Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zum Einzelplan 03 – Ministerium des Innern und für Sport – vor. Wir sind am Ende der Beratung zu diesem Einzelplan.
Ich darf noch darauf hinweisen, dass die zweite Beratung des Landesgesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes und des Landesgesetzes zur Änderung des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes bis nach den Abstimmungen zum Landeshaushaltsgesetz unterbrochen wird.
Ich darf zu Punkt 8 der Tagesordnung darauf hinweisen, dass damit die erste Beratung zum Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Neufassung des Ausführungsgesetzes zu Artikel 10 GG und zur Fortentwicklung verfassungsschutzrechtlicher Vorschriften vom 16. Dezember 2002 erledigt ist. Die zweite Beratung erfolgt am Donnerstag nach den Abstimmungen zum Landeshaushaltsgesetz.
Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Ganze 3,8 % beträgt der Anteil des Justizhaushalts am gesamten Landeshaushalt, kein großer Anteil verglichen mit den anderen Einzelplänen. Daraus wird eines unzweifelhaft klar: Selbst wenn man in diesem Etat die härtesten Sparanstrengungen unternehmen würde, dann könnten wir den Marsch dieses Landes in den Verschuldungsstaat nicht stoppen.
Gott sei Dank ist wenigstens unsere Redezeit als Rechtspolitiker nicht so knapp bemessen, wie es den 3,8 % entspräche; denn die Justiz, die hoch geschätzte dritte Gewalt, verdient es, dass wir uns alle zwei Jahre ganz grundsätzlich damit auseinandersetzen, ob hier die Weichen richtig gestellt sind. Ist der soziale Rechtsstaat
noch gewährleistet? Das ist die alles beherrschende Frage, und weiter: Sind Ansätze erkennbar, ihn im gebotenen Maß weiterzuentwickeln?
Es ist heute Nikolaus. Ich glaube, das hat noch kein Vorredner angesprochen. Es ist kein Grund dafür, dass ich die Rute heraushole. Herr Minister, aber Naschwerk haben Sie jetzt auch nicht wirklich verdient. Deswegen dieses Urteil „überwiegend gerade noch so“.
(Ministerpräsident Beck: Überwiegend gerade noch so, da muss man doch wirklich einen schiefen Blick haben!)
Wir können gern noch einen Antrag stellen, um einige Richterinnen und Richter mehr einzustellen, dann kommen wir wieder zum Thema „Sparbemühungen“. Lassen Sie uns das im Einzelfall ausführen.
Eines ist ganz wichtig an dieser Stelle zu tun. Es gibt in unseren Gerichten, in den sonstigen Justizbehörden und im Strafvollzug jede Menge engagierte Menschen, die mit großem Fleiß, Engagement und Einsatz ihre Arbeit tun. Wenn es die nicht gäbe, dann ginge unser Rechtsstaat ziemlich schnell am Krückstock.
Eine Haushaltsdebatte bietet auch eine gute Gelegenheit, diesen Frauen und Männern den herzlichen Dank für ihre Arbeit zu sagen. Diesen Dank möchte ich für die CDU-Landtagsfraktion ausdrücklich und von Herzen aussprechen.
Bei der zweiten Frage, der Frage nach der Fortentwicklung des sozialen Rechtsstaates, haben wir nicht den Eindruck, dass Sie sonderlich durch große Kreativität auf sich aufmerksam machen würden, Herr Minister.
Was haben wir bisher von Ihnen als Rechtspolitiker gehört? Wo ist Ihr Profil? Außer, dass Sie der Streitschlichtung und der Mediation größeren Raum einräumen wollen und eine Ausweitung des sogenannten Cochemer Modells propagieren, haben wir noch nicht viel von Ihnen gehört.
Ich darf vielleicht darum bitten, dass wir die Dialoge etwas zurückstellen, damit der Redner entsprechend vortragen kann.
Ich zitiere aus der Antwort von Herrn Minister Bamberger auf den entsprechenden Berichtsantrag der SPD im Rechtsausschuss: „Über die familiengerichtlichen Modellprojekte hinaus ist eine Mediation sicher noch in einem weiteren Umfang nutzbringend einsetzbar.“ – Als geneigter Leser denkt man, jetzt kommt es. Fehlanzeige. Es werden Dinge aus anderen Bundesländern referiert. Da wird man sich als Rechtspolitiker dieses Landes einige etwas konkretere Dinge wünschen.
Aber vielleicht müssen Sie noch in Ihrem eigenen Ministerium Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Sinnhaftigkeit Ihrer Ideen überzeugen. Ihre Vorgänger haben bekanntermaßen für diese Dinge – außerhalb des familiengerichtlichen Bereichs, Frau Kollegin Ebli, ich will das gar nicht infrage stellen, dass wir uns da nicht missverstehen – nicht so viel Sympathie aufgebracht.
Ich darf deutlich sagen, bei vielen anderen Punkten kommen Sie mir nicht wie der Heizer auf der Lok vor, der dafür sorgt, dass der Kessel unter Dampf steht, sondern eher wie ein hartnäckiger Bremser, und zwar selbst dann, wenn die Signale schon auf grün geschaltet sind. Ich muss es leider so deutlich sagen.
Betrachtet man den Justizetat näher, so wird schnell deutlich, dass er an den gleichen strukturellen Problemen leidet wie der gesamte Landeshaushalt. Diese sind heute Vormittag in der Generaldebatte schon hinreichend zur Sprache gekommen.
Die Versorgungslasten insgesamt nehmen uns immer mehr Luft zum Atmen und lassen wenig Handlungsspielraum für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der aktiven Justizangehörigen, die so wichtig wäre. Sie, die Landesregierung dieses Landes, gehen freilich auch im Justizetat den gleichen falschen Weg wie in den anderen Einzeletats, um das Thema der Versorgungslasten in den Griff zu bekommen. Sie füttern auf Pump den Pensionsfonds.
Ich will das Thema jetzt nicht vertiefen. Das haben Vorredner heute Morgen bereits in aller Deutlichkeit getan.
Kollege Pörksen, lassen Sie mich lieber auf einige spezielle Themenbereiche unseres Ressorts eingehen. Darauf warten Sie wahrscheinlich gemeinsam mit den anderen Kolleginnen und Kollegen.
Zunächst zur Personalsituation in der ordentlichen Gerichtsbarkeit einschließlich der Staatsanwaltschaften. Herr Minister, Sie haben in den Beratungen des Haushalts- und Finanzausschusses mitgeteilt, dass 15 zusätzliche Stellen für Proberichterinnen und Proberichter in den Etat eingestellt sind. Damit wollen Sie vor allem die Staatsanwaltschaften und die Strafgerichte verstärken. „Endlich“ sagen wir; denn das haben wir schon seit Jahr und Tag gefordert.
Sie haben vor kurzem die Strafverfolgungsstatistik 2005 vorgestellt. Aus ihr war erkennbar: Noch nie in den letzten zehn Jahren hat es so viele Verurteilungen gegeben wie im vergangenen Jahr. Es kann – darüber sind wir uns hier im Hause völlig einig – nicht angehen, dass Untersuchungsgefangene an die frische Luft gesetzt werden müssen, weil kein Hauptverhandlungstermin bestimmt werden kann, oder dass in komplexen Verfahren mehrere Jahre bis zur Eröffnung des Hauptverfahrens vergehen.
Ich weiß einen, dem bei diesem Punkt Tränen in die Augen treten müssten. Er befindet sich gerade nicht im Saal. Ich meine den Kollegen Mertin. Er hatte sich genau das immer gewünscht, hatte es nur beim Finanzminister nie durchsetzen können. Herr Minister, Ihnen ist es gelungen. Respekt davor. Wir unterstützen dies nachhaltig.
Wir begrüßen das also. Aber gestatten Sie mir heute die gleiche Anmerkung, die ich bereits in den Ausschussberatungen gemacht habe. Vergessen Sie bei Ihrer Orientierung auf die Strafjustiz nicht die anderen Abteilungen der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Uns berichten immer öfter Bürgerinnen und Bürger über Prozesse, die nicht vorankommen, weil die Bearbeiter ständig wechseln.
Das führt mich zum nächsten Punkt. Herr Ministerpräsident, wenn Sie uns zugestehen, dass es in diesem Etat noch mehr neue Stellen geben kann, so nehmen wir diesen Ball dankbar auf. Allerdings hatten wir uns beschieden und sind dankbar für die 15 Stellen, die es jetzt gibt. Mindestens so wichtig wie die Schaffung neuer Stellen ist es, die vorhandenen Stellen zügig wiederzubesetzen, wenn sie frei geworden sind. Das gilt für Spitzenämter in diesem Land genauso wie für die R-1Stellen. Zur Wiederbesetzung der Stelle des OLG
Präsidenten in Koblenz will ich an dieser Stelle nichts sagen, auch wenn man vielleicht versucht wäre, dies zu tun. Wohl will ich aber etwas zu den Planrichterstellen bei den Staatsanwaltschaften, den Amtsgerichten und den Landgerichten anmerken.