Protocol of the Session on February 8, 2007

Ich bitte, das auch der Ministerin so weiterzugeben.

Dabei möchte ich allerdings auch den Partnerinnen und Partnern auf diesem Weg, insbesondere den weiteren Leistungserbringern wie den Wohlfahrtsverbänden, aber auch den örtlichen Trägern der Sozialhilfe, also den Kommunen, genauso wie den Gesundheitskassen, den Rehaträgern und nicht zuletzt den Selbsthilfegruppen der Betroffenen danken.

(Beifall bei der CDU)

Der Schutz vor Diskriminierung, die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und der Abbau von Barrieren werden uns nur mit einer gemeinsamen Anstrengung gelingen.

Warum legt uns nun die Landesregierung den zweiten Bericht über die Umsetzung des Landesgesetzes vor? – Die Landesregierung muss berichten, weil der Landtag es bei der Verabschiedung des Landesgleichstellungsgesetzes für notwendig befunden hat, die Lage der behinderten Menschen in Rheinland-Pfalz und die Wirkungen dieses Gesetzes zu beobachten. Das war schon im Entwurf der Landesregierung in § 13 so vorgesehen.

Die Richtigkeit und Notwendigkeit dieses gesetzlichen Berichtsauftrags hat sich im Gesetzgebungsverfahren für uns alle so eindeutig bestätigt, dass die Berichtspflicht durch Änderungsanträge aller drei Fraktionen noch detaillierter und umfassender formuliert wurde; denn neben viel Lob über das Gesetz als solches wurden von einigen anzuhörenden Verbänden und Experten Sorgen über die Wirksamkeit des Gesetzes geäußert.

Herr Dröscher ist schon darauf eingegangen. Das Gesetz würde nach ihrer Erwartung wegen seiner zum Teil so einschränkenden Formulierungen und fehlenden Umsetzungsfristen nicht mit dem nötigen Nachdruck verwirklicht.

Wir waren der Auffassung, durch die Veränderung in den Köpfen und ohne Überforderung zum Beispiel durch Fristsetzungen gleichwohl eine zwar langsamere, aber doch spürbare Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen zu erreichen, hielten aber die Beobachtung durch Berichte der Landesregierung für erforderlich.

Nun müssen wir bei diesem Bericht feststellen – und das ist für uns etwas der Wermutstropfen an dem neu vorgelegten Bericht –, dass er bei weitem nicht den gesetzlichen Anforderungen, die wir in § 13 formuliert haben, genügt. Hiernach müsste auf die Situation am Arbeitsmarkt, gegliedert nach den einzelnen Gruppen behinder

ter Menschen, eingegangen werden und eine geschlechtsspezifische und nach Ressortbereichen gegliederte statistische Darstellung der Entwicklung der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen, und zwar nicht nur im Landesdienst, sondern auch in den in § 5 Satz 1 genannten Behörden eingegangen werden.

Hier wird allerdings nur auf die Beschäftigungssituation im Landesdienst eingegangen, und die genannten Behörden, worunter zum Beispiel die Kommunen fallen, bleiben gänzlich außen vor.

Also zusammengefasst hat die Regierung über die Lage der behinderten Menschen in Rheinland-Pfalz, die Umsetzung des Landesgesetzes und die Beschäftigungssituation in den eben genannten Dienststellen zu berichten, wie ich es einmal übergreifend nennen will.

Tatsächlich finden wir eine Wiedergabe der Politik der Landesregierung zugunsten behinderter Menschen, was einer Regierungserklärung recht nahe kommt. Das Ganze ist geschmückt mit einigen – gemessen an dieser umfassenden Berichtspflicht – eher dürftigen Fakten.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, das ist dann die kleine Rüge, die wir heute erteilen. Uns wäre es schon wichtig, etwas deutlicher den Berichtsauftrag erfüllt zu sehen.

Ich werde jetzt bei meinen Anmerkungen zu dem Bericht, den ich natürlich nicht wiedergebe, darauf eingehen, was uns zum Beispiel fehlt, weil dieses Gesetz, das zur Debatte steht, nicht nur das Landesgleichstellungsgesetz ist, sondern dieses Landesgesetz zur Herstellung vergleichbarer Lebensverhältnisse ein Artikelgesetz mit über 70 Artikeln war und das Landesgleichstellungsgesetz nur der erste Artikel ist.

Wir haben viele Gesetze geändert. Wir haben auch Prüfungsordnungen geändert. Wir haben zum Beispiel das Kindertagesstättengesetz, das Schulgesetz oder auch die Landesbauordnung geändert, und zwar mit inhaltlichen Änderungen, die zur Verbesserung der gleichwertigen Lebensverhältnisse beitragen sollten. Deshalb fehlen nach meiner Ansicht hier schon noch einige Aussagen im Bericht.

Zum Beispiel kommen wir auf den Arbeitsmarkt zu sprechen: Es gibt in Ihrem Bericht drei Tabellen auf Seite 4 der Drucksache, die die Beschäftigungsquote im Landesdienst wiedergeben, aber die Beantwortung der Frage, wie die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen in den Behörden, also in den Gemeindeverwaltungen, in den Verbandsgemeindeverwaltungen und in den Stadtverwaltungen aussieht, bleiben Sie schuldig.

Wir müssen bei der Lage der Behinderten in RheinlandPfalz feststellen, dass bei den älteren Behinderten ab 65 eine Entwicklung im Gange ist, die unseres Erachtens in diesem Bericht auch mit einigen in die Zukunft blickenden Anmerkungen der Landesregierung hätte versehen sein müssen.

(Beifall der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Wir haben zum Beispiel einen Anstieg der Menschen mit Behinderung ab 65 Jahren in der Zeit von 1995 bis 2005 um 22 %, und wir wissen aufgrund der Demografiedebatten, dass dieser Anstieg deutlich weitergehen wird. Wir müssen bei diesen älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern einen überproportionalen Anstieg auch der Behinderung feststellen.

Diese steigt nämlich nicht nur um 22 %, sondern um 29 %. Wenn ich wirklich einen Lagebericht zur Situation der Behinderten geben möchte, hätte meines Erachtens auch eine Aussage der Landesregierung hineingehört, wie sich das auf die Hilfesysteme auswirkt.

(Beifall der CDU)

Müssen wir nicht schon jetzt einen Ausbau dieser Hilfesysteme planen, um dem auf uns zukommenden Bedarf in den nächsten Jahren gerecht werden zu können?

Wir müssen auch feststellen, dass die Landesregierung die Beschäftigungsquote nicht erfüllt. Sie verfehlt sie allerdings knapper als in den vergangenen Jahren. Ich stelle ausdrücklich positiv fest, dass sie sich auf einem guten Weg befindet.

Dabei freut mich ganz persönlich die positive Entwicklung beim Innenministerium. Vielleicht kann man das dem Kollegen ausrichten. Anscheinend hat das Förderprogramm fruchtbaren Boden gefunden und in den Polizeipräsidien eröffnen sich ganz neue Chancen für die Beschäftigung Schwerbehinderter. Das freut uns.

Zum Thema „Übergang Schule, Ausbildung und Beruf“: Ein Bericht zur Lage der behinderten Menschen in Rheinland-Pfalz sollte an dieser Stelle auch Fakten benennen. Wie viele Schülerinnen und Schüler mit Behinderung haben in den vergangenen Jahren die Förderschulen oder die integrativen Schulen verlassen – mit oder ohne Abschluss –, und wie viele hiervon haben einen Ausbildungsplatz oder weiterführende schulische Bildungsplätze gefunden? Ich meine, das wäre eine ganz wichtige Aussage über die Lage schwerbehinderter Menschen in Rheinland-Pfalz, die wir leider vermissen.

Es werden die Programme dargestellt, und es wird auch dargestellt,

(Glocke des Präsidenten)

dass es hier und da einen Ausbau der integrativen Angebote gibt, aber es gibt noch eine Reihe offener Fragen. Wir sind deshalb sehr dankbar, dass wir diese im Ausschuss erörtern können.

Zum Schluss für uns noch einmal ein positives Fazit, so wie das von Herrn Dröscher schon gesagt wurde: Er gibt einen guten Überblick über das, was an Hilfemaßnahmen in Rheinland-Pfalz läuft. Wir wollen lediglich noch ein wenig mehr Fleisch an den Knochen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Peter Schmitz das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich dem Lob meiner Vorredner auf die Leistungen der Landesregierung in dem Bereich an, den der zweite Bericht über die Umsetzung des Landesgesetzes zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen beschreibt. Ich gehe noch ein wenig über das hinaus, was Herr Dröscher gesagt hat, der unsere Zahlen im Verhältnis zu den Zahlen der Bundesrepublik gelobt hat, der aber insgesamt natürlich mit einer Quote von 100 % noch zufriedener wäre. Herr Kollege Dröscher, ich bin der Meinung, dass, wenn man sich die Entwicklung dieser Zahlen ansieht, wir kein Wasser in den Wein gießen, sondern – so wie ich das eingangs gesagt habe – auf die Leistungen stolz sein sollten, die von allen Parteien mitgetragen werden.

Ich will in das Lob ganz persönlich auch Herrn Staatssekretär Auernheimer einschließen, der sich nicht nur durch die Erfüllung seiner Amtsobliegenheiten, sondern mit Herz und Kreativität um diesen Bereich kümmert.

(Beifall der FDP und der SPD)

Meine Damen und Herren, ich stelle eine breite Übereinstimmung bei allen Fraktionen fest, dass Menschen mit Behinderung zu Teilhabe, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung zu verhelfen sind. Wenn der Bericht statt dieser drei Parameter noch Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung beschreibt, muss ich sagen – dies allerdings nur am Rande –, dass mir Eigenverantwortung lieber ist als Gleichstellung, weil Gleichstellung sich für mich immer als etwas darstellt, was ich als Zielprojektion verfolgen kann, was aber nie erreichbar sein wird. Das Wort vom Gleichsein ist für einen Liberalen sehr schwierig. Wir denken immer in den Dimensionen der Chancengerechtigkeit und in der Dimension gleicher Chancen, aber nicht in den Dimensionen der kompletten Gleichstellung. Wenn das Herr Kollege Dröscher ebenso wie Frau Kollegin Thelen in ihre Sprachregelung aufgenommen haben, freue ich mich darüber.

Meine Damen und Herren, es gibt aber auch noch Herausforderungen, die zu lösen sind. Das ist selbstverständlich, klar und relativiert mein Lob nicht. Gerade deshalb erlaube ich mir, sieben Punkte zu beschreiben, bei denen ich noch Verbesserungsbedarf sehe.

Frau Kollegin Thelen, vorab gehe ich auf das ein, was Sie zur Unterrichtung selbst angemerkt haben. Auch ich bin der Meinung, dass Bereiche fehlen. Das gilt insbesondere für den Bereich der Integration von Kindern in Tagesstätten und Schulen. Dieser Bereich kommt mir zu kurz. So hat jeder eine andere Schwerpunktsetzung. Allerdings sehe ich auch, dass der Bericht jetzt schon fast 100 Seiten umfasst. Man muss auch aufpassen, dass wir nachher nicht in einer Bleiwüste herumirren. Wir haben die Chance, ihn im Ausschuss zu bespre

chen. Auch ich teile diesen Wunsch und unterstütze die Überweisung an den Ausschuss.

Darüber hinaus haben wir selbstverständlich bis zum nächsten Bericht die Möglichkeit, parlamentarische Anfragen einzubringen. Der Bericht, um es positiv zu formulieren, bietet dafür einen weiten Raum.

Es gibt sieben Punkte, mit denen ich – ich meine, da stehe ich nicht alleine – noch nicht ganz zufrieden bin.

Das ist einmal der Bereich der Barrierefreiheit, der schon bei der Verabschiedung des Gesetzes Thema war. Das ist ein Bereich, bei dem wir uns noch stärker als bisher von dem Bereich der baulichen Barrierefreiheit lösen müssen. Wir müssen die Barrierefreiheit als ein weiterreichendes, übergeordnetes Gut verstehen.

Ein zweiter Punkt, der eher grundsätzlicher Natur ist, ist der Umgang der Gesellschaft mit den Teilen der Gesellschaft, die behindert sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind nicht die anderen. Ein Viertel der rheinland-pfälzischen Bevölkerung über 65 Jahre zählt zur Gruppe der Menschen mit Behinderungen. Also eins, zwei, drei, vier, und man ist dabei. Das kann jeden von uns treffen. Das sind eben nicht die anderen. In der Dimension von Familien gedacht trifft es statistisch gesehen jede Familie. Das müssen wir uns klar machen, wenn wir über dieses Thema sprechen. An der Selbstverständlichkeit, die in Skandinavien schon Raum gegriffen hat, wie eine Gesellschaft mit Menschen mit Behinderung umgeht, mangelt es noch.

Noch etwas zur Sprachregelung: Ich würde mich freuen – auch wenn ich mich selbst manchmal verspreche –, wenn man vom Terminus des behinderten Menschen endgültig zum Terminus Menschen mit Behinderung übergeht. Das ist, wenn auch sprachlich sehr nah verwandt, vom Grundsatz her etwas ganz anderes.

Meine Damen und Herren, der dritte Kritikpunkt ist eher technischer Natur. Wir haben schon gehört, das Budget für Arbeit wird modellhaft erprobt. Bevor dieses Modell evaluiert ist, sagt man, man werde es auf das gesamte Land ausdehnen. Ich habe von diesem Modell bisher einen guten Eindruck gewonnen. Eile mit Weile, aber das Thema ist zu wichtig, um es der hektischen Tagespolitik zu opfern. Wir sollten uns die Zeit nehmen, das solide auszuwerten. Dann sollten wir entscheiden. Das ist ein Appell insbesondere an die Landesregierung.

Beim vierten Punkt stehe ich nicht im Dissens zu dem, was zuvor gesagt wurde. Die Integration von Kindern mit Behinderungen in Kindertagesstätten und Schulen ist uns allen ein Herzensanliegen, aber nicht als Entwederoder. Ich will kein System – so habe ich auch meine Vorredner verstanden –, in dem wir die komplette Integration von Kindern mit Behinderungen anstreben, so wie wir bisher eine Schwerpunktsetzung an Förderschulen hatten. Es mag sein, dass wir auf eine Schwerpunktsetzung in Richtung Integration hinauslaufen, aber für viele Kinder mit Behinderungen ist das nicht der richtige Weg. Das müssen wir uns vor Augen halten. Wir müssen auch bedenken, dass Kinder mit Behinderungen in den Klassen und Schulen so aufgenommen sein müssen, dass der schulische Erfolg insgesamt beiden Grup

pen ungeschmälert möglich ist, nämlich für Menschen mit und ohne Behinderungen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist eine Illusion!)

Frau Kollegin Kohnle-Gros, das ist keine Illusion. Das ist ein eine Frage der Genauigkeit und der Abgrenzung dessen, was man tut. Ihr Einwurf sagt mir, dass Sie das Thema von Ihrem Standpunkt aus vielleicht noch nicht in der Intensität betrachtet haben. Dieser Zielkonflikt ist lösbar. Andere Länder beweisen das.

Der fünfte Punkt bezieht sich auf die Auswertungen des Landesrechnungshofs. Da hat sich die Landesregierung einige Punkte anmerken lassen müssen. Ich nenne nur die Ausgabenreste, aber auch die mangelhafte Abwicklung einzelner Fördermaßnahmen. Einzelne Punkte wurden seitens der Landesregierung schon eingeräumt, und es wurde Besserung versprochen. Bei anderen Punkten ist das noch nicht der Fall. Da muss noch ein wenig nachgearbeitet werden.