Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Viva Familia – es lebe die Familie. Das ist eine zentrale Leitlinie rheinland-pfälzischer Familienpolitik. Das Thema wird ministerienübergreifend bearbeitet, wenn es um die Politik für Kindertagesstätten, wenn es um die Politik für Schulen geht, bei der Umweltpolitik, in der Medienpolitik, in der Verkehrspolitik, in der Wohnungsbaupolitik und in der Wirtschaftspolitik, beim Bereich Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir wollen, dass Kinder erwünscht sind. Wir wollen, dass sich Kinder in Rheinland-Pfalz wohlfühlen.
Die meisten Familien sind zum Glück starke Familien, die ohne Hilfe von außen auskommen. Dann gibt es noch die Angebote im Rahmen des Programms „Viva Familia“, die Unterstützung bieten, die Familienkompetenz zu stärken, für die Gesundheit der Kinder und Familien zu sorgen, für Arbeit und Ausbildung für junge Menschen. Ganz besonders sind die Hilfen für Familien in Notlagen zu nennen.
Für die SPD hat gerade der Schutz von Kindern einen besonderen Stellenwert. In Rheinland-Pfalz gibt es zahlreiche Maßnahmen, die die Familien unterstützen. Dazu gehört auch das im November letzten Jahres begonnene Modellprojekt „Guter Start ins Kinderleben“. Ich denke, unstrittig ist über alle Fraktionen hinweg, dass Familienpolitik eine zentrale Zukunftsaufgabe ist, mit deren Weiterentwicklung wir uns weiter befassen müssen. Rheinland-Pfalz ist ein kinderfreundliches Land. Die SPD will ein Land mit Kindern, in dem Kinder willkommen sind und in dem Kinder geliebt werden. Das ist kein neuer Ansatz der CDU. Frau Dickes, Sie wissen, wessen Initiative das Elterngeld war.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nur eine kleine Anmerkung machen. Frau Staatsministerin, Sie haben vorhin zu Recht betont, wir brauchen in der Erziehung die Allerbesten. Das heißt, das ist unser Zukunftspotenzial, die Kinder sind unsere Zukunft. Nur wenn sie eine glänzende Ausbildung haben, haben sie auch Chancen, später einen Beruf zu ergreifen, eine Familie zu gründen usw. Es stellt sich die Frage, wenn wir die Besten haben wollen und die Landesregierung die Eingangsbesoldung senkt, wie wir diese dann am Besten bekommen. Junge Leute, die eine Familie gründen wollen, schauen sich nach Alternativen um. Sie fragen herum und gehen dann in andere Bundesländer.
Das ist unser Problem. Ich sehe die Finanznöte. Darüber kann man diskutieren. Man muss sich aber auch die Folgen vor Augen führen, wenn man das macht. Junge Leute, die eine Familie gründen wollen, gehen dorthin bzw. fangen bei dem Arbeitgeber an, bei dem sie am meisten verdienen und nicht bei dem, der nichts anbietet. Das ist in der Wirtschaft genauso. Unser Appell lautet: Man sollte sich überlegen, ob das nicht kontraproduktiv ist, wenn man die besten Erzieherinnen und Erzieher haben will.
Vielen Dank. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Somit sind wir am Ende der Aktuellen Stunde und gehen in die Mittagspause bis 14:30 Uhr.
Bevor ich der Ministerin das Wort erteile, begrüße ich im rheinland-pfälzischen Landtag männliche und weibliche Mitglieder des Männergesangvereins Germania Betzdorf. Herzlich willkommen!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Herren und Damen! Kaum ein anderes Thema hat unser Land in den vergangenen Jahrzehnten stärker und kontroverser beschäftigt als die Frage einer gelingenden Integration von Migrantinnen und Migranten in unser Gemeinwesen. Dabei sind wir gerade in den letzten zehn Jahren konzeptionell, aber auch real ein großes Stück weitergekommen. Integration bedeutet – das ist heute Konsens – einen langfristigen und wechselseitigen Prozess zwischen Zuwanderern und aufnehmender Gesellschaft. Das heißt, Integration wird von beiden Seiten gestaltet und schließt für beide Seiten auch Veränderung ein.
Diese Auffassung von Integration macht klar, dass wir offener geworden sind, freier, wir Vielfalt als Chance, als Normalität begreifen, mit der wir uns täglich auseinandersetzen. Integration ist sozusagen im Alltag angekommen – dort, wo wir wohnen, leben und arbeiten. Gemeinsam gestalten wir diesen Alltag, nicht immer konfliktfrei, aber auch das gehört dazu!
Meine sehr geehrten Herren und Damen, in RheinlandPfalz leben heute schätzungsweise 600.000 Migrantinnen und Migranten von der ersten bis zur dritten und mittlerweile auch vierten Generation, knapp 300.000 von ihnen mit ausländischer Staatsangehörigkeit.
Das heißt also, durchschnittlich 15 % der Gesamtbevölkerung unseres Landes oder jeder Siebte hat Migrationshintergrund, wobei der Anteil der jungen Menschen innerhalb der nachwachsenden Generation noch viel höher liegt. In der Gruppe der unter 30-Jährigen beträgt er fast 19 %.
Weit über dem Durchschnitt von 15 % liegt auch der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund in Ballungszentren wie Ludwigshafen, Mainz oder Koblenz. In Mainz und Koblenz beläuft er sich auf etwa 30 % und in Ludwigshafen auf rund 40 %.
All diese Menschen leben in ihren Familien mit uns zusammen, als Arbeitskolleginnen und -kollegen, Nachbarn, Mitschülerinnen und Mitschüler unserer Kinder oder ganz einfach als unsere Freunde. Das heißt vor allem: Sie bilden keine Nischengruppe mehr!
Sie sind selbstverständlicher Bestandteil der rheinlandpfälzischen Bevölkerung. Und ebenso selbstverständlich ist es für uns, dass diese Menschen ein fester Bestandteil aller politischen Programme unserer Regierung sind!
Bund und Länder arbeiten heute gemeinsam daran, Integrationspolitik zu gestalten. Als herausragende Beispiele nenne ich hier die Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes, das Zuwanderungsgesetz und auch den Nationalen Integrationsplan, der gemeinsam von Bund und Ländern gestaltet wird und an dessen Erarbeitung Rheinland-Pfalz aktiv beteiligt ist.
Deutschland ist Einwanderungsland – meine sehr verehrten Herren und Damen –, und das ist endlich Konsens!
Meine sehr geehrten Herren und Damen Abgeordnete, die Erarbeitung eines nationalen Integrationsplans macht deutlich, dass wir mit Integration mehr meinen als „nur“ die Verpflichtung des Staates zur Erstintegration durch Sprach- und Orientierungskurse. Integration umfasst heute alle Bereiche des täglichen Lebens: Wohnen, Arbeit, Bildung, Gesundheit, soziale Sicherheit, Kultur und Familie. Dementsprechend muss Integrationspolitik alle Gesellschaftsbereiche, alle Ressorts und alle Gesetze durchdringen. Sie braucht Steuerung und Konzept. Sie braucht ein bestimmtes Ziel.
Meine sehr geehrten Herren und Damen, unser Ziel ist die gleichberechtigte Teilhabe von Migrantinnen und Migranten in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens!
Deshalb wird die Landesregierung noch vor der Sommerpause ein Integrationskonzept vorlegen, das Maßnahmen zur gleichberechtigten Teilhabe der Migrantinnen und Migranten in unserem Land intensiviert und weiterentwickelt!
Zu den unabdingbaren Voraussetzungen gelingender Integration gehört ein Klima von Toleranz, Akzeptanz, Achtung und gegenseitiger Wertschätzung. Dabei hat die Politik die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für ein solches Klima in unserer Gesellschaft zu schaffen, das heißt, ein Miteinander zu fördern, das Missverständnisse aufklärt, Konflikte vermeidet, Ausschreitungen verhindert und den sozialen Frieden sichert.
Die Landesregierung wird deshalb weiterhin aktiv gegen jede Form von Extremismus, Rassismus und Antisemitismus auftreten, zum Beispiel durch die Präventionsarbeit von Verfassungsschutz und Polizei, durch Informationsveranstaltungen für junge Menschen oder das Aussteigerprogramm „(R)Auswege“.
Extremismus, Rassismus und Antisemitismus haben auch in Zukunft keinen Platz bei uns, genauso wenig wie jede Form von Diskriminierung in unserem alltäglichen Miteinander.
Als gutes Beispiel für eine nachahmenswerte Maßnahme nenne ich hier die Dienstvereinbarung zur Bekämpfung von Diskriminierung und zum Diversity Management in meinem Ministerium.
Das alles reicht aber nicht aus! Denn unser Miteinander wird heute, nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, durch die veränderte Sicherheitslage und durch den internationalen Terrorismus bedroht. Aufgeschreckt durch verheerende Anschläge sowie extreme islamische Gruppen auch in unserem Land sind viele Menschen verunsichert, fühlen sich gefährdet und begegnen Migrantinnen und Migranten mit Angst und Argwohn. Auch der Islam wird vielfach nur noch als Bedrohung oder Gefahr für unsere Demokratie und ein friedliches Miteinander gesehen.
In Deutschland leben zurzeit etwa 3 Millionen Muslime, in Rheinland-Pfalz etwa 100.000. An den rheinlandpfälzischen allgemeinbildenden Schulen gibt es rund 28.000 muslimische Schülerinnen und Schüler. Der Islam ist heute die drittstärkste Religionsgemeinschaft. Gemeinsam mit allen friedliebenden Muslimen verurteilen wir Terror und Gewalt aufs Schärfste! Das ist wichtig!
Meine Herren und Damen, genauso wichtig ist es aber, unseren Dialog mit den Migrantinnen und Migranten in dieser Situation zu verstärken! Wir brauchen neue Formen der Kommunikation, des Ringens um ein gutes Miteinander in den Kommunen, den Ländern und auf Bundesebene.
Spätestens die Auseinandersetzungen um den dänischen Karikaturenstreit und die Mozart-Oper „Idomeneo“ haben klargemacht, dass die vorauseilende Schere im Kopf der falsche Weg ist und zur Verantwortung für Verständigung nicht nur Rücksichtnahme, sondern vor allem auch das selbstbewusste Eintreten für die Werte unserer Verfassung, für unsere Grundfreiheiten gehört.
Meine Herren und Damen, eine Verständigung ohne die Anerkennung unserer Grundfreiheiten kann es nicht geben!