Protocol of the Session on November 16, 2006

(Pörksen, SPD: Aber!)

Es stand auch nie außer Frage. Wenn wir uns die Entwicklungen und die Herausforderungen ansehen, die mit der Klimaerwärmung, dem Klimawandel zusammenhängen, dann wird klar, dass der Hochwasserschutz künftig noch wichtiger werden wird, als er heute ohnehin schon ist. Genau aus diesem Grunde haben wir es immer unterstützt, dass Hochwasserschutzmaßnahmen in Rheinland-Pfalz betrieben werden. Wir haben es unterstützt, dass wir große Anstrengungen unternehmen und natürlich Rückhalteräume gebaut werden, und zwar deswegen, weil sie notwendig sind.

Meine Damen und Herren, Frau Ministerin, aber entscheidend ist die Frage der Umsetzung. Es war immer unser Credo, und es wird auch immer unser Credo bleiben, dass man Hochwasserschutz nur mit den Menschen, aber niemals gegen die Menschen vorantreiben kann.

(Beifall der CDU und der FDP – Pörksen, SPD: Das glauben Sie wohl selbst nicht!)

Wenn wir uns jetzt im Land umsehen, dann gibt es Beispiele, die zeigen, dass es funktionieren kann. Ich will das Beispiel „Hördter Rheinaue“ nennen. Dort läuft ein Moderationsverfahren. Es geht um die Frage der Einbeziehung der Hördter Rheinaue als Reserveraum für Extremhochwasser. Der Polder Hördt ist übrigens vom Tisch. Die Diskussion ist weiter. Es geht um den Reserveraum für Extremhochwasser. Das Verfahren läuft dort sehr vernünftig ab. Man geht auf die Belange der Menschen ein. Man bewegt sich. Man nimmt Anregungen auf, die vor Ort aus der Erfahrung heraus gemacht wer

den. Weil das Verfahren vernünftig abläuft, besteht auch eine große Chance, dass am Ende etwas Vernünftiges herauskommt.

Jetzt gibt es leider auch Beispiele, die zeigen, wie es nicht funktionieren kann, und dazu gehört der Polder Altrip.

In Altrip hat es leider keinen ausreichenden und vernünftigen Dialog gegeben. Die Betroffenen wurden eben nicht eingebunden, und es hat kein Moderationsverfahren gegeben. Das sage nicht nur ich, weil ich der Opposition angehöre, sondern das sagen auch Vertreter Ihrer eigenen Fraktion, Frau Ministerin Conrad, was Ihnen schon zu denken geben sollte.

(Beifall der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich will mit Ihrer Erlaubnis die „Rheinpfalz“ vom 2. Oktober 2006 zitieren. Eigentlich genügt die Überschrift „SPD-Landtagsabgeordnete kritisieren fehlenden Polderdialog“. Es heißt: „Übereinstimmend kritisieren sie bei einem Ortstermin“ – also Sie – „den versäumten Dialog zwischen Landesregierung“ – also Ihnen – „und Betroffenen.“ – Es heißt weiter: „Wichtigster Punkt der ungeklärten Fragen ist nach ihrer Ansicht der Flucht- weg …“ –

Ein weiteres Zitat, ebenfalls eines SPD-Landtagsabgeordneten:

(Zurufe von der SPD)

David Langner, ich kann den Namen sagen –: „Der Dialog ist bisher nicht optimal gelaufen.“–

Frau Conrad, das sind Ihre eigenen Leute, die das sagen. Deutlicher geht es nicht. Es ist ein niederschmetterndes Urteil für Ihre Politik in dieser Frage. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.

(Beifall der CDU)

Es hat also – wie die SPD-Abgeordneten bescheinigen – keinen ausreichenden Dialog gegeben. Insofern verwundert auch nicht das Ergebnis der Diskussion.

Es gibt Widerstände vor Ort, weil Fragen nicht ausreichend geklärt sind, zum Beispiel die Frage nach den Fluchtwegen – eine existenziell wichtige Frage.

Ich kann die Menschen verstehen, dass sie selbstverständlich im Vorhinein geklärt wissen wollen, wie es denn ist, wenn das Wasser einmal hineinläuft, und wie es dann ist, wie die Menschen dann am Ende wieder herauskommen sollen. Das sind Fragen, die man nicht einfach so vom Tisch wischen kann.

Frau Ministerin Conrad, ich will es auch an dieser Stelle erneut sagen: Für einen vernünftigen Dialog mit den Menschen vor Ort kann und darf es nie zu spät sein. Ich fordere Sie auch heute zum wiederholten Mal auf: Gehen Sie endlich auf die Menschen vor Ort zu, machen Sie eine Hochwasserschutzpolitik mit den Menschen

und nicht gegen die Menschen. Ändern Sie endlich Ihren Kurs.

(Beifall der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatsministerin Conrad das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Creutzmann, Sie müssten eigentlich aufgrund der jahrelangen Zusammenarbeit auch in der Regierung darüber informiert sein, wie umfassend die Landesregierung sich bemüht hat, das Hochwasserschutzkonzept, das die Herstellung eines zweihundertjährlichen Hochwasserschutzes am Oberrhein zum Ziel hat, vor Ort zu kommunizieren. Diese Zusammenarbeit, dieser Dialog, ist älter und länger, als ich Ministerin in diesem Kabinett bin.

(Eymael, FDP: Ihren Leuten müssen Sie das sagen!)

Herr Creutzmann, Sie haben gesagt, der Hochwasserschutz verliert immer mehr an Akzeptanz. Wenn Sie mit den Themen vertraut sind, dann wüssten Sie, dass wir an den neuen Polderstandorten, zum Beispiel in Ingelheim, in Laubenheim oder in Bodenheim, den ich gerade letzte Woche mit einem Spatenstich auf den Weg gebracht habe, so weit sind, dass wir noch nicht einmal mehr Klageverfahren haben, was an manchen Polderstandorten durchaus der Fall war, was im Übrigen in einem öffentlich-rechtlichen Verfahren wie bei einem Planfeststellungsverfahren zunächst einmal nichts Verwerfliches ist.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hält an dem Polderstandort Waldsee/Altrip/Neuhofen fest. Das Planfeststellungsverfahren ist abgeschlossen. Es war begleitet von einem umfassenden öffentlichen Dialog und von einer öffentlichen Beteiligung, die im Übrigen gesetzlich vorgeschrieben ist.

(Beifall bei der SPD)

Darüber hinaus gab es eine Fülle von Informationen vor Ort, bei der SGD Süd, im Ministerium für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz und im Übrigen auch bei mir. Zum Teil haben wir uns um Einzelfragen von Gehöften gekümmert.

Der Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen ist einer von zehn notwendigen Rückhaltemaßnahmen in Rheinland-Pfalz, um für die Menschen am Oberrhein Hochwasserschutz zu gewährleisten. An dieser Stelle ist er zusätzlich von besonderer Bedeutung, weil er Hochwasserspitzen, die auch durch ein Neckarhochwasser entstehen können, in

besonderer Weise abfangen kann und er im Rückstaubereich des Neckars liegt.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Polder nützt vor allem deshalb den Bürgerinnen und Bürgern von Waldsee oder Altrip, weil er ihr Schutzniveau verbessert. Es ist falsch, dass die Zufahrten und Fluchtwege verschlechtert werden. Herr Dr. Gebhart, Sie haben das vorhin angeführt. Das Gegenteil ist der Fall.

(Dr. Gebhart, CDU: Ich habe Ihren Kollegen zitiert!)

Herr Abgeordneter Dr. Gebhart, hierbei handelt es sich auch nicht um eine neue Frage, wie dies vor Ort teilweise dargestellt worden ist und wie Sie es gegenüber der Presse formuliert haben. Diese Frage hat im Verfahren an vielen Stellen eine Rolle gespielt. Wenn Sie den Planfeststellungsbeschluss lesen, dann werden Sie feststellen, dass auf diese Fragen explizit eingegangen wird.

Außerdem ist es falsch, dass das Grundwasserproblem erst jetzt aufgetaucht ist. Grundwasserprobleme gibt es im Übrigen unabhängig von Poldern, im Rheinknie vor Ludwigshafen sowieso. Sie gibt es im Übrigen auch in Waldsee, die durch Druckwasser entstehen, die vom Hochgestade in das Tiefgestade fließen.

Ferner ist es falsch zu behaupten, der Polder verschlechtere die Grundwasserproblematik. Das Gegenteil ist der Fall. Das mögliche Entstehen von Druckwassersituationen, die nicht beherrschbar sind, war bereits Gegenstand der Erörterungen im Jahr 2002. Ich habe zugesagt, dass aus diesem Grunde ein zusätzliches Gutachten im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens erstellt wird. Damals habe ich selbst formuliert, wenn es sich herausstellen sollte, dass die Druckwasserproblematik an diesem Standort nicht beherrschbar ist, dies ein K.o.-Kriterium sein könnte. Das Gutachten liegt vor. Das Gutachten konnte bei der SGD eingesehen werden. Herr Hartloff hat darauf hingewiesen. Ich selbst habe veranlasst, dass es auf Wunsch vor Ort den Gemeinden und den Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt wird. Aus diesem Gutachten sind die Konsequenzen im Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Anzahl und Auslegung der Schöpfwerke und die Betriebsvorschriften der Schöpfwerke gezogen worden.

Meine Damen und Herren, hierbei handelt es sich also nicht um ein neues Thema, sondern um ein Thema, das umfassend erörtert und diskutiert wurde. Außerdem wurde umfassend darüber informiert, was Eingang in den Planfeststellungsbeschluss findet.

Grund- und Druckwasserprobleme gibt es an jedem Polderstandort. Es gibt keinen Polderstandort, an dem diese Probleme nicht mit der umgebenden Kommunalpolitik, mit den Gemeinden sowie mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort diskutiert worden sind. Wir haben in Deutschland mit die tiefsten Brunnen gebaut, um mögliche Druckwassersituationen am Polder Ingelheim zu beherrschen. Das Thema hat auch eine Rolle bei dem Polderstandort Laubenheim in Mainz gespielt. Es stellte

sich immer die Frage, wie wir technisch mit der Lösung der Probleme umgehen. Darauf gibt der Planfeststellungsbeschluss für diesen Standort eine klare und eindeutige Antwort.

Ich will an dieser Stelle deutlich machen, dass alle Standorte durch die Enquete-Kommission bestätigt worden sind, deren Vorsitzender Herr Abgeordneter Licht war. Die Enquete-Kommission hat die Landesregierung aufgefordert, den Polderbau am Oberlauf des Rheins – das heißt südlich von Ludwigshafen – zügig umzusetzen, um ein hohes Schutzniveau zu erreichen.

(Dr. Gebhart, CDU: Es geht aber um das Wie!)

Meine Damen und Herren, wenn nach einem umfassenden Dialog nach einem Planfeststellungsbeschluss Klagen eingereicht werden – 1.483 Einwendungen hat es gegeben, 12 Einwender haben Klage eingereicht –, dann bedaure ich das. Ich habe das aber nicht zu kritisieren; denn das gehört zu den Rechten in einem rechtsstaatlichen Verfahren. Wir werden das genauso, wie es in Wörth der Fall war, weiter zu begleiten und zu akzeptieren haben. Ich bin in dieser Hinsicht guter Dinge, auch vor dem Hintergrund der sehr detaillierten Planfeststellungsbeschlüsse.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb appelliere ich an Sie: Lesen Sie bitte alle den Planfeststellungsbeschluss. Dann erübrigen sich manche Erörterungen dieser Art. Wenn vor Ort ein weiteres Informationsbedürfnis – das ist das einzige, was Sie kritisieren – besteht, dann sind meine Mitarbeiter sowie die Mitarbeiter der SGD bereit, diesem Informationsbedürfnis vor Ort gerecht zu werden und weiter zu informieren.

Der Planfeststellungsbeschluss wird weder zurückgenommen noch infrage gestellt noch durch nachträgliche Gutachten relativiert, meine Damen und Herren.

Im Übrigen ist es für mich nicht neu, dass Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker – im Übrigen aller Parteien – vor Ort im vermeintlichen Interesse ihrer Bürgerinnen und Bürger eine andere Meinung vertreten haben als die Landesregierung. Das ist legitim, und das will ich auch gar nicht kritisieren. Ich denke, es geht darum, dass die Landesregierung nicht nach dem St.Florians-Prinzip handelt. Herr Hartloff hat das vorhin deutlich gemacht.

Unser Motto lautet: Wir leben am Rhein in einer Solidargemeinschaft. Das ist keine Floskel, sondern das heißt ganz konkret, dass Oberlieger Verantwortung tragen für Unterlieger. Wie es am Rhein nun einmal so ist, ist ein Unterlieger auch Oberlieger und hat für seinen Unterlieger Verantwortung zu tragen. Insofern sind die Polder, die es am Oberrhein gibt, natürlich eine Solidarleistung, natürlich auch für die Altriper Bürgerinnen und Bürger und die Bürgerinnen und Bürger rheinabwärts.

Wenn es keine Argumente gibt, die die Realisierung an diesem Standort infrage stellen, kann man im Interesse der Solidarität diesen Standort nicht infrage stellen. Er ist belastbar und kann auch technisch im Interesse der

Bürgerinnen und Bürger und im Interesse eines Hochwasserschutzes umgesetzt werden.

Meine Damen und Herren, es ist wohlfeil zu sagen: Nicht gegen die Menschen, sondern mit den Menschen. – Das haben wir getan, und zwar in einem umfassenden Dialog und durch Erläuterungen. Außerdem sind wir auf Bedenken und Anregungen eingegangen.

(Zurufe von der CDU und der FDP)