Frau Thelen, Sie sagen jetzt: „Geben Sie mehr Geld in die Kommunen, dann brauchen wir solche Projekte nicht.“– Ich darf das verkürzen. Das greift deshalb zu kurz, weil man sich letztlich fragen sollte oder kann, warum wir überhaupt Familienpolitik in Rheinland-Pfalz brauchen, wenn wir letztlich sagen: „Geben Sie den Kommunen genug Geld, dann brauchen wir solche Programme in Rheinland-Pfalz nicht.“
Ich glaube, wir brauchen alle politischen Ebenen, Bund, Land und Kommunen, um innovative und effektive Familienpolitik zu gestalten.
Ich bin bei Punkt 2, Alten- und Pflegehilfe. Wie wichtig dieser Aspekt vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung ist, brauche ich nicht weiter zu erläutern, glaube ich. Zwei Punkte sind mir dabei wichtig. Wir müssen es den Menschen möglich machen, so lange wie möglich zu Hause leben bleiben zu können. Deshalb haben wir einen Entschließungsantrag eingereicht, weil wir das für außerordentlich wichtig halten. Ich möchte der Ministerin persönlich für ihre Qualitätsoffensive „Menschen pflegen“ danken, die in Rheinland-Pfalz tatsächlich zu einem erheblichen Umdenken beigetragen hat. Ich bin der Landesregierung dankbar für die unterschiedlichen und sehr wichtigen Projekte, die im Bereich der Pflege laufen.
Ganz wichtig ist auch, dass der Ansatz „Zuschüsse an ambulante Pflegeeinrichtungen“ für die Jahre 2007 und 2008 erheblich erhöht worden ist. Damit wird noch einmal unterstrichen, wie wichtig dieser Paradigmenwechsel von stationär zu ambulant ist. Das gilt nicht nur bei der Altenpflege, sondern auch bei Menschen mit Behinderungen. Dazu komme ich gleich.
Meine Damen und Herren, ich denke, das wir in der Pflege in Rheinland-Pfalz mit den unterschiedlichen Projekten uns sehr gut sehen lassen können. Das gilt auch für den Haushalt.
Jetzt komme ich zu den Menschen mit Behinderungen. Dort ist es wichtig, dass wir gemeindenahe integrierte Wohnformen weiter vorantreiben, wie wir das bisher von der Landesregierung sehen und wie wir das von der Regierungsfraktion nachhaltig unterstützen. Wichtig ist aber auch, dass das Betreuungsangebot noch individueller gestaltet werden kann. Darum sind solche Projekte „Selbst bestimmen – Hilfe nach Maß für behinderte Menschen“ mit dem persönlichen Budget für Menschen mit Behinderungen außerordentlich wichtig.
Ich nenne einen dritten wichtigen Punkt für Menschen mit Beeinträchtigungen. Das ist der Arbeitsmarkt. Wir haben es in Rheinland-Pfalz aufgrund der unterschiedlichen Initiativen des Landes und natürlich auch mithilfe der Kommunen geschafft, dass die Arbeitslosenquote schwerbehinderter Menschen in Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren erheblich abgebaut werden konnte. Bun
Meine Damen und Herren, damit bin ich beim vierten und letzten Schwerpunkt, den ich Ihnen erläutern wollte. Das betrifft die Arbeitsmarktpolitik. Seit vielen Jahren sind die arbeitsmarktpolitischen Instrumente, die wir in Rheinland-Pfalz haben, von außerordentlich großer Bedeutung. Es ist nicht umsonst so, dass RheinlandPfalz das drittbeste Ergebnis bezüglich der Arbeitslosenquote hat. Wir liegen derzeit bei exzellenten 7,1 %. Ich bin fest überzeugt, dass wir dieses hervorragende Resultat ohne die vorhandenen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nicht erreichen würden.
Meine Damen und Herren, darum glaubt die SPD, dass diese Maßnahmen unerlässlich für die Politik unseres Landes sind. Wir haben dazu einen Entschließungsantrag formuliert. Ich nenne Beispiele, weil Statistiken immer so anonym sind, Menschen mit Behinderungen, die ich eben schon erwähnt hatte, junge Menschen ohne Arbeit, die diese Qualifikationsmaßnahmen brauchen, um wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden zu können, Frauen und Langzeitarbeitslose. All diese Menschen brauchen diese arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, um auf dem Arbeitsmarkt wieder eine Chance haben zu können.
Frau Thelen, Sie haben die Technologieberatungsstellen angesprochen. Darüber hatten wir im Ausschuss gesprochen. Um dem Missverständniss vorzubeugen, dass wir diesen Technologieberatungsstellen etwa keine Bedeutung mehr beimessen würden, habe ich im Ausschuss schon darauf hingewiesen, dass diese Technologieberatungsstellen im Haushalt explizit benannt sind. Sie sind in die allgemeinen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen eingeflossen. Das hängt mit den veränderten Strukturen der Arbeitsmarktpolitik und der Drei-SäulenStruktur zusammen, die nach den Änderungen im SGB II im Land Rheinland-Pfalz stattgefunden haben. Wir halten das weiter für sehr wichtig. Wir halten auch daran fest, meine Damen und Herren.
Ich komme nun zu den Anträgen. Ich werde bei der FDP auf den wesentlichen Antrag zu sprechen kommen, nämlich Zuweisungen aus dem Europäischen Sozialfonds sowie andere EU-Mittel, die Sie von 18 Millionen Euro um 12,5 Millionen Euro kürzen wollen. Ich glaube, dass Sie da einen Denkfehler gemacht haben. Diese Mittel sollen in den Hochschulbereich übertragen werden. Diese Mittel sind so, wie sie im Haushalt ausgeschrieben sind, zwingend zweckgebunden. Das heißt, rein rechtlich gibt es Schwierigkeiten, weil sich das, was Sie jetzt mit Ihrem Antrag fordern, nämlich diese Übertragung der 12,5 Millionen Euro in den Hochschulbereich, nach meiner Auffassung nicht mit dem EURecht deckt.
Aha, Sie sagen „doch“. Da sind unsere Juristen anderer Auffassung. Ich schätze, darüber werden wir noch diskutieren müssen.
Aber selbst wenn es so wäre und es juristisch möglich wäre – was ich nicht glaube –, ist es nach Auffassung der SPD-Fraktion unstrittig, dass wir diese 12,5 Millionen Euro für die Arbeitsmarktpolitik des Landes Rheinland-Pfalz brauchen. Wir können sie nicht umschichten.
Zum Antrag der CDU-Fraktion: Ich finde es bedauerlich, dass Sie in Ihrem Antrag globale Minderausgaben in Höhe von 6 Millionen Euro fordern.
Dazu komme ich gleich noch. – Das meine Damen und Herren, kann ich wirklich nicht begreifen, schon gar nicht in der Sozialpolitik.
Das ist die klassische Politik nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“, damit man dann in die Wahlkreise gehen und sagen kann: Wir wollten keine arbeitsmarktpolitischen Mittel kürzen, wir hatten globale Minderausgaben; das konnte gestaltet werden, wie immer die Regierung das wollte, wir waren nicht schuld. – Das ist, wie ich finde, alles andere als kreative Sozialpolitik und alles andere als mutige Politik.
Sie haben recht, Frau Thelen: Wir haben die Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in den letzten Jahren, von 2002 bis 2005, um 10 Millionen Euro heruntergefahren, aber im Gegensatz zu sämtlichen Anträgen der CDU-Fraktion Schritt für Schritt, im Laufe der Jahre gut entwickelt und immer in Absprache mit den Trägern.– Das, was Sie in den letzten Jahren an Kürzungen im Arbeitsmarkt beantragt haben, hätte unsere arbeitsmarktpolitische Struktur völlig über den Haufen geworfen.
Meine Damen und Herren, nun ein direkter Appell an die Sozialpolitiker. Sie wissen, dass der Einzelplan 06 nur in ganz geringem Maße frei zu gestalten ist. In diesem Haushalt spiegeln sich sehr viele Aufgaben wider, die gesetzlich einfach umgesetzt werden müssen. Das Land Rheinland-Pfalz muss insoweit vollziehen.
In diesem Haushalt gibt es 38 Millionen Euro, die zur freien Verfügung sind, und von diesen 38 Millionen Euro wollen Sie wiederum 6 Millionen Euro streichen. Das würde zwingend darauf hinauslaufen, dass wir die wichtigen Beratungsstellen in der Familienpolitik oder die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen streichen müssten; etwas anderes fällt mir tatsächlich nicht ein. Weil Sie keinen Hinweis geben, wohin die Reise bei den Kürzun
Meine Damen und Herren von der CDU, ich bitte Sie also, beim nächsten Haushalt hinsichtlich der Kürzungen konkreter zu werden, damit wir dann auch wissen, wovon wir sprechen, und damit wir damit auch umgehen können. Das, was Sie uns im Sozialetat an Vorschlägen vorgetragen haben, halte ich geradezu für unvermittelbar.
Meine Damen und Herren, die Politik, die wir am Regierungsentwurf des Einzelplans 06 sehen können, ist verlässlich durchdacht. Der Einzelplan ist gerecht, und er steht unter der Überschrift sozialer Verantwortung, und er ist die Fortführung erfolgreicher Sozialpolitik in Rheinland-Pfalz.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was die Sozialpolitik angeht, ist Rheinland-Pfalz nicht irgendein Bundesland. In entscheidenden sozialpolitischen Bereichen gingen von Rheinland-Pfalz über die letzten Jahrzehnte Impulse aus, die Bedeutung für die ganze Bundesrepublik erlangten.
Die FDP hat diese rheinland-pfälzische Sozialpolitik oft in Regierungsverantwortung begleitet und mitverantwortet. Auch während der letzten Legislaturperiode wurden umfangreiche sozialpolitische Aktivitäten entwickelt, es gab effizienzsteigernde Maßnahmen im Ministerium selbst, im Verwaltungsumfeld des Ministeriums, aber vor allem gab es einen sozialpolitischen Paradigmenwechsel, der mit dem Begriff des Förderns und Forderns überschrieben wird. Diese Begrifflichkeit hat auch Eingang in die praktische Politik gefunden.
Ich erwähne in diesem Zusammenhang das – viele werden es schon vergessen haben – Mainzer Modell, den Umbauversuch des ehemaligen Sozialministers Gerster bei der Bundesagentur für Arbeit und auch die Hartz-Gesetze I bis IV.
Es gab viele weitere unterschiedliche Konzepte, Modellversuche, Dinge, die in der letzten Legislaturperiode erfolgreich umgesetzt wurden. Darauf bin ich gemeinsam mit der Regierung stolz, und das prägt auch meine Einlassungen zum heutigen Doppelhaushalt.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich lässt sich nicht übersehen, dass es in dieser Zeit auch neue Herausforderungen gab, die man einfach nicht ignorieren kann. Wir haben bei der Integration von Menschen mit
Migrationshintergrund zunehmende Probleme zu beklagen. In diesem Zusammenhang begrüße auch ich die Eingliederung der Ausländerbeauftragten in das Ministerium. Ich denke, diese Funktion gehört dahin, und damit ist gewissermaßen auch eine Aufwertung verbunden, was den Aufgabenbereich angeht.
Wir haben auch – die Kollegin Thelen hat darauf hingewiesen; es lässt sich nicht von der Hand weisen – immer noch massive Probleme bei der Umsetzung von Hartz IV. Die Zeit der Einführungsphase, auch die Zeit des Gefühls, dass das nicht von heute auf morgen funktionieren kann, ist zwei Jahre nach Beginn dieses Programms endgültig vorbei. Das will ich betonen. In diesem Zusammenhang mache ich genau wie meine Vorredner der Landesregierung das Kompliment, dass sie für Rheinland-Pfalz hinsichtlich der Kosten der Unterkunft so viel herausgeholt hat. Ich bin überzeugt davon, das wird Rechtsbestand haben; denn Rheinland-Pfalz wird nicht bevorzugt, sondern Nachteile von RheinlandPfalz werden ausgeglichen.
Weitere ernst zu nehmende Probleme sind die außergewöhnlichen Schul-, Bildungs- und Aufstiegshandicaps vor allem von Kindern aus bildungsfernen Schichten, auch solchen mit deutschen Eltern. Die Unterschicht von heute als Unterschicht von morgen – da tickt eine Zeitbombe.
Wir haben zunehmend Probleme im Bereich der Sozialversicherungssysteme und deren Auswirkungen eben auch auf Rheinland-Pfalz, beispielsweise GesundheitsJahrhundertreformen mit immer kürzerer Verfallsdauer. Bei aller sozialen Verantwortung, die wir gerne betonen, wurde eines bislang noch nicht angesprochen: Es besteht darüber hinaus eine Überlastung vor allem junger Familien mit niedrigem Normaleinkommen durch eine viel zu hohe Abgabenquote. Diese macht Erwerbsarbeit inattraktiv und gibt vielen das Gefühl, schlechter als diejenigen dazustehen, die in den Sozialsystemen Unterstützung finden. Das muss zum Nachdenken anregen. Das kann man nicht einfach hinnehmen.
Darüber hinaus besteht immer noch die Massenarbeitslosigkeit als das gravierendste Problem unserer Gesellschaft. Trotz einer aktuell etwas besseren Arbeitsmarktlage kann von einer Entspannung leider Gottes bei Weitem keine Rede sein. Sozialpolitik – das führen Sie an anderer Stelle richtig aus – darf nicht in erster Linie das Begleiten von Arbeitslosigkeit sein, sondern der sozialpolitische Auftrag muss in erster Linie lauten, Arbeitslosigkeit bei der Wurzel zu packen, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen – dazu später mehr –, das Ganze – auch das ist nicht neu, aber wichtig – bei einer weiter zunehmenden Verschuldung der öffentlichen Hand, und dies trotz des konjunkturellen Aufschwungs, das ist für uns als FDP besonders wichtig, weil wir nicht vergessen haben, dass wir bis zum Frühjahr dabei waren. Aber, meine Damen und Herren, wir haben uns mit unserer Haushaltspolitik antizyklisch verhalten. Sie verhalten sich prozyklisch. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Von
Meine Damen und Herren, gerade weil sich RheinlandPfalz in den letzten Jahren sozialpolitisch wacker geschlagen hat, richten sich unsere gespannten Blicke bei der Vorlage des Einzelplans 06 für die Jahre 2007/2008 darauf, ob die jetzt allein regierende SPD die richtigen Antworten auf diese drängenden sozialpolitischen Fragen gibt. Das ist nicht nur deshalb spannend, weil die Antworten von gestern niemals ausschließlich die Lösungen von heute sein können und weil unsere Gesellschaft nach sozialpolitischen Antworten, die glaubwürdig den Weg aus der Krise zeigen, geradezu giert, sondern es ist auch spannend, weil bis in die SPD hinein das Aufbrechen starrer Positionen zu beobachten ist.