürfen wir nicht zögern, nach besseren Schutzmöglichkeiten zu suchen.

Ich glaube, dass es klug ist, wenn die Unternehmen nicht erst abwarten, was der Staat unternimmt. Problematische Inhalte und Risiken sind nur eine Seite des Ganzen.

Mindestens ebenso wichtig sind die Chancen. Immer mehr Kinder und Jugendliche nutzen das Internet. Wir wollen, dass sie es sinnvoll nutzen. Mit „Ein Netz für Kinder“ wird jetzt versucht, einen für Kinder geeigneten Surfraum im Internet mit für sie interessanten, fesselnden und lehrreichen Angeboten zu schaffen. Staat und Wissenschaft sind gemeinsam gefordert, dieses Netzangebot weiterzuentwickeln.

Wir brauchen zuverlässige Suchfunktionen und Angebotsführer, die nach Kriterien aufgebaut sind, die unserer Medienordnung entsprechen. Zugleich müssen sie für die Mediennutzer einfach nutzbar sein. An dieser Stelle sehe ich ein Feld für Selbstregulierung, zumindest dann, wenn alle die Grundsätze von Chancengleichheit und Diskriminierungsfreiheit zum Ausgangspunkt nehmen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir alle ein gemeinsames Interesse daran haben, dass die Menschen Vertrauen in unsere neuen Medien setzen können. Vertrauen in die Qualität der Produkte ist eine notwendige Voraussetzung für ihren wirtschaftlichen Erfolg. Vertrauen ist geradezu der Motor der Informationsgesellschaft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Bauckhage das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Pepper, ich bin dankbar dafür, dass wir dieses Thema heute in einer Aussprache besprechen; denn es ist ein wichtiges Thema, wie wir mit Informationen umgehen, die uns auf unterschiedlichen Kanälen in unterschiedlichster Technik geliefert werden.

Wir können zunächst einmal festhalten, dass die Technik die Politik längst überholt hat. Die Politik kann gar nicht so schnell Rahmenbedingungen herstellen, wie die Technik voranschreitet. Daher besteht ein Dilemma insgesamt und insbesondere beim Internet und darüber hinaus bei der medialen Übertragung beim Handy.

Natürlich ist es sehr wichtig, dass man einen entsprechenden Jugendschutz gewährleistet. Die Frage ist jedoch, wie man diesen gewährleistet. Rheinland-Pfalz hat mit „jugendschutz.net“ bereits vor vielen Jahren eine Vorreiterrolle eingenommen. „jugendschutz.net“ ist im Übrigen eine erfolgreiche Institution.

In Leipzig hat ein großer Kongress mit rund 250 Teilnehmern stattgefunden. Dort hat man sich mit der Frage befasst, wie die Politik angesichts der schnell fortschreitenden Technik Rahmenbedingungen setzen kann. Die Vorschläge, die dort gemacht worden sind, sind eigentlich gute Vorschläge. Darüber hinaus wurde die Frage behandelt, ob man eine Nische nur für Jugendsendungen schafft. Die entscheidende Frage dabei ist, ob diese Nische so besetzt werden kann, dass sie auch angenommen wird. Dann stellt sich die Frage, wer diese Sendungen jugendgerecht auf den Weg bringt, damit sie auch angenommen werden. Es macht nämlich keinen Sinn, wenn man über eine Sendung bestimmt, für die sich Jugendliche aber nicht interessieren.

Deshalb wird die Frage zu lösen sein, wie man ein gutes Kinder- und Jugendprogramm entwickeln kann, damit dieser Schutzraum gegeben ist und gleichzeitig ein hochinteressantes Programm auf den Weg gebracht wird. Das ist die spannende Frage.

Die zweite Frage ist, wie weit man mit Selbstverpflichtungen und Kontrollen vorankommen kann. Wir wissen aus vielen Bereichen, dass Selbstverpflichtungen mit großen Schwierigkeiten behaftet sind; denn der Kommerz spielt immer eine Rolle. Das ist gar keine Frage.

Das kann man auch verstehen, und ich habe kein Problem damit.

Bei der vergangenen Debatte im Plenum zur Kriminalität in Medien habe ich folgenden Vorschlag gemacht: Bei der Medienpädagogik müssen wir an die Eltern herantreten. Es wird nicht ausreichen, Kinder und Jugendliche medienpädagogisch zu begleiten. Wir müssen an die Eltern herantreten. Das ist der Schlüssel. Die entscheidende Frage ist, ob wir die Eltern so gut informieren und medienpädagogisch in einen Stand versetzen können, dass sie es zu Hause so hinbekommen, dass Kinder und Jugendliche diese abscheulichen Gewaltsendungen nicht sehen.

(Beifall bei der FDP)

Die Frage ist, wie man es technisch schaffen kann, damit der Zugang versperrt bleibt. Das ist technisch zwar kein Problem, aber es muss zu Hause geschehen. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Eltern mehr für dieses Problem sensibilisieren. Eines ist klar: Medien prägen Meinungen, prägen aber auch Charaktere. Medien prägen auch Verhaltensweisen. Dies ist eine hohe Verantwortung und entspricht einer hohen Ethik. Es gibt aber Menschen, die aus anderen Gründen auf diese Ethik keinen Wert legen, sondern auf möglichst große Reichweiten abzielen und damit andere Ziele erreichen wollen. Dies geschieht teilweise in einer Form, die verwerflich ist. Das ist gar keine Frage.

Deshalb ist die Politik aufgerufen. Sie darf nicht hilflos daneben stehen, wie diese Technik voranschreitet.

Dies gilt schlussendlich auch für die Frage der Gebührenerhebung. Ich stehe eindeutig zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Bei dieser Vielzahl von Möglichkeiten wird die Frage zu diskutieren sein, wie wir die Gebühren gestalten können.

Man kann über vieles nachdenken. Man kann auch über Sperren nachdenken. Eines muss aber klar sein: Damit das hohe Gut des Kinder- und Jugendschutzes gewährleistet bleibt, benötigen wir ein interessantes Angebot,

(Glocke der Präsidentin)

eine Selbstverpflichtung, eine Regulierung und Pädagogik für Eltern. Eltern sind der Schlüssel dafür, dass Kinder einen Zugang bekommen oder nicht bekommen.

(Beifall der FDP)

Für die Landesregierung spricht Herr Staatssekretär Stadelmaier.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst einmal bin ich dankbar dafür, dass die SPD-Fraktion die Mündliche Anfrage zur Aussprache gestellt hat und von meinen Vorrednern zu dieser The

matik eine engagierte Diskussion geführt wurde, von der ich hoffe, dass sie einen ähnlichen öffentlichen Niederschlag findet wie die Diskussion zuvor; denn es handelt sich tatsächlich um ein wesentliches Thema für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft vor allen Dingen bei Kindern und Jugendlichen.

So wichtig und richtig es ist, dass der Mediensektor ein boomender Wirtschaftszweig ist und wir ihn in seiner Fortentwicklung unterstützen, weil er neue Inhalte ermöglicht, weil er Arbeit schafft und weil er technische Qualitätssprünge für den Kunden mit sich bringt, die hoch beachtlich sind, so notwendig ist es auch, die negativen Seiten dieser Entwicklung engagiert anzugehen und deutlich gegenzusteuern.

Es geht darum, dass man verhindert, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr wiedergutzumachende Schäden durch den Konsum verantwortungsloser Inhalte erleiden. Dabei geht es nicht nur um das Erziehungsrecht der Eltern. Das ist völlig klar. Das ist ein ganz hohes Gut, an dem wir anknüpfen müssen. Man kann Eltern aber auch nicht alleine lassen, weil ein wesentlicher Unterschied zwischen dem bisherigen Medienverhalten und dem besteht, was sich in der digitalen Welt auftut. Die Dauer des Fernsehkonsums lässt sich ziemlich leicht kontrollieren und gegebenenfalls sogar autoritär beenden.

Das Problem bei mobilen Empfangsgeräten ist, dass man de facto uneingeschränkten Zugang zu allen möglichen Inhalten an beliebigen Orten hat, die sich dem elterlichen Zugriff weitestgehend entziehen. Deswegen geht es aus unserer Sicht darum, zum Ersten klassische Gefahrenabwehr zu leisten. Dazu gibt es gesetzliche Maßnahmen, dazu wird es weitere geben. Wir haben sie dargestellt.

Da muss es das selbstverständliche Eingreifen von Jugendschutzbehörden, von Polizei und anderen geben, damit Dinge, die wir bei Kindern und Jugendlichen nicht sehen wollen, auch tatsächlich eingeschränkt werden.

Das Zweite ist die Vereinbarung – ich bin Herrn Vizepräsidenten Bauckhage dankbar für seine Ausführungen –, und zwar die freiwillige Vereinbarung über zulässige Inhalte. Diese zielt auf zwei Gruppen: Die erste sind diejenigen, die Angebote ins Netz einstellen, ob privat oder mit geschäftlichem Interesse, die zweite sind diejenigen, die diese Informationen verbreiten und daraus auch ein Geschäftsmodell machen. Das heißt, es muss sich an beide richten.

Das Dritte aus meiner Sicht ist, dass wir positive Inhalte und Räume schaffen und sie vor allen Dingen mit Geschäftsmodellen vereinbaren müssen. Das ist ein Problem.

Es ist ein Problem, dass mit guten Jugend- und Kinderinhalten kein richtiges Geschäft zu machen ist. Es ist schon eine Frage, die sich an die Medienindustrie in allererster Linie stellt, ob sie diesbezüglich nicht deutlich umsteuern muss.

Ich will das an einem anderen Punkt sagen, der einen Schatten auf Leipzig wirft. Es war eigentlich vereinbart,

dass sich die Medienindustrie an diesen Projekten beteiligt. Kurz vor Leipzig sind sie wieder ausgestiegen.

Ich muss sagen, das trifft bei mir auf absolutes Unverständnis; denn es handelt sich um milliardenschwere Medienmärkte. Man muss sich nur einmal die Aktienberichte der Unternehmen im Providerbereich anschauen.

Ich denke, es gehört zu einem Verständnis von Unternehmertum, das mit unserem Grundgesetz und unserer Rechtsauffassung in Einklang steht, dazu, dass es eine selbstverständliche Pflichtaufgabe von Unternehmen ist, sich an der Entwicklung solcher kinder- und jugendgerechter Räume im Internet zu beteiligen und ebenso daran, dass wirksame Selbstregulierung und Koregulierung auch tatsächlich zustande kommen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Es spricht noch einmal Frau Kollegin Pepper.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Bauckhage, ja, Sie haben recht, die technische Entwicklung geht in einem rasanten Maße weiter. Das heißt aber nicht, dass Politik ohnmächtig ist, sondern Politik die sehr schwierige Aufgabe hat, diese rasante Entwicklung mit neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen einzudämmen und zu konstruieren.

Ich will es noch einmal zusammenfassen. Der Schutz der Kinder im Internet und die gleichzeitige Ermöglichung des Internetnutzens für Kinder müssen auf drei Beinen stehen. Das ist für mich erstens die Stützung der Medienkompetenz für Kinder, insbesondere auch der Eltern – das ist in allen Wortbeiträgen dankenswerterweise gekommen – und aller anderen Pädagogen im Tagesstättenbereich und im Schulbereich.

Der zweite Punkt ist die Durchsetzung der rechtlichen Maßnahmen. Ich weise noch einmal darauf hin, dass wir mit dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag ein unglaublich gutes Instrument haben, das europaweit Beachtung findet und bezüglich dessen wir darum kämpfen, dass dem Standard dieses Gesetzes europaweit nachgefolgt und dies umgesetzt wird. Die Frage der Durchsetzung der Kontrolle dieses Gesetzes ist sicherlich auch eine wichtige Aufgabe.