Protocol of the Session on September 14, 2005

3. Natürlich müssen wir besser werden. Deshalb begrüßt die FDP-Landtagsfraktion ausdrücklich die Reformschritte, die in Rheinland-Pfalz eingeleitet wurden. Die Kollegin hat schon vieles angeführt, ich nenne aber noch einmal beispielhaft die sofortige Umsetzung der Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz, die VERAVergleichsstudien, bei denen wir Vorreiter waren, die sehr viel stärkere und ausgebaute Sprachförderung, die jetzt noch einmal einen Schub durch das Programm „Zukunftschancen Kinder“ bekommen wird, die interne und externe Evaluation von Schulen, Hochbegabtenförderung, Lehrerinnen- und Lehrerausbildungsreformen usw. Man könnte noch sehr viel mehr anführen. Die Kollegin hat dies schon getan.

4. Der Bildungsmonitor der Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“ verwirrt, statt Transparenz zu schaffen.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage ganz deutlich, hier werden 105 völlig unterschiedliche Indikatoren gleich gewichtet. Hier wird oft auch Wert auf Quantität statt Qualität gelegt, zum Beispiel bei allen Abschlüssen, die gemessen werden. Diese Studie schafft damit weder Vergleichbarkeit noch ist sie leistungsorientiert. Das dürfte eigentlich auch nicht der Philosophie der CDU-Fraktion entsprechen.

(Beifall bei FDP und SPD)

5. Ich komme abschließend zu meinem letzten Punkt, der kein Geheimnis ist. Herr Kollege Wiechmann hat das bereits für sich gewertet. Die FDP-Fraktion setzt sich selbstverständlich für weitere Reformschritte ein. Wir setzen uns für die bessere Vergleichbarkeit und für mehr Transparenz im Bildungssystem ein. Wir möchten ver

bindlichere Schullaufbahnempfehlungen. Wir wollen Abschlussprüfungen für alle Schulformen.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dann fragen Sie einmal Ihren Koalitions- partner, wie er dazu steht!)

Wir möchten regelmäßige Vergleichsarbeiten, das ist richtig. Die Art der Polemik, wie sie von den Oppositionsfraktionen vorgetragen wird, wird der Sache nicht gerecht.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich denke, keine der beiden Fraktionen hat es geschafft, tatsächlich konstruktive Vorschläge zu machen und damit die Qualität des Bildungssystems und die Qualität dieser Debatte zu verbessern.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Frau Ministerin Ahnen das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! In der vergangenen Woche hat in Rheinland-Pfalz die Schule begonnen. 41.000 Mädchen und Jungen hatten ihren ersten Schultag. Weitere 575.000 Schülerinnen und Schüler hatten durch die engagierte Arbeit der Schulen und der Schulaufsicht einen erfolgreichen Schulstart und sind gut mit Unterricht versorgt.

(Beifall bei SPD und FDP)

Auch die Bereitstellung von 200 zusätzlichen Stellen, die eine Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers war, hat dazu beigetragen, dass mehr als 1.100 junge Menschen in diesem Land eingestellt werden. Das ist kein Thema für die CDU-Fraktion, aber ein wichtiger Fakt für die Schulen, für die Schülerinnen und Schüler, für die Lehrkräfte und für die Eltern.

(Beifall bei SPD und FDP)

Meine Damen und Herren Abgeordnete, um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Von einem Qualitätsabsturz in der Bildungspolitik zu reden, wie ihn die CDU sieht oder, besser gesagt, per Schlagzeile ausrufen will, kann in Rheinland-Pfalz wahrlich keine Rede sein.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich füge hinzu, Rheinland-Pfalz hat keine Angst vor PISA-Studien. Ich darf daran erinnern, wir waren das Land, das die PISA-Studie in die Kultusministerkonferenz eingebracht hat. Aber ich sage auch, es kann einem angst und bange werden, wenn man sieht, wie

unseriös und teilweise unverantwortlich mit Daten, wie zum Beispiel der PISA-Studie, umgegangen wird.

(Lelle, CDU: Es fragt sich nur von wem, Frau Ministerin! – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Dann hören Sie doch einmal zu, Herr Kollege!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, erneut zu den Fakten: Rheinland-Pfalz liegt bei dem PISA-Ergebnis 2003 mit einer Mehrzahl von Ländern in einem breiten Mittelfeld und im OECD-Durchschnitt. Jetzt hören Sie gut zu. Rheinland-Pfalz ist damit eines von nur sieben Bundesländern, das in allen vier untersuchten Kompetenzbereichen mindestens im OECD-Durchschnitt liegt. Es ist wahrlich kein Grund, von Absturz zu reden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Dann sage ich auch, aus zwei oder drei Punkten Abstand – – (Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Statistisch, Herr Abgeordneter Keller, völlig irrelevant.

Ranglisten ableiten zu wollen, geht an der Sache völlig vorbei. Wer dann von einem Absturz spricht, der stellt sich aus meiner Sicht abseits der Diskussion, die die PISA-Studie verdient hat.

(Beifall bei SPD und FDP – Zuruf von der SPD)

Ich nehme das gern auf. Es ist doch überhaupt gar keine Frage, wir wollen besser werden. Wenn sich das künftig bei PISA auswirkt, ist das erfreulich und wichtig. Ich sage aber auch, es ist nicht der einzige Maßstab.

Rheinland-Pfalz hat sich auf einen Weg gemacht, grundlegende bildungspolitische Weichenstellungen zu vollziehen. Ziel all unserer Bemühungen ist ein Bildungssystem, das Schülerinnen und Schüler individuell und gezielt fördert, ihnen hilft, ihre Talente zu entwickeln und ihnen so den Weg für eine gute Zukunft ebnet.

Ein Bildungssystem, das das größte Problem, das uns auch PISA vorhält, nicht löst, nämlich den engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg zu entkoppeln, wäre für mich völlig unzureichend. Deswegen sage ich aus voller Überzeugung, ein vorderer Rankingplatz, egal bei welcher Studie, ist für mich noch kein Erfolg, wenn es nicht gleichzeitig gelingt, diese Ungerechtigkeiten abzubauen. Das ist die schwierige Aufgabe, vor der wir stehen.

(Beifall bei SPD und FDP)

Deshalb ist es auch nicht mit kleinen Einzelpunkten getan, sondern wir brauchen ein systematisches Konzept. Wir haben dieses systematische Konzept vorgelegt. Wir haben ein umfassendes Qualitätsentwicklungskonzept auf den Weg gebracht. Wir machen eine moderne Reform der Lehrerausbildung.

(Schmitt, CDU: Wir sind verantwortlich für das PISA-Ergebnis!)

Wir haben ein Ausbauprogramm für Ganztagsschulen. Wir werden heute Mittag noch über das Thema „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“ diskutieren. All das machen wir, wohl wissend, dass seriöse Bildungsforscher sagen, bis sich das in Studien auswirkt, wird es Zeit brauchen. Wir machen es, weil es richtig ist und weil wir nicht allein auf die Ergebnisse von Studien schielen, sondern weil wir uns um die Kinder und Jugendlichen in diesem Land kümmern.

(Beifall bei SPD und FDP)

Ich darf Ihnen versichern, wir werden diesen Weg mit aller Konsequenz weitergehen. Wir werden uns davon auch nicht durch Störmanöver abbringen lassen.

Wer wie die CDU jedem Vorschlag – ich nenne jetzt nur einmal die Errichtung einer Agentur für Qualitätssicherung, die wir kürzlich vorgestellt haben – nur mit Häme und Fundamentalkritik begegnet, der beweist aus meiner Sicht, dass ihm an konstruktiven Beiträgen nicht gelegen ist. Ich sage, er beweist noch etwas anderes, dass er nämlich trotz anders lautender Lippenbekenntnisse kein Interesse daran hat, von anderen Staaten, die im internationalen Vergleich besser abschneiden, zu lernen. Wir haben dieses Interesse, und auch das ist Bestandteil unseres Konzepts.

(Beifall bei SPD und FDP – Zuruf des Abg. Dr. Rosenbauer, CDU)

Es ist auch viel einfacher, auf jede Studie zu springen, ohne sich im Detail damit befasst zu haben.

(Heiterkeit und Zurufe von der CDU)

Herr Abgeordneter Keller, hören Sie jetzt einmal gut zu. Dann können Sie an der Stelle auch noch ein paar Anmerkungen mitbekommen, die Sie dann in Zukunft bedenken können. Ich möchte ein paar Anmerkungen zum Bildungsmonitor machen. Der Bildungsmonitor ist keine eigenständige Untersuchung des Bildungssystems. Darauf verzichtet er bewusst. Er stellt vielmehr über 100 Indikatoren zusammen. Es wurde schon darauf hingewiesen. Das geschieht unter bildungsökonomischen Gesichtspunkten. Es ist eine Perspektive, aber auch nur eine und in der Bildungsforschung nicht unumstrittene.

Wenn man sich schon für diese Sichtweise entscheidet, dann setzt das voraus, dass die Kriterien nachvollziehbar und aussagekräftig in Bezug auf das angestrebte Ziel sind. Da möchte ich schon ein paar Beispiele nennen. Ist es also positiv oder negativ einzuschätzen, wenn an den Hochschulen der Anteil der Personalausgaben an den Gesamtausgaben hoch ist?

Die Autoren der Studien meinen, es sei negativ. Fällt hingegen die Investitionsquote hoch aus, so werten sie das als positiv. Ich sage Ihnen aus meiner eigenen Kenntnis, aber auch aus den Erzählungen des Herrn Kollegen Zöllner, so einfach ist das Hochschulleben nicht.

(Beifall bei SPD und FDP)

Rheinland-Pfalz hat bei der Einführung von BachelorStudiengängen vereinbart, dass jeder Studiengang vorher akkreditiert wird. Das braucht natürlich Zeit. Es schneidet dann plötzlich in dieser Studie schlecht ab. Das kann man nicht so einfach erklären, weil wir an dieser Stelle auf Qualität statt auf Schnelligkeit setzen.

Die Initiative „Neue Soziale Marktwirtschaft“ lobt Rheinland-Pfalz ausdrücklich für die im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sehr geringe Zahl an frühpensionierten Lehrkräften. Aber aufgepasst, wenn dadurch der Anteil an über 50-Jährigen bei den Lehrerinnen und Lehrern steigt, dann hat man flugs einen Negativindikator. Ich finde, das sind Fragen, die erlaubt sind und die man sich in der politischen Diskussion stellen muss, ob man sich an diesen Indikatoren orientieren will oder ob das Bildungssystem nicht aus viel mehr besteht, was vernünftig mit einbezogen werden muss.

(Beifall bei SPD und FDP)

Nicht ich, sondern anerkannte Bildungsforscherinnen und Bildungsforscher machen auf ein großes Problem aufmerksam. Diese Studie geht überhaupt nicht auf die angelaufenen Reformvorhaben ein. Das mache ich der Studie nicht zum Vorwurf. Aber für unsere politische Bewertung ist es entscheidend, in welcher Phase wir uns befinden und was wir an Dingen auf den Weg bringen. Rheinland-Pfalz ist bundesweit ein Vorbildland. Wir werden dafür sorgen, dass es das bleibt.

(Beifall der SPD und der FDP)