Protocol of the Session on December 6, 2006

Es ist überhaupt nicht weit hergeholt. Die Eingangsbesoldung trifft immer Jüngere.

(Ministerpräsident Beck: Nicht immer!)

Sie trifft in der Regel Jüngere. Wenn es de facto so ist, dann ist es eine mittelbare Diskriminierung. Jedenfalls kommt durchaus der Anwendungsbereich dieses Gesetzes infrage. Ich stimme Ihnen zu, dass dieses Gesetz Ausnahmetatbestände vorsieht, nach denen eine solche mittelbare Diskriminierung durchaus möglich ist. Dort ist nicht festgehalten, dass die leere Staatskasse ein Ausnahmetatbestand ist, der das rechtfertigt.

(Beifall der FDP)

Deshalb habe ich schon meine Zweifel, ob unter diesem Gesetz diese von Ihnen vorgesehene Einschränkung zulässig ist. Ich meine, es wäre durchaus sinnvoll, dies zu überprüfen.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Beck)

Herr Ministerpräsident, es ist aus meiner Sicht schon sehr schlüssig. Neueinstellungen treffen in der Regel Jüngere. Es wird niemand neu eingestellt, wenn er 55 Jahre alt ist. In der Regel ist eine bestimmte Altersklasse betroffen.

(Ministerpräsident Beck: Egal, wer es ist, er wird gleich behandelt!)

Genau. Es trifft nur Sie. Sie wollen den Haushalt konsolidieren, und Sie konsolidieren nur bei denjenigen, die noch gar nicht da sind. Alle die, die da sind, werden privilegiert. Das ist nach diesem Gesetz ein Problem. Ich meine, deswegen rentiert es sich, dies zu überprüfen.

(Ministerpräsident Beck: Dann darf es auch keine Besoldungsstufen mehr geben!)

Herr Kollege, das ist etwas, was unter Umständen als Folge dieses Gesetzes zu überprüfen ist. Das sehe ich durchaus so. Als Zwischenfazit möchte ich festhalten, dass die notwendige Haushaltskonsolidierung nicht in dem Umfang angegangen wird, wie es uns zum Beispiel von der Bertelsmann Stiftung empfohlen wird.

(Beifall der FDP)

Dies ist aus meiner Sicht unter dem Stichwort der Chancengerechtigkeit ein Problem. Wenn wir den Haushalt nicht konsolidieren, werden zukünftige Generationen zusätzlich belastet. Wir werden den finanzpolitischen Spielraum für zukünftige Generationen einschränken, was aus unserer Sicht nicht sein sollte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, unter dem Aspekt der Chancengerechtigkeit haben wir auch unsere Änderungsanträge eingebracht.

Herr Kollege Hartloff, ich gebe zu, dass man das unterschiedlich bewerten kann. Wir haben im Bildungsbereich – Sie haben es zu Recht erwähnt – gemeinsam die Sprachförderung auf den Weg gebracht. Sie haben gesagt, Sie hätten keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass es funktionieren wird.

Frau Kollegin Morsblech hat auch Gespräche geführt. Aus denen ergibt sich, dass es Schwierigkeiten gibt, das geeignete Personal zu bekommen, und es bisher noch

unklar ist, nach welchen Kriterien das abgehen wird und ob die angegebenen Stundenzahlen reichen werden. Auch soll keine Evaluation durchgeführt werden.

Deswegen haben wir gemeint, wäre es vielleicht sinnvoll, zusätzlich 2 Millionen Euro in diese Richtung umzuschichten, um sicherzustellen, dass das, was wir gemeinsam wollten, dass nämlich derjenige, der in die Grundschule kommt, auch gut Deutsch kann, wirklich erreicht wird. (Beifall der FDP)

Dies tun wir – das haben Sie zu Recht ausgeführt –, indem wir die Beitragsfreiheit für weitere Kindergartenjahre als die, die wir gemeinsam beschlossen haben, zurückstellen. Die nächste Stufe der Freistellung soll insgesamt 7 Millionen Euro betragen. 2 Millionen Euro haben wir in den Bereich der Sprachförderung umgesetzt.

Wir sind der Überzeugung, dass es im Sinne der Chancengerechtigkeit auch wichtig ist, diese Umsetzung vorzunehmen, und zwar nicht nur in die Sprachförderung, sondern auch in die Hauptschulen, weil viele Absolventinnen und Absolventen der Hauptschulen ohne Abschluss die Hauptschule verlassen und deswegen geringere Chancen haben.

Aus unserer Sicht haben sich die Arbeitsweltklassen durchaus bewährt. Nach Auskunft der Landesregierung auf unsere Große Anfrage hin hätten 60 % derjenigen, die eine solche Arbeitsweltklasse besuchen, in eine Lehrstelle vermittelt werden können. Aus diesem Grund halten wir es für sinnvoll, dieses Instrument auszubauen, um die Chancen der Schülerinnen und Schüler am Lehrstellenmarkt zu verbessern.

(Beifall der FDP)

Herr Kollege Hartloff, das ist aus unserer Sicht mehr und im Sinne der Chancengerechtigkeit wirksamer, als mit der Gießkanne alle vom Kindergartenbeitrag freizustellen, und zwar auch einen Minister. Das sollte meines Erachtens so nicht gemacht werden.

Wir haben an der Stelle eine andere Abwägung vorgenommen, als Sie sie treffen. Das respektiere ich. Genauso gut erlaube ich mir darzustellen, dass es aus unserer Sicht sinnvoller ist, diejenigen, die sich nicht selber helfen können, mit entsprechenden Maßnahmen zu unterstützen, als mit der Gießkanne alle zu beglücken, Frau Kollegin.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Wenn wir genügend Geld hätten, hätte ich nichts dagegen, die Kindergartenbeiträge für alle freizustellen. Wir haben aber nicht genügend Geld. Wir stellen fest, dass wir noch Baustellen haben, die noch nicht zu Ende gebaut worden sind. Diese müssen erst zu Ende gebaut werden.

(Beifall der FDP)

Herr Kollege Hartloff, Sie hatten formuliert, wir wollten 12,5 Millionen Euro sogenannte ESF-Mittel – das sind

die Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds – abzweigen. Das klingt so, als ob es nicht zulässig wäre, dieses Geld für die Zwecke einzusetzen, die wir vorsehen.

(Zuruf des Abg. Hartloff, SPD)

Uns ist es nicht leicht gefallen, diesen Vorschlag zu machen. Wir sehen schon, dass die Mittel, die dort eingesetzt wurden, einem sinnvollen Zweck zugeführt werden. Hierbei handelt es sich um Mittel, die von der Bundesanstalt für Arbeit zum Teil bei uns im Land eingesetzt werden. Insgesamt waren es 88 Millionen Euro. Des Weiteren geht es um Mittel des Landes und der Europäischen Union in Höhe von 36 Millionen Euro.

Wir sehen schon, dass diese durchaus sinnvollen Zwecken zugeführt werden. Wir sehen aber auch, dass die Konjunktur anspringt, die Arbeitslosenzahlen zurückgehen und die Bundesanstalt für Arbeit Milliardenbeträge an den Bundeshaushalt zurücküberweist. Vor diesem finanzpolitischen Hintergrund fragen wir uns, ob es sinnvoll ist, die ESF-Mittel nicht zum Teil dahin umzuschichten, wo wir Nachholbedarf haben, nämlich in den Bereich der Wissenschaft.

(Beifall bei der FDP)

Die Situation stellt sich so dar, dass auf europäischer Ebene beschlossen worden ist, bis zum Jahr 2010 3 % des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aufzuwenden. Das ist etwas, worauf sich Bund und Länder im Juni ebenfalls geeinigt und dies so festgelegt haben. Deshalb meinen wir, ist es durchaus gerechtfertigt, darüber nachzudenken, diese Mittel zum Teil umzusteuern, weil wir in Rheinland-Pfalz, was diese Mittel angeht, nicht ganz vorne stehen. Das muss man in aller Ehrlichkeit sagen. Wir haben nach einer Statistik, die ich dem „Handelsblatt“ entnehmen konnte, einen hinteren Platz mit lediglich 1,77 % Anteil am Bruttoinlandsprodukt, während die Spitzenbundesländer weit über 3 % liegen. Insofern gilt es, sie etwas zu steigern.

Wir meinen, vor dem Hintergrund der anspringenden Konjunktur und der sich daraus ergebenen Chancen ist es verantwortbar, 12,5 Millionen Euro aus diesem Bereich in den Bereich Wissenschaft und Forschung umzutransferieren.

(Beifall der FDP)

Es ist dies auch nach unserer Überzeugung und nach den Richtlinien der Europäischen Union möglich. Dort ist es ausdrücklich genannt, dass für Wissenschafts-, für Technologietransfer und für Postgraduiertenförderung solche Mittel eingesetzt werden können.

(Beifall der FDP)

Deshalb halten wir es für gerechtfertigt, an der Stelle eine solche Umschichtung vorzunehmen.

(Zuruf des Abg. Creutzmann, FDP – Hartloff, SPD: Darüber kann man streiten! Das war nicht der Mittelpunkt meiner Ausführungen!)

Ich will nicht sagen, dass diese Abwägung einfach ist. Das will ich gerne akzeptieren. Aber ich meine, sie ist durchaus vertretbar.

Herr Kollege Hartloff, wenn das Landeskindermodell ausgesetzt wird, wie Sie es vorhin ausgeführt haben und wie Herr Ministerpräsident Beck es bereits gestern Abend auf der Veranstaltung angekündigt hat, so ist das aus Sicht meiner Fraktion zumindest ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.

Herr Ministerpräsident, ich habe gestern sehr wohl zugehört, als Sie begründet haben, weshalb Sie persönlich gegen Studiengebühren sind. Ich kann das menschlich sehr gut nachvollziehen. Ich stamme aus einer Familie, die eine Zeit lang in einem Land gelebt hat, in dem Schulgeld bezahlt werden musste.

Das war für meine Eltern mit vier Kindern eine Kraftanstrengung. Ich bin dankbar, dass sie das gemacht haben, sonst würde ich heute nicht hier stehen. Ich weiß wohl, was das bedeutet.

Ich meine aber, dass sich unser Land – auch was die Möglichkeiten der Hilfe angeht – ein Stück weit weiterentwickelt hat. Ich meine, dass wir schon im Interesse unserer Studenten darüber nachdenken müssen, ob die völlige Ablehnung solcher Gebühren der Weisheit letzter Schluss ist.

(Beifall der FDP)

Es ist ja nicht so, dass die FDP-Fraktion mit wahrer Freude diesen Gebühren nachrennt. Das ist nicht unser Ziel.

Wenn wir es schaffen könnten, unsere Hochschulen so auszustatten, dass sie im Wettbewerb mit den anderen, ohne Gebühren zu erheben, mithalten können, dann ist das für uns kein Problem. Wir haben nur die Sorge, dass uns dies nicht gelingen wird, weil die Länder um uns herum, die solche Gebühren erheben, natürlich über die Gebührenerhebung den Universitäten erheblich mehr Mittel zur Verfügung stellen können, als wir es bisher tun konnten.

Die haben dann einen Attraktivitäts- und Qualitätsvorsprung, dem wir gegebenenfalls nicht folgen können. Dann stellt sich plötzlich das Nichterheben von Gebühren als großer Nachteil heraus, weil die Studenten, die bei uns dann studieren, gegebenenfalls nicht mehr die gleiche Qualität erhalten können, wie sie sie in anderen Ländern bekommen. Ich bin nicht allein mit dieser Einschätzung, auch der neue Präsident der Universität Mainz teilt diese.

Ich meine, es lohnt sich doch, darüber nachzudenken, ob wir es nicht hinbekommen, Gebühren in der Weise zu erheben, dass sie sozialverträglich sind, und Fälle, wie Sie sie gestern Abend genannt haben, trotzdem verkraften können, im Interesse des Ganzen, damit wir gut ausgestattete, gute Hochschulen haben, an denen unsere Studenten eine gute Perspektive entwickeln können.