Meine Damen und Herren, in den 90er-Jahren hatten wir die letzte Bleiberechtsregelung oder die Altfallregelung. Jeder der damals Beteiligten wusste aufgrund der Situation von 1989 und aufgrund des Gelernten, dass wir irgendwann über weitere Regelungen reden müssen. Herr Abgeordneter Noss, es gab unterschiedliche Einschätzungen der CDU-geführten und SPD-geführten Länder. Auch innerhalb der Regierungen war es unterschiedlich.
Es gab Unterschiede in den Parteien und Regierungen, und zwar egal, welcher Couleur sie angehörten. Es gab Unterschiede, wie man damit umgehen will und was man tun sollte. Es war sicherlich so, dass das Land Rheinland-Pfalz immer wieder, damals durch Walter Zuber, dann durch mich, darauf hingewiesen hat, dass wir eine Regelung brauchen, die den Menschen hilft und die uns aus dieser fatalen Situation führt.
Es gab Menschen, bei denen wir wussten, dass sie nicht in die Gebiete zurückgeschickt werden konnten, über die wir reden. Dazu gehört der Kosovo usw. Wir bringen sie deshalb nicht in Arbeit, weil sie kein Aufenthaltsrecht haben, und sie bekommen kein Aufenthaltsrecht, weil sie keine Arbeit haben. Diesen Zustand haben wir durchbrochen. Wenn dies nur eins gewesen wäre, wäre es schon sehr gut gewesen, weil es uns in eine Situation bringt, den Menschen zu helfen.
Die heutige Linie liegt mir nicht in allen 480 Seiten vor, sondern mir liegen nur die wichtigen Dinge vor. Ich war Mitakteur bei verschiedenen Konferenzen der Innenminister und Mitakteur vertreten durch das Innenministerium in verschiedenen Arbeitsgruppen. Ich will die Dinge nennen, über die wir reden. Wir reden im neuen Gesetz über die Umsetzung von EU-Richtlinien, die EU-weit gelten.
Dazu gehört die Frage der Aufnahme von Flüchtlingen und wie wir damit umgehen. Wir reden auch über das, was angesprochen worden ist, nämlich eine Bleiberechtsregelung. Das ist keine Altfallregelung. Diese ist sehr weitgehend und konnte in der Form noch nie in der Bundesrepublik vorgelegt werden, und zwar egal, unter welcher Bundesregierung das war.
Von daher gesehen ist das schon der zweite Punkt, bei dem unter Abwägung aller Bedingungen gesagt werden muss, hier kann man nur zustimmen.
Frau Kohnle-Gros hat es angesprochen. Es sind die Puristen, die von der Rechtmäßigkeit her argumentieren und sagen, sie müssen zurück. Sie haben nicht zur Kenntnis genommen, dass die Tatsache eine andere ist, dass sie hier sind und nicht raus können. Die Puristen sind immer weniger geworden. Die Pragmatiker haben gesagt, wir haben die Menschen und wollen sie nicht, können sie aber nicht wegschicken. Wir wollen ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Diese sind stärker geworden.
Wir haben auch über das Staatsangehörigkeitsrecht gesprochen. Das war im Bundesrat in der letzten Woche Thema. Dies wird in dem Gesetz geregelt. Es geht vieles schnell verloren. Können Sie sich erinnern, dass wir uns vor knapp einem Jahr über folgende Fragen unterhalten haben: Wie sieht es aus, wenn jemand Deutscher werden will? Welche Kriterien sind zu erfüllen? Wie sieht es mit der Sprachkompetenz aus? Wie sieht es mit der Frage des Rechts und der Fähigkeit aus, zu begreifen, dass wir ein Rechtsstaat sind? – Wir haben diese berühmten Tests erörtert. Auch das wird geregelt.
Rheinland-Pfalz hätte gerne wie viele andere aus unterschiedlichen Gründen ein bisschen mehr gehabt. Wir hätten sehr gern die Fristen von sechs auf vier Jahre für diejenigen verkürzt, die sich hier integriert haben. Sechs Jahre war schon für viele Kollegen ein großer Schritt, den sie gegangen sind. Man muss das akzeptieren. Aus verschiedenen Blickwinkeln waren die Schritte für die einzelnen Akteure nicht einfach. Sie müssen ihre Mehrheiten in den Parlamenten sichern. Wir müssen solche Schritte auch dann akzeptieren, wenn sie klein sind und zum Erfolg führen.
Wir hätten gern diese Fristen verkürzt. Wir hätten damals gern sehr schnell eine Situation im Bereich der Arbeitsaufnahme gehabt. Ich muss mich ausdrücklich bei Franz Müntefering und Herrn Schäuble bedanken, die gemeinsam versucht haben, eine Lösung zu finden. Ich habe den Ministerpräsidenten immer auf dem Laufenden gehalten, weil wir es ohne die Ministerpräsidenten der großen Parteien nicht geschafft hätten, dieses durchzusetzen. Das sage ich nicht, weil er gerade hier
Meine Damen und Herren, ich denke dieser Kompromiss ermöglicht es uns, Menschen zu helfen. Ich will nicht im Detail vorlesen, um was es geht. Herr Auler hat auf einige Dinge hingewiesen.
Ich bedanke mich bei allen im Landtag vertretenen Fraktionen. Ich habe das am Anfang getan und möchte es wieder tun. Rheinland-Pfalz ist immer sehr weit in der Frage gegangen, wie wir mit den Menschen und den Schicksalen umgehen und ob wir einen Weg finden können. Es waren nicht nur Sozialdemokraten und Liberale, sondern auch Kollegen der CDU und der Grünen, die Briefe geschrieben haben und um Lösungen gebeten haben. Sie waren so fair, dies nicht zu thematisieren, wenn es Lösungen in die eine oder andere Richtung gegeben hat. Es gab viele gute Gespräche. Dafür bedanke ich mich ausdrücklich: Ohne diese wäre es nicht gegangen.
Rheinland-Pfalz hat 2004 im Vorgriff auf die Regelung 2005 eine Regelung getroffen, die andere Länder nicht getroffen haben, nämlich Menschen aus der Kettenduldung herauszunehmen und ihnen ein Aufenthaltsrecht zu geben. Sie wissen, das Aufenthaltsgesetz ist am 1. Januar 2005 in Kraft getreten. Wir haben schon damals über 2.000 Fälle lösen können.
Deswegen sehe ich das auch mit einer relativen Gelassenheit und Klarheit, weil wir eine Härtefallkommission haben, die viele Härtefälle aufgenommen hat. Alles können wir nicht lösen und werden wir auch zukünftig nicht lösen können, weil es immer noch unrechtmäßige Einreisen gibt. Das werden wir auch weiter so betreiben.
Wenn ich ein Fazit ziehe, dann denke ich, dass mit dieser Bleiberechtsregelung bei aller Abwägung und bei dem, was mir persönlich nicht gefällt, wir uns über die Frage der Ausstattung des geplanten Tests unterhalten müssen. Wir müssen uns über Fragen unterhalten, wie wir das mit der Sprachkompetenz machen. Sie ist hinsichtlich der Staatsangehörigkeit auf B 1 festgeschrieben. Ich will Sie damit nicht langweilen, aber das heißt, sie müssen ein Gespräch führen können, und sie müssen lesen und schreiben können. Dagegen sagen wir im Zureiseteil – so nenne ich es einmal –, wenn ein Flüchtling kommt, reicht A 2, das heißt, er kann zumindest die Überschrift in der „Bild“-Zeitung lesen. Ich übertreibe das jetzt etwas.
Von daher gesehen haben wir unterschiedliche Voraussetzungen. Wir werden uns darüber zu unterhalten haben, weil ich nicht will – damit will ich auch schließen –, dass wir nach Katalog vorgehen, indem wir sagen, wir haben einen Fallkatalog mit den Nummern 1 bis 17, und wenn der Bewerber einen Punkt davon nicht erfüllt, aber alle anderen, dann fliegt er heraus. Ich bin schon der Meinung, wir haben dann auch die Aufgabe zu sehen, wie sich die Familien – meistens geht es um Familien – integriert haben, ob es Integrationsschwerpunkte gibt, ob es Hinweise gibt, dass sich die Familien noch besser integrieren. Dann werden wir auch über die Hürde kommen, die hier genannt worden ist – soweit ich das im Kopf habe, von dem Abgeordneten Auler –, was mit
denen 2009 geschieht. Die Innenminister haben eigentlich eine innere Vereinbarung, dass wir über diese Frage dann im Lichte des Jahres 2008 reden, weil wir auch wissen, dass wir dann bestimmte Entscheidungen nicht nach dem Motto „Das interessiert uns nicht, die schieben wir jetzt ab“ treffen können, sondern wenn sie sich integrationswillig zeigen, werden wir sie auch integrieren und hierbehalten wollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es besonders begrüßenswert, dass der Kompromiss, wie er in Berlin jetzt auf dem Tisch liegt, die Zustimmung aller drei Fraktionen dieses Hauses gefunden hat. Das war bei diesem Thema nicht immer so. Deswegen ist das besonders begrüßenswert.
Die Diskussion ist heute natürlich etwas anders, als wenn die GRÜNEN hier noch säßen; denn dann würden wir eine andere Diskussion erleben, so wie sie in Berlin gelaufen ist. Ich weiß nicht, ob Sie die Presseerklärung der Vorsitzenden der GRÜNEN gelesen haben. Da fragt man sich nur, ob sie das nicht gelesen hat, was dort auf dem Papier steht, oder ob sie es einfach nicht zur Kenntnis nehmen will. Hier geht es um Tausende von Menschen, denen jetzt die Möglichkeit geschaffen wird hierzubleiben, weil sie aus Gründen, die uns allen bekannt sind, nicht in ihre Heimat zurück geschoben werden können, wie es so schön heißt.
Die Diskussion, wie sie in Berlin zum Teil im Bundestag geführt wird, hat meines Erachtens mit der Wirklichkeit nichts zu tun.
Frau Kohnle-Gros, Sie haben gefragt, aus welchem Grund Herr Kollege Noss jetzt die Diskussion im Lande angefacht hat. Die Antwort hat nicht der Herr Innenminister gegeben, sondern bereits der Kollege Auler. Wenn Sie aufgepasst haben, haben Sie mitbekommen, dass Herr Kollege Auler gesagt hat, in Rheinland-Pfalz seien von den ca. 6.000 Menschen ca. 3.000, die von dieser Möglichkeit jetzt Gebrauch machen könnten. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Anlass, um über dieses Problem zu reden.
Wir haben vor nicht allzu langer Zeit über ein Vorkommnis in Koblenz geredet, als eine Familie abgeschoben wurde. Dort sind der Innenminister und der Staatssekretär wüst beschimpft worden. Nachher gab es ein Urteil, das offengelegt hat, was tatsächlich dahintergesteckt hat, wo der Minister und auch der Staatssekretär völlig zu Recht gesagt haben, das könne so nicht bleiben. Ich warte heute noch auf eine Entschuldigung, auch von bestimmten Stellen aus. Ich finde das nicht in Ordnung, wenn man vom Gericht bescheinigt bekommt, dass man
Sie haben eben gesagt, das seien anscheinend die Gutmenschen der SPD, die jetzt jubeln würden. Wenn das die Gutmenschen sind, was sind Sie denn dann? Ich würde daher mit solchen Begriffen vorsichtig sein. Ich denke, wir sind in diesem Sinne alle Gutmenschen, da wir alle hier im Hause diesen Kompromiss begrüßen. Darüber sollten wir froh sein.
Ich meine, wir sollten auch nicht so viel darüber reden, dass sie nur geduldet seien. Das ist ein Schritt humanen Verhaltens, dass wir jetzt eine Regelung haben, damit Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht abgeschoben werden können, jetzt wirklich einmal eine für sie überschaubare Perspektive bekommen. Das ist doch etwas ganz Positives. Da muss man nicht über die Frage der Duldung oder Nichtduldung streiten. Das ist völlig unwichtig für mich.
Das war wohl der Einstieg für Herrn Stoiber, dann mitzumachen, für Bayern eine Sonderregelung zu bekommen. Die Bayern werden sehr schnell darauf kommen, dass es für sie viel teurer wird, wenn sie die Sonderregelung wählen; denn dann müssen die Kommunen selbst bezahlen, während das über Hartz IV läuft, wenn sie die allgemeine Regelung mitmachen. Ich glaube nicht, dass die Bayern nicht rechnen können.
Frau Präsidentin, vielen Dank! Manchmal wird man auch missverstanden. Ich weiß nicht, was ich jetzt Falsches gesagt habe. Es ging mir nur darum, dass er sich so sehr von dem Gesetzeswortlaut oder von den Verhandlungen wegbewegt hatte und sehr auf das Menschliche abgestellt hat. Da habe ich einfach darauf hinweisen wollen, dass er das jetzt ein bisschen in den Vordergrund gestellt hat und die Fakten nicht ganz so sauber dargestellt hatte.
Ich will aber auch noch etwas anderes sagen, weil jetzt doch auch noch ein paar Regelungen aus den allgemeinen Beratungen angeklungen sind – der Frauentag ist noch nicht so lange her –, was doch ein wichtiger Punkt in der Frage auch im Zusammenhang mit Sprachkennt
nissen ist. Die Heraufsetzung des Zuzugsalters für Ehegatten wird helfen, dass das Problem dieser Zwangsverheiratungen, die auch ein ziemliches Problem bei der Integration, nicht nur bei der Würde der Frauen usw., darstellen, jetzt im Zusammenhang auch noch einmal geregelt wird.
Ich will auch noch einmal sagen, dass wichtig ist, dass in diesem ganzen gesetzgeberischen Zusammenhang die Fragen der Integration in allen Schattierungen noch einmal eine große Rolle gespielt haben und noch einmal Ausformungen erfahren. Verschiedene Dinge sind genannt worden. Das möchte ich jetzt nicht noch einmal ansprechen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein – wir in unserer Bevölkerung in Deutschland, und zwar der Deutschstämmigen, aber auch zum Teil der Menschen mit Migrationshintergrund –, dass deutlich werden muss, dass alle Menschen hier an einem Strang ziehen müssen, dass sie sich auf unsere gesetzlichen Grundlagen auch beziehen müssen und wir dann – das sage ich hier für die CDU-Fraktion –, erst dann, wenn uns das noch ein Stück weit mehr gelungen ist als derzeit, auch wieder ein Stück weiter denken können. Das wollen wir vielleicht einmal aus ganz anderen Gründen noch einmal weiterdenken bei all diesen Fragen.
Ich will das jetzt im Einzelnen gar nicht alles ausführen. Dafür reicht auch nicht die Zeit. Wir müssen aber diese Integration noch mehr forcieren. Sie muss uns noch besser gelingen, auch für unser gesamtes Staatsvolk und für unsere Bevölkerung und auch für unsere Zukunft als Deutschland; denn wir werden all diese Menschen, die hier leben und leben wollen, in Zukunft brauchen. Das ist ein ganz wichtiges Ziel, das mir bei der ganzen Sache im Auge ist.
Zukunft der Hauptschulen Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der FDP – Drucksachen 15/277/410/730 –
dazu: Zukunft der Hauptschulen – Perspektiven für junge Menschen Antrag der Fraktion der FDP – Drucksache 15/780 –
Sofortprogramm für die Hauptschulen in Rheinland-Pfalz ab dem Schul- jahr 2007/2008 Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 15/864 –