Das Programm zur Ausweitung der Ganztagsschulen wäre genau der richtige Anlass gewesen, solche Empfehlungen herauszugeben. Holen Sie das schnell nach! Der Nutzen für die Kinder und der gesellschaftliche Nutzen wären mit Sicherheit sehr hoch.
Es reicht allerdings nicht, gesunde Ernährung zu bieten, die gut schmeckt. Darüber hinaus muss den Kindern vermittelt werden, weshalb es wichtig ist, sich gesund zu ernähren. Deshalb brauchen wir ein Fach in allen Schularten und entsprechende Angebote in Kindergärten, in dem Folgendes vermittelt wird:
Woher kommt unsere Nahrung? Wie wird sie erzeugt und verarbeitet? Wie kann gesundes, gut schmeckendes Essen aus unseren Lebensmitteln zubereitet werden?
Ich komme zum Schluss: Sie müssen drei Dinge tun, Frau Ministerin: Diese Empfehlungen herausgeben, sich dafür einsetzen, dass es dieses Fach in den Schulen gibt, und Sie sollten eine Vernetzungsstelle analog der Situation in Berlin einrichten.
In der Vernetzungsstelle sollten alle Initiativen der verschiedenen Einrichtungen des Landes koordiniert werden. Das würde Doppelarbeit vermeiden, unseren Kindern gut tun und uns insgesamt auch.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit der Großen Anfrage hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wie wir meinen, ein wichtiges Thema aufgegriffen. Die Beantwortung zeigt uns, dass dies kein Neuland für das Ministerium und für unser Land ist. Das ist auch an der umfangreichen Beantwortung zu erkennen; denn durch ein hervorragendes Netzwerk aus Eltern, Kindertagesstätten, Schulen, Gesundheitsämtern, LZG, Krankenkassen, Ärzten und der Wissenschaft wird an einer guten Gesundheit für unsere Kinder gearbeitet und geforscht. Die einst dicken Kinder von Landau – für uns alle ein Begriff –
sind mittlerweile sehr leicht geworden. Dies war möglich durch das Projekt „Kinderleicht“, das von unserer Kollegin Christine Baumann initiiert und mit vielen Partnerinnen und Partnern im Boot, mit Eltern, mit der LZG usw. erfolgreich durchgeführt wurde.
Indem man Eltern dazu verpflichtet hat, ein Jahr lang verbindlich mit ihren Kindern an dem Projekt teilzunehmen, ist es gelungen, zu verhindern, dass stationäre Behandlungen erforderlich geworden sind. Ich meine, das ist ein sehr erfolgreiches Projekt.
Gestatten Sie an dieser Stelle, dass ich auch meine Gemeinde erwähne. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie haben natürlich erwartet, dass ich dazu etwas sagen; denn auch in meiner Gemeinde gibt es kaum übergewichtige Kinder, weil – – –
Nein, die essen nicht nur Spargel. Spargel gibt es nur zehn Wochen im Jahr. Wir essen immer sehr saisonal, verehrte Frau Ministerin.
Wir haben sehr viele gesunde Kinder. Es fällt auf, dass wir sehr wenig Ausfallzeiten haben durch grippale Infekte, durch Erkältungen usw. Bei den Einschulungsuntersuchungen wurde festgestellt, dass über 75 % der einzuschulenden Kinder bemerkenswert gute Zähne haben. Auch das ist ein Aspekt unserer gesunden Ernährung. Wir machen nämlich das Projekt mit „5 am Tag“, Frau Kollegin Kiltz. Das erfreut vielleicht auch den Landwirtschaftsminister, Herrn Bauckhage.
Das geht nicht nur aufgrund der Idee, die ich in die Kindertagesstätte eingebracht habe. Das geht nur mit den Akteuren vor Ort in einer Erziehungspartnerschaft mit Erzieherinnen, mit Lehrkräften, den Eltern und allen Partnern, die ich vorhin bereits genannt habe.
Ich freue mich als Ortsbürgermeisterin darüber, dass dieses Projekt so erfolgreich angelaufen ist. Wir haben nicht nur an der Ernährung gearbeitet. Für uns ist auch die Bewegung ein wichtiges Element in der ganzheitlichen Betrachtung. So haben wir Bewegungsbaustellen. Den Ehrenamtlichen sei an dieser Stelle ganz besonders gedankt; denn ohne dieses ehrenamtliche Engagement wäre vieles nicht zu bewältigen gewesen.
Wir haben für die Schule auch einen neuen Sportplatz gebaut, damit das Thema „Bewegung und Sport“ einen neuen Stellenwert bekommt.
Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich diese beiden Beispiele aus meiner Heimat genannt habe. Sie stehen nur stellvertretend für viele gute Beispiele in unserem Land, mit denen man sich diesem wichtigen Thema der Ernährung und gesunden Bewegung widmet.
Weshalb ist uns das alles so wichtig? Es ist uns wichtig, weil uns unsere Kinder und die Gesundheit unserer Kinder wichtig sind.
In Untersuchungen steht, 10 % bis 18 % unserer Kinder haben Übergewicht. Bei 4 % bis 8 % unserer Kinder ist das sogar krankhaft. Die Werbeindustrie trägt meiner Meinung nach ihren Teil dazu bei, dass dies so ist. Kinder bewegen sich in ihrer Freizeit zu wenig, wenn sie dazu nicht angehalten werden. Sportspiele am Computer sind interessanter, als selbst Sport zu treiben. Eltern fahren ihre Kinder in die Schule, anstatt mit ihnen zu Fuß zur Schule zu gehen oder mit dem Rad zu fahren. Eltern verkennen auch häufig, was Übergewicht für ihre Kinder bedeuten kann. Neben der erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten oder der verminderten Lernfähigkeit ist auch die Ausgrenzung ein Punkt, der den Eltern im Schulalltag hin und wieder entgeht.
Ich bin der Meinung, dass wir die Werbeindustrie noch intensiver an ihre Verantwortung in der Gesellschaft erinnern sollten;
denn sie tragen eine Mitschuld nicht nur an dem Übergewicht, sondern auch an dem Untergewicht von Kindern und Jugendlichen, da die Schönheitsideale, die sie vorgeben, die Seele und den Körper dieser jungen Menschen kaputtmachen.
Die Zeit reicht leider nicht, um noch auf den einen oder anderen Punkt einzugehen. Einen Punkt möchte ich aber noch ansprechen. Ich richte ein Dankeschön an die Ministerin, die dieses Thema seit langer Zeit erfolgreich besetzt.
Sie nimmt diesen roten Faden in ihre Schirmherrschaft im nächsten Monat für das Haus Burgund mit und weist explizit in ihrem Vorwort zur Woche des guten Geschmacks auf die gesunde Ernährung der Kinder hin.
Ich würde mir wünschen, dass wir in unserer Republik ein Präventionsgesetz hätten, das eine wichtige und eigenständige Säule in unserem Gesundheitswesen wäre. Das wurde aber leider von der CDU in Berlin blockiert. Wir bedauern das außerordentlich.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war in der Tat eine sehr umfangreiche Große Anfrage. Mit vielen Detailfragen hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Landesregierung gegeißelt. Die Antworten sind wirklich oft sehr dürftig. Das ist zu bedauern, aber man muss zugute halten, dass aufgrund fehlender Daten und Zahlen andere Antworten in vielen Fällen gar nicht möglich waren.
Das ist kein Ernährungsproblem, sondern das ist ein gesellschaftliches Problem, ein psychosomatisches Problem. Ich nenne das Stichwort „Magersucht“. Bei uns ist das anders als in der Dritten Welt, wo Nahrungsmangel die Ursache ist.
Von gesundheitspolitischer Relevanz ist bei uns das Übergewicht, die Zahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher. Man kann die Sorge haben, dass wir irgendwann amerikanische Verhältnisse bekommen. Dort sind mittlerweile 50 % der Erwachsenen übergewichtig. Bei uns ist zu beobachten – das wurde aus den Antworten auf die Große Anfrage deutlich –, dass sich in den vergangenen 10 bis 15 Jahren die Zahl der übergewichtigen Kinder verdreifacht hat. Jedes fünfte Kind und jeder dritte Jugendliche haben Übergewicht. Das ist bedenklich.
Man muss wissen, dass auch Patienten mit Übergewicht älter werden. Durch Fehlernährung und/oder Bewegungsmangel werden diese Menschen nach 20 oder 25 Jahren oft zu 100 % chronisch krank. Die Folgen sind Diabetes – zunehmend auch bei Kindern –, hoher Blutdruck, Kreislauferkrankungen oder auch Erkrankungen des Bewegungsapparats, also die Notwendigkeit, Knie- oder Hüftprothesen bekommen zu müssen.
Jetzt könnte man sagen, die Zauberformel im Gesundheitswesen wäre die Prävention. Frau Kollegin Ebli hat das angesprochen. Das funktioniert aber nur dann, wenn
alle mitmachen. Da muss auch der Patient mitmachen. Im Fall der Kinder müssen da auch die Eltern mitmachen. Darin sehe ich das Hauptproblem. Dazu gehört auch mehr Aufklärung, so zum Beispiel das von Allgemeinmedizinern geforderte verpflichtende Unterrichtsfach Gesundheitserziehung. Leider wurde in der Antwort auf die Große Anfrage auf die Frage 30, ob die Landesregierung darüber nachdenkt, Ernährungsunterricht einzuführen, mit Nein geantwortet.
Bei den Erwachsenen kann man es vielleicht über den Geldbeutel versuchen. Es stellt sich die Frage, weshalb man Versicherten nicht zum Beispiel mit einem BodyMass-Index von unter 30 – er ergibt sich aus dem Körpergewicht geteilt durch die Körpergröße im Quadrat – einen Bonus in Form eines ermäßigten Krankenkassenbeitrags gewährt. Das meine ich nicht als Scherz, sondern das wird ernsthaft in der Fachwelt diskutiert. Das war als Antwort auf die Große Anfrage leider nicht zu lesen. Lediglich die sehr zahlreichen Angebotslisten der Landeszentrale für Gesundheitsförderung wurden angeführt. Bei den vorhandenen Zahlen muss man sich aber fragen, was diese Angebote gebracht haben.
Sorge bereitet mir – das muss uns allen Sorge bereiten –, dass die höchsten Zahlen übergewichtiger Kinder vor allem in den unteren sozialen Schichten vorhanden sind. Das ist das Problem, wie man an die Menschen herankommt, um ein Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen.