Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen am Ende der Legislaturperiode und verabschieden den Haushalt für das Jahr 2011. Es ist eine gute Tradition, dass es dann nur ein Einjahreshaushalt ist, um das nächste gewählte Parlament nicht zu binden. Insofern ist es vernünftig, dass wir an dieser Verfassungstradition auch festhalten.
Aber am Ende einer Legislaturperiode ist es natürlich auch an der Zeit, die Leistungen der Regierung in dieser Periode zu bilanzieren, das Soll und Haben gegenüberzustellen und auch einen Ausblick auf die Herausforderungen der nächsten Jahre zu wagen.
Wir hatten zu Beginn der Legislaturperiode als FDPFraktion angekündigt, dass wir eine konstruktive Oppositionsrolle wahrnehmen werden, also dort, wo wir der Überzeugung sind, dass Vernünftiges vorgeschlagen wird, dies auch mittragen werden, aber dort, wo wir einer anderen Auffassung wären, dies auch deutlich zum Ausdruck bringen würden und auch eigene Vorschläge entwickeln werden und entwickelt haben. In dieser Art und Weise – das darf ich schon jetzt feststellen – haben wir auch unsere Oppositionsrolle in diesen fünf Jahren konstruktiv wahrgenommen.
Ich will dies beispielhaft an dem Gesetz festmachen, das wir relativ zu Beginn verabschiedet haben, was notwendig war, das Gesetz, das die Universitätsmedizin in Mainz betraf.
Die Universitätsmedizin befand sich in einer schwierigen Situation. Wir wissen, dass sie Probleme hatte, Einnahmenprobleme und Ausgabenprobleme. Es gab Schulden.
Es waren sicher verschiedene Lösungen denkbar, aber es ist von der Regierung eine Lösung vorgeschlagen worden, bei der auch viele Anregungen von uns aufgegriffen wurden, weshalb es am Ende aus unserer Sicht eine gute Grundlage für die Universitätsmedizin war. Deshalb haben wir damals zugestimmt. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass es eine gute Grundlage gewesen ist, die wir verabschiedet haben.
Frau Ahnen, zu anderen Dingen komme ich gleich, aber wir sind ja nicht nur hier, um schwarzzumalen, sondern das ist ja auch gut gelungen. Wir haben dem auch ganz im Sinne dessen zugestimmt, was ich eben auch festgestellt habe.
Eine besondere Anerkennung möchte ich den Verantwortlichen der Universitätsmedizin heute hier auch zum Ausdruck bringen. Sie haben in einer der schwersten
Krise, die diese Institution hatte, außerordentlich vernünftig und professionell gehandelt und das Vertrauen in diese für das Land wichtige Einrichtung erhalten. Auch das gehört dazu, dass wir das heute im Rahmen einer solchen Debatte anerkennen.
Etwas differenzierter sehen wir natürlich andere Entscheidungen, die die Landesregierung und die sie tragende Fraktion auf den Weg gebracht haben.
Sie haben die Beitragsfreiheit für Kindergärten eingeführt. Wir sagen nicht, dass es dafür keine guten Gründe gäbe. Ja, frühkindliche Förderung, sprachliche Defizite abzubauen und dabei auch soziale Probleme zu beheben, sind Gründe, die dafür sprechen. Wir hätten uns nur gewünscht, dass auch andere Betreuungsformen eine entsprechende Förderung erhalten hätten, weil es auch Eltern gibt, die mit den Öffnungszeiten von Kindergärten nicht immer zurechtkommen. Sie haben andere Arbeitsabläufe oder andere Arbeitszeiten. – Eine solche Förderung gibt es nicht.
Aber womit wir uns sehr schwergetan haben, ist die Art und Weise, wie dies finanziert worden ist. Natürlich kostet es Geld, und diese Mehrkosten sind nicht durch Einsparungen an anderer Stelle finanziert worden, sondern über die Erhöhung der Nettoneuverschuldung. Damit ist es letztlich aus Sicht der FDP-Fraktion und auch aus meiner Sicht keine echte Beitragsfreiheit; denn diese Kinder müssen irgendwann einmal mit ihren Steuern diese Schulden wieder zurückbezahlen. Das ist sozusagen ein nachgelagerter Beitrag, der fällig wird, und insofern besteht dieser Schönheitsfehler.
Wir haben einen Deckungsvorschlag gemacht, wie das Geld für die Einführung der Beitragsfreiheit der Kindertagesstätten sukzessive hereingeholt werden kann. Herr Kollege Fuhr, wir haben nicht flächendeckend und sofort und nicht kurzfristig einen Deckungsvorschlag gemacht. Erinnern Sie sich?
Nein, aber Sie müssen sich natürlich schon fragen lassen, wo Sie die Einsparungen vorgenommen haben. Sie finanzieren etwas über die Nettoneuverschuldung. Ich habe nicht gesagt, dass das, was Sie finanzieren, schlecht ist; ich habe nur festgestellt, dass es über die Nettoneuverschuldung geschieht und insofern auch bezahlt werden muss. Wir befinden uns gerade in einer kritischen Situation. Es geht darum, ob dieses Land solide wirtschaftet oder nicht.
(Ministerpräsident Beck: Das kann man bei allem sagen, was man tut! – Schweitzer, SPD: Das gilt für jede Ausgabe!)
Ja, natürlich gilt das für jede Ausgabe. Deswegen besteht auch eine Verpflichtung nach der Verfassung – das wissen Sie auch –, bis zum Jahr 2020 dafür zu sorgen, dass sich Einnahmen und Ausgaben decken. Man hätte doch an dieser Stelle schon einmal beginnen können.
Nein, Sie haben an dieser Stelle keinen Deckungsvorschlag gemacht, sondern Sie haben einfach die Kredite erhöht, um es finanzieren zu können.
(Frau Schmitt, SPD: Was ist denn mit Ihren Lehrern, die Sie zusätzlich einstellen? Auch kreditfinanziert!)
Die Haushaltskonsolidierung ist nicht immer eine Stärke gewesen, Herr Kollege Schweitzer. Herr Kollege Hartloff, Sie haben Einnahmenausfälle beklagt. Ich habe es schon mehrfach gesagt, und ich wiederhole es noch einmal: Sie haben einmal bei einer Bundestagswahl die Erhöhung der Mehrwertsteuer abgelehnt. Danach wurde sie eingeführt mit der Begründung, man benötige diese Einnahmen, um den Haushalt ausgleichen und sanieren zu können. Als dieses Geld das erste Mal im Jahr 2008 im Land Rheinland-Pfalz ankam, hatten wir eine geplante Nettoneuverschuldung von 970 Millionen Euro, es waren dann Mehreinnahmen von 820 Millionen Euro feststellbar. Das heißt, wir hätten eigentlich das Jahr mit einer Nettokreditaufnahme von 150 Millionen Euro abrechnen müssen, das ist aber nicht geschehen. Die offizielle Abrechnung der Landesregierung lautete auf eine Nettoneuverschuldung von 950 Millionen Euro.
Herr Kollege Hartloff, wenn ich Steuermehreinnahmen haben möchte, um damit den Haushalt zu konsolidieren, muss ich das auch tun, wenn diese Steuermehreinnahmen ankommen, und das ist eben nicht geschehen.
Herr Kollege Hartloff, einig sind wir uns in der Frage des Pensionsfonds. Ja, wir haben ihn vor Jahren in unserer gemeinsamen Regierungszeit aus Überzeugung eingeführt. Wir halten es für vernünftig, dass die Kosten des Personals, auch was die Pensionen angeht, in dem Jahr im Haushalt festgehalten werden, in dem diese Arbeit auch geleistet wird. Das erhöht die Transparenz der Kosten dieser Arbeitsleistung, die die Beamten erbringen, und deshalb ist es vernünftig, ein solches Instrumentarium einzuführen, und es ist auch ein vernünftiges Instrumentarium als Vorsorge für die Zukunft. Auch in diesem Punkt möchte ich gern einräumen, dass dies richtig ist. Insofern kann ich mich mit dem Vorschlag des Kollegen Baldauf und der CDU-Fraktion, die Zahlungen in den Pensionsfonds jetzt auszusetzen, nicht anfreunden, sondern es wird unsere gemeinsame Kraftanstrengung bis zum Jahr 2020 sein, dafür zu sorgen, dass diese Zahlungen auch im Rahmen der Schuldenbegrenzung, die dann gilt, erbracht werden, damit die Vorsorge für zukünftige Generationen noch wirksamer wird. Dies wird eine sehr harte Herausforderung für uns alle werden, aber wir halten sie für vernünftig.
Die Zahlungen jetzt auszusetzen, würde nämlich bedeuten, dass wir bis zum Jahr 2020 die Verpflichtung, diese
Zahlungen erbringen zu müssen, ausgesetzt hätten, und damit wäre der Spardruck entsprechend auch nicht mehr vorhanden. Deshalb halten wir es nicht für sinnvoll, diese Zahlungen auszusetzen, sondern wir plädieren auch weiterhin dafür, dass der Pensionsfonds in dem Sinne beibehalten wird, wie er gestaltet worden ist, nämlich als Vorsorge für zukünftige Generationen.
Herr Kollege Hartloff, dazu gehört aber auch, dass die Zahlungen an den Pensionsfonds nicht dazu benutzt werden, um die Aufnahme noch höherer Schulden begründen zu können. Ich weiß auch, dass es nach den gesetzlichen Regelungen möglich ist, die Zahlungen in den Pensionsfonds als Investition auszuweisen, weil Sie ein Guthaben erhalten. Wenn diese Zahlungen aber als Vorsorge für zukünftige Generationen dienen sollen, ist es eine Perversion des Vorsorgegedankens, wenn ich sie gleichzeitig dazu heranziehe, um zu begründen, dass ich höhere Schulden aufnehmen kann. Das ist ein Taschenspielertrick, den wir so nicht gestatten können.
Herr Kollege Hartloff, Sie werden mir sicherlich recht geben, diesen Trick haben wir auch in unserer gemeinsamen Regierungszeit so nicht angewandt. Das ist etwas, was Sie in der neuen Legislaturperiode getan haben. Daher ist der Pensionsfonds ohne diese Umwegfinanzierung aus unserer Sicht eine vernünftige Leistung.
Was wir zu kritisieren haben, was wir auch bei der Einbringung des Haushalts getan haben, ist die Art und Weise, wie bestimmte Dinge finanziert worden sind. Ich nenne beispielsweise das Großprojekt am Nürburgring. Wir wissen nun, dass ein Großteil dieses Projekts über den Liquiditätspool finanziert worden ist, dass über Jahre hinweg hohe Summen aus dem Liquiditätspool, also nicht im Haushalt ausgewiesen, bezahlt worden sind. Der Liquiditätspool, der eigentlich vernünftigerweise dazu diente – so ist auch die Anrechnung des Rechnungshofs gewesen –, tagesaktuell die Zahlungsflüsse zwischen den einzelnen Landesgesellschaften zu optimieren bzw. deren Tagesergebnisse zu optimieren, damit geringere Zinszahlungen nötig werden, ist sozusagen als schwarze Bank gebraucht worden, um über Jahre hinweg am Haushaltsgesetzgeber vorbei den Nürburgring zu finanzieren. Auch das halten wir für einen Fehler, auch das ist keine saubere Haushaltspolitik. Dies sind Tricks, wie sie auch anderswo angewandt werden. Ich sage dazu nur, wir wollen die griechische Krankheit in Rheinland-Pfalz nicht.
Wir wollen eine transparente und solide Haushaltspolitik, damit auch für die Zukunft jedermann sehen kann, was und wofür das Geld ausgegeben wird.
Herr Kollege Hartloff, Sie haben meine Ausführungen zu den Sparanstrengungen und zu Vorschlägen, die die Opposition zu machen hat, wiedergegeben. – Ja, es ist so: Die Sparanstrengungen, die Sie bei diesem Haushalt sich selbst auferlegen, sind nicht so großartig, wie Sie es gerne darstellen. Persönlich kann ich natürlich durchaus
Verständnis dafür entwickeln, dass Sie das vor einem Wahljahr nicht tun möchten, das ist klar. Aber wenn Sie sagen, dass Sie – wenn ich es richtig erinnere – bei den Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit 20 % einsparen, dann vergessen Sie dazuzusagen, dass Ihnen im nächsten Jahr diese Sparanstrengungen nicht allzu sehr wehtun werden. Ich habe es schon einmal ausgeführt: Diese Sparanstrengung treibt dem Finanzminister an der Stelle nicht den Schweiß auf die Stirn, weil er nämlich in den ersten drei Monaten des nächsten Jahres sowieso erheblich weniger für die Öffentlichkeitsarbeit ausgeben kann. Dies liegt an den Regelungen, die gelten, wenn Wahlkampf ist, und deshalb ist das keine echte Sparanstrengung.
Dass die Mittel für das Konjunkturprogramm abgeschmolzen werden müssen, ist auch klar. Sie waren befristet und sind insofern keine echte Sparanstrengung, die hier gemacht wird.
Es wird immer gesagt – es kommt immer wieder, und auch der Herr Ministerpräsident macht das gerne –, machen Sie doch Ihre eigenen Vorschläge. Aber zunächst einmal ist es die Aufgabe der Regierung, diese Vorschläge zu machen.
Aus unserer Sicht aber unzureichend. Ich weiß aber auch aus eigener Erfahrung, Herr Ministerpräsident, wie schwierig es ist, solche Sparvorschläge aufseiten der Regierung zu entwickeln. Deshalb weiß ich auch, dass Oppositionsfraktionen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ein solches Sparprogramm schon gar nicht schultern können. Wir haben einfach nicht die Personalressource, über die eine Regierung verfügt, um so etwas vernünftig und zielgerichtet auf den Weg zu bringen. Deshalb ist es eine Fehlinterpretation der Verfassungslage, wenn der Opposition sozusagen die Hauptlast beim Erbringen der Sparanstrengungen aufgebürdet werden soll und die Regierung, Herr Kollege Hartloff, nur für das Gute zuständig sein soll. Das ist eine Arbeitsteilung, die wir nicht für richtig halten.
Nun ja, Sie mögen den Versuch unternehmen, aber Sie werden auch verstehen, dass ich mich bei dem Versuch auch zur Wehr setzen werde, weil wir eben nicht der Auffassung sind, dass in ausreichender Weise Sparanstrengungen vorgenommen worden sind. Wir werden dies in den nächsten zehn Jahren jedes Jahr zu erbringen haben.
In dem einen Punkt gebe ich Ihnen recht, Herr Kollege Hartloff. 1 Milliarde Euro werden wir nicht in zwei Jahren einsparen. Das wird nicht funktionieren. Das ist einfach bei dem Haushaltsvolumen, das das Land hat, so nicht zu erbringen.
Selbst wenn die Landesregierung die größtmöglichen Sparanstrengungen an der Stelle unternehmen würde, das wird so nicht gehen. Aber wir werden jedes Jahr 160