Protocol of the Session on September 14, 2005

Herr Abgeordneter Schreiner, Sie haben etwas zur Öffentlichkeit in Brandenburg gesagt. Das hat mich etwas verwundert, weil wir dieses Thema im rheinlandpfälzischen Landtag debattieren. Ich bin gern bereit, Ihnen unsere Handlungshinweise und Veröffentlichungen in diesem Bereich zur Verfügung zu stellen, sofern Sie sie noch nicht haben. Wir haben im Verfassungsschutzbericht breit dargestellt, was wir tun und wie wir es tun.

Darüber hinaus haben Sie einen vielleicht etwas gelenkten Hinweis gegeben nach dem Motto: Ach du liebe Zeit. Es gibt Arbeitslosigkeit bei Jugendlichen, die im Zusammenhang damit steht. – Herr Abgeordneter Schreiner, alle unsere Untersuchungen zeigen, dass Jugendliche und Jungwähler am wenigsten auf diese Hinweise eingehen, unabhängig davon, ob sie Arbeit haben oder keine Arbeit haben.

Wenn man sich das genau betrachtet, liegt unser Spektrum zwischen 20 und 30 Jahren und durchaus auch bei Menschen, die Arbeit haben, die sich aber durch die Gesellschaft nicht bewertet oder durch sie gefährdet fühlen. Darüber kann man reden. Die Musik ist sicherlich das Vehikel, um ins Gespräch zu kommen.

Frau Grützmacher, die Frage nach einer Neuausrichtung im rheinland-pfälzischen Landtag zu stellen, ist – Entschuldigung – Eulen nach Athen tragen. Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass sich in diesem Landtag immer wieder bei dieser Diskussion, so weit ich das im Kopf habe, alle Parteien gegen die NPD und gegen

rechtsgerichtete Aktivitäten ausgesprochen haben. Dies ist transportiert worden.

Jetzt will ich Ihnen auch sagen, wie das transportiert worden ist, weil Sie einen Hinweis nach dem Motto „Geschieht nicht genug in den Schulen?“ gegeben haben. Als wir im Rahmen unserer Arbeit festgestellt haben, dass es wieder eine Verteilaktion gibt – Sie haben darauf hingewiesen, das war die zweite Verteilaktion –, haben wir uns gefragt: Wie gehen wir damit um? Was tun wir? – Zum damaligen Zeitpunkt hatten wir schließlich nicht den Inhalt, um dagegen vorgehen zu können. Es gab in Rheinland-Pfalz keine Ermittlungen, sondern die gab es woanders. Damals haben wir gesagt: Wir werden die Schulen darauf hinweisen. – Das ist geschehen.

Wenn Sie heute im Rückblick mit den Schulen sprechen, die diese Verteilaktion erlebt haben, stellen Sie fest, dass die Schulen sehr sensibel, sehr genau und sehr direkt reagiert und dies gemeldet haben. Die CDs haben die Schülerinnen und Schüler abgegeben, und sie haben mit Lehrerinnen und Lehrern über die NPD und über die Gefahren, die von dieser NPD ausgehen, diskutiert. Jetzt frage ich mich: Welche Neuausrichtung verlangen Sie denn?

(Frau Grützmacher, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Überall!)

Überall. Ich finde auch, das gesellschaftspolitische Umfeld ist notwendig, um das zu bekämpfen. Wenn Sie das tun, ist das ehrenwert. Wir tun das, die Landesregierung tut das, die sie tragenden Fraktionen tun das, und, soweit ich das zur Kenntnis nehme, auch die CDUOpposition tut das.

Die rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzbehörden machen etwas mehr.

(Creutzmann, FDP: Die die GRÜNEN abschaffen wollten!)

Sie führen neben der Öffentlichkeitsarbeit, die früher so nicht stattfand – Walter Zuber hat das eingeführt –, auch Veranstaltungen durch. Wir führen sehr große Veranstaltungen mit einer Vielzahl von Möglichkeiten durch. Wir gehen also raus und zeigen, der Verfassungsschutz ist nicht derjenige mit dem Schlapphut, sondern der Verfassungsschutz ist derjenige, der die Verfassung schützt und in die Gesellschaft hineinwirkt und sagt: Passt auf, junge Menschen, mittlere Menschen, ältere Menschen, da tut sich etwas am rechten Rand, das Gefahr für diese Demokratie in sich birgt. – Deshalb frage ich: Welche Neuausrichtung meinen Sie denn, meine Damen und Herren?

Die Zeit der Exekutive ist meiner Meinung immer da. Man kann die Exekutive immer fragen: Habt ihr genug getan? Tut ihr genug? – Wir überprüfen im Ministerium fast jede Woche einmal, was wir noch tun können und wie wir noch darauf einwirken können. Ich kann nicht alle Dinge offen legen, die wir in dieser Frage tun. Was wir aber tun, ist die Öffentlichkeit zu informieren. Wir machen zur Vorbereitung gemeinsam mit dem zuständigen Ministerium ein Programm in Jugendräumen, indem

wir in Jugendräumen informieren, dort mit Jugendlichen reden und ihnen darstellen, was Sache ist. Dies geschieht durch unsere Polizei und durch den Verfassungsschutz. Wir tun das schon punktuell, aber wir wollen das breiter aufstellen, weil wir meinen, dass dort eine Menge zu tun ist.

Im Rahmen der Aktion „Netzwerk“, die der Ministerpräsident und der DGB ins Leben gerufen haben, gehen über 100 junge Leute in Schulen und in Veranstaltungen hinein, um dort aus ihrer Überlegung heraus zu berichten, was rechtsstaatliche Politik ist, was ein Rechtsstaat ist und wie durch Rechtsgerichtete möglicherweise der Staat zerstört werden kann. Wenn das Jugendliche machen, hat das meiner Meinung nach eine größere Wirkung, als wenn das der Minister Karl Peter Bruch macht, weil er eben ein bisschen weiter weg von den Jugendlichen ist.

Meine Damen und Herren, wir haben die Polizei rechtzeitig eingesetzt. Wir haben die Schulen rechtzeitig gewarnt. Wir haben darum gebeten, uns zu informieren. Wir führen täglich besondere Streifen im Bereich von Schulen durch. Wir sprechen mit Jugendlichen. Die Bezirksbeamtinnen und -beamten sind angewiesen, über diese Frage mit Jugendlichen zu reden. Es stellt sich die Frage, ob wir damit genug tun. Ich wiederhole, wir werden das immer wieder überprüfen.

Ich bin der Meinung, diese Landesregierung, diese Koalition steht ganz stark gegen Rechtsextremismus. Diese Landesregierung wird dem Rechtsradikalismus keinen Raum geben, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und der FDP)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Ich erteile Herrn Abgeordneten Schreiner das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind uns in vielen, vielen Punkten einig. Wir sind uns darüber einig, wie wichtig Bildungsarbeit und wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit ist. Sie haben die Fragen aufgegriffen: Tun wir das Richtige? Was tun wir, und tun wir genug? – Insofern möchte ich keinen falschen Widerspruch zwischen Ihnen und uns konstruieren.

Natürlich weiß ich auch, dass ein Verfassungsschutzbericht geschrieben wurde und wir über den Inhalt diskutiert haben. Die Multiplikatorenordner der Landeszentrale für politische Bildung und all das, was es da gibt, sind eine gute und wichtige Arbeit. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es im Bundesland Brandenburg vor dem Hintergrund der dortigen Probleme eine kurze und prägnante Information für Lehrer und Eltern gegeben hat, die nicht einen ganzen Multiplikatorenordner umfasst, sondern das Wichtigste auf drei Seiten zusammenfasst, in denen auch darauf eingegangen wird, was sich konkret auf den CDs befindet. Ich wollte das als ein Vorbild für uns in Rheinland-Pfalz vorstellen und deutlich machen,

dass andere Anderes machen und man davon vielleicht auch lernen kann.

Ein zweiter Punkt ist mir schon wichtig: Das ist die Frage der Verknüpfung. Herr Kuhn, Sie haben gesagt, die Verknüpfung sei ein schlechter Ansatz. Es geht um die Verknüpfung zwischen den Zukunftsängsten, die Jugendliche unabhängig von ihrer poiltischen Orientierung haben, und der Stärke, die Extremismus unter Jugendlichen gewinnen kann oder bei der man aufpassen muss. Es stellt sich die Frage, weshalb Jugendliche Zukunftsängste und Angst vor ihrer beruflichen Zukunft haben. Die haben doch ihr Leben noch vor sich.

Jugendliche suchen Bestätigung. Sie suchen die Bestätigung natürlich zu Hause, im Freundeskreis, in der Schule, aber sie suchen sie auch dadurch, dass sie die Möglichkeit bekommen, sich ihren Lebensunterhalt selbstständig zu verdienen. In diesem Zusammenhang muss es erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass bei Jugendlichen unter 25 Jahren die Jugendarbeitslosigkeit um 22 % gegenüber dem vergangenen Jahr gestiegen ist.

(Kuhn, FDP: Das ist aber statistisch nicht in Ordnung!)

Bei den Jugendlichen unter 20 Jahren ist die Jugendarbeitslosigkeit sogar um 62 % gestiegen, Herr Kuhn. Wo sind wir denn, dass wir jungen Menschen in unserem Land, die Bestätigung suchen, erzählen „Wir brauchen dich nicht. Wir brauchen deine Arbeitskraft nicht“? – Diese Menschen drängen doch eigentlich nur darauf, etwas zu tun. Wenn wir diese Grundfragen unserer wirtschaftlichen Zukunft nicht in den Griff bekommen, werden – das werden wir nach der Bundestagswahl, nach der Landtagswahl, nach allen kommenden Wahlen erleben – die Extremen von links und von rechts Zulauf bekommen, sodass wir uns noch umsehen werden.

Vielen Dank. (Beifall der CDU)

Ich erteile noch einmal der Frau Abgeordneten Grützmacher das Wort.

Herr Schreiner, da Sie gerade wieder die Jugendarbeitslosigkeit angesprochen haben, will ich aus der JugendEnquete-Kommission zitieren. Herr Dr. Lutz Neitzert – das ist wirklich ein Kenner der Materie – sagt: „Die Vorstellung, dass es sich bei rechten Jugendlichen allein um den arbeitslosen Underdog aus dem sozialen Brennpunkt handelt, ist längst obsolet. Die Personen in den rechten intellektuellen Zirkeln – das sind die Gefährlichen – sind im Schnitt alle Anfang oder Mitte 30 und starten im Moment zu irgendwelchen Karrieren durch.“ Dies aus der Enquete-Kommission von den Fachleuten.

Herr Bruch, Sie haben dargelegt, was wir alles tun. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten darf ich da einmal

Herrn Kuhn vom Verfassungsschutz zitieren. Er sagte in der Enquete-Kommission: „Es sollte mit großer Priorität die Ursachenanalyse für das Abgleiten junger Menschen in den Rechtsextremismus vorangetrieben werden. Hierzu ist es unabdingbar, die rechtsextremistische Jugendszene auch in Rheinland-Pfalz intensiver zu erforschen.“ Sie sagten bereits, es gibt immer etwas zu tun und man kann es immer auch noch besser machen.

Unsere Aufgabe ist es anzumahnen. Das ist die Aufgabe der Opposition.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, das wissen Sie auch.

Jeder hat natürlich seine Vorstellungen, aber ich meine, dass ein ganz wichtiger Faktor, um Jugendliche immun gegen rechtsextremistisches Gedankengut zu machen, ihre Beteiligung ist. Ich will das jetzt nicht im Einzelnen ausführen. Dazu hat die Enquete-Kommission „Jugend und Politik“ schon sehr viel erarbeitet. Wenn wir wirklich etwas in dem Bereich tun wollen, um Jugendliche gegen rechtsextremistisches Gedankengut immun zu machen, müssen wir uns das, was die Enquete-Kommission zum Bereich der Beteiligung Jugendlicher herausgefunden hat, zu Gemüte führen. Das ist sicherlich dann ein Anstoß, im Bereich der Bürgerbeteiligung und der Beteiligung von Jugendlichen auch in Rheinland-Pfalz etwas weiterzukommen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aktuellen Stunde.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Wahl von Mitgliedern für das Land Rheinland-Pfalz in den Ausschuss der Regionen Unterrichtung durch die Landesregierung – Drucksache 14/4457 –

Ich rege an, zunächst über den Vorschlag des Ministerpräsidenten abzustimmen, Frau Abgeordnete Nicole Morsblech für die verbleibende Zeit der Mandatsperiode bis Februar 2006 zum stellvertretenden Mitglied des Ausschusses der Regionen für Rheinland-Pfalz zu berufen. Gibt es gegen diesen Vorschlag Einwände? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Wahlvorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Wahlvorschlag ist mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen.

Wir stimmen nun darüber ab, dass Herr Staatssekretär Dr. Karl-Heinz Klär Mitglied des Ausschusses der Regionen für die vierte Mandatsperiode von Februar 2006

bis Februar 2010 wird. Wer dem Wahlvorschlag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Der Wahlvorschlag hat mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Mehrheit des Hauses gefunden.

Wir stimmen nun darüber ab, dass Frau Abgeordnete Nicole Morsblech stellvertretendes Mitglied des Ausschusses der Regionen für Rheinland-Pfalz für die vierte Mandatsperiode von Februar 2006 bis Februar 2010 wird.

Wer dem Wahlvorschlag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Auch dieser Wahlvorschlag hat mit den Stimmen der SPD, der CDU und der FDP gegen die Stimmen des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Mehrheit des Hauses gefunden.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Neuwahl der Vertrauensleute und ihrer Vertreterinnen und Vertreter für den Ausschuss zur Wahl der ehren- amtlichen Richter des Finanz- gerichts Rheinland-Pfalz Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags – Drucksache 14/4340 –

dazu: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Drucksache 14/4482 –

Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Wahlvorschlag – Drucksache 14/4482 – zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Das ist einstimmig.

Ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf: