Protocol of the Session on May 30, 2006

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2. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 30. Mai 2006

Die Sitzung wird um 14:00 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich eröffne die Sitzung und begrüße Sie alle herzlich an diesem Nachmittag.

Zu schriftführenden Abgeordneten berufe ich Frau Abgeordnete Kathrin Anklam-Trapp und Frau Anke Beilstein.

Herr Lelle ist am 21. Mai 2006 60 Jahre alt geworden. Ich übermittele Ihnen die Glückwünsche des ganzen Hauses. Alles Gute für Sie!

(Beifall im Hause)

Als Gäste auf der Zuschauertribüne begrüße ich deutsche Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schule Bad Dürkheim und polnische Schülerinnen und Schüler des bilateralen Schülerprojekts mit der Schulpartnerschaft Kluczborok, Woiwodschaft Oppeln. Seien Sie herzlich willkommen bei uns im rheinlandpfälzischen Landtag!

(Beifall im Hause)

Es handelt sich heute um eine ganz besondere Sitzung mit der Abgabe der Regierungserklärung. Ich begrüße ganz herzlich unter uns Herrn Professor Dr. KarlFriedrich Meyer sowie drei ehemalige Abgeordnete, und zwar Herrn Udo Reichenbecher, Herrn Klaus Hammer und Frau Ise Thomas. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Ich rufe den einzigen Punkt der Tagesordnung auf:

Abgabe der Regierungserklärung durch den Ministerpräsidenten

Ich gehe davon aus, dass der Tagesordnung nicht widersprochen wird, und darf Sie, Herr Ministerpräsident, bitten, Ihre Regierungserklärung abzugeben.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Wählerinnen und Wähler haben am 26. März meiner Partei den Auftrag zur Regierungsbildung gegeben. In diesem Votum steckt nicht nur ein überwältigender Vertrauensvorschuss für die Zukunft, sondern es ist zugleich die Bestätigung für die Politik einer Regierung, die seit 1991 von Sozialdemokraten und Freien Demokraten gemeinsam gestellt worden ist. Aus dem Mittelfeld kommend ist unser Land in dieser Zeit in die Spitzengruppe der Länder aufgestiegen. Dieser Aufstieg spiegelt sich in guten Wirtschafts-

und Arbeitsmarktdaten wider. Er ist das Ergebnis einer ebenso erfolgreichen wie vertrauensvollen und fairen Zusammenarbeit zwischen den bisherigen Koalitionspartnern.

Ich möchte dafür herzlich danken – der Fraktion der Freien Demokratischen Partei, namentlich Herrn Herbert Mertin, Herrn Rainer Brüderle und insbesondere Herrn Hans-Artur Bauckhage, meinen bisherigen Stellvertreter.

(Beifall der SPD und vereinzelt bei der FDP)

Meinen Dank verbinde ich mit dem Angebot an die Fraktionen der Freien Demokraten wie auch der Christdemokraten zur fairen Zusammenarbeit. Lassen Sie uns um die besten Ideen für unser Land ringen!

Die Menschen in Rheinland-Pfalz haben ihre Wahlentscheidung mit Erwartungen für die Zukunft unseres Landes verbunden, die sie an die neue Regierung und an die sie tragende Fraktion richten. Diese Erwartungen werden wir nicht enttäuschen. Wir werden an die Leistungen und Erfolge der vergangenen Jahre anknüpfen, aber wir werden uns nicht darauf ausruhen.

Es wird keinen Bruch mit der bisherigen Politik der Landesregierung geben – wohl aber einen neuen Aufbruch! Wir werden alles tun, um den Aufstieg dieses Landes fortzusetzen. Wir Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wir Bodenständigkeit mit Tatkraft und Kreativität verbinden. Dafür steht diese neue Regierung!

Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir ein Wort in eigener Sache: Wie Sie wissen, hat mir meine Partei ein neues Amt aufgetragen, das mir zweifellos eine größere bundespolitische Verantwortung gibt und zugleich unser Land und seine Regierung bundespolitisch stärker in den Blick rückt. Ich versichere Ihnen und allen Bürgerinnen und Bürgern von Rheinland-Pfalz nachdrücklich: Ich werde mich weiterhin mit ganzer Kraft für unser Land einsetzen. Gerade auch denjenigen Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Stimme bei der Wahl einer anderen Partei gegeben haben oder nicht gewählt haben, versichere ich: Diese Regierung weiß sich dem Wohle aller Menschen in unserem Land verpflichtet! Diese Regierung will mit der Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger zum Erfolg kommen.

(Beifall der SPD)

Die Menschen verlangen von uns zu Recht Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit:

Antworten auf die Globalisierung, die Unternehmen wie Arbeitnehmer einem immer schärferen internationalen Wettbewerb aussetzt,

Antworten auf die Alterung unserer Gesellschaft und den prognostizierten Bevölkerungsrückgang in vielen Regionen und

Antworten auf den Ausschluss von zu vielen Menschen von Arbeit, Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe.

Ein handlungsfähiges Gemeinwesen ist die zentrale Voraussetzung dafür, dass wir diese Herausforderungen bestehen können.

Verehrte Damen und Herren, wir sind in die Politik des Bundes und der Europäischen Union eingebunden. Ich betone ausdrücklich: Wir unterstützen die Bundesregierung in ihrer Politik der Stärkung der wirtschaftlichen Dynamik, der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der behutsamen Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme.

Wir Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer sind überzeugte Europäerinnen und Europäer schon aufgrund der Lage unseres Landes im Herzen Europas und unserer guten nachbarschaftlichen Beziehungen. Wir stehen zum gemeinsamen Integrations- und Verfassungsprozess und wollen Europa aktiv mitgestalten.

Aber: Diese Landesregierung wird sehr darauf achten, dass die Interessen der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer in Berlin und in Brüssel nicht unter die Räder kommen.

Verehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Landesregierung folgt einem klaren Leitbild: Wir wollen durch unsere Politik wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Erfolg mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Vernunft verbinden. Diese Ziele sind für uns gleichrangig. Sie bedingen sich wechselseitig. Soziale und ökologische Verantwortung dürfen nicht einseitig dem Diktat der Ökonomie unterworfen werden. Aber ebenso gilt: Grundlage für ein menschliches und erfolgreiches Gemeinwesen ist und bleibt eine solide ökonomische Basis. Nur in einer starken Wirtschaft finden Menschen Arbeit. Deshalb ist es vorrangiges Ziel dieser Landesregierung, die wirtschaftliche Erfolgsgeschichte unseres Landes fortzuschreiben.

Wir verknüpfen wirtschaftliche Dynamik mit sozialer Verantwortung. Dies bedeutet vor allem: Jede und jeder in diesem Land – gleich welcher sozialen Herkunft – muss die Chance haben, am gemeinsam erarbeiteten Wohlstand teilzuhaben. Kein Kind, kein Jugendlicher, kein Erwachsener darf am Wegrand zurückgelassen werden!

(Beifall der SPD)

Deshalb stehen Bildung und Ausbildung im Zentrum unserer Politik. Die Chance, Bildung zu erwerben und am gesellschaftlichen Wohlstand teilzuhaben, darf nicht von der sozialen Herkunft und vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Gut ausgebildete Menschen sind das Zukunftspotential unseres Landes!

Wir wollen den wirtschaftlichen Aufstieg dieses Landes fortsetzen – mit neuem Schwung und mit neuen Ideen. Wir setzen dabei bewusst auf die Stärke unserer Wirtschaft, die Kreativität und Beharrlichkeit unserer Bürgerinnen und Bürger, auf einen starken, lebendigen Mittelstand, auf die Exportstärke unserer Industrie, auf Innovationen in Forschung und Wissenschaft, auf neue Technologien, auf eine gute Infrastruktur und nicht zuletzt auf die Stärke unserer Städte und der ländlichen Räume. Damit knüpfen wir an die erfolgreiche Politik der

bisherigen Koalition an, die unser Land vorangebracht hat.

Drei Schwerpunkte unserer Wirtschaftspolitik möchte ich nennen:

Erstens: Wir nehmen in dieser Legislaturperiode eine Milliarde Euro für neue Impulse in der Wissenschaft, der Infrastruktur und der Wirtschaft in die Hand.

Zweitens: Wir machen Rheinland-Pfalz zum „Land des modernen Mittelstands“.

Drittens: Wir starten eine Technologieoffensive.

(Beifall der SPD)

Verehrte Damen und Herren, eine Milliarde Euro für Investitionen – das ist wirklich viel Geld. Die eine Hälfte dieser Investitions-Milliarde setzen wir für eine neue Mobilitätsoffensive ein, um die Infrastruktur in unserem Land weiter zu verbessern. Die andere Hälfte investieren wir in wichtige Projekte der Wirtschaftsförderung, vor allem aber in Hochschulen, Wissenschaft und Forschung. Damit machen wir deutlich: Wir setzen auf Zukunftstechnologien und wissenschaftliches Know-how. Dies wird gerade kleinen und mittleren Betrieben zugute kommen!

Meine Damen und Herren, es sind die vielen mittelständischen Betriebe, die kleinen und mittleren Unternehmen und deren Beschäftigte, die Handwerkerinnen und Handwerker, die dieses Land zum Aufsteigerland gemacht haben. Der Mittelstand ist ein leistungsfähiger Motor: Er bringt die Wirtschaft voran, er schafft Arbeitsplätze, er bringt die Gesellschaft voran. Ich sage aus tiefster Überzeugung: Diese neue Regierung bekennt sich zum Mittelstand!

(Beifall der SPD)

Wir bauen daher auf die Innovationskraft und den Mut unserer mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer. Deshalb werden wir die bisherige Mittelstandspolitik nicht nur fortsetzen, sondern wir wollen Rheinland-Pfalz zum „Land des modernen Mittelstands“ ausbauen.

Neben der Konzentration unserer Wirtschaftsförderung auf kleinere und mittlere Betriebe werden wir einen Mittelstandslotsen als zentralen Ansprechpartner für mittelständische Unternehmen einsetzen. Er soll den berechtigten Interessen von Gewerbetreibenden und Unternehmen ein stärkeres Gewicht verleihen. Wir werden unseren mittelständischen Unternehmern helfen, neue Absatzmärkte zu erschließen – nicht zuletzt auch über die Kontakte mit unseren Partnerregionen in aller Welt.

Wir werden den Mittelstand verstärkt in die Technologieförderung einbeziehen und mit unseren Finanzierungsinstrumenten seine finanzielle Basis stärken. Gerade bei Infrastrukturprojekten setzen wir auch auf öffentlichprivate Partnerschaften und werden dafür ein eigenes Kompetenzzentrum einrichten, das die Interessen des Mittelstands besonders im Blick hat.

Den Abbau überflüssiger Bürokratie werden wir mit aller Kraft vorantreiben und Genehmigungsverfahren weiter beschleunigen. Dabei beziehen wir den Sachverstand aus der Wirtschaft und den Gewerkschaften bewusst mit ein. Ich möchte, dass Investoren auch in fünf Jahren sagen: „Nirgendwo werden Genehmigungsverfahren schneller abgewickelt als bei euch in Rheinland-Pfalz!“

(Beifall der SPD)

Wir sind uns bewusst, wir brauchen in unserem Land mehr Menschen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Ein Schwerpunkt unserer Wirtschaftspolitik wird deshalb die gezielte Förderung von Unternehmensgründungen sein. Dazu wollen wir unsere Förderinstitutionen wie die Investitions- und Strukturbank, die Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz, den Gründungswettbewerb und die Multimedia-Initiative besser miteinander vernetzen und die Beratung von Gründerinnen und Gründern intensivieren. Über die Investitions- und Strukturbank soll das notwendige Beteiligungs- und Risikokapital bereitgestellt werden. Ansprechen wollen wir hierbei besonders die Gruppen, die bisher im Schatten der Gründerförderung standen: die über 50-jährigen Frauen und Männer sowie die Einwanderinnen und Einwanderer der zweiten und dritten Generation.